BoobSinclar schrieb:Ich habe noch keine schlüssige Theorie darüber gehört, warum Darsow seinen PC aufschraubt, wenn er nicht der Täter ist.
Ganz einfach - weil das bei einem meiner MacPros immer so war -: Das CD-Laufwerk verschluckt eine CD und wirft sie nicht mehr aus. Also Klappe auf, irgendwie - mit Schraubenzieher - am Auswurf rumgefummelt. Und irgendwann spuckt das Laufwerk die CD aus. D. hat - denke ich - dergleichen nicht vorgebracht. Aber es wäre schlüssig.
V.a. zusammen mit dem Umstand, dass D. dies bei geöffneter Türe tut, also nicht klandestin. Das spricht gegen die Vertuschung einer Straftat. Man müsste ja eigentlich annehmen, dass er vermeidet, beobachtet zu werden.
Dagegen könnte ich aber wieder einwenden, er könnte in Panik gehandelt haben, als ihm nach der Tat klar wurde, er könnte doch Spuren auf seinem PC hinterlassen haben. Und auffällig ist ja schon, dass ein potentielles Werkzeug zur Vorbereitung der Tat - der PC - kurz nach der Tat in die ewigen Jagdgründe wanderte. Wobei die vorgebrachten Gründe jetzt nicht auf Hardware-Probleme schließen lassen.
Man kann das so oder so werten.
Rigel92 schrieb:Wenn die übrigen Indizien wirklich ausreichend sind, dass ohne dieses Indiz auch zur Überzeugung ausreichen, dann kann man das so formulieren
Nun ja. Es ist ja streng genommen eine Hilfstatsache für Nachtatverhalten. Die Zeugenaussage wird im Licht einer konkreten Feststellung betrachtet, nämlich die, dass D. nach dem Schalldämpfer gegoogelt und die Anleitung ausgedruckt hat. Du zitierst das Urteil (S. 246) wie folgt:
Rigel92 schrieb:Wenn aber daher feststeht, dass der Angeklagte tatsächlich an seinem damaligen Rechner, von dem wie dargetan und festgestellt die Recherchen und der Ausdruck im Hinblick auf die BauanJeitung erfolgten, kurz nach der Tat „herumhantierte" , kann daraus nur der Schluss gezogen werden, dass er den Rechner damals so manipulierte, dass dieser - zumal er bereits alt war und schon früher Probleme machte - endgültig nicht mehr funktionierte und daher entsorgt werden musste, was letztlich auch so geschah.
Es zieht ausdrücklich aus dieser bereits festgestellten Tatsache "den Schluss", dass D. durch "Herumhantieren" mit dazu beitrug, dass der PC entsorgt werden musste. Und da müssen wir schon feststellen, dass die Tat, die zeitliche Nähe des "Herumhantierens" und der Entsorgung des PCs zumindest verdächtig ist, wenn die Feststellung "steht", dass D. an diesem PC nach dem Schalldämpfer recherchiert und die Bedienungsanleitung ausgedruckt hat.
Rigel92 schrieb:Das zeigt der auch im Hanna W.-Fall erwähne Pistazieneis-Fall.
Gerichte urteilen fehl. Am krassesten für mich der Fall "Gendetzki", wo es eigentlich nicht mehr als ein einziges wackeliges Indiz gab (leichte Hämatome am Kopf, die auch beim Sturz in die Wanne verursacht worden sein können) und das Gericht den ganzen Rest nur auf Annahmen gestützt hatte. Übrigens: Ein ganz anderes Urteil als hier.
Rigel92 schrieb:Mindestens in einem sind wir doch auch gleicher Ansicht, wir hätten die vermeintliche Manipulation weggelassen.
Nun, die Überzeugungsbildung findet im Gerichtssaal statt, nicht beim Studium des Urteils. "Inbegriff der mündlichen Verhandlung" heißt es bei der freien richterlichen Beweiswürdigung. Das schriftliche Urteil legt die tragenden Gründe der Überzeugung dar, aber es muss nicht zwingend jeden Leser überzeugen. Die mündliche Urteilsbegründung ist zudem vom Duktus völlig anders. Ich weiß nicht, wie ich das als urteilender Richter betrachtet hätte, die Sache mit dem PC.
Wie gesagt, ich fand das nicht zwingend, aber diesen Schluss zu ziehen, das ist nicht unzulässig. Man kann hier auch nicht verlangen, dass dazu noch fünf weitere Zeugen angehört und ein weiterer Gutachter beauftragt wird, es nicht vielleicht noch andere Gründe gegeben hätte, dem PC an den Deckel zu gehen. Dann hätten sich die Prozesstage schnell verdoppelt. Für eine Tatsache, die zwar belastend ist, aber die Schuldfrage nicht wesentlich berührt.
Rigel92 schrieb:Unsere Diskussion ist hier sicher etwas akademischer Natur. In Wirklichkeit kann man eine Fehlerinnerung nie ausschließen, welche anderen Umstände fast schon nahelegt.
Freilich. Gerade die Fehlerinnerung ist halt immer möglich. Theoretisch.