Ich meine, in der zusammenhängenden Einlassung folgende Strategie erkannt zu haben:
1. Entziehung Minderjähriger (Strafrahmen Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe)
a) 235, Abs. 1
Dass die Kinder objektiv dem Sorgeberechtigten mit Gewalt entzogen, wurden hat er eingeräumt. Er wollte das auch. ME konstruiert er dann aber einen rechtfertigenden Notstand für die Tat. Die Kinder waren aus seiner Sicht in großer Gefahr bei dem "bösen Vater" und mussten gerettet werden. Die Gefahr für die Kinder, dauerte an und drohte, wenn sie bei dem Vater verblieben, immer größer zu werden. Dem "bösen Vater" die Kinder zu entziehen und zur "guten Mutter" zu bringen, war das geeignete Mittel und mildeste Mittel, um die Gefahr für Leib, Leben und Freiheit zweier Kinder abzuwenden. Diese Rechtsgüter der Kinder, die in Gefahr waren, überwiegen auch das durch 235 StGB geschützte Rechtsgut. usw.
War meines Erachtens ein interessanter Versuch, hier einen Rechtfertigungsgrund ins Spiel zu bringen, aber das wird wohl kaum erfolgreich sein.
b) schwere Entziehung, Abs. 4
(4) Auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
1. das Opfer durch die Tat in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung oder einer erheblichen Schädigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung bringt oder
2. die Tat gegen Entgelt oder in der Absicht begeht, sich oder einen Dritten zu bereichern.
Quelle:
https://dejure.org/gesetze/StGB/235.htmlIch weiß nicht genau, was hier angeklagt ist. Das habe ich noch nirgendwo genau gelesen. Nehmen wir mal an, es ist nur die Nr. 2 (Tat gegen Entgelt oder in Bereicherungsabsicht) angeklagt.
Er hat ja mehrfach in Abrede gestellt, Geld erhalten zu haben oder gehandelt haben, um sich zu bereichern. Im Gegenteil: er hat ja noch nicht einmal das Geld für den Mietwagen, den er bezahlt hat, zurückbekommen. Das muss das Gericht ihm natürlich nicht glauben, da gibt es genug Gründe, um ihm das nicht abzunehmen. Er hat natürlich ein Interesse, von dem Verbrechenstatbestand und dem Strafrahmen des Abs. 4 wegzukommen. Wenn er überhaupt wegen dieses Delikts verurteilt wird, dann soll der Strafrahmen des Abs. 1 zugrundegelegt werden.
Ähnlich ist es bei den beiden anderen Tatvorwürfen, gefährliche Körperverletzung und Freiheitsberaubung.
Ich mache das mal weniger ausführlich. Von der gefährlichen Körperverletzung, wahrscheinlich als gefährlich angeklagt, weil gemeinschaftlich verübt, versucht er wegzukommen, indem er behauptet, dass der deutsche Mittäter völlig unabgesprochen, sich in seine Aufgabe, der Neutralisierung des Hensel, eingemischt hat. Geplant war hier eine "milde Maßnahme" und nicht das, was der Deutsche gemacht hat. Daher ist ihm das nicht zuzurechnen. Gewünschtes Ergebnis: Verurteilung nur wegen einfacher Körperverletzung (wiederum anderer Strafrahmen).
Und eine Freiheitsberaubung war es natürlich auch nicht. Er ging ja davon aus, dass die Kinder sich freuen, sich bedanken, die Täter umarmen, also dort wegwollen. Eine Freiheitsberaubung muss gegen den Willen der Kinder verübt werden, er dachte aber, die Rettung entsprach dem Willen der Kinder. Als er dann merkte, dass sie das wirklich nicht wollen, ging er davon aus, dass sie aufgrund der Gehirnwäsche gar nicht mehr in der Lage waren, einen freien Willen zu bilden.
Das hat er mE in seiner zusammenfassenden Einlassung für einen Nichtjuristen unwahrscheinlich gut rübergebracht, ohne dass das gestellt wirkte. Aber wie gesagt, das Gericht ist nicht verpflichtet, ihm das auch zu glauben. Er kam ja dann auch bei der Befragung ins Schwimmen.
Klar eingeräumt hat er nach meiner Meinung nur eine einfache Körperverletzung. Bei den anderen Tatvorwürfen reicht seine Einlassung
allein nicht aus, um ihn zu verurteilen. Die für eine Verurteilung fehlenden Aspekte (mit Ausnahme des Geldflusses betreffen die nur die subjektive Seite) muss die Kammer anhand anderer Beweismittel feststellen.
Nur rein vorsorglich: ich schreibe hier von der Strategie, die ich meine zu erkennen. Ich schreibe nicht davon, dass mich das überzeugt.