Hier nochmal der Wortlaut der Anklage:
Die Anklage lautet auf bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in sieben Fällen.
Zusammenstellung der mir bekannten Fakten und ein paar laienhafte juriste Anmerkungen.
Vielleicht mag sich ja einer der Juristen einbringen?
Bande in den NiederlandenEs ging um die Herstellung von MDMA und die Abfüllung in 3 Liter Moët-Flaschen.
Derart präparierte Flaschen wurden bereits Jahre zuvor in Australien und in Südafrika entdeckt.
Spoilerhttps://www.bild.de/regional/muenchen/muenchen-aktuell/weiden-ecstasy-mafia-wie-viel-drogen-schampus-ist-noch-im-umlauf-79164926.bild.html
► 2015 nahm die Polizei in Südafrika deutsche Dealer fest, stellte in ihrem Haus in Muizenberg mit MDMA gefüllte Schampus-Flaschen sicher – abgefüllt angeblich in Amsterdam.
► 2019 zog der australische Zoll 96 Liter flüssiges Ecstasy aus dem Verkehr – abgefüllt in Drei-Liter-Flaschen Champagner. Auch diese Charge soll in Amsterdam und Deutschland losgeschickt worden sein.Angeklagter Theo G.Er war Mitglied dieser Bande und fungierte als Logistiker bzw. Exporteur.
Mindestens 20 dieser Flaschen soll er bereits
2019 in einem Lager in Arnheim deponiert haben.
Er wird 2024 in den Niederlanden festgenommen, nach Deutschland ausgeliefert und kommt in Untersuchungshaft.
Lagerverwalter Frank B.Er klaut nun diese Flaschen in der Annahme, es handle sich tatsächlich um Champagner und bringt sie in den Handel.
Ob er derjenige ist, der
2023 festgenommen und gleich wieder freigelassen wurde, vermag ich nicht mit Sicherheit zu sagen, würde es aber annehmen.
Anwalt A. StevensIch zitiere der Vollständigkeit halber nochmal, was er als
Einwand einbringt:
Zur konkreten Strategie im Champagner-Fall meint der Anwalt: “Strafrechtlich gibt es hier sehr viele Komplikationen.” Angefangen mit der Frage der objektiven Zurechenbarkeit. Dagegen spreche im Fall des Niederländers ein “atypischer Kausalverlauf”. Eine weitere Einschränkung sei das “Dazwischentreten Dritter”. “Kann derjenige, der diesen Champagner möglicherweise mit Drogen versetzt hat, dafür verantwortlich gemacht werden, dass viel, viel später jemand, für den diese Champagner-Flasche überhaupt nicht bestimmt war, tödliche Folgen davon trägt?”
Da schaun wir uns am besten mal an, was es mit den von Stevens angeführten Begriffen so auf sich hat.
https://www.lecturio.de/mkt/jura-magazin/die-objektive-zurechnung-des-taterfolgs/#:~:text=Definition:%20Ein%20Erfolg%20ist%20dem,im%20tatbestandsm%C3%A4%C3%9Figen%20Erfolg%20realisiert%20hat.
Die objektive Zurechenbarkeit. ]Definition: Ein Erfolg ist dem Täter danach objektiv zurechenbar, wenn durch das Verhalten des Täters eine rechtliche missbilligte Gefahr geschaffen worden ist und sich genau diese Gefahr im tatbestandsmäßigen Erfolg realisiert hat.
Dass MDMA in einer Champus-Flasche grundsätzlich eine Gefahr darstellen kann, sei unbestritten. Wenn diese Flasche aber in einem nicht frei zugänglichen Raum aufbewahrt wird, sehe ich das nicht unbedingt. Dass sich das änderte, als es zu einem Einbruch und Diebstahl kam, könnte als unbeherrschbarer Kausalverlauf bezeichnet werden. Der Angeklagte hatte keine Tatherrschaft mehr über die Flaschen.
Ein atypischer Kausalverlauf liegt vor, wenn der eingetretene Erfolg völlig außerhalb dessen liegt, was nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge und nach der allgemeinen Lebenserfahrung zu erwarten ist.
Wenn ich einen Lagerraum gemietet habe, muss ich eigentlich nicht damit rechnen, dass der dortige Lagerist einbricht und mir meine Sachen klaut.
Eigenverantwortliches Dazwischentreten eines Dritten. Häufig kommt es vor, dass erst das vorsätzliche oder fahrlässige Verhalten eines Dritten den tatbestandlichen Erfolg herbeiführt, nachdem der Täter bereits sein Verhalten beendet hat. Dieser Erfolg kann dem Täter dann nicht zugerechnet werden, wenn der Dritte vollverantwortlich eine neue selbstständige Gefahr begründet hat, die sich dann im Erfolg niedergeschlagen hat.
Da frage ich mich, wie vollverantwortlich kann ein Dritter handeln, wenn er sich gar keiner Gefahr bewusst gewesen sein kann? Schließlich hielt er den Inhalt für Champagner.