Mordfall Hinterkaifeck

Oberamtsrichter Wießner hat mit Datum vom 5. April 1922 eine Aufstellung angefertigt, die alle von ihm auf HK sichergestellten Wertsachen beinhaltet. Diese Wertsachen wurden bei der "Hinterlegungsstelle des Amtsgerichtes Schrobenhausen" deponiert.

Diese Aufstellung habe ich - tw. zusammengefasst, tw. zitiert - auf hk.net in ´Wiki II´eingestellt.

Der Beitrag hat noch keinen ´Direktaufruf´ und befindet sich hinter den Zeugenschilderungen der Opferauffindung und vor dem Beitrag zur Arbeit der Münchner Kriminalpolizei.

Es wirkt vielleicht etwas befremdlich, daß diese Aufstellung des Erbes der HKer noch vor der Ermittlungsarbeit eingereiht ist, aber ich habe mich an die chronologische Abfolge gehalten, da ja Wießner und die Gerichtskommission vor der Münchner Polizei am Tatort waren.

Ein kleiner Nachtrag zur Aufstellung der sichergestellten "Kostbarkeiten":

Bei den zwei aufgeführten Eheringen ist nicht explizit vermerkt, daß diese aus Gold gefertigt wurden - was man aber wohl annehmen darf.

Damit ergibt sich an Goldschmuck: zwei Eheringe, zwei goldene Ringe mit Opalen, ein Paar goldene Ohrringe. Eine silberne Uhrkette hat einen "Goldschieber".

Hauptsächlich wurde Silberschmuck vorgefunden. Diese Material dürfte aber 1922 noch als "wertiger" erachtet worden sein, als dies heute der Fall wäre.
Über die Qualität der zwei aufgefundenen Perlenketten kann man natürlich keine Einschätzung abgeben.

Wenn man die Zahl der Schmuckstücke sieht, könnte man vermuten, daß einiges auch im Tausch mit Hamsterern nach HK gelangt sein könnte.

KORREKTUR:

Gestern habe ich von einer "finsteren Kammer" geschrieben, die Notar Stinglwagner im Rahmen seiner Inventarisierung aufgeführt hat.

Das hat sich nach Überprüfung als falsch herausgestellt. Richtig ist "hintere Kammer".

Solche Fehler schleichen sich ein, wenn man bei der deutschen Kurrentschrift zu flüchtig liest. Ich habe die ganze Liste nochmals durchgesehen, weitere ähnliche Fehler scheine ich nicht gemacht zu haben. Einige wenige Wörter muß ich allerdings mit einem Fragezeichen versehen. Etwa "Kipfstock". Könnte das in der Gegend "Hackstock" bedeuten?


Die aufgeführten Räumlichkeiten in der Reihenfolge von Stinglwagner:

In der Wohnstube / In der Küche / Im Gange / In der hinteren Kammer (Anm.: Gemeint ist mit Sicherheit nicht die Magdkammer, sondern der Durchgang Küche/Stall!) / Im Keller / Im Stalle / In der Schneidkammer / Im Stadel / In der Wagenschupfe / Über der Wagenschupfe / Im Hofraum / Im Schlafzimmer / Auf dem Dachboden

Den Viehbestand gibt Stinglwagner wie folgt wieder:
"zwei Ochsen, zwei Stiere, vier Kühe, drei Jungrinder, zwei Kalbinnen, drei Kälber, zwei Ferkel, bei Lorenz Schlittenbauer in Gröbern untergebracht, ungefähr 25 Hühner"


Peter Leuschner schreibt - unter Bezug auf die ´FFB-Ermittler´- auf S. 373 (3. Auflage):
"Wo ist das Geld geblieben, das sich Viktoria Gabriel in den letzten Monaten vor der Mordnacht von ihrer älteren Stiefschwester (Anm.: Korrekt wäre natürlich "Halbschwester"!) Zäzilia Starringer geliehen hatte? Einmal waren es 5000 Mark, angeblich für den Kauf eines Motors. Dann nochmals 3000 Mark für einen Dreschwagen. Doch weder der Motor noch der Dreschwagen wurde von ihr erworben."

In der Stinglwagner-Liste wird allerdings für den Stadel u.a. ein Dreschwagen aufgeführt: "...zwei Heuwägen, ein Dreschwagen, ein Odelfaß, zwei Ochsengeschirre, ein Düngerkarren...".


Zu den Materialien, die für den bevorstehenden Stallneubau erworben wurden, dürften die (vom Foto bekannten) "drei eiserne(n) Stallsäulen" im Hofraum und "vier neue eiserne Fensterstöcke", evtl. auch "eine Tafel Blech", jeweils "über der Wagenschupfe", gehören.

@Badesalz, eine Menge Arbeit machst du dir und opferst Freizeit.
Ein grosses Dankeschön an dich!

@Badesalz

Wow, mein Kompliment für derart detaillierte und sehr nützliche Recherchen, die sicher eine Menge Freizeit kosten. Auch von mir vielen Dank.

@lesmona

Da ich ja in München wohne, habe ich natürlich einen verhältnismässig einfachen Zugang zu den Akten.

Zwischendurch fragt man sich aber schon, was man da eigentlich macht. Das Stinglwagner-Protokoll liegt im Original vor, vermutlich so vor Ort entstanden und unterschrieben von den Zeugen Bernhard Gruber und Bürgermeister Greger.
Da hat man dann doch irgendwie das Bedürfnis, sich mal die Hände zu waschen...
;-))

Wo kann ich denn diesen Mordfall lesen ?

Hallo ich bin neu hier,ich habe keine Ahnung wie das hier geht aber kann mir jemand von euch sagen wo ich diesen Mordfall nachlesen könnte?

@Badesalz, trotz der Arbeit beneide ich dich, das muss doch ein ganz eigenes Gefühl sein diese Papiere in den Händen zu halten.


@laureen unter hinterkaifeck.net kannst du viel nachlesen.

Vielen Dank lesmona.

@Badesalz

In Österreich und Südtirol bedeutet Kipfstock noch heute die (dreieckige) Verbindung zwischen Deichsel und Wagen (z. B. bei einem Leiterwagen). Geht man davon aus, dass Dialekt in Obb damals noch viel stärker gesprochen wurde würde ich sagen, dass es diese Bedeutung auch hier hat.

Danke für die interessanten Infos, Badesalz!

Mir ist gestern Abend bei der Durchsicht des Übergabevertrages
der Eheleute Andreas und Cäcilia Gruber an ihre Tochter Viktoria Gruber etwas Merkwürdiges aufgefallen...

Dort wird am Anfang nämich auch der Ehevertag der Eheleute Gruber erwähnt,
ebenso, daß dieser am 3. Juli 1885 in Schrobenhausen beurkundet worden ist.
Beim Abgleichen mit den Daten in Wiki II fiel mir auf, daß Cäcilias erster Mann
Josef Asam erst am 21.05.1885 gestorben sein soll.
Wenn es sich bei dem Sterbedatum nicht um einen Recherche- oder Tippfehler handelt, dann fand die Zweite Hochzeit Cäcilias erstaunlich schnell statt,
noch dazu ohne das man das doch wohl damals obligatorische Trauerjahr abgewartet hätte...

@maschenbauer, da kann uns sicher Theresia helfen.
Ich kann mir schon vorstellen dass das Trauerjahr nicht eingehalten wurde wenn der Hof ohne den Bauern nicht weitergeführt werden konnte.

Und der Gruber stand ja praktisch in den Startlöchern.
Neun Jahre jünger als die Bäuerin, gross, stark, männlich, wer weiss ob die Zuneigung zumindest seitens der Frau Gruber erst nach dem Tod ihres Mannes entstanden ist.

Sind eigentlich Fotos der Beteiligten zu Lebzeiten aufgetaucht?
Bis auf die von Gabriel+Pfarrer+Sigl kenn ich keine.
Es muss doch welche geben!

Auch von Schl., von der Gabriel-Familie, der Magd...

Es gibt Fotos vom LTV.
Aber die Weitergabe ist aus rechtlichen Gründen problematisch.
Im Film von Konrad Hieber sind sie zu sehen...

Von den HKlern sind bis jetzt außer von Karl Gabriel keine Fotos bekannt,
allerdings existieren Unterschriften von Andreas und Cäcilia Gruber und deren Tochter Viktoria.

Lesmona, so könnte es natürlich sein.
Vielleicht weiß Theresia (oder sonst wer) tatsächlich mehr über die generellen Gepflogenheiten in einem solchen Fall...

Nochmal zu den Bildern:
Es scheint zumindest von Viktoria Gruber mindestens zwei Bilder gegeben zu haben.
Ein Gruppenbild des Waidhofener Kirchenchors und ein Porträt,
daß ihr Mann Karl Gabriel als Soldat an der Front bei sich trug.

Der Verbleib dieser Bilder ist allerdings ungeklärt...

Ich habe das ganze nicht mitverfolgen können.
Kann mir jemand aufschreiben zu welchem Ergebnis man gekommen ist?
Hier wurde ja ordentlich nachgeforscht?

Es MUSS Bilder geben!
Ich kann mir nicht vorstellen, dass nicht EIN EINZIGES von den Alten, von der Hochzeit, Einschulung, wie auch immer, vorhanden sind.

ich habe etliche meiner Ur-Ur und Urgrosseltern, angefangen um die Jahrhundertwende. Da sind viele andere Leute drauf; so muss es doch auch im Umfeld der GG-Familie welche geben.
Oder wurden die vernichtet oder werden unter Verschluss gehalten?
Warum? Sind die GGs so geächtet?
Ich bin überzeugt, dass welche existieren!

analysator,
ich betreibe Ahnenforschung und kenne diese Problematik sehr genau.
Und von daher weiß ich, daß man sich bei manchen Vorfahren vor Bildern nicht retten kann, während es bei anderen offenbar nichts oder fast nichts an Bildmaterial gibt.

Das kann die unterschiedlichsten Gründe haben.
Manchmal werden solche Bilder bei Haushaltsauflösungen einfach weggeworfen,
manch anderes Bildmaterial hat vermutlich den letzten Krieg schon gar nicht mehr überstanden.
Oder ein Nachfahre hat zwar irgendwelche Bilder, aber er kann den abgebildeten Personen keine Namen mehr zuordnen.

Und vorallem: Man muss erst mal Leute finden, die autentisches Material besitzen, und die bereit sind, dieses auch einsehen und ggf. auch Reproduktionen davon anfertigen zu lassen.