ProGer schrieb:Zum wiederholten Mal: Die Funktion Notfallkontakt kann man vom Sperrbildschirm aus bei eingestellter Face ID als Inhaber des IPhones nur mit völlig unrealistischen Verrenkungen aktivieren, weil schon bei den absurdesten Winkeln Face ID anspringt.
Auch im Dunklen? Bei mir nicht (iPhone 12 mini, iOS 18) . Zudem mag mich Face-ID ohne Brille nicht. Obwohl ich mich auch ohne Brille habe "einscannen" lassen. Und Hannas iPhone hat FaceID nicht geloggt, es wurde also um 02:32:09 Uhr nicht benutzt.
Wenn mein FaceID streikt, kann ich entweder "Code eingeben" (ist bei Hanna nicht erfolgt) oder unten links "Notfall" antippen. Dann kommt der Zifferblock zum Eingeben einer Nummer. Darüber steht in mehreren Sprachen "Notfall". In Rot. Beim Tippen auf "Notfall" passiert nichts, ich muss also zwingend 110/112 eingeben. Unten links steht größer und in Rot "Notfallpass". Tippe ich darauf, lande ich dort, wo u.a. Notfallkontakte mit einer Telefonnummer angegeben sind.
Ich finde das nicht glücklich gelöst. Und auch nicht intuitiv. Die Schrift ist klein und uneindeutig. Ich würde irgendeinen großen SOS-Knopf erwarten, den ich auf den Screen antippe - und dann passiert irgendetwas.
Es ist in meinen Augen, bei einer erheblich alkoholisierten Person in der Nacht, in einer Notsituation mit Angst oder Panik, nicht der selbe Maßstab anzulegen, wie beim coolen Superuser im gemütlichen Wohnzimmer. Wenn Hanna erstmals einen Notruf mit ihrem Handy wählen wollte, dann kann es eben sein, dass sowohl FaceID nicht funktionierte, sie keinen Code eingab (so die Handy-Daten), auch nicht manuell 110/112 wählte, sondern auf "Notfallpass" tippte - und dann eben ihre Eltern anrief. Sie hatte weder einen klaren Kopf noch Zeit zum Nachdenken.
Wassertropfen - vielleicht nicht ausgeschlossen. Aber halt weitaus unwahrscheinlicher als ein Notfall. Und dann noch der Schrei. Unabhängig, ob T. Hanna getötet hat.
ProGer schrieb:Die anderen Erklärungen kenne ich und sie sind eben sehr lebensfremd. Deshalb nehme ich die Behauptung "Hanna wählte den Notruf" eben hier nicht widerspruchlos hin.
Nun, was lebensfremd ist und was nicht, das bestimmst Du nach Deiner höchstpersönlichen Lebenserfahrung. Darfst Du, so wie ich auch, wobei ich dann sage, "das ist meine persönliche Erfahrung" und nicht andere Erfahrungen als "lebensfremd" abqualifiziere. Gerichte nutzen auch noch gerne "lebensfremd", als Totschlagsargument, wenn sie eigentlich kein Argument haben.
XluX schrieb:Und jetzt kommst Du und wirfst anderen Voreingenommenheit vor, weil sie Deine verzweifelten Versuche, zum jetztigen Zeitpunkt noch belastende Indizien zu finden, widerlegen?
Es ging
@Sherlock_H ganz offensichtlich um den Notruf Hannas, und das ist nun Mal ein Indiz dafür, dass sie in einer Notsituation war und vermutlich ein Angriff, eine Bedrohung, ein Verfolgen oder eine Flucht gegeben war.
Piper7 schrieb:Von einer solchen notwenigen Rücksprache der StA mit der Behördenleitung habe ich noch nie gehört.
Der Sitzungsvertreter der StA hat natürlich vor und während des Prozesses Berichtspflichten. Er berät sich mit Kollegen oder Vorgesetzten, sonst stünde er verloren auf weiter Flur. Üblicherweise wird vorab abgesprochen, in welchen Fällen der Prozess unterbrochen und eine Beratung mit Vorgesetzten erfolgen soll.
Raissa schrieb:Es macht nur Sinn, wenn es um die Frage ging, ob alle mit einem Freispruch einverstanden sind, obwohl ein Unfall nicht nachgewiesen ist.
Das ist oft vor bestimmten Prozesshandlungen, z.B. wenn ein Strafrahmen vorbesprochen war und nun davon abgewichen werden muss. Oder entgegen der Anklage Freispruch droht. Es ist nicht im Interesse der Staatsanwaltschaft, auf einem sinkenden Boot mit Pauken und Trompeten 10 Jahre zu fordern und dann kläglich abzusaufen.
kollberg schrieb:Was immer man davon halten mag: ich finde es etwas problematisch zu sagen: Urteilsspruch schon ok, der wars, aber das, das und das war halt anders. Bzw das kann man machen, aber ohne Einbettung in ein komplettes alternatives Tatgeschehen hängt man dann genauso in der Luft wie bei isolierten Spekulationen Richtung Unfall.
Puh, ja damit habe ich auch immer Probleme. Das Gericht nimmt einen Sachverhalt als gegeben an, der sich am besten mit den Indizien (und deren Würdigung) in Übereinstimmung bringen lässt. Das muss es, weil es einen Sachverhalt als "erwiesen" annahmen muss, um auf dieser Grundlage verurteilen zu können. Gewissheit hat man damit nicht. Es kann sich so zugetragen haben, es muss aber nicht. Aber das kommt raus, wenn die Hürde die "richterliche Überzeugung" ist.
Am Ende aller Tage ist dieser Sachverhalt eine mögliche Variante, nicht zwingend die einzige. Trotzdem darf auf dieser Grundlage verurteilt werden. Der Sachverhalt im Urteil suggeriert also eine Gewissheit, die es oft so nicht gibt. Das ist rechtmäßig und unvermeidlich, wenn ich Angeklagte nicht "ins Blaue hinein" verurteilen möchte. Das ist die "prozessuale Wahrheit", ein durch ein Verfahren generiertes Konstrukt. Sie muss nicht der "historischen" oder "naturwissenschaftlichen" Wahrheit entsprechen, soll ihr aber so nahe wie möglich kommen.