Rigel92 schrieb:Es hat behauptet, dass D den PC unbrauchbar gemacht hat, damit er ausgetauscht wird. Nur diese Handlung wäre in Wirklichkeit tatrelevant. Dem widerspricht ganz klar, dass der PC wieder hochgefahrenen werden konnte und sogar sich wieder eingeloggt werden konnte (durch den objektiven Beweis von Log-Protokollen belegt). Der Admin sagt sogar, dass er noch Backups angelegt hat. Was soll denn das denn dann für Manipulation gewesen sein, die den Austausch zwingend machte?Hier fehlt es eben an Sachaufklärung, die Begründung ist in wesentlichen Punkten lückenhaft.
Es kommt für Tatrelevanz nicht darauf an, dass D. erfolgreich manipuliert hat. Es reicht, dass er es (erfolglos) versucht hat. Die Straftat, derer er angeklagt ist, ist ja nicht Sachbeschädigung.
Rigel92 schrieb:Aber wozu sind dann Urteilsbegründungen überhaupt gut, wenn sie auf schwerwiegenden Fehler und realitätsfremden Behauptungen beruhen?
Die schwerwiegenden Fehler sehe ich hier nicht. Und was "realitätsfremd" ist, ist nach meiner Erfahrung auch immer subjektiv. "Lebensfremd" nennen das die Gerichte. Dahinter verstecken sich dann zumeist (nicht unzulässige) subjektive Erwägungen, was denn nun "normal" ist und was nicht. Ebenfalls freie richterliche Beweiswürdigung. Sie hilft über so manche Beweislücke hinweg, sonst wären viele Verurteilungen einfach nicht möglich - auch in Fällen, die in der Öffentlichkeit völlig unumstritten sind.
Es ist auch schon rein praktisch nicht möglich, jedes relevante Detail bis ins letzte aufzuklären. Ich weiß nicht, wie viele Prozesstage es in diesem Fall gegeben hat. Es werden keine drei oder fünf gewesen sein. Auch hier hat das Gericht einen Spielraum, ab wann ein Sachverhalt ausreichend aufgeklärt wurde - und der Verteidiger entsprechend das Recht, weitergehende Beweisanträge zu stellen.
Rigel92 schrieb:Fehlerinnerungen können auch glaubhaft versichert werden, das ist die Schwierigkeit. Er kann nur das glaubhaft versichern, was er meint noch in Erinnerung zu haben, mehr nicht. Das Gehirn ist keine Festplatte, die Gesehenes unverfälscht abspielen kann.
Das ist klar. Zeugen sind die unzuverlässigsten Beweismittel, heißt es. Es gibt massenhaft psychologische Studien, wie Zeugen irren können. Aber was sollen wir machen? Darauf verzichten? Jede Zeugenaussage in die Tonne kloppen? Könnte sich ja GENERELL irren? Oder wie anno 1532 immer zwei gleichlautende Zeugenaussagen verlangen?
Letztlich ist die menschliche Erkenntnisfähigkeit immer begrenzt. Auch Gerichte können sich irren. Wollen wir sie nicht mehr Recht sprechen lassen?
Der Deal ist: Ist der Zeuge als Person glaubwürdig, also klar im Kopf, ohne Belastungsmotive, nicht blind, taub oder gar nicht anwesend gewesen, ist seine Aussage glaubhaft, d.h. schildert er seine Wahrnehmungen schlüssig, klar, nachvollziehbar und widerspruchsfrei und gibt es keine KONKRETEN objektiven Anhaltspunkte, die dagegen sprechen, tja, dann darf die Aussage verwendet werden. Das wird so seit rund 200 Jahren praktiziert und man kann sagen, dass es relativ wenige erwiesene Fehlurteile auf Grund irriger Zeugenaussagen gibt. Mir fällt jedenfalls keiner ein.