Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre
02.02.2019 um 11:27Anzeige
Skupin schrieb:D.h. ziehe ich den Arretierungsstift fällt der aufgerollte Gürtel unweigerlich nach unten. Um die Muffe samt Gürtel dann wieder aufstecken zu können, müsste man das gerade Rohr rausziehen, umdrehen - vorher die Muffe wieder passgenau aufstecken - und alles wieder "auffädeln".Wenn ich es richtig verstanden habe, ist doch der Gürtel im Deckelinneren eingerollt gewesen und der Arretierstift fixiert die Rolle, oder? D.h. wenn man sich ein 2.Rohr mit kleinerem Durchmesser vorstellt, könnte man es auch in die Rolle „stecken“, dann hätte man einen „Stopfen“.
2r2n schrieb:Das ist der Hauptpunkt. Denn wenn es NACHWEISBAR ist, dass ein Lüfter eingebaut war, wäre die Todesursache Übersedierung durch Lachgas ohne Sauerstoffbeimengung die einzig mögliche Erklärung. Und dann läge bedingter Vorsatz vor, was ein Mordmerkmal ist und die Verjährung wäre kein Thema mehr. Das könnte die Staatsanwaltschaft dann doch in die Lage versetzen, ihr Versteckspiel zu beenden.Ich verstehe ja, dass ohne "bedingen Vorsatz" der Fall aus juristischer Sicht (außer für Herrn Mazurek) für immer abgeschlossen ist.
ErwinKöster schrieb am 29.04.2018:Offensichtlich waren das "voluntative Vorsatzelement" und die geprüften Umstände der Tat nicht ausreichend für eine Mordanklage. Die Anwältin von 2r2n beantragte ja eine Mordanklage, mit dem Argument dass das Einsperren eines Kindes in einer unterirdischen Kiste sowie die dilettantische Belüftung ein derartiges Maß an objektiver Sorgfaltverletzung offenbarte, das für bedingten Vorsatz ausreichen würde. Das Gericht sah das als nicht ausreichend an.Darüber hinaus kann Herr Mazurek wegen Mordes sowieso nicht mehr belangt werden. Aber es gibt im Moment keinen neuen Tatverdächtigen. @2r2n hat wohl Hinweise auf einen jugendlichen Täterkreis.
Anders ausgesehen hätte es wenn man hätte nachweisen können, dass die (vermutliche) absichtliche Überdosierung mit Lachgas ebenfalls ursächlich für den Tod des Opfers gewesen wäre und die Motivation dafür gewesen wäre das Opfer möglichst lange ruhigzustellen. Die "Billigung" hätte sich aus der zusätzlichen Tatsache ergeben, dass die Belüftungsanlage im Prinzip primär als Absorptionsschalldämpfer konzipiert war und die Endrohre zur Tarnung/Schalldämpfung mit Erde verstopft wurden. Diese Anhäufung hätte meines Erachtens für Mord ausgereicht.
ErwinKöster schrieb am 29.04.2018:Die Prüfung, ob Vorsatz oder (bewusste) Fahrlässigkeit vorliegt, erfordert insbesondere bei Tötungs- oder Körperverletzungsdelikten eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände, wobei es vor allem bei der Würdigung des voluntativen Vorsatzelements regelmäßig erforderlich ist, dass sich der Tatrichter mit der Persönlichkeit des Täters auseinandersetzt und seine psychische Verfassung bei der Tatbegehung sowie seine Motivation und die zum Tatgeschehen bedeutsamen Umstände - insbesondere die konkrete Angriffsweise - mit in Betracht zieht (BGH, Urteile vom 18. Oktober 2007 - 3 StR 226/07, NStZ 2008, 93 f.; vom 27. Januar 2011 - 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 702; vom 22. März 2012 - 4 StR 558/11, BGHSt 57, 183, 186 f.; vom 13. Januar 2015 - 5 StR 435/14, NStZ 2015, 216 jeweils mwN). Diese Gesamtschau ist insbesondere dann notwendig, wenn der Tatrichter allein oder im Wesentlichen aus äußeren Umständen auf die innere Einstellung eines Angeklagten zur Tat schließen muss (vgl. etwa BGH, Urteil vom 13. Dezember 2005 - 1 StR 410/05, NJW 2006, 386 f.). Sie ist lückenhaft, wenn der Tatrichter sich mit wesentlichen, den Angeklagten belastenden Umständen nicht auseinandersetzt, die für die subjektive Tatseite bedeutsam sind (BGH, Urteil vom 8. September 2011 - 1 StR 38/11, NZWiSt 2012, 71 f.)
JosephConrad schrieb:Ich habe @ErwinKöster so verstanden, dass man dafür sowohl die Überdosierung mit Lachgas, als auch ein fehlendes Belüftungssystem in der Kiste braucht:Ich habe es eher so verstanden, dass das fehlende Belüftunggssystem allein keinen bedingten Vorsatz begründet, die Überdosierung aber schon. Wenn es nun ein funktionierendes Belüftungssystem gab, wäre damit erwiesen, dass sie an einer Überdosierung starb.
MaxiM3838 schrieb:Hier die Bilder...Schönen Dank für die Bilder des des Radios. Die eingeprägte FTZ-Nummer und die Artikelnummer sind mit dem Radio aus der Kiste identisch. Deshalb sollte es dieselbe Ausführung sein. Hattest du nicht geschrieben, dass dein Radio aus Österreich stammt? In dem Zusammenhang ist die FTZ-Nummer (Fernmelde-Technisches Zentralamt) für Deutschland bemerkenswert. Von einer Seriennummer des Kistenradios ist nichts bekannt.
panta_rhei schrieb:Panasonic ASFN44791 Axiallüfter 12 V/DC 7.2 m³/h (L x B x H) 40 x 40 x 10 mmErst nachdenken, dann schreiben ;) Ein quadratischer Lüfter von 4 x 4 cm passt weder in ein Rohr mit 4 noch mit 5 cm Durchmesser. Seine Diagonale beträgt nämlich 5,6 cm. Außerdem hatten die Täter keine Conrad-Filiale von 2018. Solche Mikro-Ventilatoren waren 1981 nur bei speziellen Distributoren für die Industrie erhältlich. Die hätten aber Name und Anschrift des Bestellers registriert.
panta_rhei schrieb:Ich habe es eher so verstanden, dass das fehlende Belüftunggssystem allein keinen bedingten Vorsatz begründet, die Überdosierung aber schon. Wenn es nun ein funktionierendes Belüftungssystem gab, wäre damit erwiesen, dass sie an einer Überdosierung starb.Aber:
ErwinKöster schrieb am 29.04.2018:Die "Billigung" hätte sich aus der zusätzlichen Tatsache ergeben, dass die Belüftungsanlage im Prinzip primär als Absorptionsschalldämpfer konzipiert war und die Endrohre zur Tarnung/Schalldämpfung mit Erde verstopft wurden. Diese Anhäufung hätte meines Erachtens für Mord ausgereicht.
robernd schrieb:Erst nachdenken, dann schreibenDas finde ich auch 😉
robernd schrieb:Ein quadratischer Lüfter von 4 x 4 cm passt weder in ein Rohr mit 4 noch mit 5 cm DurchmesserDie Axiallüfter gibt es auch in rund, mit verschiedensten Durchmessern von 3, 4, 5 , ... cm, in rund und eckig, je nach Einsatzort.
robernd schrieb: Sein Trägerrohr müsste mindestens ein großes seitliches Loch (auch 4 cm) habenDas halte ich nun wirklich für machbar, da ein Loch anzubringen. Habe ich aber eigentlich alles schon geschrieben...
robernd schrieb:Eine schwere Batterie auf dem Kistendeckel, unter der Schutzhaube behindert das Öffnen der Kiste, außerdem wird die Ventilator-Zuleitung durch den Haubendeckel eingeklemmt.Wie o.g. gehe ich nicht davon aus, dass die Täter vorhatten, den Kistendeckel wieder oder gar mehrfach zu öffnen. Wozu hätten sie das tun sollen? Damit sie gesehen werden?
panta_rhei schrieb:Wie o.g. gehe ich nicht davon aus, dass die Täter vorhatten, den Kistendeckel wieder oder gar mehrfach zu öffnen. Wozu hätten sie das tun sollen?Zumal die obenliegende Batterie ja auch eine weitere Funktion hatte: Er beschwerte den untenliegenden Deckel zusätzlich, so das das Kind in der Kiste nicht mehr daran rappeln konnte.
robernd schrieb:Die Diskussion über den Ventilator nervt schon ziemlich. Je weiter sie fortschreitet, desto mehr widerlegt sich die Ventilator-Theorie selbst. Es deutet absolut nichts auf einen Ventilator oder eine Batterie zu dessen Betrieb hin.Bitte was? Die Diskussion "nervt"? Ich kann nur anmahnen sich nicht für das größte Technikgenie aller Zeiten zu halten und hier mit Respekt, Offenheit und auf Augenhöhe zu diskutieren. Es gibt hier etliche Nutzer mit technischem Sachverstand und sie haben ganz konkrete Argumente. Wir saugen uns hier nichts aus den Fingern.
AnnaKomnene schrieb:Hypothetische Luefter helfen nicht weiter. Es gab ganz einfach keine Anzeichen dafuer.Puuh... wie oft willst Du das jetzt noch wiederholen? Meine Güte... die Anzeichen dafür sind doch wirklich offensichtlich!
AnnaKomnene schrieb:Wenn hier jemand die Kiste nachbaut, dann waere der wichtigste Punkt nachzumessen, ob sich das CO2 in der Kiste unten ablagert, wenn eine Person drinnen sitzt, die Waerme produziert und durch die Atmung die Kiste durchwirbelt. Das ist der Nachweis, den wir aus medizinischer Sicht brauchen.Das ist nicht Sinn und Zweck des Kistenbaus. Es geht um die Lüftungsinstallation und die entsprechende Luftumwirbelung bzw. das Gesamtsystem.
AnnaKomnene schrieb:Bist Du sicher, dass das kein Nachbau ist?Ich glaube, wir hatten die Frage schonmal vor einigen Monaten und wenn ich mich nicht irre, ist die Kiste bei xy entweder original oder originalgetreu nachgebaut. Wenn man sich die Bilder von 1981 ansieht, finde ich: der Nachbau, den man beim Prozess ausstellte, ist in vielen Punkten sehr abweichend von der originalen Kiste, v.a. die Rohre.
SirMarvel schrieb:- Es gibt Bohr- und Schraubstellen an den Rohren, deren Funktion bisher unergründet warUm mal Punkt fuer Punkt zu antworten:
- Es gibt einen Spalt im oberen Deckel für die Kabeldurchführung
- Es gibt einen Kratzer am oberen Deckel, exakt an der Stelle der vermuteten Batterieklemme
- Es liegt auf der Hand die technische Installation oben wartbar zu haben, da bei Barbara Mackle genau das schiefgegangen war
- Der Deckel ist exakt so hoch, das er die Autobatterie verstecken kann
- Es ist hinsichtlich des Gesamtaufwands des Unterfangens nicht erwartbar das die Belüftung einfach "vergessen" wird.
AnnaKomnene schrieb:- durch die Bohrstellen wurde ein Stift gesteckt, auf dem eine Rolle Guertel und Stoff aufgespiesst war, vermutlich zur SchalldaemmungDas ist falsch, denn es gab 4 Bohrstellen auf unterschiedlichen Höhen mit jeweils 2 gegenüberliegenden Löchern. Dazu gab es drei leere Schaublöcher, hinter denen nichts mehr befindlich war. D.h. hier wurde etwas abgeschraubt. Das es sich dabei um den Lüfter - auf den alles hindeutet - handeln kann, sollte naheliegen.
AnnaKomnene schrieb: der Spalt koennte alle moeglichen Gruende haben. Fuer ein Kabel wuerde ein einfaches Loch ausreichen, oder eine Kerbe.Jetzt machst Du es Dir aber einfach :D Es ist vollkommen irrelevant was "ausreichen würde". Für den Täter war es viel einfacher ein kürzeres Brett zu verbauen als ein Loch zu bohren. Mit dem Spalt war er flexibel in der Kabelführung. Es war die intelligenteste Lösung.
AnnaKomnene schrieb:- Du gehst davon aus, dass die Batterieklemme oben auflag?? Bei Naesse keine gute IdeeJetzt komm schon - der Deckel war mehrfach abisoliert wie wir wissen. Mit Bitumen UND einem zweiten Anstirch aus Silberbronze!! Außerdem gab es ja noch 9mm Platz für eine entsprechende Abdeckung der Pole.
Bitumen wird schon seit Jahrhunderten in verschiedensten Formen als Abdichtmaterial verwendet. Es ist bis heute ein vielseitigstes und flexibles Mittel geblieben. Wo Bitumen in welcher Form überall eingesetzt wird, und wie man es richtig verwendet, lesen Sie in diesem Beitrag.Quelle
AnnaKomnene schrieb:- Haette es eine Lueftung gegeben, wofuer es keine Anzeichen gibt, dann haette man sie besser einfach erreichbar gestalten sollen. Das stimmt. Aber nicht unbedingt oben, das das waere unbequem.Das wäre "unbequem"? Das ist ja ein hervorragendes Argument. Es ist unbequem nur den Deckel öffnen zu müssen um dann die Batterie tauschen zu können? Bequemer geht es eigentlich nicht; es sei denn man baut einen Stromkasten oben neben die Kiste ;)
AnnaKomnene schrieb:- andere Dinge haben sie auch nicht besonders gut hinbekommen und geplant, zB die Kommunikation.Das ist eine Sache an die Du Dich seit Jahren festklammerst. Für Dich waren die Täter immer Vollidioten, die nichts auf die Reihe bekommen haben. Das dem nicht so war und die Täter sehr viel mehr geplant hatten, hat mittlerweile selbst robernd eingesehen. Bei Teilen der Tat hat es sicherlich im Detail Probleme gegeben, aber wir reden hier ja auch nicht von einem Einzeltäter, sondern eher von einer Gruppe. An der technischen Installation der Kiste hat zumindest kein Vollidiot gesessen.