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Bürgerkrieg in Syrien

53.088 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Russland, China, Türkei ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Bürgerkrieg in Syrien

09.10.2011 um 20:30
Wer stoppt Assad?

Weil sie Angst vor einem Bürgerkrieg haben, fürchten Dissidenten den Widerstand mit Waffen. Und begründen das internationale Desinteresse mit dem wenigen Erdöl.
KAIRO taz | Seit sieben Monaten tobt unter Ausschluss der internationalen Öffentlichkeit der Aufstand in Syrien. Das Land steht auf der Kippe, zwischen friedlichen Demonstrationen und bewaffnetem Aufstand; zwischen internationaler Gleichgültigkeit und militärischer Intervention.

"Baschar al-Assad hat drei Feinde: YouTube, Facebook und die Freitagsgebete", feixt der bekannte syrische Dissident Muhammad Mamoun al-Homsi. Diese Aufzählung offenbart ungewollt die Schwächen der syrischen Opposition: Sie hält kein Territorium, hat keinen Platz in der Hauptstadt besetzt und verfügt über keine Führung. So müssen die neuen Medien und die kurzen Demonstrationen nach den Freitagsgebeten herhalten.

Wie viele andere syrische Oppositionelle hat auch al-Homsi in den vergangenen Wochen in Kairo sein Quartier aufgeschlagen, anderthalb Flugstunden von Damaskus entfernt. Dort, vorzugsweise im Safir-Hotel am westlichen Nilufer, geben sie Journalisten Interviews. Kairo entwickelt sich nach Istanbul zum Hauptstützpunkt jener Syrer, die sich in ihrer Heimat nicht mehr blicken lassen können, weil sie dort sofort in den Kerkern des Regimes landen würden.

Auch der Menschenrechtsaktivist Abdel Karim al-Rihawi flüchtete Mitte September nach Kairo, nachdem er zuvor zum wiederholten Male verhaftet worden war. Zehn Tage blieb er diesmal in Haft; die nächste Festnahme, so fürchtete er, würde er nicht überleben.
Inzwischen fast 3.000 Tote in Syrien
"Die Ernte des Arabischen Frühlings in Syrien nach sieben Monaten Aufstand ist bitter", sagt der Leiter der syrischen Gesellschaft für Menschenrechte. "Wir haben mindesten 5.000 Tote, über 6.000 Vermisste und 70.000 Menschen im Gefängnis", zählt al-Rihawi auf. Die Zahl der Syrer, die in den vergangenen Monaten festgenommen, gefoltert, einbehalten und zum Teil wieder freigelassen wurden, schätzt er auf mehr als 200.000. Überprüfen lassen sich diese Zahlen kaum. Das Regime in Damaskus räumt bisher ein, dass es 1.400 Tote gab, das UN-Menschenrechtsbüro spricht seit der vorigen Woche von 2.900 Toten.

Oppositionelle wie al-Homsi und al-Rihawi warnen inzwischen davor, dass sich die Qualität des syrischen Aufstands verändert. "Das Volk versucht, nach tunesischem und ägyptischem Muster friedlich zu bleiben", sagt al-Homsi. Doch das werde, davon ist er überzeugt, nicht mehr lange so bleiben. Die Menschen wüssten, dass das Regime aus einem bewaffneten Aufstand Nutzen ziehen würde, um diesen nach alter Manier niederzuschlagen.

"Ich befürchte, dass die Geduld des Volkes überstrapaziert ist und dass wir den traurigen Tag erleben werden, wenn die Revolution sich in einen bewaffneten Aufstand verwandeln wird. Das Regime will den bewaffneten Aufstand, denn dann kann es verbrannte Erde hinterlassen", glaubt er.

"Das Problem mit dem bewaffneten Widerstand ist, dass er in einen Bürgerkrieg ausarten kann", fürchtet auch al-Rihawi. "Dadurch könnte vielleicht sogar irgendwann das Regime gestürzt werden, aber dann hätten wir eine Katastrophe. Es wäre in solch einer Situation schwer, den Leuten die Waffen wieder abzunehmen. Es wäre eine große Herausforderung für die nächste Regierung die Lage zu beruhigen. Offene Rechnungen würden beglichen werden, es käme zu Racheaktionen", prophezeit er.
Probleme zwischen den Religionsgruppen

Das könnte sich dann in Syrien entlang der Religionsgruppen entwickeln, fürchten inzwischen viele Beobachter. Das Gros der Aufständischen besteht aus Sunniten, die sich seit Jahrzehnten von der herrschenden Minderheit der Alawiten an den Rand gedrängt fühlen. Auch die christliche Minderheit macht sich sorgen, welche Rolle in einem zukünftigen Syrien die Islamisten spielen könnten.

Al-Homsi und al-Rihawi wischen diese Befürchtung allerdings als Regierungspropaganda beiseite: "Wenn das tatsächlich geschieht, dann ist das Regime dafür verantwortlich, das diese Karte ausspielt, um seine Macht zu erhalten", sagt Al-Homsi. Aber, so fügt er hinzu, die Syrer hätten dieses Spiel schon längst durchschaut und würden darauf nicht hereinfallen.

Al-Homsi stellt eine Rechnung auf: "Wenn es nicht zu einer internationalen Intervention kommt, ist der bewaffnete Aufstand fast unausweichlich." Er spricht damit einen wunden Punkt der syrischen Opposition an. Und die ist in in der Frage einer ausländischen Intervention gespalten.
Vorbild Übergangsrat der libyschen Rebellen
Vor Kurzem wurde in Istanbul der Syrische Nationalrat gegründet. Zu diesem Zusammenschluss wichtiger Oppositionsgruppen gehören unter anderen die Lokalen Koordinationskomitees, die die Aktionen im Inneren des Landes organisieren, die syrische Sektion der Muslimbrüder, die Gruppe der "Damaszener Erklärung", mehrere kurdische Organisationen sowie die liberale Gruppe von Burhan Ghalioun, einem Professor an der Pariser Sorbonne-Universität, der auch als Sprecher des Rates fungiert.

Nach dem Vorbild des Übergangsrats der libyschen Rebellen hofft der syrische Rat als internationaler Ansprechpartner anerkannt zu werden. In der Frage der internationalen Intervention hat sein Sprecher Ghalioun eine dehnbare Formel gefunden: "Wir lehnen eine ausländische Intervention ab, die die Souveränität des syrischen Volkes untergräbt", erklärte er auf einer Pressekonferenz bei der Gründung des Rates. Stattdessen spricht er vorsichtig davon, dass die internationale Gemeinschaft ihrer Verantwortung für den Schutz der Zivilisten gerecht werden müsse.

Al-Homsi, der nicht dem neuen Rat angehört, findet in Kairo deutlichere Worte. "Internationale Intervention, das ist das Schreckgespenst, das das Regime an die Wand malt", sagt er. "Ausgerechnet dieses Regime spricht von Souveränität, während die iranischen Revolutionswächter und die Hisbollah die Souveränität Syriens längst ausgehöhlt haben und das Land wie ein Privatbesitz der Familie Assad verwaltet wird", echauffiert er sich.

"Was sind die Regeln und Verträge der internationalen Gemeinschaft wert? Einmal schützen sie die Zivilisten, einmal nicht, einmal intervenieren sie, einmal nicht", sagt er, auf die Entwicklung in Libyen anspielend. Doch den Luxus, eine ausländische Intervention abzulehnen, könnten sich die Syrer nicht mehr leisten.
"Wir haben kein Erdöl"
Al-Homsi fordert sogar einen Eingriff der Nato. Seine Idee: Es müsste international an den Grenzen zur Türkei, zu Jordanien oder Irak eine 30 Kilometer breite Zone durchgesetzt werden, eine Art befreites Gebiet, in dem die Sicherheitskräfte Assads nicht mehr agieren könnten. Dort könnten auch die übergelaufenen Soldaten Schutz finden. Unter solchen Umständen würden viel mehr Soldaten dem Regime davonlaufen.

Das internationale Zögern erklärt damit, dass das syrische Regime de facto als Garant für die Sicherheit Israels fungiere. Trotz aller Propaganda ist die Grenze zu Syrien in den 30 Jahren der Assads die sicherste und ruhigste Grenze. Und noch einen anderen wichtigen Grund für das internationale Desinteresse meint al-Homsi zu kennen: "Wir haben keine große Erdölvorkommen wie Libyen."

Al-Rihawi, der dem neu gegründeten Nationalrat angehört, ist dagegen fest davon überzeugt, dass es am Ende eine Intervention geben und der Nationalrat internationale Anerkennung finden werde. Lange könne die internationale Gemeinschaft das Schlachten in Syrien nicht mehr ignorieren. Es werde früher oder später eine Flugverbotszone eingerichtet werden. Zudem würden die übergelaufenen Soldaten mit militärischen Operationen beginnen, meint er. Das einzig andere mögliche Szenario wäre, dass Assad international überzeugt davon werden kann, abzutreten. Das aber sei, meint al-Rihawi, "mehr als unwahrscheinlich".
http://taz.de/Syrische-Opposition-im-Exil/!79602/

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10.10.2011 um 04:36
Aufstand der Kurden - Das syrische Regime geht nach dem Scheitern einer UN-Resolution noch härter gegen Opposition vor

Unmittelbar nach dem Scheitern der UN-Resolution gegen Syrien aufgrund des Vetos von Russland und China hat das Regime in Damaskus seine Brutalität gegen die Opposition deutlich verschärft. Am Samstag folgten schätzungsweise 50 000 aufgebrachte Menschen in der nordsyrischen Stadt Kamischli dem Sarg des tags zuvor ermordeten kurdischen Politikers Meschaal Tammo und skandierten Parolen gegen das Regime. Der 53-Jährige war am helllichten Tag von vier maskierten Killern in seinem Haus erschossen worden. Das lokale syrische Koordinationskomitee warf den Machthabern vor, Oppositionelle jetzt gezielt „physisch liquidieren“ zu wollen. Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana meldete den Tod Tammos, gab aber an, er sei von Unbekannten aus einem Auto heraus erschossen worden.

Aus Protest gegen die Ermordung haben Demonstranten in Europa syrische Botschaften und Konsulate besetzt. In Berlin protestierten etwa 30 Demonstranten vor dem Gebäude, 24 gelangten ins Innere der Botschaft, wie eine Polizeisprecherin sagte.

Syriens Außenminister Walid Muallem drohte am Sonntag allen Staaten „mit harten Maßnahmen“, sollten sie den kürzlich in Istanbul gegründeten „illegitimen“ Syrischen Nationalen Übergangsrat (SNC) anerkennen. Staaten des Westens, darunter Frankreich und die USA, haben die Gründung des Rates begrüßt. Im Gegensatz zum Übergangsrat in Libyen haben sie dem Nationalrat jedoch keine Anerkennung angeboten.

Meschaal Tammo war Mitglied im SNC und Sprecher der Kurdischen Zukunftspartei, die sich für ein Ende der Diskriminierung ihrer Landsleute einsetzt, aber keine Abtrennung der Kurdengebiete von Syrien anstrebt. Das Opfer war erst wenige Wochen vor seinem Tod nach dreieinhalb Jahren Haft entlassen worden. Auf dem Weg zum Friedhof schoss die Polizei auf den Trauerzug, nach Angaben des Senders Al Arabiya kamen dabei mindestens fünf Menschen ums Leben, mehrere wurden verwundet.

In Damaskus wurde zudem der prominente Oppositionelle und frühere Parlamentsabgeordnete Riad Seif auf offener Straße brutal zusammengeschlagen. Ein Amateurvideo zeigt den 64-Jährigen bei der anschließenden Untersuchung durch einen Arzt, sein Rücken ist rot und blau, die Arme von den Hieben stark geschwollen. Riad Seif war einer der führenden Intellektuellen des Damaszener Frühlings und gehörte zu den Mitunterzeichnern der sogenannten Damaskus-Erklärung von 2005, die einen demokratischen Wandel für Syrien forderte. Der prominente Dissident saß unter Baschar al Assad wegen seiner Überzeugungen über sechs Jahre lang im Gefängnis.

Außenminister Guido Westerwelle reagierte mit Bestürzung auf die Ermordung Tammos. „Er hatte den Mut, ein neues Syrien zu fordern, das auf Freiheit, Demokratie, Toleranz und Menschenwürde gründet, und war zu einem Vorbild für viele Syrer geworden. Dafür musste er nun mit seinem Leben bezahlen“, erklärte Westerwelle am Wochenende in Berlin. Meschaal Tammo sei „ein weiteres Opfer eines brutalen Regimes der Recht- und Gesetzlosigkeit“. Deutschland werde sich mit seinen Partnern weiterhin mit aller Kraft für die Menschen in Syrien einsetzen. Am Montag werde sich der Rat für Außenbeziehungen der EU mit Syrien befassen.

Derweil begann nach Informationen des Netzwerkes Avaaz erneut ein großes Armeeaufgebot mit 200 Panzern und zwei Dutzend Artilleriegeschützen, die Stadt Homs anzugreifen. Einzelne Stadtviertel wurden abgeriegelt. Internet- und Telefonverbindungen sind unterbrochen. In Homs konzentrieren sich Einheiten der „Freien Syrischen Armee“, die aus abtrünnigen Soldaten bestehen. Die Kämpfe zwischen loyalen und desertierten Truppen waren in letzter Zeit immer häufiger und heftiger geworden. Erst vergangene Woche war die syrische Armee mit großer Übermacht in das Städtchen Rastan eingerückt, wo sich ebenfalls mehrere hundert fahnenflüchtige Soldaten verschanzt hielten. Nach der Eroberung der Stadt wurden bei Razzien 3000 Menschen festgenommen. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind in Syrien seit Beginn der Unruhen 2900 Menschen gestorben, darunter über 130 Kinder.

Präsident Baschar al Assad erklärte am Sonntag bei einem Treffen mit den Außenministern Venezuelas und Kubas, er wolle „politische Reformen“ sowie die Zerschlagung „bewaffneter Banden“, die das Land ins Chaos stürzen wollten.

tagesspiegel.de


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Bürgerkrieg in Syrien

15.10.2011 um 10:32
Ich knall es einfach mal hier mit rein; ein Artikel über die bevorstehenden Wahlen in Tunesien, das, nachdem es maßgeblich das Feuer des arabischen Frühlings entfachte, aus dem öffentlichen Blickfeld rückte.
In Tunesien, der Wiege des Arabischen Frühlings, finden am 23. Oktober als erstes Land der Region freie Wahlen statt. Wo früher Ben Alis Regierungspartei RCD allein herrschte, ist nun eine völlig neue Parteienlandschaft entstanden, wie Sarah Mersch in Tunis beobachtet hat.

Über eine mangelnde Auswahl an Parteien beklagt sich vor den Wahlen zur verfassungsgebenden Versammlung in Tunesien wohl niemand – eher über den mangelnden Überblick: Mehr als 100 Parteien sind nach dem Umsturz am 14. Januar zugelassen worden, rund 1.700 Listen treten in den 33 Wahlkreisen des Landes an.

Seit Anfang Oktober ist der Wahlkampf in Tunesien angelaufen – wenn auch streng reglementiert: Jeder Kandidat darf in einem dreiminütigen Fernsehspot sein Programm vorstellen; und an den Häuserwänden prangen fein säuberlich gemalte, durchnummerierte Rechtecke, in denen die Listen ihre Kandidaten präsentieren.

Große Plakate oder aufwändige Fernsehspots gibt es nicht, und die Presse darf seit Wahlkampfbeginn keine Kandidaten mehr interviewen. Jede Partei und jede Liste soll die gleichen Chancen haben, ein demokratisches Tunesien aufzubauen, unabhängig von Medienpräsenz und finanziellen Mitteln. Doch viele der Rechtecke an den Mauern von Tunis sind noch leer, den Kleinstparteien fehlen selbst Geld für die Din A-4-Plakate und Helfer zum Kleben.

Im Zweifel für "Ennahda"

Amin steht in der Innenstadt von Tunis vor einer Reihe schwarzer Kästchen, durchnummeriert von 1 bis 79 – so viele Listen treten in seinem Wahlbezirk Tunis 1 an. Der 24-Jährige will in zwei Wochen zum ersten Mal in seinem Leben wählen gehen. Nur wem er seine Stimme geben wird, das weiß er noch nicht.

"Wenn ich mich nicht entscheiden kann wähle ich halt Ennahdha", sagte der Mathematik-Student schulterzuckend. Dabei hat er mit den moderaten Islamisten inhaltlich eigentlich nichts am Hut. "Immerhin sind die sauber. Die waren ja alle bis zur Revolution inhaftiert. In den ganzen anderen Parteien sitzen dagegen doch ehemalige Mitglieder des RCD."

Ähnlich wie Amin denken nicht wenige Tunesier. Dass die Islamisten bei den Wahlen stärkste Kraft werden, daran zweifelt hier niemand. Rund ein Viertel der gut sieben Millionen Wahlberechtigten hat in den jüngsten Umfragen angegeben, die Ennahdha-Bewegung zu wählen.

Die beiden größten Parteien des linksliberalen Spektrums, die PDP (Demokratische Fortschrittspartei) und Etakatol (Demokratisches Forum für Arbeit und Freiheit) kommen laut Umfragen auf jeweils rund 15 Prozent. Die dritte der etablierten Oppositionsparteien aus der Zeit Ben Alis, die Ettajdid (Erneuerung), hat sich mit vier anderen linksliberalen Parteien zum Bündnis Al-Qotb (Demokratisch-modernistischer Pol) zusammengeschlossen.

"Jeder will sein eigenes Ding machen"

Daneben gibt es noch viele andere kleine Parteien, rund 40 zählt derzeit das linksliberale Spektrum in Tunesien. Ihre Programme unterscheiden sich nur geringfügig voneinander, doch außer Al-Qotb treten sie alle einzeln an.

"Diese Spaltung zwischen den Parteien ist schade, denn die Linke ist historisch stark und müsste eigentlich die stärkste Kraft sein", findet der Blogger und Journalist Haythem El Mekki. "Jeder will sein eigenes Ding machen." Bestes Beispiel dafür sei die PDP, so El Mekki: "Sie ist völlig im Personenkult um ihren Vorsitzenden Nejib Chebbi gefangen und weigert sich, irgendeine Koalition einzugehen."

Neben dem linksliberalen Spektrum haben sich gut 20 Parteien gegründet, deren führende Köpfe aus der ehemaligen Regierungspartei stammen. Am bekanntesten ist Al-Moubadara (Die Initiative) um Kamel Morjane, den Außenminister der letzten Regierung Ben Alis. Immerhin werden ihnen drei Prozent bei den anstehenden Wahlen vorausgesagt.

Für die Menschenrechtlerin Sihem Bensedrine, eine der bekanntesten Gesichter im Kampf gegen das System Ben Ali, sind Parteien wie Al-Moubadara Teil der Konterrevolution, die Tunesien bedroht. "Die Leute aus dem alten Regime, der Geheimdienst und das Militär sind eine Gefahr für die Revolution", ist sie überzeugt. Sie befürchtet, dass es in Tunesien nach den Wahlen zu einem "algerischen Szenario", einer verdeckten Militärdiktatur kommt. "Ich habe Angst vor der Konterrevolution. Vielleicht versuchen diese Kräfte sogar, am Wahltag selbst die Wahllokale anzugreifen um die Leute vom Wählen abzuhalten, so dass viele aus Unsicherheit zu Hause bleiben."

Die gleichen Köpfe wie früher

Die Kräfte des alten Regimes sind das größere Problem als die Islamisten, ist sich Haythem El Mekki mit Bensedrine einig. "Das Problem ist nicht Ennahdha, sondern die hysterische Reaktion auf die Partei." Zumindest auf dem Papier präsentiert sich Ennahdha moderat, sogar das tunesische Personenstandsrecht, das seit 1956 den Tunesierinnen weitestgehende Gleichberechtigung garantiert, bezeichnet die Partei als schützenswert.

Der vielfach heraufbeschworene Kampf zwischen Islamisten und Säkularisten sei primär das Ergebnis von 23 Jahren Diktatur unter Ben Ali, meint der Journalist, der im Fernsehen eine medienpolitische Talkshow moderiert. "Wir haben eine Bevölkerung, die keinerlei politische Kultur hat. Sie wissen nicht mal, was Laizismus bedeutet, und dann denken sie: die sind gegen die Islamisten, also sind sie gegen die Religion."

Der Konflikt sei auch von den Medien heraufbeschworen worden. Dabei hätten die meisten Tunesier viel dringendere, vor allem wirtschaftliche Sorgen. Wirklich radikale, salafistische Strömungen seien zu schwach um das Land zu destabilisieren. "Wir werden keine Kehrtwende machen, dazu ist die Zivilgesellschaft viel zu stark und zu aufmerksam. Wir sind weder der Iran noch Ägypten", sagt El Mekki, der ausgesprochen optimistisch auf die bevorstehenden Wahlen schaut.

Damit die Revolution erfolgreich vollendet und Tunesien irgendwann die erste echte Demokratie Nordafrikas wird, sei es noch ein weiter Weg, meint Sihem Bensedrine. "Die größten Herausforderungen stellen die Übergangsjustiz, das Innenministerium und die Reform des Polizeiapparats dar." Denn dort sitzen nach wie vor die gleichen Personen wie am 14. Januar an den zentralen Hebeln der Macht.

Als der Richter Farhat Rajhi, im Frühjahr für wenige Wochen Innenminister, im Sicherheitsapparat des Landes aufräumen wollte, wurde er von einem Teil seiner Angestellten fast gelyncht und konnte nur knapp aus dem eigenen Ministerium flüchten. Wenig später wurde er kommentarlos entlassen und mit Habib Essid, einem Ben Ali-Getreuen, im Ministerium eingesetzt.

"Solange sich in diesen Bereichen nichts ändert, kann Tunesien auch kein demokratischer Staat werden", meint Bensedrine. Doch die Wahlen, so hofft sie jedenfalls, könnten das Land zumindest auf den richtigen Weg bringen.
http://de.qantara.de/Jeder-fuer-sich/17497c18028i1p8/index.html (Archiv-Version vom 23.03.2012)


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Bürgerkrieg in Syrien

15.10.2011 um 10:55
Der arabische Aufstand geht von Regen in die Traufe. Im westen als demokriebewegung bejubelt wird es in islamischer Steinzeit enden.

Wir werden die Transformation Ägyptens und Lybiens in islamische gottestaaten miterleben, traurig das heutzutage sich die arabischen Völker immernoch nicht von der Geissel ihrer Religion befreien.


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Bürgerkrieg in Syrien

15.10.2011 um 11:20
@froggi

Hast du eine Glaskugel Zuhause? Wenn ja dann woher? ich hätte auch gerne eine. ;)


Gruß

SaifAliKhan


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Bürgerkrieg in Syrien

15.10.2011 um 11:22
@Spartacus
Glaubst du ernsthaft ägyptennwird einebdemokratie ohne scharia? Wir können gerne ne private Wette machen.


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Bürgerkrieg in Syrien

15.10.2011 um 11:23
@froggi

Es gab davor keine Sharia und wird es auch nicht danach geben. Wach auf und hör auf so ein mist zu schreiben!


Gruß

SaifAliKhan


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Bürgerkrieg in Syrien

15.10.2011 um 11:24
@Spartacus
Warten wir mal ab wenn die muslimbrüder die Wahl gewinnen wonach es aussieht.


In deinem Zitat oben steht ebenso das in Tunesien Islamisten gewinnen werden.


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Bürgerkrieg in Syrien

15.10.2011 um 11:28
@froggi

Jo warte ab. Aber auch wenn sie die Wahl gewinnen, heißt das nicht das aus Ägypten eine Scharia wird. Die können die Verfassung nicht nach belieben ändern. Wenn die mist bauen, dann sind sie nach 4 Jahren weg. Das wissen sie auch. ;)

Gruß

SaifAliKhan


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Bürgerkrieg in Syrien

15.10.2011 um 11:32
@Spartacus
Mal gucken wer recht hat. Im Iran dauert es auch schon länger als vier Jahre.

In der Verfassung von Ägypten steht schon heute: "die quelle der Gesetzgebung sind Koran und Hadith"

Für mich wäre eine wahre arabische revolution wenn man den Islam endlich vom Staat trennt, reformiert oder komplett entsorgt.


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we5 ehemaliges Mitglied

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Bürgerkrieg in Syrien

15.10.2011 um 11:36
Die Gefahr einer Machtübernahme durch Islamisten ist groß. Sowohl in Tunesien als auch in Ägypten und in Syrien kann es gar nicht völlig anders aussehen.

Es bleibt natürlich zu hoffen, dass die Demokratiebewegung die Oberhand behält.


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Bürgerkrieg in Syrien

15.10.2011 um 11:37
@froggi

Trotzdem war Ägypten nie ein Gottestaat und wird er auch nicht sein! Die Menschen sodrt vor allem die Jugendliche und Studenten sind dort eher westlich. Dort gibt es auch kein Kopftuchzwang wie z.b. im Iran. Fahr einfach ein mal nach Ägypten und dann siehst du wie es dort ist. ;)

@we5

:troll:

Gruß

SaifAliKhan


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we5 ehemaliges Mitglied

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Bürgerkrieg in Syrien

15.10.2011 um 11:39
@Spartacus

Was soll dein Trollface bedeuten? :)


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Bürgerkrieg in Syrien

15.10.2011 um 14:52
ich denke die gefahr der religioen fundis ist gross, grade in aegypten, wo scheinvar nach dem wegfall der knute nun eine ungebremste religioese bewegung gegen alles nichtmuslimische sturm laeuft.

man kann nur hoffen das im zweifel eine atatuerk-aehnliche regierung die radikalen kraefte im zaum haelt, zur not das militaer einsetzt.


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Bürgerkrieg in Syrien

15.10.2011 um 17:24
Zitat von PuschelhasiPuschelhasi schrieb:man kann nur hoffen das im zweifel eine atatuerk-aehnliche regierung die radikalen kraefte im zaum haelt, zur not das militaer einsetzt.
vom ganzen herzen wünsche ich das gegenteil für die ägypter. eine echte menschenwürdige demokratie wäre wünschenswert.


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Bürgerkrieg in Syrien

15.10.2011 um 18:19
@Spartacus

Ja klar wird es die der Gesellschaft angepasste Sharia geben, wenn eine der beiden Parteien der aegyptischen Muslimbruderschaft die Wahlen gewinnen.

@froggi

Du repraesentierst hier die typische Haltung des arroganten und ueberlegenen Europaers. Demokratie gilt nur, solange es den eigenen Interessen dient. Wenn es nicht mehr den eigenen Interessen dient, dann wird ein "Regime change" gefoerdert, und die gegenwaertige und demokratisch gewaehlte Regierung, wie es auch in Chile der Fall war, als Allende die demokratischen Wahlen gewann, gestuerzt.

Lass doch die Aegypter selbst entscheiden, welche Richtung sie einschlagen wollen. Die Aegypter sind klug und gebildet genug, und koennen daher selbststaendig eine Entscheidung treffen, auch wenn es einem Europaern deines Typus schwerfaellt, es zu glauben, weil es in deiner kolonialstischen Natur liegt ueber andere Voelker zu bestimmen, zu herschen, und wie ein Hirte seine Schaefer huetet, zu kontrollieren...

Gilt auch fuer @we5 (weil froggi leider gesperrt worden ist)


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Bürgerkrieg in Syrien

15.10.2011 um 18:40
@Spartacus
Ägypten scheint doch zur Zeit in eine sehr zweifelhafte Richtung zu gelangen. Erinnere dich mal an das Totalversagen des Militärs bei der Stürmung der israelischen Botschaft. Man hat die Israelis dort einfach sitzen lassen, bis man mal im letzen Atem-Zug die Leute gerettet hat.

Denke mal an die enormen Ausbrüche von Gewalt gegen Kopten die letzte Zeit. Früher hat hier die Polizei eingegriffen, das scheint immer mehr jedoch nicht mehr der Fall zu sein. Immer öfter wird dies von Polizisten geduldet.

Die Armee ist bei einer friedlichen koptischen Demonstration mit Gewalt auf sie los gegangen, um sie zu zerstreuen.

Das deutet alles darauf hin, dass die Armee, die ja mehr oder weniger Mubarak abgelöst hat, mit den Islamisten kooperiert, um sich noch etwas Macht im neuen Ägypten zu erhalten. Zumal jeder damit rechnet, dass die islamischen Parteien zusammengenommen die absolute Mehrheit bekommen.

Und da ist auch ein Eingriff in die Verfassung nicht mehr fern.


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we5 ehemaliges Mitglied

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Bürgerkrieg in Syrien

15.10.2011 um 18:49
@masafi

... hmm... da es auch für mich gilt ...

Nun, es ist überflüssig darauf hinzuweisen, dass man die Ägypter entscheinden lassen soll welche Regierung sie haben wollen. Der arrogante und überlegene Europäer kann dort nämlich nicht für Demokratie sorgen. Das müssen die Ägypter schon selbst tun.

Wenn sich die klugen und gebildeten Ägypter jedoch nicht durchsetzen können und die Macht im Land an radikale Islamisten fällt, dann hat man leider keine andere Wahl als den Arabischen Frühling für gescheitert zu erklären. Das Streben nach Freiheit könnte nämlich ganz leicht in einem 2, 3 und sogar 4 Iran enden.

Dem Europäer meines Typus würde dadurch übrigens weder wärmer, noch kälter werden.


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Bürgerkrieg in Syrien

15.10.2011 um 18:58
@we5
Abwarten. Wo eine große Veränderung stattfindet, herrscht auch große Angst. Es gibt in Ägypten, Tunesien, Lybien islamistische Gruppen so wie es in Deutschland Nazis gibt, dass heißt aber noch lange nicht dass diese an der Macht kommen.


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we5 ehemaliges Mitglied

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15.10.2011 um 19:08
@individualist
Mit den Nazis hierzulande lässt es sich nur schwer vergleichen. Zumindest in den Nazis in der heutigen Zeit. Die Islamisten waren in diesen Ländern nunmal lange Zeit die einzige ernstzunehmende Opposition. Heute sind sie "legalisiert" und werden nicht mehr unterdrückt - Was das für ein Land bedeuten könnte wird sich noch zeigen. Ich habe jedoch eine schlimme Vorahnung, was das angeht.


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