Origines schrieb:Die Sache ist deshalb so vertrackt, weil man die Einlassungen von T. glauben kann oder nicht. Und den Zeugenaussagen glauben kann oder nicht. Das aktuelle Gericht scheint mehr die Widersprüche herausarbeiten zu wollen, zudem arbeitet natürlich die Zeit für den Angeklagten, weil sich Zeugen schlechter erinnern, von Aussagen abweichen, die sie vor eineinhalb oder zwei Jahren gemacht haben.
Nein, die Zeit arbeitet nicht automatisch für den Angeklagten. Auch für entlastende Zeugenaussagen entsteht das gleiche Problem.
Wenn man hier wirklich den Fall verfolgt hat, dann erkennt man, dass die Gründe für das Fehlurteil und der U-Haft anders gelagert war.
Das Erinnern an Zeiten ist eine große Schwierigkeit für einem Menschen. Wenn dann können sie anhand bestimmter Merkmale Zeiten rekonstruieren. Wann etwas genau geschehen ist, ist meistens für einem Menschen uninteressant, es ist nur wichtig sich daran zu erinnern, was geschehen ist. Und auch letzteres ist abhängig von der Wichtigkeit der Information.
Gestern wurde es mehr als deutlich, wie die Rekonstruktion dieser Zeiten in diesem Fall funktioniert hatten. Der Zeuge wusste aus uns noch nicht erklärbaren Gründen, dass ein Geschehen an einem Montag war. Da er normalerweise am Montag wohl keine Zeit hat, rekonstruiert er, dass es ein Feiertat gewesen sein muss. Jetzt gibt es nun mal nicht nur ein Feiertag im Jahr sondern mehrere. Das heißt die zeitliche Zuordnung hat trotzdem große Unsicherheiten. Man müsste daher immer nachfragen, wie sie auf diese Zeit kommen und sie damit konfrontieren, ob es nicht auch der andere Feiertag gewesen sein könnte.
Im vorliegenden Fall war es sogar noch einfacher, die objektiven Daten zeigten in Wirklichkeit, dass diese zeitlichen Zuordnungen mit hoher Wahrscheinlichkeit gar nicht stimmen konnten. Dazu solltest Du die entsprechenden Gegenüberstellungen von
@rabunsel und die zeitnahen WhatsApp-Nachrichten einfach mal berücksichtigen.
Was dann noch hinzu kam, dass diese ganzen belastenden Sachen von nur einer Gruppe kamen, welche ständig zusammen waren. Es gab zu den "belastenden" Tatsachen nichts, was von dieser Gruppe unabhängig war. Heute wissen wir, dass diese Gruppe von den Medien manipuliert worden waren und sich so nicht getraut hatten, fehlerhafte Daten den Ermittlern gegenüber zu korrigieren. Auch sonst wird die manipulation der Medien ihr übriges getan haben.
Aus meiner Sicht müssten Ermittler, STA und auch Gerichte in so etwas weitaus besser geschult sein. Zeitliche Angeben müssen immer hinterfragt werden. Die Ermittler kannten diese Widersprüche, hatten es aber nicht an die StA und damit an die Gerichte weiter gegeben. Bei einer korrekten Vorgehensweise wäre es wahrscheinlich nie zu einer Anklage gekommen und der Angeklagte wäre spätestens im Dezember 2022 aus der U-Haft entlassen worden!
Weitere Versäumnisse erfolgten hier, so war die Liste der anderen Beschuldigten/Verdächtigten nicht in die Akte gelegt worden. So hatte weder die Verteidigung, StA noch das Gericht sich keinen wirklichen Überblick über die alternativen „Täter“ verschaffen können.
Auch in dem ersten Verfahren sind diese Umstände nicht hinterfragt worden, obgleich es schon viele Widersprüche gab. Auch der vermeintliche Tatort hätte nach alternativen Tätern in Wirklichkeit geschrien. Dass da nicht nachgehakt wurde ist und bleibt ein ganz schweres Versäumnis des damaligen Gerichts.
Wie man sieht ist die sogenannte „frei richterliche Beweiswürdigung“ nicht das Allheilmittel für das alles. Das Problem in unserem System ist vielmehr, dass das ganze System auf Basis von „Learning bei doing“ basiert. Dadurch ist das Ergebnis eher zufällig, wenn man einen Fall vor sich hat, bei dem es keine objektiven Beweise gibt und das darf nicht sein. Das gleiche Problem hatte übrigens auch der Fall Rupp, da wurden die Angeklagten sogar noch zu falschen Geständnissen getrieben. Der Badewannenunfall ist da etwas anders gelegen, weil man glaubte objektive Beweise zu besitzen, dass kein Unfall vorlag und in diesem Fall fast ausschließlich G in Frage kam. Wobei es auch hier schon einen Stunt gab, der die Lage in der Badewanne schon erklärt hätte, aber das damalige Gericht wollte davon nichts wissen.
Man kann sich nur mit einem trösten, in den meisten Fällen gibt es genügend objektive Beweise. Aber ich wage nicht an den nächsten Fall zu denken, bei dem erneut objektive Beweise fehlen. Die Justiz muss an solchen Fällen lernen.
Aus meiner Sicht wäre es daher verfehlt, jetzt schon das Verfahren zu beenden. Der Lerneffekt wäre wäre wahrscheinlich nur minimal. Ich glaube, dass man in diesem Fall einen Unfall dann mindesten als wahrscheinlicher sehen wird als ein Tötungsdelikt, vielelicht wird man ihn sogar beweisen können. Der "Notruf", auf den sich so viele hier gestützt hatten, hat mittlerweile einen andere Erklärungsmöglichkeit. Die ursprüngliche ist eher als absurd anzusehen.