Kommt jetzt der Crash? Wohin geht die Reise?

@geeky
Auch der Winter 69/70 war nicht von schlechten Eltern. :)

Griechenland wird jetzt unter Druck gesetzt, die Volksabstimmung über weitere Hilfen abzusagen. Ein Hoch auf die Demokratie! Was sind das für Demokraten, die ein demokratisches Verfahren verhindern wollen? :) Aber wie es auch kommt, ob Griechenland nun ohne Abstimmung "gerettet" wird oder Griechenland eine Volksabstimmung über Hilfen einsetzt, Griechenland ist so oder so pleite, da wäscht kein Regen was ab. :) In dem Augenblick, in dem die Anleihen eines Landes nicht oder nur noch zu einem geringen Teil bedient werden, ist nun einmal der Bankrott eingetreten, ob erklärt oder nicht. :)

Alter Schwede. So langsam wirds spannend.

Was geht da eigentlich ab? ich versuche mich mal ein wenig in Analyse. ;-))

Das Papandreou durchgeknallt oder blöd ist schliesse ich mal aus. Man kommt nicht in eine solche Position wenn man sich nicht erfolgreich Jahre oder Jahrzehnte dort hin gelegen und betrogen hat. Dazu gehört ein gewisses Mass an Intelligenz und coolness.

Wenn er also weder durchgedreht ist noch die Nerven verloren hat - was steckt hinter der plötzlichen Ankündigung der Volksabstimmung? Das Volk ist ihm mit Sicherheit mit Verlaub gesagt scheissegal. Hätte das irgendwen jemals interessiert hätte man eine solche Befragung gemacht als vor monaten klar wurde wohin die Reise geht. Mit Demokratie und Volkeswillen hat das also absolut nichts zu tun. Auch wenn einige Romantiker das gerne hätten.

Varaiante 1:
Papandreou hat noch mehr Leichen im Keller die das jetzige Rettungspaket bei weitem nicht abdeckt. Ihm ist klar das die EU-Staaten nicht mehr geben werden als bisher gekommen ist. Zumal in einigen Länder die Parlamente zustimmen müssen. Dann ist das vor dem Hintergrund der derzeitigen Stimmungslage in Griechenland im Grunde die Einleitung der Staatzinsolvenz mit dem Auftrag an die Rest-EU den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Vorbereitungszeit ca 3 Monate bis zum Referendum.

Variante 2:
Papandreou versucht nachzuverhandeln. Man könnte es auch Erpressung nennen. Denn noch ist nur klar das abgestimmt werden soll aber nicht über was genau. Griechenland hat nichts zu verlieren. Sie haben die Wahl zwischen ferngesteuertem Hartz4-Staat im Euroverbund und Bananenrepublik bei Währungsumstellung. Also setzt er die unter Druck die noch etwas zu verlieren haben. Also die Staaten als Bürgen und die Gläubiger. Also die Banken. Leider ist das auch fast immer der Staat weil es sich hier vornehmlich um Staatsbanken handelt oder Garantien für Banken gegeben wurden.

Kommen wir zu der Frage was würde bei einer echten Insolvenz Griechenlands passieren?
Griechenland müsste dann zwangsläufig aus dem Euro raus. Gehen sie nicht freiwillig - was auch noch eine Möglichkeit ist weil zum Beispiel die Regierung nicht handlungsfähig ist wird man die Griechen rausschmeissen müssen. Ob das die Verträge erlauben oder nicht. Man wird es einfach tun.
Griechenland würde also in jedem Fall die Währung wechseln müssen. Den Banken ist das erst einmal egal den die sind zum Zeitpunkt des Referendums eh bereits pleite weil jeder der irgendwelches Geld hat dies von der Bank geholt hat. Tut er es nicht ist mit einer Währungsreform wertlos.Ich sage für die nächsten Tage Wochen einen Run auf die griechischen Banken voraus!
Ab dem Zeitpunkt an dem Athen eine ersatzwährung einführt (nennen wir sie Drachme) wir der Staat binnen einiger Tage oder 1-2 Wochen förmlich implodieren. Die Drachem wäre zwar offizielles Zahlungsmittel aber nicht die Verkehrswährung. Man würde zwar vermutlich einen festen Wechselkurs festlegen von zB. 4:1 oder 5:1 zum Euro aber der Staat kann damit nur die Schulden bedienen. In der Realwirtschaft wäre die Drachme nur Spielgeld mit dem man in kalten Wintern die Wohnung warm bekommt oder man könnte sie auch auf kleine Rollen wickeln und perforieren. Den mann würde weder Leitungen noch Wahren für die Währung bekommen. Verkehrswährung würde der Euro bleiben der überall in Europa noch gültig ist und den alle Griechen noch in der Tasche haben. Der Staat kann aber nur noch in Drachmen bezahlen. Das Papier kann man aber nicht essen und so bricht das öffentliche Leben in Griechenland komplett zusammen. In ein paar Tagen oder Wochen hat die Unterschicht ihre Eurovorräte aufgebraucht und der Margen fängt an zu knurren. Dann geht es rund. Aufstände, Gewalt und Streiks von einem Aussmass das auch Griechenland nie erlebt hat sind die Folge. Danach folgen Notstandsgesetze und der Einsatz des Militärs im Landesinneren um Die Versorgung und die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten.

Sollte das die Rest-EU überleben und nicht zusammenbrechen haben wir finanziell zumindest ein paar Bundesländer mehr. Die werden ewig am Tropf der EU also deutschlands hängen. In Zukunft verteigen wir unser Geld am Pelepones - oder wie war der Spruch noch?

Ich bin eigendlich mehr in der Fraktion der Realisten zu suchen. Aber inzwischen kann man wirklich langsam darüber nachdenken Lebensmittel zu horten und noch vorhandene Barbestände in Sachwerte umzusetzen.
Krass. Ich hätte nicht damit gerechnet das noch zu erleben. Ich kenne das nur aus den Erzählungen meiner Grosseltern... Au weia...

@benni25
Das Problem bei der Nummer ist, das niemand wirklich weiß, oder auch nur wissen kann, was als Nächstes passieren kann.
Hätte ich Dir vor fünf Jahren etwas vom Niedergang der EU, oder des Euro erzählt, hättest Du mich, als kompletten VT-Idioten abgestempelt, selbst nach 2008 hättest Du mich noch schief angeguckt und hätte ich Dir vor drei Wochen erzählt, dass die Griechen aus der Reihe tanzen und nicht brav bei Angelas und Nicholas Spielchen mitmachen, wäre ich mindestens noch ein Schwarzseher, oder Phantast gewesen.

So läuft es aber eben immer, wenn man sich die Geschichte anschaut, es passiert immer das, was ALLE für unmöglich hielten. Beispiele dafür könnte ich Dir Hunderte nennen. ;)

Es bleibt also spannend. :D

benni25 schrieb:Ich sage für die nächsten Tage Wochen einen Run auf die griechischen Banken voraus!

Der ist längst im Gange, viele Medien hatten schon vor vielen Monaten darüber berichtet!
In Italien hat der Run vor 3 Monaten eingesetzt.
H. W. Sinn hat vor einigen Wochen in einem Interview sogar konkrete Zahlen genannt.
Aus Italien fließen bereits jetzt jeden Monat ca. 40. Mrd. € ab!
Dort ist der Bankrun auch längst Realität!
Der passive Widerstand gegen eine Währung, die ständig gerettet werden muss, zeigt doch nur eines.
Der Euro in dieser Form kann nicht funktionieren (viele Experten, die Ende der 90-er davor gewarnt haben und von den Medien bewusst mundtot gemacht wurden, haben anscheinend doch Recht behalten.Die Politiker würden das nie eingestehen).
Monsieur Sarkozy kann noch so oft über Ausbruch von Kriegen wegen des Eurokollaps prophezeien, wie er will.
Die Politik hat den Bezug zur Realität komplett verloren und versucht es nun mit Propaganda Gehirnwäschen und durch Manipulationen (z. B. EBA Stresstest) von den Medien die Menschen zu beeinflussen.
Was offensichtlich nicht gelingt!

Die Krise ist viel verheerender als die Mainstream Medien es darstellen.
Zwischen Oktober 2008 und Oktober 2010 genehmigte die Europäische Kommission nach eigenen Angaben Hilfen der 27 Mitgliedstaaten für den Finanzsektor im Umfang von insgesamt 4589 Milliarden Euro. In den USA gab es sogar über 20.000 Milliarden Steuergelder geschenkt. Doch die ganzen Steuermilliarden und ?billionen sind schon wieder im Eigenhandel und an den Börsen verzockt. Die Armen, die sind schon wieder, bzw. immer noch so pleite wie anno 2007, zu Beginn der Finanzkrise. 18,2 Billionen Euro faule Werte vergiften europäische Banken, das sind 44% ihrer gesamten Vermögensanlagen, kommentierte Die Presse am 17.02.2009. Da ist nichts mehr zu retten, da ist Feierabend! Aber so lange es noch reichlich Boni vom Steuerzahler gibt, anno 2010 in den USA 144 Milliarden Dollar, so lange wird das Hütchenspiel am Laufen gehalten. Oder couragierte Bürger machen diesem Spuk ein Ende.
Vereinfacht gesagt nicht nur die Staaten sind hoch verschuldet , sondern auch viele europäische Banken sind extrem überschuldet, vor allem die französischen Banken, die mit Billlionen in verschuldeten Euro-Krisenländern stark engagiert sind!
Die EU-Medien schweigen sich über solche Fakten selbstverständlich aus...

Die europäischen Banken steuern auf eine Finanzierungslücke von 3,96 Bill. Dollar zu. in den kommenden 3 Jahren (laut BIZ-Analysten)

@habiba

Die Witterungsverhältnisse sind hierzulande doch etwas anders als in Kanada...
Abgesehen davon ist die deutsche Infrastruktur, gerade das Stromnetz betreffend, einiges moderner als im gesamten Nordamerika... Wobei ich das mit Sicherheit und aus eigenen Erfahrungen nur für die vereinigten Staaten sagen kann. In Kanada war ich erst zweimal...

Wenn in Kanada solch ein Ereignis nur alle paar Jahrzehnte eintritt tritt es in Deutschland vielleicht einmal alle paar Jahrhunderte ein, rein statistisch versteht sich.

benni25 schrieb:
Ich sage für die nächsten Tage Wochen einen Run auf die griechischen Banken voraus!

Immer diese Voraussagen..... Grob geschätzt wurde in diesem Thread im Sommer 23478627834x der DAX im Herbst zwischen 3000 und 5000 Punkten vorherorakelt.....
Wo steht er? Uuups.... 6000+

@van_Orten
@habiba
Schon witzig, der Euro steht vor dem Abgrund, genau wie die EU und Ihr diskutiert über das Stromnetz in Europa und Nordamerika. *facepalm* :D

Wolfshaag schrieb:der Euro steht vor dem Abgrund

1. Steht der Euro vielleicht 32,5km vor dem Abgrund....
2. Selbst wenn der Euro vor dem Abgrund stehen sollte steht unser Wohlstand nicht daneben....

Aber Panik herbeireden macht ja bekanntlich Spaß ;)

@van_Orten
Jaja, alles VT`ler. :D
Genau wie das statistische Bundesamt, dass heute bekanntgegeben hat, dass allein 2009 in Deutschland 12, 9 Millionen Bundesbürger kurz vor der Armutsgrenze standen. Scheiß Realität aber auch.
Aber klar, dass ganze Bankenretten und Schönreden in den letzten Jahren, hat die Situation natürlich verbessert. Und die gesamten EU-Politiker drehen gerade alle am Rad, weil sie schlicht nix Besseres zu tun haben.^^

Du lieber @van_Orten kannst genauso wenig in die Zukunft schauen, wie ich, oder sonst jemand und einfach immer nur zu sagen, alles sei nur reine Panikmache und es wird schon nichts passieren, erinnert mich an die Aussagen der japanischen Politiker vor Fukushima.
Du weißt schon, sicherste Atomkraftwerke der Welt und so. ;)

@Wolfshaag

Wolfshaag schrieb:Genau wie das statistische Bundesamt, dass heute bekanntgegeben hat, dass allein 2009 in Deutschland 12, 9 Millionen Bundesbürger kurz vor der Armutsgrenze standen. Scheiß Realität aber auch.

Sind doch gute Neuigkeiten. Heisst das 70 Millionen Deutsche nicht in Armut leben....

Wolfshaag schrieb:Und die gesamten EU-Politiker drehen gerade alle am Rad, weil sie schlicht nix Besseres zu tun haben.^^

Schonmal daran gedacht das Politiker sich gern profilieren? Im Endeffekt wird man sich im Nachhinein als "Retter Europas" selbst feiern, da man ja die "historische Krise Anfang des 21. Jahrhunderts" so meisterhaft überwunden hat....

van_Orten schrieb:Immer diese Voraussagen

Sie scheinen in einer irrealen Traumwelt zu leben.
Der Bankrun hat bereits vor vielen Monaten eingesetzt und zwar nicht nur in Griechenland.
In Italien ist er seit 3 Monaten Realität (jeden Monat fließen 40 Mrd. € aus dem Land ab)

@Minotauro

Vin einem "Bankrun" spricht man wenn ein Grossteil der Bürger seine Konten plündert....
Hier schafft lediglich eine wohlhabende Minderheit einen Teil ihres Geldes ausser Landes...

Ich wusste übrigens noch gar nicht das wir uns auf Allmy hier neuerdings siezen.....

@van_Orten

van_Orten schrieb: Sind doch gute Neuigkeiten. Heisst das 70 Millionen Deutsche nicht in Armut leben....

Soviel Zynismus, gepaart mit Ignoranz macht mich sprachlos. Aber ok, Du hast Deine Ansichten, ich meine. ;)

Referendum ist vom Tisch!
Papandreou tritt wohl zurück.Zusätzlich kommt jetzt also noch eine Regierungskrise obendrauf.
In dieser Krise ist sich niemand mit irgendwem einig!

Meine Frage ist jetzt: Wie reagiert das griechische Volk?

van_Orten schrieb:Vin einem "Bankrun" spricht man wenn ein Grossteil der Bürger seine Konten plündert....
Hier schafft lediglich eine wohlhabende Minderheit einen Teil ihres Geldes ausser Landes...

Ich wusste übrigens noch gar nicht das wir uns auf Allmy hier neuerdings siezen.....

Das tun die Greichen schon seit langem!
Wohlhabende Griechen haben es ins Ausland gebracht
Die weniger wohlhabenden heben alles vom Konto ab und horten es nur zu Hause!

@omega13

omega13 schrieb: Referendum ist vom Tisch!

Soviel zum Demokratieverständnis unserer Politiker. Jay!^^

omega13 schrieb: Meine Frage ist jetzt: Wie reagiert das griechische Volk?

Es wird erstmal gar nicht groß reagieren, denke ich, denn es ist derzeit schon ziemlich demoralisiert.
Man wird abwarten müssen, was es machen wird, wenn es demnächst noch tiefere Einschnitte hinzunehmen hat, damit Griechenland den ollen Banken noch mehr Kohle in den Hintern blasen kann.

hmm ich seh in Griechenland nur eine Zukunft indem es ein neues System aus dem Boden stampft.
Seien wir doch mal ehrlich, unsere Systeme sind schon soo komplex verknüpft dass ein Systemwechsel unmöglich wäre!
Warum Systemwechsel?

Jeder sieht doch dass es in der EU nicht klappt. Die Demokratie wird nicht so akzeptiert wie sie sollte (Markozy zu Griechenlands Abstimmung). Dabei ist genau dass Demokratie! Das Volk wählt! Auch bei anderen Entscheidungen wo das Volk eigentlich einen Wichtigen Teil dazu beizutragen hätte, wurde es nicht gefragt!!
Es gibt genug gescheite Leute auf der Welt die alternative Systeme ausarbeiten. Diese jedoch zu übernehmen ist unmöglich, es sei den, ein Land ist bankrott und demoralisiert.
Es muss immer was abgerissen werden um was neues aufzubauen. Griechenland hätte nun die Chance, als einziges Land, ein kompletten Systemwechsel zu vollziehen!

Wolfshaag schrieb:Soviel Zynismus, gepaart mit Ignoranz macht mich sprachlos. Aber ok, Du hast Deine Ansichten, ich meine.

Warum Zynismus und Ignoranz?
Es heisst das 90% der Menschen mit dem System klarkommen und sich anscheinend darin wohlfühlen....
Ich bezweifle das Alternativen erfolgreicher wären....

omega13 schrieb:Referendum ist vom Tisch!
Papandreou tritt wohl zurück.Zusätzlich kommt jetzt also noch eine Regierungskrise obendrauf.
In dieser Krise ist sich niemand mit irgendwem einig!

Das ganze Manöver des Volksentscheids ist meiner Meinung nach eine Taktik Papandreous um aus dem Amt zu scheiden. Der Mann hat schlicht die Schnauze voll und will in Zukunft ohne Leibwachen über Griechenlands Srtassen gehen können.
Er kann ja jetzt seinen Bürgern sagen: "Ich habs versucht, ich habe für euch mein Amt geopfert..."

Hellas Wahnsinn

Von Jakob Augstein

Die Demokratie kommt nach Hause. Endlich erhalten die Griechen ihre Stimme zurück. Die Volksabstimmung über die Euro-Rettung ist riskant - und ein Akt der Verzweiflung. Griechenland kann nicht mehr.

Georgios Papandreou hat das rasende Rad der Euro-Politik mit einem gewaltigen Ruck zum Stehen gebracht. Seine Ankündigung, die Griechen in einer Volksabstimmung zu den Brüsseler Euro-Plänen zu befragen, hat den Europäern einen Stock in die Speichen gesteckt. Sie haben es in der Hand, ob sie das taumeln lassen wird, vielleicht stürzen: Europa wird sich mit Griechenland mehr Mühe geben müssen, wenn das Volk im Dezember nicht mit "Ochi" stimmen soll, was auf Griechisch Nein heißt.

Premier Papandreou hat gesagt, es sei ein "Akt der Demokratie", in so einer Lage das Volk zu befragen. Das ist richtig. Vor allem aber ist es ein Akt der Verzweiflung. Griechenland kann nicht mehr. Das Land steht kurz vor dem Zusammenbruch: Im kommenden Jahr wird jeder fünfte Grieche keine Arbeit haben, viele Staatsbeamte verlieren die Hälfte ihres Gehalts, der Grundlohn im öffentlichen Sektor liegt mittlerweile bei 780 Euro, das staatliche Gesundheitswesen zerfällt, die Zahl der Selbstmorde steigt.

Die Austerität macht Griechenland den Garaus. Dieses Fremdwort wird im Deutschen selten gebraucht, es bedeutet Strenge und Enthaltsamkeit. Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren eine solche Wirtschaftspolitik freiwillig zugemutet. Auch hier hat die soziale Ungleichheit dadurch zugenommen. Aber - und darin liegt eine besondere Perversion des gegenwärtigen Kapitalismus - der Verzicht auf Lohn und Konsum hat auch dazu beigetragen, dass Deutschland besser aus der Krise gekommen ist als die meisten anderen Staaten.

Die Austeritätspolitik hat in Deutschland die Reichen reicher gemacht - aber die Armen weniger arm werden lassen. In Griechenland ist es anders gekommen. Um über fünf Prozent schrumpft die griechische Wirtschaftsleistung in diesem Jahr. Noch mehr als befürchtet.

Es ist nicht so, dass es an mahnenden Stimmen gefehlt habe: Dennis Snower, der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, hatte mit Blick auf Griechenland schon im Frühling gesagt: "Das Fazit der Zwischenkriegszeit ist, dass in einer Depression ein zu scharfer Konsolidierungskurs die Wirtschaft eines Landes zerstören kann." Dennoch sind die Vertreter der sogenannten "Troika" - Europäische Zentralbank, EU-Kommission und Internationaler Währungsfonds - wieder und wieder nach Athen gereist und haben immer größeren Druck ausgeübt. Es wurden die "Sparbemühungen" der Griechen geprüft, und ob sie endlich den richtigen "Konsolidierungskurs" eingeschlagen hätten. Zuletzt verlangten die Zuchtmeister aus dem Norden von der griechischen Regierung, die Tarifautonomie aufzuheben.

Griechenland ist buchstäblich kaputtgespart worden

Paradox: Die Troika hat dabei nicht nur die soziale Lage des Landes aus dem Blick verloren, sondern auch die wirtschaftliche Lage. Innerhalb eines Jahres ist Griechenland buchstäblich kaputtgespart worden. Und warum? Um den Markt zu besänftigen, jenes gefährlichen Tier, das inzwischen die Welt zu beherrschen scheint.

Mit seinem Angebot einer Abstimmung dreht der Premier den Spieß jetzt um. Er gibt seinem gezeichnetem Volk die Stimme zurück. Wenn sie den Plänen zustimmen - um so besser. Wenn sie dennoch "Ochi" sagen, dann ist es noch die unwichtigste Frage, ob Griechenland zur Drachme zurückkehrt. Denn wenn schon die Griechen einem so starken Politiker wie Papandreou nicht folgen, was werden dann die Italiener einem angeschlagenen Berlusconi erzählen, wenn er mit dem Sparen ernst machen sollte?

Papandreou hat Europa überrascht und die Märkte erschüttert. Aber er hat Griechenland seine Würde zurückgegeben und Europa dem Moment der Wahrheit näher gebracht, der unweigerlich eines Tages kommen wird.

Quelle:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,795544,00.html (Archiv-Version vom 03.11.2011)