Afghanistan, die Luft wird dicker

Jedimindtricks schrieb:Im Prinzip alles falsch. Vor hundert Jahren zb kämpfte die afghanische Armee den dritten anglo afghanischen Krieg.

Ja, und auf Seite der Briten kämpften große Kontingente von Paschtunen...

Mal abgesehen von der historischen Peinlichkeit des Westens und gerade der US, frage ich mich langsam auch ob die afghanische Bevölkerung nicht potenziell doch eher den Talibanen zugeneigt ist (gerade die Soldaten)?

Jedimindtricks schrieb:Naja , nicht nur die hatten combat Training die letzten 20 Jahre- gehört zur Wahrheit auch dazu .
Müsst mal schauen über welche Masse an Islamisten die Taliban verfügen mit der sie das Land überrennen....

Es ist aber auch bekannt gewesen das in Afganistan die Koruption Herrscht und das sowohl die Offizelle Armee Afganistans wie auch der Polizeiapparat hoffnungslos unterfinanziert ist und die Soldaten und Polizisten sehr schlecht bezahlt werden. Da kann auch nicht wirklich sowas wie Vaterlandstreue oder sowas entstehen.

Infidel schrieb:Mal abgesehen von der historischen Peinlichkeit des Westens und gerade der US, frage ich mich langsam auch ob die afghanische Bevölkerung nicht potenziell doch eher den Talibanen zugeneigt ist (gerade die Soldaten)?

In der summe glaube ich noch nicht mal. Es ist eher ein arangieren mit den bestehenden verhältnisse. Wie in jeder Diktatur egal ob religiös oder Politisch begründet kann man durchaus sehr gut leben solange man den Ball flachhält und die Schnautze hält.

bgeoweh schrieb:und auf Seite der Briten kämpften große Kontingente von Paschtunen...

Sollte dir eigtl nur verdeutlichen das Afghanistan Teil des " great game " ist.... das ist soweit Fakt.
Das was du da vom "muselmann" schreibst mag schon sein - gibt aber durchaus auch Gründe.

@bgeoweh
Die wechseln da auch so oft die Fronten, wie andere Leute Socken.

Wikipedia: Abdul Raschid Dostum

Nach dem Abzug der sowjetischen Truppen 1989 spielten Dostums gut ausgerüstete Milizen eine entscheidende Rolle für den Machterhalt der prosowjetischen Regierung unter Nadschibullāh.
...
Im Jahre 1992 führte Dostum eine Rebellion der Garnison in Masar-e Scharif gegen die Regierung an, der sich andere Teile der Armee in der Umgebung anschlossen. Er übernahm mit seiner Miliz kampflos die Kontrolle über die Stadt und erklärte sich zum Führer einer neuen Partei, der Nationalen Islamischen Bewegung Afghanistans

Gleichzeitig schloss er sich mit zwei seiner vormaligen Gegner der Mudschahedin, der Dschamiat-i Islāmi von Burhānuddin Rabbāni und Ahmad Schah Massoud sowie der schiitischen Hizb-i Wahdat von Ali Mazari, zur gegen die Regierung gerichteten Harakat-i Schomal zusammen.[4]

1992 eroberten seine Milizen zusammen mit der Dschamiat-i Islāmi und der Hizb-i Wahdat Kabul und stürzten die Regierung Nadschibullāh. Sie kamen dabei den paschtunischen Milizen, insbesondere der Hizb-i Islāmī von Gulbuddin Hekmatyār, zuvor, mit denen sie in der Folge um die Vorherrschaft in Kabul kämpften. 1994 verließ Dostum die Allianz mit der Dschamiat und verbündete sich mit Hekmatyārs Hizb-i Islāmī. Zusammen mit Hekmatyār griff er die Stellungen der Dschamiat in Kabul an.[5]


Afghanistan im Herbst 1996:
...
Er errichtete in sechs nördlichen Provinzen einen vom Rest des Landes weitgehend unabhängigen eigenen Pseudostaat
...
Als im Laufe des Jahres 1995 die Bewegung der Taliban an Boden gewann, unterstützte Dostum deren Kampf anfänglich und strebte eine feste Allianz mit ihnen an. Nachdem die Taliban 1996 Kabul erobert und die Dschamiat in den äußersten Nordosten des Landes gedrängt hatten, verbündete er sich jedoch wieder mit Rabbāni, Massoud und der nun von Karim Chalili geführten Hizb-i Wahdat und schloss sich mit ihnen zur gegen die Taliban gerichteten Vereinigten Islamischen Front zusammen.

Quelle: so

Und so weiter und so weiter. Mal hüh, mal hott... und wir reden alleine in dem damaligen Fall von einer Truppe von 40.000-50.000 Kämpfern

guido36 schrieb:Da kann auch nicht wirklich sowas wie Vaterlandstreue oder sowas entstehen.

Klar ... würde ich jetzt auch so gar nicht bestreiten vorallem wenn neue Sponsoren das Feld betreten die letzten Jahre die " eine unendliche sache " draus gemacht haben. Gleiches gilt für alle heißen Krieg von Libyen über Syrien, Jemen und Afghanistan. Gegensätzliche Interessen.

abberline schrieb:Und so weiter und so weiter. Mal hüh, mal hott... und wir reden alleine in dem damaligen Fall von einer Truppe von 40.000-50.000 Kämpfern

Jo, und der Witz daran ist dass man möglichst versucht die Seiten zu wechseln bevor es überhaupt zu großen Gefechten kommt, weil dabei alle nur verlieren. Dann doch lieber überlaufen und dazu beitragen, dass eine Seite "automatisch" gewinnt, weil die Übermacht so groß ist, dass ein Kampf sinnlos ist. Daher auch die "überraschenden" Erfolge der Taliban, die laufen in vielen Regionen ohne Widerstand durch.

Jedimindtricks schrieb:Das was du da vom "muselmann" schreibst mag schon sein - gibt aber durchaus auch Gründe.

Das Wort "Muselmann" hast ausschließlich du in den Mund genommen, so plumbe Unterstellungen weise ich zurück.

Jedimindtricks schrieb:Klar ... würde ich jetzt auch so gar nicht bestreiten vorallem wenn neue Sponsoren das Feld betreten die letzten Jahre die " eine unendliche sache " draus gemacht haben. Gleiches gilt für alle heißen Krieg von Libyen über Syrien, Jemen und Afghanistan. Gegensätzliche Interessen.

Im Endefekt ist das wie überall auf der Welt. Im zweifelsfall interessiert am ende des tages nicht ob die Staatsführung dir bestimmt was du zu glauben hast oder auf welcher Politischen seite du stehst sonder das wenn du nach hause kommst du, deine Frau und deine Kinder einen vollen magen haben. Was haben denn die Westliche welt erwartet? wir kamen dahin haben den Bauern gesagt Opium, Hasch usw. ist ab sofort verboten anzubauen haben denen aber keine andere alternativen gegeben. Mit solchen Verboten hatten die Taliban natürlich keine Probleme und haben fleißig in ihren Kontrollierten gebieten weiter angebaut und sich damit eine Goldene nase verdient. Und wenn so ein bauer keine perpektiven hat und dann z.B. ein Taliban daherkommt und sagt ich unterstütze dich, da ist ja bestimmt den meisten lar auf welcher seite sich der bauer schlagen wird.

Auf jeden stehen die Taliban territorial und materiell, besser da als 2001.
Wer auch immer in Zukunft da rein will, wird es schwerer haben als die Koalition von damals... damals gabs wenigstens noch ne Nordallianz.
Und wenn niemand da reingeht, dann werden sie sich wohl so festsetzen wie die Mulahs im Iran.
Ich sehe auch keinen Weg, wie das das afghanische Volk selber regeln soll.
Die einzigen die das dann noch regeln können sind die Taliban selbst... zbsp durch interne Machtkämpfe.
Aber in den letzten 20 Jahren ist es auch nicht wirklich dazu gekommen.
Und der Druck von Aussen sah die letzten 20 Jahre so aus, dass man sie durch die Berge gescheucht und gebombt hat.
Keine Ahung wie man auf die Idee kommt, dass die Drohung von Subventionsentzug mehr Eindruck hinterlassen sollte.

https://www.focus.de/politik/ausland/zweitgroesste-stadt-afghanistans-taliban-lauern-vor-den-toren-von-kabul-kaempfe-in-mehreren-provinzen_id_13993397.html

Am Samstag haben die militant-islamistischen Aufständischen auch die Großstadt Masar-i-Scharif eingenommen, einen ehemaligen Bundeswehr-Standort.

Einige Deutsche sind noch immer vor Ort. Ihre Evakuierung soll nach Informationen der "Bild am Sonntag" am Montag beginnen. Dafür sollen Militärflugzeuge vom Typ A400M nach Kabul fliegen

Quelle: so

Die Stadt ist heute gefallen und die Deutschen dort sollen ab Montag (?!) ausgeflogen werden? Ist ja heute auch schon spät und morgen ist Sonntag...

Kabul ist lt Nachrichten von den Taliban "umstellt", also eingekesselt.

Jedimindtricks schrieb:Naja , nicht nur die hatten combat Training die letzten 20 Jahre- gehört zur Wahrheit auch dazu .
Müsst mal schauen über welche Masse an Islamisten die Taliban verfügen mit der sie das Land überrennen.

Brauchen Sie nicht. Die afgahnische Armee tritt nicht an

Ich hatte heute einen guten Artikel verlinkt wo diverse Fehler lagen beim Aufbau der Armee.

Ähnliches lag schon 2014 im Irak vor wie es scheint.. Wenn auch mit anderer ursache

@Fedaykin
Angeblich bieten die Taliban Überläufern Amnestie an, die afghanische Armee sei weitgehend kollabiert, die treten wirklich nicht an
https://www.tagesschau.de/ausland/afghanistan-taliban-vormarsch-107.html

abberline schrieb:Angeblich bieten die Taliban Überläufern Amnestie an, die afghanische Armee sei weitgehend kollabiert, die treten wirklich nicht an

Ich sagte doch

bgeoweh schrieb:bei den Einheimischen geht es in erster Linie darum, Machtverhältnisse und Hierarchien zu klären, Herrschaft über Territorien und so weiter. Da gehört es dazu, öfter mal die Seiten zu wechseln, sich rechtzeitig dem neuen Platzhirschen zu unterwerfen, im richtigen Moment Verrat zu üben, überzulaufen, einen Deal einzuhalten oder nicht einzuhalten. Mit dem Abzug haben die Amerikaner das Signal gegeben, dass sie die Regierung nicht mehr stützen, deswegen laufen ihnen jetzt die Unter-Führer und Fußtruppen weg, teilweise nehmen die sich nur raus, teilweise laufen die direkt zu den Taliban über. An manchen Posten wird mehr oder weniger nur die Flagge umgesteckt und die Soldaten bleiben stehen. Gekämpft wird wenig, hauptsächlich pro forma damit man nicht den Gesichtsverlust hinnehmen muss, sich kampflos ergeben zu haben.

Aber das ist ja "Im Prinzip alles falsch" :D

abberline schrieb:Angeblich bieten die Taliban Überläufern Amnestie an, die afghanische Armee sei weitgehend kollabiert, die treten wirklich nicht an

Cleverer Zug mit der Amnesty.
Ja sonst würden sie einfach kämpfen um ihr Leben zu retten.

Matariell gewinnen die Taliban nicht soviel bzgl Kampfkraft.

In offenen Gefechten wie 2001 bleibt das Problem bestehen, sofern eine Nation sowas wiederholen will.

@Fedaykin
Ich hab mal gelesen, die Taliban selbst, haben nicht die riesige Truppenstärke (60.000?), aber halt Unterstützer und keinen Gegner.
Klar könnte man die wieder in die Löcher zurückbomben, aber wie oft will man das denn machen?
Wenn deutsche Unterstützer bis mindestens Montag in einer an die Taliban gefallene Stadt warten müssen, kann das sehr lang werden. Ich hoffe, die stehen das durch

abberline schrieb:Wenn deutsche Unterstützer bis mindestens Montag in einer an die Taliban gefallene Stadt warten müssen, kann das sehr lang werden. Ich hoffe, die stehen das durch

Wenn die nicht doch schon evakuiert sind (das würde man ja in laufenden Operationen nicht unbedingt an die große Glocke hängen, schon aus Prinzip nicht, man weiß ja nie ob nicht doch wer mitliest) werden die wahrscheinlich als Geiseln oder diplomatisches Faustpfand wertvoll genug sein, dass man ihnen erstmal nichts weiter tut.

bgeoweh schrieb:Wenn die nicht doch schon evakuiert sind (das würde man ja in laufenden Operationen nicht unbedingt an die große Glocke hängen, schon aus Prinzip nicht, man weiß ja nie ob nicht doch wer mitliest) werden die wahrscheinlich als Geiseln oder diplomatisches Faustpfand wertvoll genug sein, dass man ihnen erstmal nichts weiter tut.

Würde ich an stelle der Taliban auch nicht tuhen. Trotz allem arbeitet die Zeit momentan für sie. Abrechnen kann man imer noch wenn zu 100% das land beherrscht wird.

@bgeoweh
Ansonsten kürzt Heiko Maas die Gelder? Mal ernsthaft, ich kann mir nicht vorstellen, dass keine Infos vorlagen und erst Montag mit Evakuierungen begonnen werden soll

abberline schrieb:Ansonsten kürzt Heiko Maas die Gelder?

Ne, aber Heiko Maas gibt dir vielleicht 200.000€ extra für jeden, den du lebend zurückgibst, oder friert dir nicht deine Konten ein, oder lässt zu dass dein Obermullah heimlich in irgendeinem deutschen Elitekrankenhaus operiert wird und auch wieder zurückfliegen darf, statt wegen diverser Verbrechen nach den Haag geschickt zu werden. Oder tauscht inhaftierte Taliban gegen deutsche Geiseln ein. Für sowas sind Geiseln nützlich.

@Fedaykin

Fedaykin schrieb:Matariell gewinnen die Taliban nicht soviel bzgl Kampfkraft.

Naja die Kriegsbeute ist diesmal aber moderne amerikanische Technologie und keine russischen Panzer aus den 60ern.
Und das Marketing läuft mindestens genausogut wie damals.
Wärend die Taliban damals nur eine von mehreren Kriegsparteien waren, die die Russen aus dem Land gejagt haben, spielt sie diesmal die Hauptrolle, die quasi im Alleingang die Amerikaner und ihre Verbündeten zum Rückzug gezwungen haben.
Ich denke der aktuelle Erfolg überflügelt den von damals gegen die Russen.
Dies produziert halt eben auch Finanzen und Manpower.
Klar können sie im offenen Gefecht keiner Grossmacht das Wasser reichen... aber das müssen sie ja auch nicht.
Es wäre ja schön gewesen sie wären so dumm gewesen und hätten es darauf ankommen lassen.
Es spielt also irgendwie auch keine Rolle, ob sie einem offenen Gefecht bestehen können, wenn sie diesem ja eh möglichst aus dem Weg gehen.
Die ziehen sich halt zurück und sticheln mit ihren Nadelstichen bis es weich wird und wenn es 20 Jahre dauert.
Und wenn man halt nicht dazu bereit ist in die Rückzugsgebiete einzumarschieren und dieses Gebiet eine lange Zeit unter hohen finanziellen und personellen Opfern zu besetzen, die Finanzströme zu unterbrechen und eine noderate Macht zu installieren, die das Machtvakuum ausfüllt, dann wird das halt nichts.
Da bringt Dir halt dann eben auch die hypothetische Tatsache, dass sie einem offenen Gefecht nicht bestehen können nicht wirklich viel Trost.
Es ist halt eben auch die Frage, was die Gegner bereit sind zu investieren um die Taliban zu besiegen... und wie es aussieht scheint der Preis zu hoch.
Nur hätte man halt eben schon 2004 schnallen können , als die Luft dicker wurde, dass der Preis für einen Sieg zu teuer wird.
Aber vermutlich dachte man sich; die Hoffnung stirbt zuletzt und Wunder geschehen immer wieder.