Sollte man Arbeitslose zwingen zu arbeiten?

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jeba schrieb:Ich denke damit würden viele auch nicht in das Loch fallen "für nichts gut zu sein" wenn man keine Arbeit in seinem eigentlichen Bereich findet.

Das auf jeden Fall. Ich könnte mir absolut vorstellen, dass sich daraus für die Betreffenden auch ganz neue Optionen auftun und sie vielleicht sogar Gefallen an der Sache finden. Es ist durchaus so, dass "Sinn" und "Selbstwert / Selbstwirksamkeitserleben" extrem starke Motivatoren darstellen. Erfolgserlebnisse sind elementar für ein gesundes Eigenwerterleben. Das ist mit ein Grund, warum es so furchtbar ist, dass manche Qualifizierungsmaßnahmen so wenig Sinn ergeben und dann womöglich auch noch wiederholt absolviert werden müssen, um Sanktionen zu entgehen. Das unterminiert jegliches Erleben (und Streben) nach Sinn.

Ich denke da an so etwas hier, was mich wirklich erst einmal sprachlos machte:

„Förderung der Feinmotorik“
Ein 52-jähriger Hartz IV Empfänger aus Hannover musste bei einer sogenannten „Qualifizierungsmaßnahme“ bunte Bildchen ausmalen und Papierbrücken basteln. Das ist schlichtweg Kindergarten. Der Betroffene hat sich zurecht für dumm verkauft gefühlt und ging mit der Geschichte an die Presse. Das Jobcenter spricht hingegen von einer normalen Maßnahme, welche die Feinmotorik fördert. Schon klar. Zurecht hat diese Story es also auf unseren Platz 1 der skurrilsten Jobcenter Maßnahmen geschafft.

Quelle: https://www.hartziv.org/hartz-iv-die-5-skurrilsten-jobcenter-massnahmen/ (Archiv-Version vom 22.11.2022)

jeba schrieb:Das ist dann die "Zwangsarbeit", die mir vorschwebt. Einfach mal um deutlich zu machen, dass ich niemanden für ein paar Euro ans Fließband schicken möchte. Vielleicht verstehen jetzt manche mehr was ich meine.

Ich hatte Dich nun ohnehin nicht zu der Fraktion der "Hardliner" hinzu gerechnet. Sondern eher als moderat positioniert. ;-)

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simson schrieb:Es gibt Erkrankungen die hauen einen so richtig aus dem geregelten Leben, deine hast du zum Glück besiegt, meine Mam kämpft gerade mit der selben, ich bekomme das täglich mit, darum weiss ich, wie viel stärke das abverlangt.

Oh je! Ich wünsche Euch ganz viel Kraft und einen guten Ausgang! Ich hoffe, Ihr habt gute Begleitung. (Ggf. PN)

simson schrieb:Eigentlich darf man auch nicht vergessen wenn man es mal anders betrachtet, jeder der nicht produktiv ist und keinen Arbeitsplatz hat, belastet die Umwelt weniger, um so weniger Wirtschaftlich arbeiten um so besser.

Seit ich nicht mehr aktiv im Berufsleben stehe, stelle ich fest, die Agenda ist dennoch stetig voll. Ich habe begonnen sehr viel mehr mit den Händen zu arbeiten. Liebäugele mit einem kleinen Nebenerwerb auf selbstständiger Basis und lasse mich genüsslich zwischen dem "Dinge Ausprobieren" treiben. Ich betrachte das als Luxus und mich als vom Leben beschenkt. Mir wird aber auch gewahr, dass das Erschließen neuer Möglichkeiten Raum, sprich Zeit und mitunter Kapital benötigt. Zwar keine Unsummen, aber doch für einen Leistungsbezieher nicht zu leisten; nicht aus dem Regelbedarf.

Würde ich Hartz4 beziehen, würde ich kämpfen wie verrückt um das zu ändern, bin mir indes aber, aus meiner privilegierten Position heraus, wohl bewusst, dass meine Chancen dann ungleich schlechter wären, mir etwas Neues zu erschließen. Anders: Ich kann mich recht gut hineindenken in Menschen, die in prekären Verhältnissen leben müssen. Auch in meinem Ex-Job hatte ich viel mit Klientel zu tun, deren Leben geprägt war von Armut, Alltagssorgen, Gewalt, Bildungsferne und ganz viel Verzweiflung. Das ist mit ein Grund, warum ich denke, dass man dringend etwas verändern müsste, das Ganze kostet nicht nur im Sinne sozialstaatlicher Alimentierung Unsummen, die man mE klüger einsetzen könnte, sondern auch auf dem Sektor Justiz und Resozialisierung. Prekäre Umfelder erzeugen vielfältige Formen von Gewalt, das ist eine Binse, die häufig vergessen wird in der Diskussion.

LG Marina

@MarinaG.

MarinaG. schrieb:Auch sollte man dann mE entsprechend den Aufwand entschädigen, bzw. die Sätze entsprechend anheben. Es geht schließlich auch um ein menschenwürdiges Dasein. Und dass das mit den aktuellen Sätzen eher fraglich ist, das ist ja nun kein Geheimnis.

Beispiel:
In einem Mehrfamilienhaus in unserem Ort wohnen unter anderem
a ein Rentnerehepaar. Die Frau hat vier Kinder groß gezogen und später als Putzfrau gearbeitet. Der Mann hat 46 Jahre in einer Fabrik Akkord geschuftet und bekommt 1150 Euro Rente. Sie bezahlen 390 Miete (selbst) Die Frau geht immer noch putzen, damit sie den Kindern und Enkeln zu Geburtstagen und Weihnachten usw. ein kleines Geschenk machen können. Eine Altersrente hat sie nicht zu erwarten, sondern Grundsicherung.
b ein junger Mann, der zum Mindestlohn in einer Zeitfirma arbeitet, 1250euro. Muss ein Auto unterhalten, um zu seinen wechselnden Arbeitsstellen zu kommen, zahlt auch 390 Miete selber.
c ein Ehepaar mit 3 Kinder, seit Jahren arbeitslos, bekommen Hartz4 und Kindergeld 2450Euro. Die Miete zahlt das Amt. Von den vielen anderen Vergünstigungen ganz zu schweigen wie z.B. Rezeptgebühren, Medikamentenzuzahlungen, neue Elektrogeräte bei Bedarf, Zuschuss für Schulsachen und Schulausflüge, Winterkleidung für Kinder, Bezugschein für die Tafel u.v.m.
Das alles bekommt b nicht und a nur bedingt (Zuzahlungsbefreiung der AOK) Jedoch haben a und b das Bruttosozialprodukt erwirtschaftet, c geht locker und ausgeruht den Tag nicht vor 11 Uhr an.
Und nun kommt jemand und sagt, es geht um ein menschenwürdiges Dasein!
Für wen denn bitte!

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@Hathora ..
ah, okay .. jetzt verstehe ich Deinen Standpunkt besser. Aber wäre es da nicht sinniger, bessere Bedingungen - auch und gerade - für die, die "hart schuften" zu fordern, statt sich an denen zu stoßen, die das nicht tun? Wenn es allen besser ginge, wäre das doch besser, als wenn es den Einen schlecht geht und den Anderen noch schlechter. (?)

LG Marina

@MarinaG.
Ja natürlich hast Du Recht. Es wird einfach zu wenig für Rentner getan, die es doch wirklich verdient hätten, menschenwürdiger zu leben.
Aber es ging in dieser Diskussion halt darum, ob man Arbeitslose zwingen kann zu arbeiten, und nicht wie man Rentner v
helfen könne.
Ich denke schon, dass Arbeitslose eine Gegenleistung für ihre Bezüge erbringen sollten. Und wenn es ist, dass sie wie @jeba
vorschlug, Aufgaben erledigen.

@Hathora

Ich finde es sollte aber auch freiwillig sein, nicht als Zwang, weil nicht jeder kann mit solchen Tätigkeiten was anfangen.

Warum wird es eigentlich immer für solch eine Selbstverständlichkeit gehalten, einen Job zu haben? :ask: Wo kommt dieser Gedankengang her?

@simson

simson schrieb:nicht als Zwang, weil nicht jeder kann mit solchen Tätigkeiten was anfangen.

Ich kann auch mit Kochen und Backen und „solchen“ Tätigkeiten nichts anfangen und tue es trotzdem. Ohne Lohn!
Einen Besen kann wohl jeder halten zum Straßenkehren. Oder im Altersheim eine Oma im Rollstuhl spazierenfahren oder im Tierheim Hunde gassiführen. Man sollte den Arbeitslosen das schon zumuten dürfen. Auch wenn sie mit solchen Tätigkeiten nichts anfangen können.
Was kann man ihnen denn dann überhaupt zumuten?

@Hathora

Aber nicht Jeder möchte in seinem Wohnort als solcher öffentlich erkannt werden , wenn er mit dem Besen rumbeselt, manch einer hat eben Probleme damit.

Oder nicht jeden kannst du auf Senioren frei lassen, und nicht jeden kannst du auf Hunde frei lassen, manche können nichts mit Tiere anfangen, bedauerlich, aber ist so.

Und du wirst so wie so nicht genügend Ehrenamtliche Stellen finden die du den Arbeitslosen vermitteln kannst, weil es eben auch tatsächlich Ehrenamtlichemitarbeitende gibt die dies sowie so schon machen.

Hathora schrieb:Was kann man ihnen denn dann überhaupt zumuten?

"Autonomie"

Weil nicht unbedingt was du für sinnvoll empfindest, die Menschen die es dann betrifft, das gleiche empfinden, darum sollte es nur freiwillig sein.

Ich denke auch, dass man einen guten Katalog zusammenbekommen könnte. Unwahrscheinlich dass da für niemanden etwas zu finden ist, dass er erledigen könnte. Ich erwarte da von jedem, dass er sich mal etwas aus seiner Komfortzone bewegt. Und mit "etwas" meine ich nicht den Hundehasser, der ins Tierheim soll zum helfen...
Ihr werdet es nicht glauben, auch in meinem Beruf muss ich häufig Sachen machen, die ich nicht ganz so prickelnd finde. Ich denke, das gibt es überall.

simson schrieb:Und du wirst so wie so nicht genügend Ehrenamtliche Stellen finden die du den Arbeitslosen vermitteln kannst, weil es eben auch tatsächlich Ehrenamtlichemitarbeitende gibt die dies sowie so schon machen.

In allen Bereichen suchen die Leute händeringend Helfer. Und einige Sachen werden halt gar nicht gemacht, bzw. einmal im Jahr als Sonderaktion Grünflächen reinigen.

simson schrieb:Oder nicht jeden kannst du auf Senioren frei lassen, und nicht jeden kannst du auf Hunde frei lassen, manche können nichts mit Tiere anfangen, bedauerlich, aber ist so.

Und deshalb soll es ja eine Auswahl geben. Aber ist eigentlich auch egal, was ich vorschlage, ich merke in Deiner Welt gibt es nur Eigenbrötler, die Kinder, Tiere und Alte hassen oder so übel sind, dass man sie besser nicht auf diese los lässt. Der Rest ist krank, selber alt, hat Angst, dass über ihn geredet wird oder ist sich einfach zu fein, die Straße zu kehren.
Und wenn dem allen nicht so ist, findest Du sofort eine andere Ausrede und weitere Befindlichkeiten.

Im Prinzip bestätigst Du mit Deinen ganzen Posts das Bild des faulen Drückebergers, das man ja auf keinen Fall haben soll, danke dafür!

@jeba


Ja wer schon nicht, ihr habt gerade wirklich komische Vorstellung über Arbeitslose Menschen, die machen doch täglich ihre Erledigungen, ich kenne zum Teil nur Depressive, psychisch erkrankte, oder Drogenabhängige oder Körperlich erkrankte, die nichts mehr machen ( können ).

Es fällt doch immer etwas an?

@jeba
Ich habe nicht gesagt, es ist eine falsche Idee, nur der Zwang da zu ist falsch, solche Möglichkeiten zu erschaffen ist sicher eine gute Lösung, dann könnten die zugreifen die das gerne machen möchten, eben Freiwillig, die gibt es bestimmt.

@jeba

jeba schrieb:Im Prinzip bestätigst Du mit Deinen ganzen Posts das Bild des faulen Drückebergers, das man ja auf keinen Fall haben soll, danke dafür!

auf die man gefälligst auch noch Rücksicht nehmen soll und die viel zu wenig bekommen, um ein menschenwürdiges Leben zu führen.

simson schrieb:ihr habt gerade wirklich komische Vorstellung über Arbeitslose Menschen, die machen doch täglich ihre Erledigungen

Ja, die arbeiten fleißig und zahlen Steuern und krankenversicherung, täglich! Da darf man sie doch nicht auch noch zwingen, einen fremden Hund Gassi zu führen.— Ironie off.
Oder was meinst Du mit täglich ihre Erledigungen machen? Einkaufen gehen, Hausordnung machen, Essen kochen, Wäsche bügeln, Staubsaugen — das mußte ich als alleinerziehende Mutter mit Ganztagsarbeit und Wochenendjob ganz nebenbei erledigen.

@simson

simson schrieb:dann könnten die zugreifen die das gerne machen möchten, eben Freiwillig, die gibt es bestimmt.

Dieser Prozentsatz wird verschwindend klein sein!

@Hathora
Du weisst schon, dass wir von Langzeitarbeitslose sprechen, die müsstest du zuerst rehabilitieren, die leiden doch gleich unter Überforderung, dann sind die meisten auch fern ab von Sozialisiert, manch einer wird eventuell sogar seine ganz eigene Ideologie erschaffen haben in der Zeit, manche eventuell sogar nicht mehr in der Lage sind, sich anpassen und unterordnen zu können in der Arbeitswelt.

Du müsstest die meisten zuerst an die Hand nehmen und dann versuchen sie langsam zu integrieren und dann wirst du erst die Defizite erkennen und verstehen, dass es eben auch nur Menschen sind.

Kephalopyr schrieb:Warum wird es eigentlich immer für solch eine Selbstverständlichkeit gehalten, einen Job zu haben? :ask: Wo kommt dieser Gedankengang her?

Diese Frage stelle ich mir auch gerade- gibt auch für Akademiker nicht immer einen Job und es ist nicht jeder handwerklich talentiert.
Auch wenn aktuell gerade Handwerker und Pflegepersonal gesucht sind.

Hunde ausführen- geht wohl kaum ohne Hunderfahrung. Selbst mit meiner ( Jagd) Hundeerfahrung würde ich es mir z.Bsp. nicht zu trauen, einen Stafforshire oder Pitbull aus dem Tierheim auszuführen, wäre ich arbeitslos.

Ein Problem ist doch auch, dass Arbeitslose über 50 Jahre oft bereits einige Gesundheitsprobleme haben. Mit Bandscheibenvorfällen oder Rheuma geht es halt nicht, das Gärtnern in den Grünanlagen der Stadt.
Genausowenig kann so jemand in einer Altenpflegeeinrichtung arbeiten.

@Rotmilan

Rotmilan schrieb:einen Stafforshire oder Pitbull aus

diese Rasse ist in den meisten Bundesländern verboten. aIn den Tierheimen sind andere Hunde, die sogar jemand mit Jagdhundeerfahrung ausführen könnte.
Aber ich erkenne schon das Problem:
Selbst die einfachsten Tätigkeiten sind für Langzeitarbeitslose unüberwindliche Hindernisse. Denn sie sind nicht so ganz gesund, nicht sozialisiert, haben ihre eigene Ideologie und sie müsste man

simson schrieb:zuerst an die Hand nehmen und dann versuchen sie langsam zu integrieren

und dann erst erkennen wir,

simson schrieb:dass es eben auch nur Menschen sind.

Ich glaub es nicht!

Hathora schrieb:Ich glaub es nicht!

Was hast du eigentlich für ein Problem mit arbeitslosen Menschen?

Genau. Dieser Gesellschaftsschmock sollte am besten sofort umgebracht werden, denn Arbeitslose sind das Allerletzte. Taugen nichtmal als Fußabtreter der Privilegierten, denn die Schuhe werden halt nicht sauber, wenn man sie am Dreck abputzt.

Wandert doch einfach aus in die USA. Da krepiert der Bodensatz brav in den Seitengassen, statt dem braven Steuerzahler auf der Tasche zu liegen und ihr müsst euch nicht mehr aufregen.

Man, man, man... Wird einem schlecht hier bei der emotionalen Kälte und der Denke von einigen Leuten in dem Thread.

jeba schrieb:Für unseren Minijob/Gartenarbeit hatte ich gerade jemanden zum Probearbeiten hier, der wäre mit 5€ / Stunde schon gut bezahlt...

Nicht so großzügig. Am Ende drehen sie noch durch bei dem Stundenlohn und hauen das in Nullkommanix auf den Kopf.

was erwarten die Leute eigentlich?

Angemessene Bezahlung vermute ich und nicht noch Leute, die sich arrogant über sie erheben. Ich frag mich gerade, wer ärmer dran ist. :ask: