AusLeipzig schrieb:Manche Sachen, die hier zu lesen waren, wirkten auf mich so als wäre es quasi unmöglich Befangenheit festzustellen. Zugleich scheint mir Befangenheit ähnlich zu bestimmen Sachen, die sehr wohl festgestellt werden.
Aber dann stelle es Dir doch einfach mal anders herum vor:
Für die Festnahme und Verurteilung wegen einer Straftat würde die bloße "Besorgnis" reichen, dass derjenige ie begangen hat und eine objektiv nachvollziehbare Begründung, dass er es gewesen sein könnte und welches Motiv er hatte würde schon ausreichen. Das wäre doch eine extrem niedrige Schwelle, so das jeder Kriminalfall ziemlich schnell "geklärt" werden könnte.
Und auf der anderen Seite müsste ein Angeklagter beweisen, dass ein Richter ihm gegenüber befangen ist. Da das in den allerseltensten Fällen gelingen würde, (eben weil es nicht Beweisbar ist, sondern es höchstens Anzeichen gibt, die dazu Sorge aufkommen lassen) könnte man fast keinen Richter ablehen, sondern nur die die sich ganz offensichtlich parteiisch positionieren und das auch zugeben.
Im Endeffekt kann man sich das doch so vorstellen, dass beides, zum einen Besorgnis der Befangenheit und zum anderen ein nur auf Indizien und nicht auf einem Geständnis basierende basierende Mordanklage und verurteilung (Mord als Beispiel, weil es hier bei den Mordmerkmalen eben oft wesentlich auf die inneren Motive ankommt) auf der gleichen Skala eines "ausreichenden Nachweises" liegt, der von leicht bis schwer verläuft.
Auf der einen Seite reicht die bloße Besorgnis der Befangenheit aus. Es muss nur nachvollziehbar sein, warum ein Angeklagter diese Besorgnis haben könnte. Es können sehr große und weit überwiegende Zweifel bestehen bleiben, ob der Richter wirklich befangen ist, das spielt alles keine Rolle, die Schwelle für die Schwergewichtigkeit der Indizien, die jemand anführen muss, um seine Sorge zu begründen, ist sehr gering, damit er damit Erfolg hat. Ein begründeter Zweifel an dessen Unparteilichkeit reicht aus, um einen Richter ablehnen zu können.
Und auf der anderen Seite liegt halt die "erfolgreiche" Verurteilung, bei der deutlich mehr in die Waagschale geworfen werden muss. Hier gilt das andere Extrem: nach Würdigung aller Beweise und Indizien darf kein vernünftiger Zweifel überig bleiben, dass es so gewesen ist und der zu Verurteilende die Tat auf eine bestimmte Weise und aus einem bestimmten Motiv heraus begangen hat. Bleiben am Ende vernünftige, gut begründbare Zweifel ist frei zu sprechen.
Im endeffekt geht es um das gleiche Problem: man kann Leuten nur vor den Kopf schauen und wenn sie wollen, können die gar nicht oder etwas falsches dazu aussagen oder sich der Gefühle und Konsequenzen gar nicht bewusst sein, so dass sie dazu gar nichts erhellendes beitragen können. Beide Regelungen sind zu Gunsten des Bürgers bzw. des Angeklagten getroffen, der sich von einem Rechtsstaat nicht alles gefallen lassen muss. Die Hürde, einen gerechten Prozess mit unparteiischem Richter zu bekommen, ist deshalb relativ niedrig. Die Hürde dagegen, ihn wegen einer Straaftat zu verurteilen, dagegen extrem hoch.