AusLeipzig schrieb:Welche wichtigen Zeugen haben ihre Aussagen denn falsch ausgeschmückt, damit sie glaubwürdiger wirkt?
Meiner Meinung nach, gibt es da mehrere Beispiele, aber zum Beispiel hat Lea ihre "Täterwissen"-Aussage (mal abgesehen davon, dass ich gar nicht davon ausgehe, dass das Tischtennisspielen am 03.10. stattgefunden hat) ausgeschmückt, indem sie noch zusätzlich eine Beschreibung der geschockten Reaktion der anderen lieferte und erklärte die Bemerkung von ST sei hinterher besprochen worden, das dann aber auf Vorhalt relativiert hatte, da niemand ihre Aussage bestätigt hatte. Falls sich Leas Aussage doch noch bestätigen würde, könnte man sicherlich argumentieren, dass sie von sich auf die anderen schloss, also einfach vermutete, dass die anderen geschockt reagiert hätten, weil es ihr auch so ging. Aber dafür, dass nur sie eine Erinnerung an die darauffolgende Besprechung haben will, fällt mir keine andere Erklärung ein, als dass sie das nur als Ausschmückung erwähnte, weil sie glaubte, dass das eine entsprechende Reaktion auf eine derartige Bemerkung sei.
Bei Verenas Aussage denke ich bei Ausschmückung zum Beispiel an die Hoodie-Geschichte, es kann schon sein, dass ST am Tag des Spazierens einen Hoodie getragen hat, auch dass er sonst nicht häufig einen trägt. Aber, dass sie das energisch herausgestrichen hat, sollte meiner Meinung nach einen Zweck erfüllen. Sie wollte mM nach beim Gegenüber den Eindruck erwecken, dass ST am Spaziertag nicht nur einfach so „Täterwissen“ preisgab, sondern sich insgesamt komisch verhalten habe.
Beim Knastzeugen denke ich da unter anderem daran, dass er berichtete, H hätte ST im Vorfeld bekorbt. Ich gehe davon aus, dass es dem Knastzeugen nich wahrscheinlich genug erschien, dass sich ST beim Joggen ein so großes Zufallsopfer ausgescuht haben soll und deshalb hat er seine Aussage um ein, für ihn selbst nachvollziehbareres, Motiv (Rache) erweitert/ausgeschmückt. Ich glaub einfach nicht, dass sich in diesem Punkt alle anderen Zeugen irren, wenn sie sagen, ST habe H nicht gekannt.
AusLeipzig schrieb:Sonst wäre quasi jede Aussage im Polizeiverhör latent unfreiwillig.
Da im Normalfall die Vernehmung schon nicht ganz freiwillig ist, kann man schon davon ausgehen, dass auch die Aussagen latent unfreiwillig sind. Zusätzlich sollte man auch immer im Hinterkopf haben, dass eine Aussage bei der Polizei eine Ausnahmesituation darstellt, die verschiedenste Gefühle von Stress, Angst, Druck und Trauer hervorruft.
AusLeipzig schrieb:Das Wort "Veruteilungsquote" kommt da leider nicht vor.
Mit der selbst erwarteten Verurteilungsquote wollte ich ihre Befangenheit überbetonen;
Ich wollte die Hypothese aufstellen, dass sie, da befangen, sich schon frühzeitig für einen Schuldspruch entschieden hatte und diesen dann schon in ihre mentale Verurteilungsquote (Quotient zwischen Verurteilung und Freispruch) aufgenommen hatte. Aussagen die einem Schuldspruch entgegen standen, widersprachen dann ihrer Erwartung. Ganz ehrlich was verstehst du denn unter Befangenheit oder fehlender Neutralität?
Für mich ist es nun Mal ein Zeichen von Befangenheit, wenn man wiederholt sauer auf Aussagen reagiert, die nicht wie erwartet vorgetragen werden.
Dass die Richterin zurecht sauer wäre, weil es verwerflich wäre, dass er so etwas für die Freundin Traumatisches vergessen würde, würde voraussetzen, dass die Richterin schon beschlossen hätte, Lea zu glauben (Verena konnte sich an die Messergeschichte in ihrer ersten Aussage im Prozess selbst nicht mehr erinnern), was vor Ende der Beweisaufnahme wieder eine Zeichen von Befangenheit wäre (Vorsicht Konjunktiv, ich behaupte nicht, dass das so gewesen ist!)
Einer Richterin sollte es doch während dem Prozess recht egal sein, was bei der Polizei ausgesagt wurde. Ihr Job ist es ja nicht zu überprüfen ob sich die Aussagen bei der Polizei und die vor Gericht möglichst decken, sie ist auch nicht verantwortlich dass die Zeugen möglichst ehrlich zu Polizisten sind, sondern sie soll nur anhand der Beweismittel (auch Zeugenaussagen) die im Prozess vorgetragen werden entscheiden. Nur wenn auch die Vernehmungsbeamten als Zeugen geladen werden (somit zu Beweismittel werden) und im Prozess sagen, dass die Aussage bei ihnen und im Prozess sehr unterschiedlich ist, kommt das Gericht in die Verantwortung den Grund für die Diskrepanz rauszufinden oder zu entscheiden welcher Zeuge glaubwürdiger ist. Aber auch das ist halt ihr Job und kein Grund sauer zu werden.
Bitte erkläre mir, was eine wirklich neutrale Richterin für einen Grund haben könnte, sauer auf die Aussage von R zu reagieren.
AusLeipzig schrieb:In Bezug auf das Wort bin ich hauptsächlich der Meinung, dass man nicht einfach so tun kann als stünde da das Wort "vorstellen".
Ich möchte dir hier Recht geben, ich hätte die beiden Ausdrücke „glaubte“ und „das kann auch sein“ nicht zu „vorstellen“ zusammenfassen/umdichten sollen. Für mich ist da kein großer Unterschied, für dich offenbar schon.
Dennoch halte ich es, wie auch schon
@Rigel92, für wichtig herauszustreichen, dass laut Prozessbericht R angab „Kenntnis zu haben“ und auf Nachfrage „auch glaubte, dass es ihm erzählt wurde“ und eben nicht wie du mehrfach geschrieben hast, dass er angab, er glaube Verena habe ihm das erzählt
Spoiler
AusLeipzig schrieb:Wenn mich jemand fragt, ob eine gute Freundin mir innerhalb der letzten zwei Jahre erzählt hat, dass ihr jemand ein Messer an den Hals gehalten hat, dann weiß ich ob das passiert ist. Hundertprozentig.
AusLeipzig schrieb:"Freundin erzählt, dass sie mit Messer bedroht wurde"
. Ich würde dir schon darin zustimmen, dass ein Zwiegespräch mit dem Opfer über eine Messerbedrohung potentiell im Gedächtnis bleiben müsste, da sie ihm aber offensichtlich nicht im Gedächtnis geblieben ist, wird es dieses Gespräch vielleicht einfach nicht gegeben haben.
AusLeipzig schrieb:Ich habe kritisiert, dass man den Zeugen zu einem der besten Zeugen des Verfahrens erklärt und die Richterin verdammt
Ich habe hier gar nichts erklärt, ich habe ausgeführt, warum ich R für einen der besten Zeugen halte und warum ich die Richterin für befangen halte.
Du kannst gern anderer Meinung sein, aber wie kommst du denn dazu zu kritisieren, wen ich für einen guten Zeugen halte und ob ich die Richterin für befangen halte.
abgelenkt schrieb:Ein Argument für Wortprotokolle oder Videoaufzeichnung im Strafprozess (Wunschdenken).
Ich fände es ja auch super, wenn es eine Live-Übertragung aus dem Gericht gäbe, wie in den USA.