Warum mögen manche Menschen so Dinge wie BDSM?
10.02.2017 um 00:17
Ich lese hier nun schon eine ganze Weile mit aber die Bilder, die hier von manchen Seiten aufgezeigt werden bleiben theoretisch.
Man stellt Wiki-Links ein und glaubt, dies würde erklären was Dom oder Sub empfinden.
Nur leider ist das nicht so, kann es gar nicht sein. Will man wirklich wissen, was Sub oder Dom fühlt, was BDSM diesem Menschen gibt, dann muss man persönlich werden. Ist nicht einfach, wenn man direkt liest wie krank und gestört man doch ist weil man tickt wie man tickt. Ich will es trotzdem versuchen.
Jeder der BDSM lebt hat sich – da bin ich sicher – mit seiner Vorliebe auseinander gesetzt, denn, aus moralischer Sicht, nach Wertevorstellungen, nach Erziehung, Gleichberechtigung und vielem anderen mehr, stellt sich die Frage: wieso erregt mich eine solche Fantasie? Warum finde ich es geil dominiert zu werden oder zu dominieren? Stimmt da etwas nicht mit mir?
Ganz besonders nun an Vincent gerichtet: man erkennt sich nicht selbst, denkt – boah wie geil, das mach ich doch glatt .. Es ist ein Weg dahin. BDSMler sind sehr reflektiert, denn im Allgemeinen rechnet man damit von anderen als gestört angesehn zu werden, darum beschäftigt man sich extrem mit sich selbst. Hinterfragt sich, seine Fantasien, seine Lust, seine Normalität. Der Weg BDSM passiert nicht von 0 auf 100 in 10,4 Sekunden. Man geht Schritt für Schritt, man tastet sich vor bis zu der Grenze die man nicht oder noch nicht überschreiten mag. Es ist falsch anzunehmen dass Sub nach der Arbeit zur Tür rein kommt und Dom begrüßt sie mit der Neunschwänzigen. Eine Session wird vorbereitet. Es werden Fantasien in den Kopf des Gegenübers gepflanzt die allein schon ausreichend sind dieser Session entgegen zu hippeln.
Lustschmerz ist nicht mit 'Schmerzen' so wie sie allgemein bekannt sind zu verwechseln, denn sie haben nichts gemein. Tappe ich im Dunkel barfuß über Legosteine wird das kein Lustempfinden auslösen, auch nicht, wenn ich mir den Zeh anstoße oder mir mein Zahnarzt bei der Routineuntersuchung verklickert dass er gleich bohren muss. Auch ein Schlag mit einem Instrument, egal was man da nun nehmen mag, ist – so lange nicht eh schon ein 'Erregungszustand' erreicht ist, alles andere als lustvoll.
Eine Session beginnt erstmal im Kopf, da tobt die Fantasie, da lebt die Erwartung und mit jedem Wort, jeder Geste, jedem Blick und jeder Berührung steigert sich die Lust. Schmerz wird kaum als solcher empfunden, er ist einfach ein Transporter zur höchsten Lust, zu andauernden Höhepunkten und zu tiefster Befriedigung. Spuren die da bleiben werden gehätschelt und gepflegt, denn mit jeder Berührung taucht man wieder in die Session zurück, es wird ein unglaubliches Glücksgefühl ausgelöst, weil allein dies schon wieder Adrenalin in die Höhe treibt.
An anderer Stelle wurde gefragt, was denn 'Dom' davon hat, wie er/sie Lust empfinden kann, wenn er/sie Sub schlägt, augenscheinlich verletzt, ihn/sie erniedrigt, fesselt- also in eine Lage bringt, aus der Sub kaum selbstständig fliehen kann.
Der Dom-Part ist der Beobachter des Duos, er trägt die Verantwortung Sub, wie Photographer an anderer Stelle schon sagte, zu 'lesen'. Seine Lust wird sehr aus der Hingabe, des Vertrauens und sicher auch aus dem Gefühl der Macht gezogen. Macht bedeutet in dem Fall aber nicht das Gegenüber zu unterdrücken, die Macht steht hier für das Können dem Gegenüber solche Lust, solche Höhepunkte, solche Befriedigung zu bescheren – Dom hat die Lust des Subs in der Hand - nun ja, ein bisschen Größenwahn gehört dazu. :-) Für den dominaten Part kommt der sexuelle Höhepunkt in der Regel erst wenn sich die Session dem Ende neigt, wenn die Aufmerksamkeit nicht mehr zu 100% gegeben sein muss, davor spielt sich die sexuelle Lust auch mehr im Kopf ab. Und daraus ergibt sich zwangsläufig, dass auch 'Dom' einer gewissen Qual unterliegt, nämlich seine körperliche Lust erstmal hintenan zu stellen.
BDSM wird oftmals als eine sexuelle Spielart beschrieben. Finde ich nicht. Man lebt und erlebt sie. Spielen kann ich im Kindergarten.
Oh und dann ist da noch die Frage nach der Krankheit. Sind die denn alle verrückt, gestört? Sind sie nicht. Auch in einer BDSM Beziehung wird mehr Blümchen gesexelt als sich Sessions hingegeben. Nicht nur weil man 'nur' BDSM sicher körperlich auf Dauer nur schwer verkraften könnte, sondern auch weil es Zeit braucht. Eine Verabredung zum, ich nenns mal, besonderen Sex braucht Fantasie, Vorbereitung, viel Zeit um von der ersten hauchzarten Berührung bis an die eigene Grenze zu kommen und sie braucht auch die Zeit danach, das zurück auf die sog. Augenhöhe, zurück, zur 'normalen' Partnerschaft.
Das ist nur ein kleiner Teil dessen was BDSM ist, aber vielleicht beantwortet dies doch einige Fragen.
Hier wurde der Vorschlag eingebracht, sich doch einfach einmal zu einem Stammtisch einzufinden, mit den Menschen reden, Fragen stellen, Erklärungen bekommen. Ich finde es schad, dass dies so absolut abgelehnt wurde. Und ich finde es unverschämt und dumm diese Menschen wie Verbrecher darzustellen, solch einen Besuch abzulehnen, 'weil man ja nicht sicher sein kann, dass die einem nicht die Peitsche überziehn oder sonst wie komisch anmacht, weh tun will'. Vorurteile baut man so nicht ab, sondern auf.