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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

15.699 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Vorfall, Dyatlov, Dyatlov Pass ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Der Dyatlov-Pass-Vorfall

01.02.2021 um 20:47
Hier noch ein Artikel (englischsprachig), der auf die Einwände eingeht, die gegen die Lawinentheorie angebracht werden:

Gaume and Puzrin (SLAB)

Zitat:
Both scientists are nevertheless cautious about their findings, and make it clear that much about the incident remains a mystery. "The truth, of course, is that no one really knows what happened that night. But we do provide strong quantitative evidence that the avalanche theory is plausible," Puzrin continues.
Es bleibt also spannend... ;)

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01.02.2021 um 20:52
Zitat von off-peakoff-peak schrieb:Nein, das ist sogar sehr wahrscheinlich.

Seit wann hast eigentlich Du es nötig, zu Strohmännern zu greifen?
... Betonung im Text auf den Du dich beziehst liegt auf "allein" - Wind und Triebschnee allein waren nicht die Ursache, Sublimation muss nach den Gesetzen der Physik bei Temperaturen unter 0 Grad und trockener Luft zwangsläufig stattgefunden haben.
Zitat von NemonNemon schrieb:@bergfreund
Ich verstehe nicht ganz — worauf willst du damit hinaus und welches Video meinst du?
Da war ich zu schnell:Der um13:45 verlinkte Beitrag zeigt (meiner Erinnerung nach?) screenshots aus einem Video von WAB (???)
Zitat von NemonNemon schrieb:der Hangabschnitt über dem Zelt ist im Winter wesentlich flacher als im Sommer ohne Schnee. Wer die Steigung im Sommer misst, kommt zu einem völlig falschen Ergebnis
... klingt abenteuerlich aber sicher nicht so gemeint: die Steigung eines Hanges ist nicht jahreszeitenabhängig. Der Winkel an der Schneeoberfläche kann aber sehr wohl geringer sein als direkt an der Grenze zum Boden. Was Scherspannungenn innerhalb des Schnees erzeugen kann - in Bodennähe ist die Hangabtriebskraft größer als in bodenfernen Schichten.


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

01.02.2021 um 21:20
Zitat von NemonNemon schrieb:Siehst du da wirklich Schneebrett-Potenzial?
Ja, und auch noch nach zig mal Nachfragen.

Aber sieh Dir mal das Folgeverhalten der Gruppe an. Siehst Du da irgendwo Panik-Potential?


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

01.02.2021 um 21:23
Zitat von bergfreundbergfreund schrieb:Wind und Triebschnee allein waren nicht die Ursache, Sublimation muss nach den Gesetzen der Physik bei Temperaturen unter 0 Grad und trockener Luft zwangsläufig stattgefunden haben.
Und was willst Du damit sagen?
Was soll da wie sublimiert und sich wie ausgewirkt haben?
Vor Allem sage ich nicht, nur Schnee. sondern "es war nicht mehr möglich, Dinge aus dem Zelt zu holen. Die Erklärung, dass es unter Schnee begraben lag, ist sehr wahrscheinlich."


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

01.02.2021 um 21:45
Zitat von off-peakoff-peak schrieb:Und was willst Du damit sagen?
Was soll da wie sublimiert und sich wie ausgewirkt haben?
Ich habe mich dort nur auf Mazehares Frage zum Suchtrupp bezogen zur Auffindesituation des Zeltes drei Wochen später: Wind, Triebschnee und Sublimation (also Abtragen der Schneedecke durch Übergang von Eis- und Schneekristallen vom festen in den gasförmigen Zustand) haben ursprüngliche Anzeichen für ein Schneebrett verwischt. Da war dann eher eine geglättete und keine besonders dicke Schnee- bzw. Harsch- oder Eisdicke am Zelt zu finden.


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01.02.2021 um 21:47
Es gibt eigentlich gar nichts Neues zu diskutieren. Außer es steigt jemand mit der neuen Schneebrett-Theorie ein. War aber bis jetzt nicht wirklich der Fall. Oder es äußert sich jemand zur neuesten Version der Wetterstudie. Hat auch niemand gelesen. Es ist eine reine Murmeltier-Veranstaltung.


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

01.02.2021 um 22:06
Zitat von bergfreundbergfreund schrieb:Nemon schrieb:
der Hangabschnitt über dem Zelt ist im Winter wesentlich flacher als im Sommer ohne Schnee. Wer die Steigung im Sommer misst, kommt zu einem völlig falschen Ergebnis

... klingt abenteuerlich aber sicher nicht so gemeint: die Steigung eines Hanges ist nicht jahreszeitenabhängig. Der Winkel an der Schneeoberfläche kann aber sehr wohl geringer sein als direkt an der Grenze zum Boden. Was Scherspannungenn innerhalb des Schnees erzeugen kann - in Bodennähe ist die Hangabtriebskraft größer als in bodenfernen Schichten.
..zu ergänzen: beidee Halbgeraden (Neigungswinkell) Boden- u.Schneeoberfläche treffen sich zwangsläufig oberhalb des Zeltes in einem Punkt spätestens dort reißt die Schneeschicht - sogar so beschrieben im Artikel der beiden Lawinenforscher

Quelle: https://www.nature.com/articles/s43247-020-00081-8
the layer of depth hoar was thinner uphill, which has three main consequences: (1) It results in the average slope of the buried weak layer being about 28°, increasing the probability of slab release (Fig. 2b). (2) It reduces tensile support at the top of the slab, considerably limiting the avalanche volume. (3) It makes it more difficult to trace avalanche signs, especially 26 days after the incident.



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02.02.2021 um 10:12
Hat sich hier jemand den Film mit Richard Holmgren angesehen, den @YpersephoneY vor ein paar Tagen verlinkt hat?

Die Parallelen zum Anaris-Vorfall werden dort eindrucksvoll offensichtlich. Hypothermie. Führt zu irrationalem Verhalten. Wie der schwedische Bergführer im Film sagt: Manche ziehen sogar ihre Kleidung aus, weil ihnen warm ist. Die Leute verdursten und verhungern, während sie ihre Nahrungsmittelvorräte unberührt lassen. Und vieles mehr. Alles belegt. Alle Voraussetzungen sind am Dyatlov Pass gegeben. Im Gegensatz zu Anaris sind es hier nur ein paar Stunden und zumindest ein Teil der Gruppe ist - zu spät - wieder zu Sinnen gekommen. Die Wetterlage ist bis in Details nachgewiesen, auch das Flattern und der Windchill im defekten Zelt.

Aber nein, es wird eine Lawine herbeigezaubert. Und anschließend werden noch deren Spuren per Sublimation weggezaubert.
Normalerweise müssen Theorien sich je weiter hinten anstellen, desto mehr Zusatzannahmen sie brauchen.


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

02.02.2021 um 10:43
Die Doku von Holmgren ist interessant, weil es ein Bild von den Zuständen vor Ort ermöglicht. Allerdings spart RH (bewusst) völlig aus, dass von den Medizinern klar ausgeführt wurde, dass die Knochenbrüche und Kopfverletzungen vor dem Tod zustande kamen. Auch die Annahme, dass derartige Kopfverletzungen durch den Einsatz von Lawinensonden verursacht werden könnten, ist nicht tragfähig.

Das macht das Auftreten von schweren Verletzungen beim Zelt allerdings nicht wahrscheinlicher. Man hat den Abgang zur Zeder unter normalen (nicht stürmischen Bedingungen) nachgestellt. Selbst dann bräuchte man mehr als eine halbe Stunde dafür.
Dubininas Brustkorb war auf einer Seite total eingedrückt, auf der anderen waren (glaub ich) 3 Rippen gebrochen. Tibo hatte einen eingeschlagenen Schädel und konnte sicher nicht gehen.

Es gibt schlichtweg kein erdenkliches Szenario wie Leute mit solchen Verletzungen - bei gleichzeitigem Vorhandensein von 8 bzw. 9 Fußspuren - ins Tal gebracht werden hätten können. Der Arzt, der die Autopsie bei Dubinina durchgeführt hatte, meinte, sie hätte noch 10-20 min zu leben gehabt. Selbst wenn man diese Zeit verfünffacht, hätte das nicht ausgereicht, sie bei Dunkelheit und dichtem Schneefall ins Tal zu bringen.


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

02.02.2021 um 11:07
@Ludovico
Das ist völlig richtig. Er war ein Pionier, aber ich nehme an, zwischen seiner Expedition und dem Endergebnis Film lag ein Prozess, der verhindert hat, dass mehr und bessere Erkenntnisse da einfließen. Manche Annahmen hat er nie ernsthaft hinterfragt, obwohl reichlich Quellen vor ihm lagen. Vielleicht musste der Film nun aus Gründen des Jahrestages einfach mal fertig werden, vielleicht hat auch der Lockdown etc. einen Strich durch weitere Nachforschungen gemacht.

Nachgeliefert wurden die Zelt-Experimente bzw. Windkanal, aber nur halbgar. Vorzuführen, dass ein Zelt im Wind flattert, war obsolet. Davon gibt es genug Videos aus freier Wildbahn. Den Nachweis des Windchills im beschädigten Zelt hat unterdessen jemand anderes geliefert. Und dies ist ein Knackpunkt für den gesamten Fall.

Unter dem Aspekt der Archäologie als wissenschaftlichem Background, den der Film auch betont, ist das in vielen Punkten etwas dürftig. Andererseits ist diese Produktion auch keine wissenschaftliche Doku, sondern Fernsehen halt. Entertainment. Ich nehme an, das wurde von einem Sender produziert und dirigiert.


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02.02.2021 um 17:45
Zitat von NemonNemon schrieb:Hat sich hier jemand den Film mit Richard Holmgren angesehen, den @YpersephoneY vor ein paar Tagen verlinkt hat?
Mein Eindruck nach einem Mal schauen: fad. Nix Neues erfahren, wenig aufschlussreiche Feldexperimente. Ich hatte auch auf mehr Einbindung verschiedener Experten gehofft, aber für Leute, die sich noch nicht mit der Fallwind-Theorie befasst haben, ist die Doku natürlich sehenswert.
Den Wert von Holmgrens Arbeit will ich zudem in keiner Weise schmälern. Seine Theorie war für mich damals ein Mindblown-Moment und letztlich sind wir auch genau diejenigen angewiesen, die mit den realen (Winter-)Bedingungen vor Ort vertraut sind.
Zitat von NemonNemon schrieb:Aber nein, es wird eine Lawine herbeigezaubert. Und anschließend werden noch deren Spuren per Sublimation weggezaubert.
Jetzt liegt es an der wissenschaftlichen Community die Untersuchungsergbnisse zu widerlegen und die Beantwortung der Fragestellung auf ein seriöses, wissenschaftliches Niveau zu hieven. Der Artikel wurde meinem Eindruck nach in Russland bislang wenig rezipiert, aber vllt kommt eine entsprechende Antwort auch aus einer anderen Ecke. ;)
Zitat von LudovicoLudovico schrieb:Allerdings spart RH (bewusst) völlig aus, dass von den Medizinern klar ausgeführt wurde, dass die Knochenbrüche und Kopfverletzungen vor dem Tod zustande kamen.
Holmgren hat dazu einen fundierten Beitrag gepostet, weswegen dieser Punkt für mich noch nicht final abgeklärt ist:
Zitat von RHRH schrieb am 28.12.2019:Auf meiner Webseite gehe ich auf die Postmortem-Themen ein. In Bezug auf die gebrochenen Rippen von Zolotaryov und Dubinini halte ich die folgende Analyse für sehr wichtig - lesen Sie mehr über den Link unten. Für nicht-russische Leser müssen Sie es unterwegs übersetzen:
https://zen.yandex.ru/media/golos_sovi/pereval-diatlova-kto-i-kak-perelomal-rebra-zolotarevu-i-dubininoi-chast-vtoraia-5b9743db46f39d00aa675fc3
Zitat von LudovicoLudovico schrieb:Es gibt schlichtweg kein erdenkliches Szenario wie Leute mit solchen Verletzungen - bei gleichzeitigem Vorhandensein von 8 bzw. 9 Fußspuren - ins Tal gebracht werden hätten können. Der Arzt, der die Autopsie bei Dubinina durchgeführt hatte, meinte, sie hätte noch 10-20 min zu leben gehabt. Selbst wenn man diese Zeit verfünffacht, hätte das nicht ausgereicht, sie bei Dunkelheit und dichtem Schneefall ins Tal zu bringen.
So sehr ich auch die Untersuchung von Kuryakov kritisiere, so hatte sie doch ein Gutes: Tumanov im März 2019 zum Dyatlov-Pass gebracht, wo er feststellen konnte, dass die schweren Verletzungen unmöglich im Zelt passiert sein konnten. Aber hier driftet der Artikel auf nature.com komplett in den Bereich der Fiktion ab, was letztlich den kleinen Fortschritt in der Diskussion wieder zunichte machen könnte.


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

02.02.2021 um 17:56
Zitat von YpersephoneYYpersephoneY schrieb:Holmgren hat dazu einen fundierten Beitrag gepostet, weswegen dieser Punkt für mich noch nicht final abgeklärt ist:
Er ging schon in seiner ersten Textversion von einer eingestürzten Schneebrücke ein. Und jetzt auch von einem ei gestürzten Biwak Das war einer der Punkte, die mich dazu gebracht haben, mich intensivst mit dem Szenario im Wald zu befassen. Es lag aber weder genug Schnee für eine Brücke noch für eine Höhle im Schnee. Die 6 — 7 m Schneedecke haben sich anschließend erst bis zur Auffindung dort abgesetzt. Das mag Druck auf einen Thorax erzeugen, ist aber nicht mit einem Impakt gleichzusetzen. Und die Art und Schwere der Verletzungen ist bekanntlich aus dem Handlungsablauf plausibel herzuleiten.


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

02.02.2021 um 19:06
Für mich kommen nur zwei Szenarien in Betracht. Ein Streit untereinander oder ein Überfall. Einen Streit halte ich für unwahrscheinlich, weil dann zumindest die Sieger überlebt hätten. Darum muss es ein Überfall gewesen sein. Die Aussage, dass man keine Fremdspuren gefunden hat, halte ich für eine falsche Schlußfolgerung.
Ich stelle mir einen Überfall von bewaffneten Reitern vor, der oder die über das Zelt geritten sind und so eine Flucht ausgelöst haben. Eine Verfolgung fand nicht statt, weil die Beute sich im Zelt befinden musste. Die Räuber, sicher in breiten Pelzstiefeln, die keine Spuren hinterlassen, bzw. nur welche, die leicht übersehen werden können oder schnell überdeckt werden, werden sich einige Zeit am Zelt aufgehalten und die mickrige Beute untersucht haben. Einige der Expeditionsteilnehmer, die nicht schnell oder weit genug weggelaufen sind, wird man gefangen haben. Diese wurden dann zum Zweck des Verhörs (wo ist der Schatz versteckt?) gefoltert und dann sich selbst überlassen, man lies sie erfrieren oder hat sie weggejagt. Die Angst vor den Räubern hat die Expeditionsteilnehmer entweder davon abgehalten zum Zelt zurückzukehren, obwohl die Räuber vielleicht längst wieder weg waren, oder die Räuber haben lange genug dort gecampt um sicher zu seine, dass alle erfroren sind.
Mein stärkster Hinweis ist der Zustand des Zeltes, die noch stehenden Pflöcke, die stehenden Ski, der Schnee, der in Klumpen überall verstreut ist. Solche Verwüstungen habe ich selbst schon im tiefen Schnee angerichtet und da gibt es dann auch keine Spuren, weil überall die Schneebrocken darüber rollen und liegen. Wobei zu beachten ist, dass man eben keine Spuren von sohlenlosen Pelzstiefeln (dicke, breite Mokassins, wie kleine Schneeschuhe, ideal im Schnee) findet oder nur sehr schwer die Spuren unbeschlagener, vielleicht sogar umwickelter, Pferdehufe findet. An ein Schneebrett glaube ich nicht. Dann wäre das Zelt platt und alles, auch der Inhalt des Zeltes, zerstreut.


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03.02.2021 um 17:33
Zitat von NemonNemon schrieb:Er ging schon in seiner ersten Textversion von einer eingestürzten Schneebrücke ein. Und jetzt auch von einem ei gestürzten Biwak Das war einer der Punkte, die mich dazu gebracht haben, mich intensivst mit dem Szenario im Wald zu befassen. Es lag aber weder genug Schnee für eine Brücke noch für eine Höhle im Schnee. Die 6 — 7 m Schneedecke haben sich anschließend erst bis zur Auffindung dort abgesetzt. Das mag Druck auf einen Thorax erzeugen, ist aber nicht mit einem Impakt gleichzusetzen. Und die Art und Schwere der Verletzungen ist bekanntlich aus dem Handlungsablauf plausibel herzuleiten.
Der Hinweis auf den Beitrag war auch nicht als Plädoyer für eine Schneehöhle gemeint. Meines Wissens sind dafür die Bedingungen in dem Bachbett nicht gegeben - weder für eine natürlich Aushöhlung, noch für eine gegrabene. Die Post-Mortem-Geschichte wäre allerdings eine sehr simple Erklärung für die Verletzungen von Dubinina und Zolotarev. Die 4 (bzw. 3, Thibeaux-Brignolle wahrscheinlich schon bewusstlos/tot) erfrieren auf einem ausgelegten Boden, welcher dann von dem auftauenden Bach weggespült wird und für die eingedrückten Brustkörbe wären dann die später hinzukommenden Schneemassen verantwortlich. Ob dieses Szenario möglich ist, muss ein geeigneter Gerichtsmediziner beurteilen. Falls nicht möglich, favorisiere ich die Sturz-Theorie von WAB.

Bei Thibeaux-Brignolle bin ich mir hingegen sicher, dass er sich den Kopf am dritten Steinkamm aufgeschlagen hat.


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

03.02.2021 um 17:46
Zitat von YpersephoneYYpersephoneY schrieb:Die Post-Mortem-Geschichte wäre allerdings eine sehr simple Erklärung für die Verletzungen von Dubinina und Zolotarev. Die 4 (bzw. 3, Thibeaux-Brignolle wahrscheinlich schon bewusstlos/tot) erfrieren auf einem ausgelegten Boden, welcher dann von dem auftauenden Bach weggespült wird und für die eingedrückten Brustkörbe wären dann die später hinzukommenden Schneemassen verantwortlich.
Noch simpler und deswegen möglicherweise vorzuziehen finde ich die Erklärung, dass das beim Sturz auf dem Weg dorthin passiert ist. Zumal der "Den", wo der Boden ja ausgelegt wer, niemals genutzt wurde. Was dafür spricht, dass sie es nicht bis dahin geschafft haben. Und zwar nicht von der Zeder her nicht geschafft, sondern vom Zelt aus nicht geschafft.
Zitat von YpersephoneYYpersephoneY schrieb:Ob dieses Szenario möglich ist, muss ein geeigneter Gerichtsmediziner beurteilen. Falls nicht möglich, favorisiere ich die Sturz-Theorie von WAB.
Man darf nicht vergessen, dass WAB eine gewisse Expertise mitbringt durch seine Hauptarbeit in der "Raketenwissenschaft". Dezidiert vorgerechnet hat er die Stürze ja auch mitsamt allen physikalischen Parametern.
Zitat von YpersephoneYYpersephoneY schrieb:Bei Thibeaux-Brignolle bin ich mir hingegen sicher, dass er sich den Kopf am dritten Steinkamm aufgeschlagen hat.
Auch das ist ja dezidiert vorgerechnet. Und wenn er sich dort schwer verletzt hat aber unten bei den Anderen gefunden wurde, die sich z. T. ebenfalls schwer verletzten, ergibt sich durchaus eine plausible Abfolge.

Das ist ja keine Kontroverse zwischen uns beiden. Ich rekapituliere auch nur noch mal skizzenhaft die Argumentation. Es ist schon wieder ein Weile her, seit wir bei diesen Themen waren und da kann es nicht schaden, das mal wieder hier an die Wand zu pinnen. Umso mehr, wenn abstruser neuer Input reinkommt ;)


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

03.02.2021 um 17:56
Zitat von NemonNemon schrieb:Zumal der "Den", wo der Boden ja ausgelegt wer, niemals genutzt wurde. Was dafür spricht, dass sie es nicht bis dahin geschafft haben.
Es war so gemeint, dass in der Post-Mortem-Theorie an zwei windgeschützten Stellen der Boden ausgelegt wurde, einmal für die 4 in der Schlucht und dann ein weiterer ausgelegter Boden (der von der Suchmannschaft gefunden wurde) für die restliche Gruppe, wenn sie noch dazugestoßen wäre. Allerdings stellt sich in dem Zusammenhang die Frage, warum das dann nicht 5 Plätze sind. Das Szenario ergibt wahrscheinlich doch nicht so recht Sinn. ;)

Edit: mir fällt gerade ein, dass der von der Suchmannschaft gefundene ausgelegte Boden zu einem Zeitpunkt gelegt wurde, als Krivonishenko und Doroshenko schon tot waren. Egal, die 4 Plätze waren vermutlich wirklich für die 4 Gruppenmitglieder, die auch in der Nähe gefunden wurden.


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03.02.2021 um 20:57
Zitat von NemonNemon schrieb:Man darf nicht vergessen, dass WAB eine gewisse Expertise mitbringt durch seine Hauptarbeit in der "Raketenwissenschaft". Dezidiert vorgerechnet hat er die Stürze ja auch mitsamt allen physikalischen Parametern.
WAB hat überhaupt nichts vorgerechnet. WAB könnte dir auch die ideale Gasgleichung aufschreiben und du würdest glauben, dass das ein Beweis für einen Sturz im Gelände ist.

Es gibt überhaupt keinen Mediziner, der einen Sturz für derartige Verletzungen in Erwägung zieht - vor allem in so einem flachen Gelände wie diesen. Wenn du einmal irgendwas mit Wissenschaft zu tun gehabt hättest, würdest wohl eher verstehen, dass man nicht ständig irgendwelche ungesicherte Behauptungen aufstellen kann, die von entsprechenden Experten als Unsinn abgetan werden.


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04.02.2021 um 09:02
Ein hochinteressantes Thema!
Ich bin auf dieses Forum gestoßen, nachdem ich vor ein paar Tagen in irgendeiner Tageszeitung über das Unglück am Djatlow-Pass gelesen habe. Seither habe ich hier im Forum viele Seiten durchgelesen (nicht alle, das wäre zu viel). Für mich erscheint das Szenario, das Nemon (und wohl auch WAB, wenn ich es richtig sehe) beschreibt, mit Abstand am plausibelsten zu sein.

Wie auch immer – eine tolle Seite, es macht Spaß mitzulesen. Danke an alle, die sich Gedanken machen, und uns allen eine gute Zeit.


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

04.02.2021 um 10:16
Zitat von StecknadelkopfStecknadelkopf schrieb:Für mich erscheint das Szenario, das Nemon (und wohl auch WAB, wenn ich es richtig sehe) beschreibt, mit Abstand am plausibelsten zu sein.
Danke — aber die Reihenfolge ist anders herum: WAB ist aus dem Umkreis der damaligen Dyatlov-Gruupe und der Mann, der in mehreren Wintern Expeditionen (u. a. mit dem Forscher-Kollegen Shura und auch mit Yuri Yudin) Expeditionen zum Dyatlov-Pass unternommen und dort alles erforscht hat, was bei diesen Gelegenheiten zu erforschen war. Da er im Hauptberuf in einem technischen Forschungsbereich immer stark eingebunden war, hat er es nie geschafft, das Ganze systematisch zusammenzuführen und zu veröffentlichen. Daher liegen einzelne Studien und Aufsätze vor, aber kein systematisch aufbereitetes Gesamtwerk. Er hat hier Links zu vielen Originalquellen und Diskussionen gepostet, allesamt auf Russisch. Eine Gruppe von Leuten hier, also auch ich, hat sich intensiv damit beschäftigt, so gut es ging mit Maschinenübersetzungen und teilweise fragmentarischen Dokumenten, und ihn in Rahmen der Möglichkeiten auch dazu noch befragt. Es liegt also im Hintergrund ein ansehnliches Archiv an Dokumenten und Fotos vor. Nicht jeder hier hat sich dafür interessiert, das alles zu studieren, es ist mitunter auch sehr mühsam wegen der Sprachbarrieren.
Aufgrund seines Backgrounds und seiner Pionierarbeit vor Ort ist er auch aus meiner Sicht in den meisten Punkten am plausibelsten. Wobei auch zwischen ihm und Shura nicht in allen Punkten Einigkeit herrscht und andere Forscher zu anderen Ergebnissen kommen. Die er aber, wie ich finde, überzeugend widerlegt. Das sind so Punkte wie die Bestimmung exakter Koordinaten im Gelände dort. Aus meiner Sicht und auch aus der anderer Interessierter sind seine Aussagen und Schlussfolgerungen plausibler als das Meiste, was sonst so im Umlauf ist. Er belegt und leitet alles sachlich her. Wo ich persönlich nicht mehr mitgekommen bin ist der Infraschall als Trigger am Zelt. Der Fallwind stammt nicht von ihm und auch nicht die detaillierte Wetter- und Wind-Studie. Von daher bietet er m. E. nicht die beste These zum Grund, aus dem die Gruppe das Zelt verlassen hat. Und das ist auch nicht sein Kernthema. Aber Aussagen wie die, dass es ungefähr so sinnvoll war das Zelt zu verlassen, wie sich aus einem Flugzeug zu stürzen, muss man wohl beim Wort nehmen. Er hat dort oben selbst im Sturm gezeltet.

Dies als Kurze Einführung in die Situation ;)


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

04.02.2021 um 18:52
Hallo miteinader!

ich interessiere mich schon länger für dieses Thema, habe hier schon interessiert mitgelesen und bin nun über das Echo der Medien in den letzten Tagen mal wieder hierauf gestoßen. Die neuesten Theorien habe ich daraufhin gelesen. Jedenfalls habe ich es nun zum Anstoß genommen, mich hier endlich mal anzumelden.

Im folgenden sind die Gedanken aufgeschrieben, die ich mir hierzu in den letzten Tagen mal wieder gemacht habe. Ich glaube absolut nicht, hier das Ei des Kolumbus gefunden zu haben und möchte niemanden belehren, der sich intensiv beschäftigt hat. Vielmehr würde ich mich freuen, wenn ihr mich korrigiert, wo ich auf dem Holzweg bin, sodass ich meine Gedanken neu ordnen kann. Es ist wie gesagt schon etwas her, dass ich intensiver hierzu gelesen habe. Sollte ich deshalb einen Namen falsch geschrieben oder einen Sachverhalt durcheinander geworfen haben, bitte ich das zu entschuldigen.

Ausgangspunkt meiner früherer Überlegungen – schon bevor mir die wissenschaftlichen Ausarbeitungen zum Thema Fallwind sowie die neueren zum Thema Schneebrett bekannt waren – war die für die Deduktion aller Folgenden Gedanken für mich wesentliche Frage, nach dem Grat der potentiellen Gefährlichkeit des gewählten Zeltplatzes. Hierbei möchte ich noch nicht einmal auf die Anfälligkeit für Naturkatastrophen hinaus. Eklatant erscheint zunächst einmal der Mangel an Feuerholz. Mir ist bekannt, dass aufgrund der Tagebucheinträge teilweise angenommen wird, der Ofen sei einigen Gruppenmitgliedern zum Schlafen zu warm gewesen. Weiterhin habe ich in Erinnerung, dass es Vermutungen gab, es hätte sich um einen Test für den Otorten gehandelt. Beiden Thesen kann ich schwer folgen. Der Tagebucheintrag stammt meines Wissens von der ersten Nacht im Zelt. Dort hatte man a) noch keine Übung mit der Handhabung des Ofens, weshalb man es mit dem Nachlegen zu später Stunde etwas übertrieben haben konnte und b) befand man sich bei wesentlich wärmeren Temperaturen und gut durchgewärmt vom Lagerfeuer kommend im windgeschützten Wald.

Der Test für den Otorten scheint mir ohnehin abwägig. Nach den letzten beiden Tagen wird allen Teilnehmern bewusst gewesen sein, was für eine Quälerei der Aufstieg dort hinauf werden würde. Djatlow war laut Tagebuch auch bewusst, dass das Übernachten am Pass wenig Gemütlichkeit versprach. Vielmehr klingt die Erwähnung sorgenvoll. Worauf ich hinaus möchte: Wenn man über mehrere Tage hinweg auslaugenden Anstrengungen ausgesetzt ist und die schwierigste Etappe noch bevorsteht, dann legt man normalerweise großen Wert darauf, diese möglichst ausgeruht und gut vorbereitet anzutreten. Ich bin bereits zweimal mit dem Rennrad über die Alpen gefahren. Beim zweiten mal haben wir unsere kleine Reise am drittletzten Tag mit dem Timmelsjoch gekrönt. Wer diesen Pass nicht kennt: Mit Gepäck ist das für jeden Radfahrer, der nicht mindestens 500 Trainingskilometer die Woche abreißt, an der Grenze des Lösbaren. Ich kann versichern, dass wir am Vortag ein relativ kurzes Teilstück gefahren sind, früh ins Bett gingen und es bei einem Glas Rotwein beließen. Nicht im Traum wären wir auf die Idee gekommen, auch für eine kürzere Anfahrt zum Pass am nächsten Tag, auf die erholsame Nacht im warmen Bett zu verzichten, um direkt am Berg in der Kälte zu kampieren. Zum Vergleich: Ich bin Ende 20 und betreibe seit meinem 10. Lebensjahr Leistungssport, bin von der körperlichen Konstitution also wahrscheinlich den Teilnehmern der verhängnisvollen Expedition nicht ganz unähnlich. Hierzu muss ich einschieben, dass ich das Bild der Spechte teilweise ohnehin für etwas verklärt halte: Die waren sicherlich alle gut in Form, zum Teil sogar erfolgreiche Leistungssportler. Ich würde jedoch nicht behaupten, dass sie lediglich aus Güte gegenüber der Konkurrenz auf die Teilnahme an den olympischen Spielen verzichteten, während sie doch eigentlich gestählte Spitzensportler gewesen wären. Speziell die Anekdote mit Pferd und Schlitten (für die Rucksäcke, meine ich) scheint mir hierzu erhellend: Wenn ich mir diese Tour allein aus sportlichem Ehrgeiz und um meine Grenzen zu testen vornehme, lasse ich mein Gepäck dann direkt am ersten Tag von einem (langsamen) Gespann transportieren? Komme ich dann morgens grundsätzlich nicht in die Puschen? Was ich damit sagen will: Es erscheint mir unlogisch, dass das Campen ohne Feuerholz an diesem Tag etwas anderem als praktischen Erwägungen entsprang.

Einwurf: Ja, ich weiß, dass eine geringe Menge Feuerholz im Ofen mitgeführt wurde. Hier bin ich mir jedoch sicher, dass dieses dem Auftauen der gefriergetrockneten Kleidungsstücke inkl. Schuhe (!) am nächsten und eventuell auch am darauffolgenden Morgen dienen sollte. Ein Anfeuern am Abend wäre hierbei nicht sinnvoll gewesen, denn auf diesem Wege hätte man in dieser kurzen Zeit niemals alle Klamotten trocken bekommen – sie wären nachts trotzdem eingefroren.

Jedenfalls würde ich mein Geld darauf setzen, dass der Zeltplatz insbesondere aus Zeitdruck gewählt wurde. Man hatte bereits einen Tag verloren, kam morgens nicht in Gang, man hatte an diesem Tag nur wenige Kilometer zurückgelegt – wieder einen reichlichen Kilometer bis zur Baumgrenze zu verlieren, um diesen am nächsten Tag wieder hinaufsteigen zu müssen, wird speziell den Teilnehmern, denen es hier um etwas ging, nicht erstrebenswert erschienen sein. Ich halte es nicht für unmöglich, dass bereits bei der Wahl dieses Zeltplatzes Differenzen innerhalb der Gruppe auftraten. Als sie alle froren und wegen des Sturms ein mulmiges Gefühl bekamen, gehe ich sogar schwer davon aus. Spätestens, als unter der Zeder die ersten Freunde erfroren waren, erscheint es mir als sehr wahrscheinlich, dass eine Eskalation – zumindest mit Worten – passierte.

Ich kaue das so ausführlich durch, weil ich auf eine entscheidende Schwachstelle der Fallwind-Theorie hinaus möchte. Man nehme eine Gruppe junger Menschen, welche zwar über einige, aber sicherlich nicht über langjährige Erfahrung im Winterwandern verfügt und summiert kaum mehr als ein paar Nächte oberhalb der Baumgrenze verbracht hat, die sich ergo auf ziemlichem Neuland befindet. Diese hat ihren Lagerplatz mehrheitlich nicht als potentiell gefährlich, maximal als kalt eingeschätzt. Sie sah die Gefahr auch nicht kommen, sonst wäre sie mehrheitlich besser bekleidet gewesen. Diese Gruppe war auch noch nie gemeinsam unterwegs, nach den drei Tagen werden niemals alle Mitglieder einem ihrer Kumpanen uneingeschränkt und bedingungslos als Chef vertraut haben. Das Zelt wird nun also von einem apokalyptischen Wind erfasst und in Sekundenbruchteilen wird sich auf die wohl einzig sinnvolle Vorgehensweise verständigt, nämlich das Zelt zuerst aufzuschneiden und dann sofort mit Schnee zuzuschütten? Ich halte es für völlig ausgeschlossen, dass sich die Akteure dann nicht mit den Standpunkten „Schnee aufs Zelt“ und „bist du wahnsinnig, du bringst uns um!“ durch den Sturm angeschrien hätten – wenn man in diesem Szenario und trotz Kälteschock (!) überhaupt das geschriene Wort seines Nebenmanns hätte verstehen können. Die einzige Möglichkeit, mit der ich mir dieses Handeln vorstellen könnte, wäre wenn sie während der Zunahme des Sturms im Zelt besprochen worden wäre, die Befürworter sich jedoch mit ihrer Auffassung, dass das Zelt bei noch stärkerem Sturm verlassen werden müsse, nicht durchsetzen konnten. Es würde ja an ein Wunder grenzen, wenn Djatlow während des stärker werdenden Sturms nicht von seiner bereits erlebten Nacht im Sturm erzählt hätte. Und von seiner Überzeugung, schon Schlimmeres erlebt zu haben und man das schon überstehen würde. Dass speziell der wesentlich ältere Zolotarew in diesem Fall nicht hätte gesagt haben können „Jungchen, ich hab schon Stürme gesehen, da hältst du kein Zelt der Welt mehr“, ist nicht weit hergeholt. Auf dieser Grundlage wäre die Fallwind-Theorie aus meiner Sicht lediglich haltbar, wenn die Option, das Zelt bei noch stärker werdenden Böen auf die fragliche Weise aufzugeben, schon vor dem Eintritt als Option zur Disposition gestanden hätte. Auch, wenn die Mehrheit bis zum Auftreffen der ersten echten „Walze“, welche offenbar für Panik sorgte, die Situation als nicht lebensgefährlich einschätzte. Man muss sich hier auch in Djatlow hineinversetzen: Ihm wird klar gewesen sein, dass er in der betriebenen Disziplin eher Geselle als Meister und der Zeltplatz nicht ideal war. Während sie dort frierend im Zelt lagen und der Sturm immer weiter zunahm, werden ihn Zweifel an seiner Entscheidung, wahrscheinlich sogar Angst beschlichen haben, hier das Leben der Leute aufs Spiel gesetzt zu haben. Dass er beim Ausbruch von Panik dann nicht mehr in der Lage gewesen wäre, Autorität auszuüben, er vielleicht sogar froh gewesen wäre, als ein anderer das Heft in die Hand nahm („RAUS HIER, DAFÜR IST KEINE ZEIT, SCHNEE DRAUF, WEG“), wäre absolut menschlich.

Natürlich ist das spekulativ, jedoch die m.E. einzige Möglichkeit, bei der die Fallwind-Theorie nicht an der logischen Unvereinbarkeit von relativer Unerfahrenheit/Nichterkennen der Gefahr und der kollektiven Durchführung der einzigen Lösung innerhalb von Sekunden scheitert.

Dass in diesem Szenario Zolotarew und Tibo-Brinjol bereits im Zelt den Gegenpol zu Dyatlow (+x) gebildet haben könnten, welche eine tödliche Gefahr erwarteten und sich deshalb an- bzw. gar nicht erst richtig auszogen, ist ebenso spekulativ, passt sich jedoch dann schön ein, zumal es auch zu den Gruppen bei Auffindung passt. Natürlich gibt es 100 andere Möglichkeiten, weswegen sie hätten besser bekleidet sein können.

Unabhängig von diesen Überlegungen finde ich, dass entgegen der klaren Fronten sich Fallwind und Schnee überhaupt nicht ausschließen müssen. Der Fallwind könnte Schnee angehäuft haben, der das Zelt (evtl. auch nur teilweise) eingedrückt/verschüttet hätte. Ebenso ist es eine Option, dass die gebildete Schneeanhäufung innerhalb der Fallwind-Theorie das Zelt nicht verschüttete, sondern den aus dem Zelt Flüchtenden dabei half, das Zelt möglichst schnell und ohne Werkzeug mit Schnee zu bedecken. Und in beiden Fällen könnte die Taschenlampe sowohl als Orientierungspunkt drapiert, als auch verloren gegangen sein.

Überhaupt muss ich hier festhalten, dass ich bezüglich des Initialereignisses nicht daran glaube, dass hier absolute Aufklärung zu erwarten ist. Dies ist schon darin begründet, dass von jedem Initialereignis aus vollständig unterschiedliche Kausalketten bis hin zu den Todesfällen zu ziehen sind. Je nachdem, wo man hier die Gewichtung legt und die Bereitschaft für Kompromisse bei den Wahrscheinlichkeiten am höchsten ist, kommt man zu völlig unterschiedlichen Annahmen, die alle ihre logischen Fehler haben. Die einwandfreie Kausalkette gibt es in diesem Fall nicht, was mich ohnehin in der Annahme bestärkt, dass es sich hier um eine Verkettung von Umständen handelt, welche zwar ohne einander vorstellbar, allein jedoch nicht zu diesem katastrophalen Ergebnis geführt hätten. Je logischer ich die Todesursachen erklären möchte, desto unlogischer wird das Initialergebnis – und umgekehrt.

Ins Reich der Mythen verweisen würde ich lediglich die Beteiligung weiterer Personen. Es handelt sich um den Arsch der Welt. Es war Nacht und Schneesturm. Mir fallen – egal ob Wegelagerer oder CIA – Dutzende sicherere, elegantere und vor allem einfachere Möglichkeiten ein, jemanden um die Ecke zu bringen. Wenn ich die CIA bin, dann mache ich diese Übergabe nicht Mitten in Sibirien mit einem Haufen Zeugen. Und wenn ich KGB Agent bin und plane mich mit feindlichen Agenten zu treffen, dann habe ich zumindest mal eine Knifte in der Jackentasche. Wenn ich ein Wahnsinniger bin, dann erledige ich die Sache nicht nachts im Schneesturm, nachdem ich sie tagelang verfolgt habe und bringe mich selbst in Lebensgefahr. Überhaupt müsste ich ein ziemlich fitter Wahnsinniger sein, um diese Leute dort auf dem Pass überhaupt zu erreichen und bei Dunkelheit zu finden, ohne tagsüber schon in Sichtweite gewesen zu sein. Auch meine Spuren verwische ich dann nicht derart gründlich, die sind mir dann nämlich egal. Wenn ich das Militär bin, das bei geheimen Tests ertappt worden ist, dann lasse ich die Leute verschwinden und richte nicht eine solche Sauerei an. Ebenso, wenn einer der Teilnehmer „weg musste“. Wenn ich eine bewaffnete Mansi-Truppe bin, dann habe ich keinen Hinterhalt nötig und schnappe mir außerdem die Wertsachen der Leute. Und nicht zu guter Letzt: Wenn mich jemand mit dem Tod bedroht oder ich vor jemandem in Panik fliehe, dann mache ich nicht in Sichtweite nachts ein Feuer an. Dann baue ich nicht – nachdem ich Spuren im Schnee hinterlassen habe – nicht weit vom Waldrand eine Höhle, wo der mich garantiert findet, wenn er richtig sucht. Dann laufe ich weiter in den Wald. Sicherlich kann man sich hier Geschichten zurecht legen, die in sich zwar logisch sind – aber auch eben wahnsinnig unwahrscheinlich. Wer sich so etwas ausdenkt, der sollte seine Zeit lieber mit Lotto spielen verbringen. Was mir in diesem Zusammenhang noch einfällt: Die aufgereihten Fußspuren am Zelt, welche der einen als Spuren eines Appells, der andere als Schneeschippformation deutet: Wer sagt denn, dass diese Spuren nicht beim Aufbau des Zelts entstanden sind? Das ist doch viel wahrscheinlicher. Wochen später haben die Suchenden die Skispuren, die Spuren ins Tal und ums Zelt noch Weitere gefunden. Es ist doch unmöglich zu sagen, wann diese Spuren entstanden sind.

Was ich weiterhin anmerken möchte: Weder Fallwind- noch Schnee-Theorie schmälern die Wahrscheinlichkeit von körperlichen Auseinandersetzungen innerhalb der Gruppe – steigern sie aber auch nicht. Wie schon gesagt halte ich es spätestens zu dem Zeitpunkt, als es an der Zeder die ersten Erfrorenen gab, für nicht unwahrscheinlich, dass sich gegenseitige Vorwürfe gemacht wurden. Über den Wahl des Zeltplatzes, die eventuell ursächliche Verzögerung am Morgen, den Anstoß zur Initialhandlung zum Verlassen des Zeltes, was-auch-immer. Dass der eine zum anderen im Angesicht des Todes sagt „wegen dir verrecken wir hier alle“ und jener das nicht auf sich sitzen lässt, wäre menschlich. Wenn ich mein unwahrscheinliches Szenario von oben wieder aufgreife: Dyatlow wählt den Zeltplatz, wehrt sich lange gegen die Bedenken, letztlich übernehmen Zolotarew/Brignol in der Panik das Ruder. Dann könnten die sich jetzt gegenseitig vorwerfen, für das Desaster verantwortlich zu sein. Tibo-Brinjol wird dabei der Schädel eingeschlagen, Solotarew bekommt seine Kopfverletzung, Dyatlow seine Zweikampfspuren, die Frauen gehen dazwischen – der Rest der Verletzungen passiert später, z.B. beim Sturz in die Schlucht. Hier wäre auch zu beachten, dass die Gruppe um Zina sich aus ihrem angeblich neuen/angebahnten Lover Dyatlow und „Rustik“ zusammensetzt, den sie in den Tagebucheintragungen – wenn ich mich richtig erinnere – mehrfach erwähnte und zu dem sie ein gutes Verhältnis zu haben schien. Das ist natürlich alles reine Spekulation. Und am unwahrscheinlichsten scheint mir letztlich die Frage, ob sie in ihrem Zustand tatsächlich noch in der Lage gewesen wären, sich gegenseitig zu verletzen. Dennoch wäre hier zumindest auch der Aspekt des potentiellen Werbens um die beiden Frauen beachtet. Ich meine nicht, dass man hier eine künstliche Hollywood-Geschichte aufbauschen oder annehmen müsste, eine Gruppe junger Menschen könnte nicht ohne Balzverhalten ein paar Tage zusammen verbringen. Da gerade um Zina eine gewisse sexuelle Konkurrenz belegt zu sein scheint, sollte man diesen Aspekt vielleicht dennoch nicht ganz außer Acht lassen.

Abschließend möchte ich noch einen Aspekt aufgreifen, bei dem ich eigene Erfahrung einbringen kann; nämlich unerwartete Stürze im Dunkeln, wenn man nicht ganz Herr seiner Sinne ist ;) Ich wohne in einem Reihenhaus, welches durch einen Hintereingang zu begehen ist. Zwischen dem Reihenhaus und dem nächsten ist ein Durchgang, den man benutzen kann, um in den Hinterhof zu kommen, wenn man keine Lust hat, die Haupttür an der Straße aufzuschließen. Es begab sich, dass eines Abends ein etwas angeheiterter junger Mann, welcher nach dem Training mit seinen Freunden noch etwas getrunken hatte, diese Abkürzung nehmen wollte. Er war in den letzten Tagen stets aus der anderen Richtung gekommen, aus der sich dieser Umweg nicht lohnt. Daher war ihm nicht aufgefallen, dass eine Baufirma an dieser Stelle ein etwa 2 Meter tiefes Loch gegraben, dieses mit Beton ausgegossen und leider am Bauzaun gespart hatte (um dort so einen Hoch-und-runter-fahrbaren Parkplatz mit zwei Decks zu installieren). Ich – sorry, der junge Mann natürlich – stieß beschwingten Schrittes im Stockdunkeln gegen die Kante dieser Grube (etwa knöchelhoch) und stolperte. Und jetzt kommt das Wesentliche: Ich wusste nicht, dass dort eine Grube ist. Ich ging davon aus, ich würde auf der Waagerechten landen. Und deswegen versuchte ich auch nicht, die Füße nach unten zu bringen oder die Arme auszustrecken, sondern leitete reflexartig – ich bin Kampfsportler – eine Abrollbewegung ein (ich rolle nicht über den Arm ab, sondern spare den per Rotation aus, und komme mit dem Latissimus zuerst auf). Diese ging jedoch mangels waagerecht verfügbarem Boden ins Leere. Daher schlug ich mit Kopf und Oberkörper voraus (leicht schräg) auf dem Boden auf. Zu meinem Glück war es damals Winter, weswegen am Boden der Grube etwa 30 cm leicht gefrorenes Wasser war. Die dünne Eisschicht sowie das Wasser bremsten mich, sodass ich nur ein paar blaue Flecke zurück behielt. Betrunkene und Kinder haben immer Glück, you know. Wäre dem nicht so gewesen, könnte ich euch jetzt eventuell nicht hiervon berichten. Und zwar nicht wegen gebrochener Arme, sondern wegen gebrochenem Schädel, Rippen, o.Ä. Ich möchte hiermit nicht sagen, dass Verletzungen in der Gruppe in jedem Fall in dieser Art entstanden sein müssen. Sondern lediglich, dass bei Dunkelheit, fehlendem Bewusstsein für einen tiefen Sturz sowie kognitiver Einschränkung nicht zwangsläufig typische Sturzverletzungen auftreten müssen.


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