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Brexit und danach?

9.630 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Brexit, Brexitus, Gerxit ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Brexit und danach?

16.04.2020 um 10:50
Zitat von AnaximanderAnaximander schrieb:Theresa May hat bereits als Innenministerin absichtlich die Einkommensgrenzen für Einwanderer knapp über dem Verdienst eines Pflegers festgesetzt, diese waren in ihren Plänen dann auch für EU-Bürger vorgesehen. Das heißt, es sollte verhindert werden, dass in diesem Beruf Einwanderer arbeiten, damit die Einwanderungszahl insgesamt auf den (nicht ökonomisch tätigen) Familiennachzug reduziert wird, und unter den Briten fanden sich nie genügend Bewerber
das wäre allerdings sehr leicht zu umgehen gewesen, einfach die Pfleger besser bezahlen.

Darum ging es doch eigentlich immer in dem Streit um Brexit und Einwanderer: da im UK die Lebenshaltungskosten hoch sind, aber zB. in Osteuropa deutlich niedriger, können zB. ausländische Kräfte, die ihre Familie in Osteuropa zurücklassen und ihre Familie dort mit weniger Geld versorgen können, mit weniger Lohn erträglich auskommen. Ebenso Ausländer, die im UK sparsam leben, ihren Verdienst ansparen und dann mit dem Ersparten anschliessend in der zurück in der Heimat gut leben können, zB. sich zurück in der Heimat davon ein Haus kaufen können, während UK-Bürger vom gleichen Verdienst nicht ansatzweise daran denken können, Eigentum ohne erdrückende Schulden zu erwerben. Folge war eben, dass Ausländer billiger ihre Arbeitskraft anboten und damit die Löhne drückten.
Der Ansatz, dies zu unterbinden, indem man Ausländer nur noch in besser bezahlten Jobs erlaubt, war auf jeden Fall vernünftig und hätte sinnvollerweise auch in der EU umgesetzt werden können, das wäre doch trivial zu sagen, dass Freizügigkeit beschränkt wird auf die Arbeitnehmer, deren Einkommen mindestens 10% über dem jeweiligen Branchendurchschnitt liegt. Das würde automatisch dafür sorgen, dass nur die besten Fachkräfte aus dem Ausland angeworben werden (die halt einen höheren Lohn wert sind) und nur in der unbedingt erforderlichen Zahl, die durch den Heimatmarkt nicht abzudecken ist.
Nur sträuben sich halt einige Ausbeuterbranchen, wie eben beispielsweise die Pflegebranche, dagegen, weil dann müssten sie ja ordentliche Löhne zahlen!

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Brexit und danach?

16.04.2020 um 11:10
Zitat von otternaseotternase schrieb:Nur sträuben sich halt einige Ausbeuterbranchen, wie eben beispielsweise die Pflegebranche, dagegen, weil dann müssten sie ja ordentliche Löhne zahlen!
Da der NHS im UK voll verstaatlicht ist, gibt es wenig Interpretationsspielraum, wer für die Löhne zuständig ist.

Theresa May hat z.B. zickig reagiert, wenn sie darauf angesprochen wurde. Geld wachse nun mal nicht am Baum.
Zitat von otternaseotternase schrieb:Darum ging es doch eigentlich immer in dem Streit um Brexit und Einwanderer: da im UK die Lebenshaltungskosten hoch sind, aber zB. in Osteuropa deutlich niedriger, können zB. ausländische Kräfte, die ihre Familie in Osteuropa zurücklassen und ihre Familie dort mit weniger Geld versorgen können, mit weniger Lohn erträglich auskommen. Ebenso Ausländer, die im UK sparsam leben, ihren Verdienst ansparen und dann mit dem Ersparten anschliessend in der zurück in der Heimat gut leben können, zB. sich zurück in der Heimat davon ein Haus kaufen können, während UK-Bürger vom gleichen Verdienst nicht ansatzweise daran denken können, Eigentum ohne erdrückende Schulden zu erwerben. Folge war eben, dass Ausländer billiger ihre Arbeitskraft anboten und damit die Löhne drückten.
Das ist zumindest sehr einseitig. Zunächst mal, war es das UK selbst, welches unbedingt die osteuropäischen Arbeitskräfte haben wollte, die EU zu der Osterweiterung gedrängt hat und sogar die siebenjährige Übergangszeit als einziges Land (neben Schweden) in einer souveränen Entscheidung aufgehoben hat.

Dann ist Pfleger ein Beruf, der normalerweise auf Dauer angelegt ist, es ist also unwahrscheinlich, dass man sich mit ein paar Monaten (oder auch Jahren) eine Existenz woanders aufbauen kann. Und nach langen Jahren in England wird man wahrscheinlich dort auch zur Pension bleiben.

Was Du meinst, sind eher Erntehelfe oder Bauarbeiter über die Entsenderechtlinie.
Zitat von otternaseotternase schrieb:Der Ansatz, dies zu unterbinden, indem man Ausländer nur noch in besser bezahlten Jobs erlaubt, war auf jeden Fall vernünftig und hätte sinnvollerweise auch in der EU umgesetzt werden können, das wäre doch trivial zu sagen, dass Freizügigkeit beschränkt wird auf die Arbeitnehmer, deren Einkommen mindestens 10% über dem jeweiligen Branchendurchschnitt liegt. Das würde automatisch dafür sorgen, dass nur die besten Fachkräfte aus dem Ausland angeworben werden (die halt einen höheren Lohn wert sind) und nur in der unbedingt erforderlichen Zahl, die durch den Heimatmarkt nicht abzudecken ist.
Nun ist es aber nunmal so, dass es einen Fachkräftemangel i.d.R. nicht in sehr gut bezahlten kompetitiven Jobs gibt. Z.B. im Gesundheitswesen kann dieser tödlich sein. Deswegen war die Demagogie von Fararsch, mit dem Brexit könnte man den NHS entlasten, von Anfang an nicht mehr als das.


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Brexit und danach?

16.04.2020 um 12:02
Zitat von AnaximanderAnaximander schrieb:Nun ist es aber nunmal so, dass es einen Fachkräftemangel i.d.R. nicht in sehr gut bezahlten kompetitiven Jobs gibt.
das ist prinzipiell falsch: wenn es einen Mangel an Fachkräften in einem Job gibt, dann müsste die Bezahlung dieses Jobs steigen, solange, bis es keinen Mangel mehr gibt. Das wäre die automatische Folge einer unverzerrten Marktwirtschaft. Das Problem sind jedoch die Verzerrungen, die dadurch entstehen, dass man beispielsweise Billigarbeitskräfte aus dem Ausland importiert, dass starke Lobbyorganisationen gesetzliche Eingriffe zur "Regulierung" des Marktes durchsetzen!
Zitat von AnaximanderAnaximander schrieb:Zunächst mal, war es das UK selbst, welches unbedingt die osteuropäischen Arbeitskräfte haben wollte, die EU zu der Osterweiterung gedrängt hat und sogar die siebenjährige Übergangszeit als einziges Land (neben Schweden) in einer souveränen Entscheidung aufgehoben hat.
und dies geschah eben auf Druck von Lobbyverbänden, die die Billiglöhner aus Osteuropa zur Unterdrückung von Lohnforderungen, von Gewerkschaften und als Konkurrenz zu einheimischen Fachkräften einsetzen wollten. Und es geschah, weil es für den Staat billiger ist, fertig ausgebildete Fachkräfte aus dem Ausland zu holen als in die Bildung von Nachwuchs im Inland zu investieren...
Zitat von AnaximanderAnaximander schrieb:Da der NHS im UK voll verstaatlicht ist, gibt es wenig Interpretationsspielraum, wer für die Löhne zuständig ist.
das ist bezogen auf die Grundversorgung richtig, aber im UK gibt es daneben auch noch ein privates Gesundheitswesen. Und vor allem sind Pflegeeinrichtungen wie zB. Altenpflege eben nicht staatlich...


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Brexit und danach?

16.04.2020 um 12:21
Zitat von otternaseotternase schrieb:das ist prinzipiell falsch: wenn es einen Mangel an Fachkräften in einem Job gibt, dann müsste die Bezahlung dieses Jobs steigen, solange, bis es keinen Mangel mehr gibt. Das wäre die automatische Folge einer unverzerrten Marktwirtschaft. Das Problem sind jedoch die Verzerrungen, die dadurch entstehen, dass man beispielsweise Billigarbeitskräfte aus dem Ausland importiert, dass starke Lobbyorganisationen gesetzliche Eingriffe zur "Regulierung" des Marktes durchsetzen!
Theresa May hatte dafür eine Lösung gefunden: einerseits jede Lohnerhöhung verhindern, andererseits die Einkommensgrenze für, wie sie geplant hatte, EU- und Nicht-EU-Bürger über den Lohn einer Pflegekraft zu legen. Auf diese Weise hat sie es geschafft, den Gesundheitsdienst vollständig zu zerstören. Boris Johnson hat ihm den finalen Todesschuss erteilt.

Betroffene sind jedenfalls nicht glücklich. Ein jüngerer Arzt aus England schlägt jetzt in einem offenen Brief an Boris Johnson vor, dass dieser aufgrund seiner Gesundheitspolitik in das Gefängnis gehen soll:
Prime Minister, the NHS is not safe in your hands. Your negligence and that of your party over the past decade has contributed to the deaths of nearly 5,500 patients, and if you were a junior doctor like me, your licence would now be revoked, and you would be sent to prison.
https://www.theguardian.com/commentisfree/2019/dec/10/doctor-johnson-thousands-deaths-nhs-patient?fbclid=IwAR0TGNXgYRQJlO2djE_l_-onK-57S5TgsvyveOQFaTBjUTD_sfTx7Mp1mZU

Pflegeberufe sind nicht sehr beliebt, das liegt nicht nur an der Bezahlung, dagegen kann man nichts machen. Die Bezahlung muss außerdem im Verhältnis stehen zur Dauer der Ausbildung. Sonst hat man weiterführende Probleme.

Übrigens ist es längst widerlegt, dass Einwanderung zur Senkung von Löhnen für Einheimische führt.
Zitat von otternaseotternase schrieb:das ist bezogen auf die Grundversorgung richtig, aber im UK gibt es daneben auch noch ein privates Gesundheitswesen. Und vor allem sind Pflegeeinrichtungen wie zB. Altenpflege eben nicht staatlich...
Das ist sehr selten, der Regelfall ist NHS. Bei Notfällen (Corona) ohnehin. (Was anderes ist Zahnpflege). Doch, Theresa May wollte damals im Pflegefall Zugriff auf privates Vermögen, um den Brexit zu finanieren, letztlich ist ihre Wahl v.a. daran gescheitert.


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16.04.2020 um 15:14
Also diese 3 noch geplanten "Verhandlungsrunden" sind definitiv nur Show.
Das ging auch aus der geleakten Depesche des deutschen Botschafters in London letzte Woche klar hervor.

Dem Vernehmen nach plant nun die EU, an London heran zu treten und eine Verlaengerung der Uebergangsfrist formell zu fordern, um diesem Spielchen ein Ende zu bereiten. London wiederum wird das nach Aussage des Sprechers der Hausnummer 10 ablehnen.
Die Briten wollen keine Fristverlaengerung mehr. Corona wird sie davon nicht abbringen - im Gegenteil - der Sprecher meint, gerade mit der jetzigen Krise wird immer klarer, dass UK zum 31.12. seine Bindungen an die EU endgueltig aufloesen muss und wird

https://www.theguardian.com/world/live/2020/apr/16/coronavirus-uk-live-news-covid-19-lockdown-extension?page=with:block-5e9848348f0895d83068f2f7#block-5e9848348f0895d83068f2f7

Es waere der totale Gesichtsverlust der Briten, wenn sie dann doch noch umschwenken wuerden.

Dass die EU nun anscheinend ein vorzeitiges klares "Nein" hoeren will, laesst aufhorchen.


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16.04.2020 um 15:56
Zitat von AnaximanderAnaximander schrieb:Ein jüngerer Arzt aus England schlägt jetzt in einem offenen Brief an Boris Johnson vor, dass dieser aufgrund seiner Gesundheitspolitik in das Gefängnis gehen soll:
Na ja, ein „Vorschlag“, wie du es nennst, ist das nun nicht gerade. Er vergleicht eben die Taten eines Arztes mit denen eines Politikers, und zeigt dass der Politiker ungestraft oder zumindest mit weniger harten Strafen davonkommen kann.
Zitat von AnaximanderAnaximander schrieb:Pflegeberufe sind nicht sehr beliebt, das liegt nicht nur an der Bezahlung, dagegen kann man nichts machen.
Das glaube ich gar nicht, außer du kannst mir das belegen. Viele Leute möchten gerne in die Pflege, schrecken aber wegen der Arbeitsbedingungen zurück - und die könnte man ändern. Grade doch in einem System wie NHS.


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16.04.2020 um 16:52
@Luminita

Hier wird z.B. das negative Image genannt:

http://www.haeusliche-pflege.net/Infopool/Nachrichten/Studie-Altenpflegeausbildung-ist-extrem-unbeliebt

Hier der Schichtdienst (was man nicht vermeiden kann):

https://www.nrz.de/staedte/duisburg/west/pflegeberufe-so-sicher-wie-unbeliebt-id529036.html

Hier Gründe wie: kein Blut sehen können, nicht mit kranken Menschen arbeiten wollen

https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/chronik/oesterreich/169471_Pflegeberufe-unbeliebt.html (Archiv-Version vom 18.09.2021)


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17.04.2020 um 09:22
Bis Juni muss sich Johnson ja entscheiden, ob er doch noch verlängern will, was er (bzw. seine Vertreter) derzeit ausschließen. Auch die derzeitige strenge Ausgangssperre mit massiven Konsequenzen für die britische Wirtschaft (manchen Prognosen zufolge bis zu 35% des BIP) soll bis Juni aufrechterhalten werden. Erst dann sei zu erwarten, dass genug Schutzausrüstung für medizinisches Personal nachgekauft wurde und die Todesfälle zurückgehen.
When pressed for a timescale on lifting restrictions, Raab pointed to Boris Johnson’s remark of a month ago, on 19 March, that it would take 12 weeks to “turn the tide” of the virus. “That, broadly, is the outline,” Raab said. The UK is now in its fourth week of lockdown.

Raab set out five conditions that would need to be met before any loosening of the rules. These included a sustained fall in the daily death rate, and confidence that the supply of PPE and testing can meet future demand.
https://www.theguardian.com/world/2020/apr/16/uk-lockdown-to-continue-for-at-least-three-weeks-raab-confirms

Bei 35% Verlust des BIP würde das Land, bezogen auf die Größe der Bevölkerung, auf das Niveau von Saint Kitts and Nevis, Griechenland und Russland fallen.

Wikipedia: List of countries by GDP (PPP) per capita


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19.04.2020 um 20:00
Im UK droht, die Ernte schiefzugehen ohne die Arbeiter aus Osteuropa.
Die Briten selber sind für die Feldarbeit nicht geeignet oder unwillig, sie zu erledigen.
So führt sich eine Argumentation für den Brexit ad absurdum.

https://www.n-tv.de/politik/Ohne-Osteuropaeer-verdirbt-Briten-die-Ernte-article21724687.html


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20.04.2020 um 08:38
Der Brexit ist außerdem schuld an den vielen Coronatoten, so eine neue Reportage der Times. Johnson habe sich zu sehr auf den Brexit und seine Verlobte konzentriert, die Krise nicht wahrgenommen und an den Krisensitzungen gar nicht teilgenommen (als er dann doch teilnahm, hat er sich gleich mal angesteckt). Die Idee mit der Herdenimmunität ging v.a. auch von Cummings aus, wahrscheinlich also deshalb, weil die britische Wirtschaft der EU nicht hinterhinken sollte.
The report reveals how Johnson went on to miss four further Cobra meetings on the virus and, as Britain grappled with floods, Johnson focused on Brexit day and sacking ministers in a cabinet reshuffle, before retreating to Chevening for two weeks with his pregnant fiancée, Carrie Symonds.
https://www.theneweuropean.co.uk/top-stories/sunday-times-report-on-coronavirus-1-6613560 (Archiv-Version vom 20.04.2020)

Die britischen Verhandler fürchten bei einer Verlängerung in Aufbauhilfe hineingezogen zu werden, sollte diese aus dem Haushaltsbudget finanziert werden. Außerdem ist absolut keine Einigung in der Fischerei in Sicht, die EU will hier keine besseren Konditionen anbieten als noch zu EU-Zeiten.

https://www.telegraph.co.uk/politics/2020/04/18/britain-would-forced-subsidise-eu-response-coronavirus-agreed/


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20.04.2020 um 09:53
Laut einer neueren Umfrage sind zwei Drittel der Briten fuer eine Verlaengerung der Uebergangsphase, damit die Regierung sich voll auf Corona und danach konzentrieren kann.

Selbst unter den Konservativen und Brexit-Partei-Anhaengern geht die Tendenz in Richtung Verlaengerung.
https://www.independent.co.uk/news/uk/politics/coronavirus-brexit-extension-transition-period-poll-best-for-britain-a9473391.html?utm_source=reddit.com

Einer anderen Berechnung nach faellt das durchschnittliche verfuegbare britische Haushaltseinkommen durch Corona um £ 515, zumindest fuer die kommenden Monate. Dazu duerften die Lebensmittelpreise ansteigen..

Kein Wunder, dass ein Grossteil der britischen Bevoelkerung jetzt in so schwierigen Zeiten eher doch nicht die Zugbruecke hoch ziehen will und der EU tendenziell eher doch nicht den Ruecken kehren moechte.


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20.04.2020 um 10:21
@Spitzberger
ich halte da den derzeitigen Zeitpunkt für denkbar schlecht, um daraus für die Zukunft etwas abzuleiten, zB. eine Tendenz zur Verlängerung. Für den Augenblick mag dies die Stimmung korrekt abbilden, aber die Stimmung kann ganz schnell umschlagen, wenn erstmal klar wird, wie die unterschiedlichen Staaten aus der Krise herausfinden werden und die entstandenen Schäden nicht nur hochgerechnet, sondern wirklich spürbar erlebt und auch gemessen werden können. Und ganz besonders wird es darauf ankommen, wie die Lasten innerhalb der EU verteilt werden. Wenn auch nur die leiseste Gefahr besteht, dass die EU wieder zur Transferunion dieser Lasten verkommt, wenn gar die Gefahr besteht, dass ein in der EU verbleibendes UK auch an den Lasten in Italien und Spanien beteiligt werden könnte, wird die Stimmung ganz schnell um 180 Grad gedreht sein...


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20.04.2020 um 10:23
Zitat von otternaseotternase schrieb:Wenn auch nur die leiseste Gefahr besteht, dass die EU wieder zur Transferunion dieser Lasten verkommt, wenn gar die Gefahr besteht, dass ein in der EU verbleibendes UK auch an den Lasten in Italien und Spanien beteiligt werden könnte, wird die Stimmung ganz schnell um 180 Grad gedreht sein...
Warum auch solidarisch in solchen Zeiten sein. Egoismus fetzt halt mehr.


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20.04.2020 um 10:38
Zitat von otternaseotternase schrieb:wenn gar die Gefahr besteht, dass ein in der EU verbleibendes UK auch an den Lasten in Italien und Spanien beteiligt werden könnte, wird die Stimmung ganz schnell um 180 Grad gedreht sein
Fuer diesen Stimmungsumschwung wird, wenn noetig, wieder Farage sorgen. Auf ihn ist, wenn es ums Populistische geht, erfahrungsgemaess Verlass.
Er laesst sich ja schon wieder in Interviews rumreichen und wettert gegen die EU.
Deine Befuerchtung teile ich auch.

Ich kann es mir auch nicht mehr wirklich vorstellen, dass Johnson da noch einmal einlenkt.


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20.04.2020 um 11:07
Zitat von otternaseotternase schrieb:ich halte da den derzeitigen Zeitpunkt für denkbar schlecht, um daraus für die Zukunft etwas abzuleiten
Bis Juni ist es nicht mehr lang, unwahrscheinlich, dass sich die Stimmung ändert, die Krise wird im UK noch länger andauern.

Es gibt bislang keine Hinweise, dass sich für das UK irgendetwas finanzielle ändern könnte, sollten sie eine Verlängerung anstreben. Eine Beteiligung an etwaigen Eurobonds o.Ä. wäre ohnehin ausgeschlossen.

Selbst wenn das Budget in Teilen für Wiederaufbauprogramme innerhalb der EU verwendet werden würde, so gilt das nach allem was ich bis jetzt gelesen habe, eben für die EU27, das UK würde sich also nicht beteiligen, es sei denn, es besteht der ausdrückliche Wunsch.

Es geht also um die Frage, ob Johnson eine mögliche humanitäre Katastrophe will oder nicht. Im Moment sieht es so aus, dass er sie will, das ist richtig.


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Brexit und danach?

20.04.2020 um 14:07
Zitat von AnaximanderAnaximander schrieb:Selbst wenn das Budget in Teilen für Wiederaufbauprogramme innerhalb der EU verwendet werden würde, so gilt das nach allem was ich bis jetzt gelesen habe, eben für die EU27, das UK würde sich also nicht beteiligen, es sei denn, es besteht der ausdrückliche Wunsch.
Auf der anderen Seite: wenn sich das UK an einem solchen Programm beteiligen würde, dann würde ein Teil auch wieder an das UK zurück fließen. Wie bei den 350 Millionen Pfund je Woche.


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20.04.2020 um 14:14
Zitat von FichtenmopedFichtenmoped schrieb:Auf der anderen Seite: wenn sich das UK an einem solchen Programm beteiligen würde, dann würde ein Teil auch wieder an das UK zurück fließen. Wie bei den 350 Millionen Pfund je Woche.
Da das UK zumindest überdurchschnittlich stark betroffen ist und voraussichtlich sogar das am schwersten betroffene Land Europas werden wird, würden sie von Coronaprogrammen profitieren.

Das alles interessiert aber nicht, Johnson hat bereits das Leben seiner Untertanen in einigen Fällen verkürzt, weil er Kooperationen mit der EU ablehnt. Diese passen nicht in das Ziel, eine stolze, souveräne Handelsnation zu werden.


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Brexit und danach?

20.04.2020 um 14:34
Zitat von AnaximanderAnaximander schrieb:eine mögliche humanitäre Katastrophe
Zitat von AnaximanderAnaximander schrieb:voraussichtlich sogar das am schwersten betroffene Land Europas
und davon hängt es eben ab, wird das UK wirklich das schwerstbetroffene Land werden, wird es wirklich eine humanitäre Katastrophe geben?

Italien hat rund 60 Mio Einwohner und nach derzeitig offiziellem Stand knapp 24.000 Coronatote, davon fast die Hälfte in der Lombardei. Spanien hat 46 Mio Einwohner und nach derzeitig offiziellem Stand knapp 22.000 Coronatote. Frankreich hat 67 Mio Einwohner und knapp 20.000 Coronatote.
Uk hat rund 66 Mio Einwohner, bislang 16.000 Coronatote.
Der Unterschied ist, dass in Italien, Frankreich und Spanien die Zahlen der Neuinfektionen rückläufig sind, während im UK die Zahl der Neuinfektionen noch immer steigt. Ob aber UK damit wirklich das schwerstbetroffene Land, oder gar das signifikant schwerstbetroffene Land wird, kann noch nicht sicher gesagt werden.

Noch weniger kann man sagen, ob dies wirklich eine humanitäre Katastrophe sein wird. Im UK sterben im Durchschnitt pro Jahr 800.000 Menschen. Da sind 16.000 Coronatote noch nicht wirklich dramatisch. Selbst wenn es nochmal das Doppelte oder Dreifache werden sollte, wäre das noch nicht wirklich als humanitäre Katastrophe spürbar. In Italien ist es doch vor allem deshalb so extrem spürbar gewesen, weil es in einer Region zu einer Konzentration und damit einer extremen Übersterblichkeit gekommen ist. In der Lombardei sterben rund 125.000 Menschen pro Jahr. Wenn dann in wenigen Wochen fast 12.000 Menschen an Corona sterben, dann ist das wahrlich eine humanitäre Katastrophe für die Region. Ob allerdings im UK an Corona wirklich entsprechend hochgerechnet gut 80.000 Menschen sterben werden, ist noch lange ungewiss...

Was jedoch jetzt schon sicher ist, dass wir in der gesamten EU in eine wirtschaftliche Katastrophe hineinschlittern, deren Auswirkungen auch eine humanitäre Katastrophe sein werden, allen Abfederungsversuchen aus dem Staatstopf zum Trotz! Und wessen Konzept dort am Ende das beste sein wird, dazu kann man zum derzeitigen Zeitpunkt noch viel weniger eine Vorhersage treffen...

Wer hier am besten gehandelt hat, wird erst die Geschichte hinterher herausfinden können...


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20.04.2020 um 14:51
@otternase

Die humanitäre Katastrophe ist dann wahrscheinlich, wenn Johnson den Brexit Ende des Jahres ansetzt.

Wo sollen denn die 50.000 Zollbeamten jetzt herkommen, die dann noch ausgebildet werden müssen, um zumindest den Grenzverkehr abwickeln zu können?

Selbst dann, so die Berechnungen des Imperial College, dauert es 2-3 Tage, bis ein Lastwagen es über die Grenze schafft. Das Imperial College hatte auch Prognosen zur Ausbreitung des Coronavirus vorgelegt, die anfangs noch ignoriert werden.

Frische Nahrungsmittel sind in dieser Zeit verdorben. Das UK produziert aber nur die Hälfte seiner Nahrungsmittel selbst. Wenn die Erntehelfer wegen des Brexit wegblieben, wird auch das nicht mehr möglich sein.

Was also wäre der mögliche Ausweg?

Übrigens beziehen sich die 16.000 nur auf die Fälle, die im Krankenhaus gestorben sind, nicht auf Fälle, die zuhause oder in Pflegeheimen an Coronavirus sterben, wie in Europa üblich. Schätzungen zufolge sind wegen Coronavrius bereits ca. 7000 in Pflegeheimen gestorben, die Zahlen wären dann jetzt schon höher als anderswo in Europa.

Es ist natürlich klar, dass der Brexit keine Auswirkung auf die Verbreitung des Virus hat; so war es natürlich nicht gemeint. Warum werde ich immer (absichtlich?) missverstanden?

Ich hatte auch nicht von wirtschaftlichen Auswirkungen gesprochen, aber auch hier ist das UK den Prognosen zufolge stark betroffen. Der Brexit kann keinen Vorteil bieten, da das UK nie in der Eurozone war. Er schafft aber zusätzliche Unsicherheit und Hürden, also ist klar, dass der Brexit primär für das UK nur Nachteile haben kann. Es geht nicht um die Frage, ob das UK besser aus der Krise kommt, also z.B. Italien oder Spanien, denn ohne Brexit würde das UK immer besser aus der Krise kommen. Ein Vergleich wäre vielleicht zwischen Deutschland und dem UK sinnvoll.


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20.04.2020 um 18:45
Zitat von AnaximanderAnaximander schrieb:ohne Brexit würde das UK immer besser aus der Krise kommen
was macht Dich da so sicher?
Ja, vielleicht stimmt es, wenn man annimmt, dass das UK -wie auch zuvor- nur sehr halbherzig zur EU bekennt, die Vorteile mitnimmt, aber die Nachteile abwehrt, aber ob das heute noch möglich wäre?
Zitat von AnaximanderAnaximander schrieb:Was also wäre der mögliche Ausweg?
in der derzeitigen Situation sehe ich für das UK nur die radikale Zuwendung zu den USA als Lösungsmöglichkeit. Eine angelsächsische Freundschaftslinie Johnson-Trump sollte sich für beide Seiten als wirtschaftlich vorteilhaft erweisen und würde Versorgungsprobleme im UK abzuwenden helfen. Ob es natürlich für das UK gut wäre, sich in solcher Weise von den USA abhängig zu machen, ist dann wieder eine ganz andere, kompliziertere Frage. Es würde das Leben im UK auf jeden Fall teurer machen. Aber wie sich das in Festlandeuropa nach der Corona-Krise entwickelt, ist ja auch noch völlig offen, wie gesagt, die wirtschaftliche Katastrophe haben wir hier schon...


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