Mordfall Hinterkaifeck

Der Begriff "Sonderakt" sagt mir nichts. Heute wird in staatsanwaltschaftlichen
Ermittlungsakten kein Sonderakt geführt. Dabei muss es sich um eine frühere Art der
Aktenführung handeln.

@AngRa

Vielen Dank für die Informationen aus dem Buch!

Damit kann also einenähere verwandtschaftliche Beziehung zum Wolnzacher Zweig zunächst einmal ausgeschlossenwerden.
Ich kann mir vorstellen, bitte korrigiere mich anhand des Buches, dass derBegriff "Sonderakt" von der damaligen politischen Polizei eingeführt worden ist.Sebastian Schlittenbauer wird wohl als führendes Mitglied einer seit 1933 verbotenenPartei zumindest unter strenge Überwachung gestellt, oder gar verhaftet worden sein.

Alles in allem finde ich auch den Komplex Sebastian S. und seinen Einsatz für dieVerwandtschaft, wie er 1996 von einem Nachfahren beschrieben wurde, sehr merkwürdig. Der"Sonderakt" stand in Zusammenhang mit den damaligen Ermittlungsakten!! Es handelte sichum einen Teil der Akten.Leider ist er weg

@AngRa

Ermittlungsakten im Fall Hinterkaifeck? Sehr sonderbar...
Ist absehbar,ob dieser Sonderakt in den Kriegswirren verschwunden ist, oder ggf. erst zu einemspäteren Zeitpunkt?

@oldschool

Ja, es passt wahrscheinlich nicht in den Erzählstrang und er wird wohlsorgfältig abgewogen haben, welche Details er besser nicht erwähnt. um die Neutralitätund Unparteilichkeit zu bewahren, um eine öffentliche Vorverurteilung zu verhindern. Dieshätte bestimmt Konsequenzen nach sich gezogen.

@saro

Sehr gut möglich...

@oldschool
Mit Ermittlungsakten bezeichnet man allgemein die Akten der Polizei und derStaatsanwaltschaft über einen Vorfall, in unserem Fall über den Mordfall Hinterkaifeck,der untersucht worden ist. In diesen Akten muss ein Sonderakt enthalten gewesen sein. Soetwas kenne ich nicht. Ich weiß nicht, welche Qualität der Sonderakt hatte. DerSonderakt, der wohl bei der Polizeidirektion München war, muss weg sein. Seit wann derweg ist, ist dem Buch nicht zu entnehmen. Evtl. enthält er die Ergebnisse über dieRecherche verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Se.S.und L.S. Es heißt aberausdrücklich Sonderakt und nicht Sonderakte. Aber die Österreicher sagen statt Akte Akt,vielleicht ist das in Bayern auch so üblich.

@AngRa

Ja, "Sonderakt" ist die süddeutsche Form von "Sonderakte".
Ich habe dasGefühl, dass die Ermittlungen im Fall Hinterkaifeck nach Reingrubers Abtritt im Jahre1931 erheblich forciert wurden, aber immer noch an irgendeiner Stelle blockiertwaren.
Sehe ich es richtig, wenn man ein Einwirken von aussen auf die Ermittlungenannehmen will, der erste Schritt zwangsläufig über das Justizministerum hätte führenmüssen?

@oldschool

Das siehst Du wohl richtig.

In dem Buch über S.Schl. werdenüber die verwandtschaftlichen Verhältnisse unterschiedliche Angaben gemacht. An einerStelle heißt es, dass sein einziger Bruder Andreas 1926 verstorben ist. An anderer Stellewird ein Klaus-Peter Schl. erwähnt, der ein Enkel einer der Brüder von S.Schl. sein soll.Das Jahr 1930 wird als Jahr von schweren Schicksalsschlägen für S.Schl. beschrieben, weilin diesem Jahr u.a.seine Mutter verstorben sei.

Es bleibt alles schwierig.Irgendwie muss es aber doch früher ein Gerücht gegeben haben, dass S.Schl. und L. Schl.Brüder sind. Beim gleichen Geburtsjahrgang 1874 dürfte das aber nicht möglich sein. Eskäme nur in Frage, dass es sich um Halbbrüder handelt. Irgendwie ist alles komisch an derAngelegenheit.

Allerdings ist S.Schl. 1933 auch inhaftiert worden, weil er denNazis nicht genehm war. Er dürfte ab dieser Zeit keinerlei Einfluss mehr gehabt haben.

Nochmals zu dem "Sonderakt Schlittenbauer"

Man weiß wohl heute nur noch, dass einsolcher Sonderakt existiert hat, weil in den Münchener Polizeiakten auf diesen Akthingewiesen wurde, ob er jemals Teil der Akten war und ob er somit für alle einsehbarwar, ist damit nicht gesagt.

Danke AngRa, das sind wirklich sehr interessante neue Erkenntnisse. Vor allen Dingenbezüglich des Sonderaktes im Zusammenhang mit den Ermittlungsakten zuHinterkaifeck.

Auch wenn die verwandschaftlichen Beziehungen des Seb. S. zu L.S.nicht sehr eng gewesen sein sollten, so hat er wohl grosses Interesse gehabt, dass seinName nicht mit den Mordfällen in Zusammenhang gebracht wird. Vor allen Dingen, wenn inder Öffentlichkeit Gerüchte kursierten, er könne evtl. der Bruder sein.

Die sog.Mittelpartei mit ihrem damaligen Justizminister Franz Gürtner war der wichtigsteKoalitionspartner der BVP. Da wird wohl ein Anruf genügt haben, um unwillkommeneErmittlungen in eine bestimmte Richtung zu stoppen und im Keim zu ersticken. Das könnteauch der Grund gewesen sein, dass weiterhin beharrlich die Raubmord-Theorie von seitender Staatsanwaltschaft / Justiz aufrechterhalten wurde, obwohl Reingruber sehr schnellvom Gegenteil überzeugt war.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dassGürtner in Regensburg geboren wurde. Vielleicht kannten sich auch schon aus Jugendjahren.

Ich habe nicht gewusst, dass schon damals nach dem Mord Gerüchte kursierten hinsichtlicheiner verwandtschaftlichen Beziehung zwischen Se.Schl. und L. Schl., weil hierüber imLeuschner-Buch nichts berichtet wird und auch im Hieber-Film nichts erwähnt wird.

Wenn das allerdings so gewesen ist, woran ich keinen Zweifel habe , dann kann ich auchnachvollziehen, warum niemand etwas gesehen, gewusst oder geahnt hat. Es wollte sichnatürlich niemand den Mund verbrennen. Das wäre mit Sicherheit auch nicht gutausgegangen. Zuvor habe ich mich über das Verhalten der anderen Bauern gewundert, jetztwundere ich mich nicht mehr.

Ist das sicher, dass S. Schlittenbauer nicht vielleicht nur ein Großcousin dritten Gradesdes L. Schl. war? Haben sich die Beiden überhaupt gekannt?

@schatten69

So wie ich die Situation sehe, ist ein Verwnadschaftsverhältnisderzeit überhaupt nicht belegbar.
Ich denke mir aber, nachdem es in den 1920er Jahrenmassive Gerüchte innerhalb der Bevölkerung gab, dass S. ein Bruder des BVP-Politikersgewesen sei, konnte es nicht im Sinne der BVP sein, wenn ein Namensvetter derParteigrösse unter Mordverdacht gestanden hat. Von einer Verurteilung wegen sechsfachenMordes ganz zu schweigen...

@all

Nur so nebenbei:

Dr. Sebastian Schlittenbauer war lediglich in der 5.Wahlperiode (30-32) Mitglied des Reichtstages.

Sein Eintrag in Wikipedia ist imFebruar dieses Jahr gelöscht worden.

@all

Ich muss dann noch nachtragen, dass Dr. Sebastian Schlittenbauer im Zeitraumvon 1919 bis 1933 ununterbrochen für die BVP Mitglied des bayerischen Landtags war.

Außerdem war Dr. Sebastian Schlittenbauer im Jahr 1922 als möglicher Kandidat für das Amtdes bayerischen Ministerpräsidenten im Gespräch, so zu lesen in dem Buch SebastianSchlittenberger und die Anfänge der bayerischen Volkspartei. Die Autorin führt hierzu alsHinweis einen Artikel aus der Zeitung "Münchener Neueste Nachrichten" vom 5.11.1922 an.

@AngRa

Was war den S. Schlittenbauer von Beruf?

Ich habe den Titel einesBuches (Dissertation?) von ihm im Internet gefunden und schätze Berufsschullehrer,Padägoge?

@AngRa

Also das mit der möglichen Kandidatur 1922 ist aber eine heißeInfo!

@all

Zur heutigen Diskussion wegen dem Leuschner-Buch, möchte ich daran erinnern,dass er darufhin vom S.Clan verklagt wurde, den Namen Schlittenbauer aus dem Buch zulassen, hat aber scheinbar gewonnen.

Weiß nichts genause, Info hier aus demForum!

Ich denke, vielleicht wollte er nicht zusätzlich Öl ins Feuer zugießen!