perttivalkonen schrieb:Seinen Tod verkünden wir, und Seine Auferstehung preisen wir, bis Er kommt in Herrlichkeit - ums mal als Protestant mit katholischen Worten zu sagen.
Genau "bis er kommt in Herrlichkeit", d.h. "er ist nicht da".
Ein wesentlicher Charakterzug des Christentums, um mit diesem Umstand umzugehen, ist das Aufbrechen des Personen-Prinzips.
An mehreren Stellen wird der Begriff "Person" sehr künstlerisch eingesetzt.
Der Begriff "Leib" (der den Begriff "Person" enthält) wird auf die Gemeinschaft, aber auch auf "Essen und Tricken" angewandt.
Alles natürlich mit einer religiös behaupteten "Verwandlung durch besondere Handlungen" - bei der Gemeinschaft ist dies "die Taufe", beim Essen und Trinken ist es wohl die
Transsubstantiation.
"Gott"=Person, "Heiliger Geist"=Person, "Jesus"=Person und alle drei zusammen = Person.
Bei den Texten der Bibel wird der Personen-Begriff dahingehend aufgebrochen, dass mehrere Schreiber unter der literarischen Behauptung "eine einzige Person zu sein" aktiv sind.
Die Motivation hinter all dem ist ganz einfach: "er ist nicht da".
Es ist somit eine Tatsache und ein Fakt, dass im Christentum der Begriff "Person" sehr künstlerisch verwendet wird.
Das Kernstück des heutigen Christentums ist die Selbstdarstellung der Gemeinschaft als "Person" (-> "Leib des Messias") in Verbindung mit dem literarisch behaupteten Ausgangspunkt einer Person (literarische "Jesus"-Figur).
Die literarische Behauptung ist so dargestellt, dass mehrere Schreiber eine "Autoren-Person", die in der Geschichte vorkommt, "sein sollen".
Da ist reichlich Personifizierung unterwegs und ganz viel "er ist nicht da".
Es ist somit angebracht, zu jeder Personen-Angabe im christlichen Behauptungsgebäude
anhand die Realwelt abzuklären, was man da vor sich hat.
Die Christen haben dafür gesorgt, dass man tatsächlich bei ihren Personenbehauptungen nach dem "Was" fragen muss, also "für was steht die literarische Figur".
Das muss vor allem bei der literarischen "Jesus"-Figur gemacht werden.
Die Christen haben sich ein Personen-Konzept gegeben, bei dem der Messias nicht da sein muss und trotzdem sprechen sie von "wir sind Person".
perttivalkonen schrieb:Die Gemeinschaft bildet den Leib Christi, nicht Christus. Im gemeinsamen Mahl von Brot und Wein haben die Christen Anteil an Jesu Leib und Blut.
Hier sieht man es: es geht um eine sonderbare Verfremdung des Personenbegriffes.
Hier nochmal zur Info, was "Leib" theologisch bedeutet: "
Im theologischen Sinne wird mit der Rede vom Leib die Idee einer individuellen Verbindung aus Person und immaterieller Seele artikuliert"
"Anteil an Jesu Leib und Blut" (wobei in Korinther 12 "Messias" steht und nicht "Jesus" aber das ist für die unbekannten späteren Schreiber ja ein leichtes da einfach den Namen "Jesus" einzusetzen - geschenkt) bedeutet, dass die Gemeinschaft durch ihre religiöse Einstellung/Aktivität entlang der Messias-Thematik die Verbindung der Messias-Person mit ihrer immateriellen Seele darstellen.
Das ist die Vorstellung, am Formen der Messias-Person teilzunehmen.
Die Gläubigen sind hierbei "das Material", aus dem sich "der Messias" ergibt.
Aus einem "er ist nicht da" wird in der Vorstellung der Christen ein "er ist über unseren Zusammenschluss da".
Absolut schräg, darf aber sein, ist ja nur Religion.
Der Witz ist halt:
wenn die Christen den Begriff "Person" derart einer "Teilnahme von aussen" preisgeben (zahlreiche Teilnehmer schliessen sich "zur Person" zusammen), dann können sie dies auch am Anfang ganz ohne reale Messias-Person machen.
Die literarische "Jesus"-Figur steht dann nur für eine Bewegung/Gemeinschaft, mehr nicht.
perttivalkonen schrieb:Klar doch. Wenn Du Dir so'n Kram ausdenkst und dann in biblische Texte reinsteckst, mußt Du Dich nicht wundern, daß Du das dann auch "heraus"holst.
Sorry, dieser "Kram" steckt im Zentrum des Christentums.
Ich stecke da gar nichts hinein, sondern ich ziehe keinen Blödsinn heraus, das ist ein gewaltiger Unterschied.
perttivalkonen schrieb:Schön für sie. Und? Deswegen ist da keine Geburtsstunde von irgendnem Messianismus, weder noch während Herodes' Lebens- und Amtszeit, noch kurz danach ab der Umwandlung Judäas in eine römische Provinz, was immerhin die Geburtsstunde der Zeloten genannt werden kann.
Hier die Aussage von "Martin Hengel", der "Herodes I" mehr als ein Kapitel widmet:
Die Schreckensherrschaft scheint eine starke Belebung der messianischen Hoffnung bewirkt zu haben. Dies zeigt einmal der 17. salomonische Psalm, der wahrscheinlich unter herodianischer Herrschaft
entstand 2), und außerdem Josephus, der uns berichtet, daß die
Pharisäer messianische Ideen selbst in die Familie des Herodes
hineingetragen hätten
("Martin Hengel", Die Zeloten, 1976, epub-Version Seite 328, Kapitel "Die Herrschaft des Herodes")
...
So wurde unter der Herrschaft des Herodes in Palästina die
Grundlage zur Entstehung jener radikalen Freiheitsbewegung gelegt,
die sich später wohl den Namen Zeloten gab.
...
Der Haß gegen den unrechtmäßigen Herrscher und die durch
ihn verursachte wirtschaftliche Not mußte die Sehnsucht nach dem
wahren König Israels und der Erlösung Israels verstärken; die
messianische Hochspannung wuchs und brachte selbst den königlichen Hof in Bewegung.
("Martin Hengel", Die Zeloten, 1976, epub-Version Seite 330, Kapitel "Die Herrschaft des Herodes")
...
Herodes hat so aufs Ganze gesehen keine guten Voraussetzungen
für die spätere direkte Herrschaft Roms geschaffen 2). Die Bezeichnung "Esau" bzw. "Edom" für das römische Weltreich mag typisch
sein für die Übertragung des Hasses gegen Herodes, den Edomiter,
auf seine römischen Schutzherren
("Martin Hengel", Die Zeloten, 1976, epub-Version Seite 331, Kapitel "Die Herrschaft des Herodes")
"Martin Hengel" liefert weitaus mehr Dateils als diese Angaben, aber das sollte ausreichen, um dir klarzumachen, dass du falsch liegst.
Du kümmerst dich zu wenig um das 1.Jhd.
Wer den Konflikt mit Herodes und die römische Steuererhebung als Ausgangspunkt einer messianischen Thematik präsentiert, redet über die jüdische Messias-Bewegung.
Wenn er nicht darüber reden möchte, aber dennoch die Angaben präsentiert, dann hat er dies zu erklären.
In den Evangelien fehlt diese Erklärung, sie enthalten aber explizit (von den Autoren konstruiert!) zahlreiche Gelegenheiten dazu, was bedeutet: die Evangelien
sind Aussagen zur jüdischen Messias-Bewegung.
Damit verengt sich die Fragestellung für "Was" die literarische "Jesus"-Figur steht.
perttivalkonen schrieb:Hast wohl selber gemerkt, daß mit "Herodes" in Würglichkeit: nach Herodes gemeint ist.
Nö, aber ich bin gespannt, was du gerade gemerkt hast.
perttivalkonen schrieb:So ein Quatsch. Erstens fand das Ende des Ezechias, des Vaters von Judas dem Galiläer, unter der Herrschaft Hyrkanos' II. statt. Durch Herodes zwar, aber eben unter dem Vorvorgänger auf dem Thron Judäas. Na und zweitens beschäftigte Ezechias sich nicht mit irgendwelchen politischen Bestrebungen in Judäa, sondern mit Attacken gegen Syrien, laut Josephus ging es um Raubzüge.
Gut, hier wieder "Martin Hengel" unter "DIE VORGESCHICHTE BIS ZUR VERBANNUNG DES ARCHELAOS":
Ein historischer Aufriß der jüdischen Freiheitsbewegung zwischen
Herodes 1. u. 70 n. Chr. wird wohl dort einsetzen müssen, wo
Josephus zum ersten Male von jüdischen "Räubern" spricht, jenem
allgemeinsten Begriff, mit dem er alle Gruppen, die im Kampf gegen
die Fremdherrschaft: standen, zusammenfaßt 1).
Wir stoßen relativ unvermittelt auf die "Räuber" im Zusammenhang mit der Sendung des jungen Herodes als Befehlshaber nach
Galiläa:
"Herodes, tatkräftig von Natur, fand bald eine Aufgabe für seine
Unternehmungslust. Sobald er wahrnahm, daß der Räuberhauptmann
Hiskia mit einer sehr großen Bande plündernd die an Syrien grenzenden
Gebiete durchzog, nahm er ihn gefangen und tötete ihn samt vielen
von den Räubern" 2).
Durch diese Tat erwarb sich Herodes das besondere Wohlwollen des
römischen Statthalters Sextus Caesar und der syrischen Bevölkerung 3),
doch in J erusalem erwuchsen ihm große Schwierigkeiten. Die
vornehmen Juden verklagten ihn bei Hyrkan 11., die Tötung des
gefangenen Hiskia sei widerrechtlich erfolgt, sie hätte nur auf Grund
eines ordentlichen Gerichtsurteils geschehen dürfen.
...
Während der herodesfreundliche Tendenzbericht des Bellum den
Anschein gibt, Hiskia und seine Anhänger seien als gewöhnliche
Räuber zu Recht hingerichtet worden, lassen verschiedene Widersprüche 2) und die wohl aus einer antiherodianischen Quelle stammenden Ergänzungen der Antiquitates vermuten, daß die wahre
Sachlage der Darstellung des Nikolaus v. Damaskus nicht entsprach.
...
Man darf daher vermuten, daß Hiskia in eigener Sache kämpfte,
vielleicht hatte er mit Billigung sadduzäischer Kreise in Galiläa eine
Streitmacht gesamnlelt, um damit ein Gegengewicht gegen die
wachsende lvIacht des EdomitersAntipater und dessen Söhnezu bilden.
Daß Hiskia als messianischer Prätendent auftrat, bzw. von seinen
Anhängern als solcher verstanden wurde, ist unwahrscheinlich 5).
Dagegen war er wohl ein Mann von Rang und Einfluß und gehörte
vielleicht zu den von Alexander Jannaj in Galiläa angesiedelten Kleruchen.
("Martin Hengel", Die Zeloten, 1976, epub-Version Seite 319-322, Kapitel "DIE ENTWICK~LUNG DER ZELOTISCHEN BEWEGUNG")
"Josephus" verwendet die abschätzige Bezeichnung "Räuber" erstmalig für den Vorfall mit "Hiskia" und später für "die Zeloten".
Wichtig ist aber, dass es bei der Tötung des "Hiskia" zu einer Aufregung rund um die Rechtlichkeit ging.
Da liegt also etwas im Hintergrund, das ganz und gar nicht so "Räuberhaft" ist.
"Herodes" scheint hier eine zentrale Rolle als "Gegenspieler" eingenommen zu haben und das Volk hat sich (in Teilen, auch religiösen Teilen) darüber aufgeregt, was sich später fortgesetzt haben dürfte.
Ich habe da kein Problem, dies als erste Anzeichen der explodierenden Situation einzuordnen, insofern "1. Generation" geht in Ordnung, wir können dies aber auch gerne als "Entwicklungsstufe 1" bezeichnen – für mich muss es da nirgendwo um „Vererbung“ gehen.
perttivalkonen schrieb:Ja, es ist nicht einmal sicher, ob Judas der Galiläar wirklich jener Judas ben Ezechias ist. Judas der Gallier jedenfalls fällt nicht unter Herodes.
Ich bin nicht auf der Suche nach einer Familie. Ob die "Generationen" also untereinander tatsächlich verwandt waren, ist mir egal.
Wenn es um einen religiösen Hintergrund geht (was hier insgesamt der Fall ist), sind sie sowie alle "Brüder und Schwestern".
perttivalkonen schrieb:Nope. Nur mit der römischen Herrschaft hatten sie ihre Probleme. Unter Herodes gings lange stabil zu im Land. Je älter Herodes wurde, je dringlicher die Thronfolgefrage wurde, desto deutlicher zeichnete sich hinter den Streitigkeiten und Intrigen um die Nachfolge ab, daß hinter der Thronfolge fremde Mächte stehen, letztlich Rom. Rom und nur Rom war das Thema.
Falsch.
perttivalkonen schrieb:Dumm allerdings, daß dieser Termin weder bei Lukas noch bei Matthäus in der Geburtsgeschichte Jesu ne Rolle spielt.
Nein, das ist gar nicht dumm, sondern exakt Teil des Sinns.
Es steht für sich selbst und wird im Text nicht weiter kommentiert, schlicht weil jeder mit Einblick ins 1.Jhd. versteht, um was es geht.
Diese Angabe legt die Antwort fest, auf die Frage: für was steht die literarische "Jesus"-Figur?
Dass du mit der Geburtsangabe nichts anfangen kannst, zeigt, dass du auf dem Holzweg bist.
Das ist wie "Simon der Zelot".
Kein Kommentar, keine details, keine Konsequenz.
Der Anführer der Zeloten (dass es der Anführer "Simon" ist, macht durch das Fehlen von Details am meisten Sinn) wird einfach so als "Jünger von Jesus" dargestellt.
Die Theologen machen daraus "Simon hat die Seiten gewechselt", aber das steht hier nicht.
"Simon der Zelot" legt die Antwort fest, auf die Frage: für was steht die literarische "Jesus"-Figur?
Auch dass Jesus in die Wüste "gelenkt" wird, ist ein zentral wichtiges Detail, wenn man Einblick ins 1.Jhd. hat.
perttivalkonen schrieb:Ich setz hier grad voraus, daß für Dich 12 und 14 "authentisch" sind, damit Du gern mal aufzeigen darfst, wieso z.B. 15 da nicht zu passen, und Du hörst raus, der Pertti spricht ja ebenfalls nicht von 13? Weia!
Vielleicht erinnerst du dich, dass ich dich darauf hingewiesen habe, dass ich über 12, 13, 14 geschrieben habe und du dann mit 15 auftauchst.
Du hast darauf reagiert mit "
Also ich hatte Dich ja ne Weile lang nicht gelesen, daher weiß ich davon nichts.".
Bevor jetzt immer neue Textstellen vorgelegt werden, klären wir die Autoren innerhalb des Korinther-Textes an Hand von 12, 13, 14 ab.
Wie willst du es hindrehen, dass der/die Autoren von 12/14 nicht wussten, wo das gefährliche Ende eines Bleistifts ist (bei 12 fühle ich mich an "Die heilige Handgranate von Antiochia"-"Monty Python" erinnert) und der/die Autoren von 13 eine künstlerische Wirkung zum Wohlfühlen erzielen?
Dabei müssen noch nicht einmal die inhaltlichen Zusammenhänge zwischen 12, 13, 14 betrachtet werden.
perttivalkonen schrieb:Tscha: wenn man keine Ahnung hat, einfach mal... Unter den mehr als fünfhundert Brüdern wie unter den Aposteln alle sind auch Frauen.
Wie, unter den "500 Brüdern" sind auch Frauen?
Bei einer Frau spricht der Gläubige nicht von "Bruder" sondern von "Schwester".
Des Weiteren stuft der Text die "500 Brüder" nicht als Apostel ein. Das machst nur du, im Text steht das nicht drin.
Über den Text tauchen einfach nur 500 (mehr als 500!) Glaubenskollegen bezogen auf einen auffälligen Zeitpunkt auf - das ist alles, mehr ist nicht ausgesagt.
Diese Angabe fehlt in den Evangelien und im Korinther-15-Text steht nichts darüber, wie, wo, wann diese Männer zum Glauben gekommen sind.
Es steht für "die 500" nur drin, dass "ihr Sehen/Erkennen/WasAuchImmer des Auferstandenen" "auf einmal" stattfand und dass es von ihnen wohl noch "die meisten" geben soll.
Für die aktuelle Diskussion ist nur wichtig, dass im Gegensatz zu den Evangelien, im "Korinther"-Text aus dem Nichts heraus die Angabe einer beträchtlichen Glaubensgruppe (alles Männer!) auftaucht und das
direkt nach dem Untergang, noch vor "den Aposteln alle" (der Zeitpunkt ist in Korinther-15 festgelegt).
perttivalkonen schrieb:Ach ja, ne Gruppe der Siebzig gibts auch noch, so ne Art erweiterter engster Kreis direkt hinter den Zwölfen.
Nö, „erweiterter engster Kreis“ steht so nicht in "Lukas 10".
Es steht nur drin:
"Danach setzte der Herr zweiundsiebzig[1] andere ein und sandte sie"
Laut Text stand diese Mannschaft einfach zur Verfügung und wurde befehligt/abkommandiert.
Nach dem kurzen Auftritt sind sie dann auch einfach wieder "weg und unsichtbar".
Wirkt wie ein skrupellos hinein gehackter Textschnipsel und du machst daraus einen "erweiterten engsten Kreis, direkt hinter den Zwölfen".
Reichlich schräg, aber für unsere Diskussion ist auch hier nur wichtig, dass es Stellen im NT gibt, bei denen rund um die "Jesus"-Figur viele verfügbaren Leute "auftauchen und verschwinden" und du gezwungen bist, dir eine Hierarchieanordnung (die nicht im Text steht) einer grösseren Gemeinschaft auszumalen.
Da kommt es sozusagen zum "Aufblitzen von Details" einer grossen Gruppe.
Der Begriff "Wanderprediger" (ich setze ihn ja explizit nicht ein!) passt dann hinten und vorne nicht mehr, sondern die "Jesus"-Figur ist textuell plötzlich Teil einer komischen Gruppensituation: aus der kleinen Gruppe heraus stehen schlagartig viele "Bienchen" zur Verfügung.