Hanna W. tot aus der Prien geborgen
24.11.2025 um 18:59Eher mehr in den kleinen Fällen.fassbinder1925 schrieb:Wir haben in Deutschland sicher massenhaft Fehlurteile, auch in kleinen Fällen.
SpoilerIch war mal selbst angeklagt. Obwohl ich unschuldig war, ich hatte nichts gesehen und gehört. Aber man glaubte mir nicht. Ich fühlte mich in eine Schublade gesteckt, die Maschinerie läuft, und dann kommt man da nicht mehr raus. Deshalb habe ich mich verdammt oft gefragt, ob es T. ähnlich ergangen war (m.E. negativ). In meinem Fall wurde jedenfalls das Verfahren gegen Zahlung einer vierstelligen Summe eingestellt. Die entsprach etwa 30 Tagessätzen. Teurer Spaß.
In Deutschland gibt es bei schweren Straftaten nur eine Tatsacheninstanz, die sich mit dem Fall dann viel intensiver beschäftigt, als Kleinkriminalität, die an Amtsgerichten im 30-Minutentakt terminiert werden. Gut, da kann man in Berufung gehen.
Es stellt sich trotzdem die Frage, ob diese eine Instanz bei Mord richtig ist. Gerade bei Eventualvorsatz, wo die Grenze zwischen Mord und fahrlässiger Tötung auf Haaresbreite zusammen trifft. Oder wenn es ordentlich schief läuft. Auch LG-Kammern können in eine kollektive Psychose geraten. Dann ist die Rechtsfehlerprüfung durch den BGH nur ein grober Rechen.
Also eine zweiten Instanz? War ich früher dafür. Aber ein Blick über die Grenzen hat mich doch wieder skeptisch werden lassen. In Italien oder Frankreich werden Mordfälle oft in ein paar Tagen verhandelt, und dann erneut eine Stufe höher. Wo es dann wieder anders laufen kann. Wenn ich mir den Verfahrensgang bei Amanda Knox ansehe, ein Graus! Oder in Österreich war der größte Terrorprozess der Zweiten Republik (gegen den rechtsextremen Briefbomber Franz Fuchs Ende der 1990er) in 15 Verhandlungstagen abgefrühstückt, während wir im ersten Verfahren gegen T. schon über 20 Tage hatten. Und beim NSU-Prozess sogar 438 Verhandlungstage (gut, bei fünf Angeklagten).
M.a.W.: Mehr Instanzen muss also nicht eine bessere Durchdringung der Beweismittel bedeuten. Und auch nicht mehr Rechtssicherheit. Weil das erste Gericht eh schon weiß, dass Berufung eingelegt wird. Also braucht man sich nicht so viel Mühe geben. Der BGH legt dagegen Wert auf Legitimation durch Verfahren und hält die Gerichte an, ordentlich zu arbeiten. Dafür verschont er sie mit seiner höchstpersönlichen Beweiswürdigung (was er als Rechtsinstanz gar nicht kann).
Bedenklich finde ich noch immer, wie schwer eine Wiederaufnahme ist - und wie stur manche Gerichte (v.a. in Bayern - Rupp und Genditzki lassen grüßen) bleiben, obwohl dem angegriffenen Urteil die Fehler aus jeder Pore triefen.


