@allNachstehend ein Auszug aus „Liebe – Hochzeit – Heiraten im nordwestlichen Oberbayern“ von Dr. Wilhelm Kaltenstadler.
Vielleicht ist das so etwas wie ein klitzekleiner Baustein, der uns hilft, die damalige Landbevölkerung und ihre Denkweise besser zu verstehen. Wir können annehmen, dass in Ahnlehnung an diese „Rituale/Gebräuche“, die Ehe zwischen zwischen Karl Gabriel und Viktoria Gruber seinerzeit geschlossen wurde.
***Im Aichacher und Dachauer Raum wurde aber noch vor dem Ersten Weltkrieg in der bäuerlichen Gesellschaft „selten aus Liebe“ geheiratet, in der Regel wurden Ehen durch Unterhändler, sog. Schmuser, die im Hauptberuf oft sogar Viehhändler waren, vermittelt. Ludwig Thoma hat diesen Dachauer Schmuser in seiner „Hochzeit“ unnachahmlich geschildert. Mit Hilfe einer Vertrauensperson testete der Schmuser bei einem ersten Besuch der Aspirantin im Hause des Bewerbers zuerst einmal das Terrain. Der Besuch, das „B`schaugehn“, „galt zunächst der Musterung von Haus und Stall.“ Dieser Erstkontakt „mündete unter Mitwirkung beider Familien in Verhandlungen über die zukünftigen Vermögensverhältnisse.“
In Waidhofen bei Schrobenhausen ging es aber etwas weniger autoritär zu. Hier gingen
„Bub und Deandl“, die länger miteinander „gegangen“ und meist am Kammerfenster in
nähere Beziehungen zueinander gekommen sind, zum Vater und „bringen vor, daß `er`
die möchte“. Weitere „Möglichkeiten zum Kennenlernen boten die Tanzveranstaltungen
(Kirchweih, andere Hochzeiter), der Besuch der Jahrmärkte und der winterlichen Kunkelstuben.“ In vielen Fällen taten sich die jungen Leute auf dem Lande trotz Kammerfenster und Kunkelstube schwer, den richtigen Partner fürs Leben zu finden.
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In Waidhofen (Umfrage Dez. 1908) wird der Bräutigam beim Hochzeitszug vom Pfarrer,
die Braut vom Brautführer geleitet. Bei den Männern geht der Vater des Bräutigams ganz
am Schluß, ebenso beim Opfergehen in der Kirche und beim Johannesweintrinken. Auch
beim Mahl sitzt er am letzten Tisch „zum Zeichen, daß er nichts mehr gelte, nicht mehr
Herr im Hause sei.“ Bis zum Einzug in die Kirche spielen die Musikanten. Hat ein
Hochzeiter sein erstes Mädel sitzen lassen, so werden im Raum Waidhofen vor ihrem Haus und auf dem Weg, den der Hochzeitszug geht, am Hochzeitstage „Häcksel gestreut“.
In der Kirche während des Gottesdienstes gestaltet der Kirchenchor die Feier, die eingezogenen Musikanten spielen in den meisten Orten im Raum Aichach und Dachau
nicht. Bei der feierlichen „Einsegnung“ in der Kirche, dem Höhepunkt der Hochzeit – im
Raum Aichach wurde der Dienstag als Hochzeitstag bevorzugt - steht der Hochzeitlader
hinter den Brautleuten und hält in einem Teller den „Mahelring“ oder „Gmachelring“
für die Braut bereit, „denn die Männer tragen keine Eheringe“. Um die Herrschaft
im Hause zu behalten, versucht die Braut sich den Ring selbst an den Finger zu
stecken, was aber der Hochzeiter zu verhindern sucht. Auch die Trauung ist mit einer
Reihe von abergläubischen Vorstellungen verbunden. Alle Hochzeitsgäste achten neugierig darauf, auf welcher Altarseite „die Kerzen schöner brennen oder im Gegenteile
lebhafter zucken und fackeln, das entscheidet, ob der Bräutigam oder die Braut länger
lebt bzw. früher stirbt (rechts ist der Bräutigam, links die Braut).“ Nach der Einsegnung beginnt das feierliche Hochzeitsamt, die Hochzeitsgäste gehen in der bereits geschilderten Ordnung des Hochzeitszuges zum Opfern, „jeder Hochzeitsgast küßt sein Opfergeld, ehe er es in das hiefür bestimmte Teller niederlegt.“ Nach dem Ende des Hochzeitsamtes wird der Johanniswein gespendet. Zum Abschluß „reicht der Mesner den Brautleuten das Meßbuch zum küssen und erhält dabei ein kleines Geschenk.“ In der Kirche läßt der Pfarrer in Waidhofen nach der Trauung sämtliche Hochzeitsgäste aus einem Glase den Meßwein trinken, „wozu von den Musikanten ein Marsch geblasen wird.“ Beim Verlassen der Kirche erhalten die wartenden Ministranten eine angemessene Spende für ihren Dienst. Um möglichst niemand ungeschoren davon kommen zu lassen, spannen diese ein Seil beim Kirchenausgang.***