Ich schätze Frau Rick wirklich sehr. Den Herrn Stevens aber nicht, deshalb läuft der Podcast ohne mich. Soweit hier
https://www.rosenheim24.de/rosenheim/chiemgau/aschau-im-chiemgau-ort79357/eiskeller-prozess-verteidigerin-rick-spricht-im-podcat-187-ueber-hanna-fall-und-attackiert-die-rosenheimer-polizei-94071079.htmlberichtet, scheint mir Frau Rick aber schon sehr in ihrer Empörung gefangen. Was nur allzu menschlich ist, wenn man als Verteidigerin die Fälle Rupp, Genditzki und jetzt T. mit viel Fleiß, Beharrlichkeit und festem Glauben an die Unschuld zu einem guten Ende gebracht hat. Da kriegt man dann irgendwann einen dicken Hals, wenn es die gleichen Ermittler und die gleichen Gutachter sind, die nicht nur nach Ricks Auffassung mehrfach in die völlig falsche Richtung marschiert sind. Und die bayerische Polizei und Justiz seit jeher gerne hoch zu Ross sitzt.
Auch ein Muster ist natürlich naheliegend (und nicht auf Bayern beschränkt):
Eine einmal angenommene Verdachtslogik kann sich festsetzen, obwohl eventuell wesentliche Eckdaten noch nicht belastbar geklärt waren. Hier beispielsweise Hannas Handydaten, bei Genditzki der angeblich unterschlagene hohe Geldbetrag und bei Rupp die fehlende Leiche und das fehlende Motiv. Das passiert auch noch häufiger: Zum Beispiel bei den NSU-Morden die Annahme, die Türkenmafia habe gemordet, beim Mord an der Polizistin Kiesewetter gar, es müssten "Zigeuner" gewesen sein. Stereotypen und Vorurteile weisen vielleicht in der Praxis hin und wieder auch in die richtige Richtung, sollten aber keinesfalls die Ermittlungsrichtung vorgeben.
Da würde etwas mehr Wissenschaftlichkeit gut tun, anstatt nur auf den Berufsethos/-pathos ("Den Opfern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.") oder gar den ureigenen Jagdinstinkt zu setzen. Stattdessen die eigenen Erkenntnisse als relativ betrachten, immer wieder anzuzweifeln und gegenzuchecken, Alternativen zu denken, anstatt in felsenfester Selbstgewissheit "den Fall schnell zu Ende zu bringen".
Ansonsten: Es kommt ziemlich häufig vor, dass aus Zeugen Verdächtige werden. Daraus abzuleiten, man solle sich nicht als Zeuge melden, ist schon sehr weit hergeholt. Hätte sich T. nicht gemeldet, hätte die Soko sicher früher oder später den Jogger ausfindig gemacht. Er war ja gesehen worden.
Zuletzt: Fehler aufzudecken und anzuprangern ist gut. Wegen eines faulen Apfels aber gleich den ganzen Baum in die Tonne zu hauen, das ist übertrieben. Es wird viele Fälle geben, in denen die Rosenheimer Polizei gute Arbeit geleistet hat. Da alle Beamten in Haftung zu nehmen, gar der Bevölkerung abzuraten, sich an die Polizei zu wenden, diese Polemik ist weder sachlich noch sachdienlich.