Amanda Knox

Schimpanski schrieb:Wegen mir lass es als Geständnis gelten, dass sie zu Hause war.

Wenn man den Kontext berücksichtigt (Überwachung der Teefongespräche, der Aussage von Arturo de Felices in der Pressekonferenz)ist das die eigentliche Schlussfolgerung für Staaten, welche die EMRK unterschrieben haben.

Und unter dieser Erkenntnis war das Verhör illegal, weil den Verdächtigen nicht in ihren Rechten aufgeklärt wurden. Prinzipiell hatte das Massei schon für die späteres schriftliche Aussage richtig gesehen, er hätte es aber auch schon für die erste Aussage entsprechend feststellen müssen. Was hatte sich auch zwischen der Aussage 1 und der Aussage 2 groß verändert? Nichts, die Beamten wussten ja nach ihrer eigenen Aussage schon alles vorher, damit war die Unterscheidung zwischen Aussage 1 und 2 in seinen rechtlichen Folgen willkürlich.

Darüber, dass Hellmann dies nicht korrigiert hat, kann man spekulieren, interessant ist aber, dass er feststellt, dass diese Aussge unter unmenschlichen Druck zustande gekommen ist. Stellt letztendlich ein Verstoß gegen EMRK Artikel 3 fest, was ein absolutes Verwertungsverbot zur Folge hätte, sprich er liefert einen Grund, dass dieser Teil des Urteils nicht haltbar sein darf, gleich mit.

Ich persönlich glaube daher, dass im Verfahren unter Hellman hier u.U. die Geschworenen dem 100%igen Freispruch ein Strich durch die Rechnung gemacht haben.

Das oberste Gericht hat letztendlich den Verstoß bestätigt und zusätzlich der ganzen Sache noch die Krone aufgesetzt und hat behauptet, dass Frau Knox aus einem zivilen Land käme, und man daher niemand zu Unrecht beschuldigen darf. Eine Verhöhnung für alle Opfer, die durch Verstöße gegen EMRK Artikel 3 zu Aussagen gezwungen oder beeinflusst wurden. Damit ist vorprogrammiert, dass der EGMR dies zur Entscheidung annehmen wird (davon gehe ich m ittlerweile aus, da andernfalls schon eine Ablehnung vorliegen würde).

@Schimpanski

Schimpanski schrieb: Wegen mir lass es als Geständnis gelten, dass sie zu Hause war.

Das ist nicht der Punkt. Aus meiner Sicht ist es eine "unter psychischem Druck erzwungen Falschaussage", genau wie du oben sagtest. Das Entscheidende ist aber, daß Polizei und Staatsanwaltschaft das der Öffentlichkeit als Geständnis verkaufen (mit "Schuldeingeständnis" im Hinterkopf), und die Presse das dankbar aufnimmt.

Darauf will der Autor des Blogs oben hinaus. Ihm geht es ja gar nicht in erster Linie um den Mordfall Meredith Kercher. Ihm geht es um die Machenschaften des Staatsanwalts Giuliano Mognini, der eben auch gerne mit falschen "Geständnissen" arbeitet und sich dazu auch einer willfährigen Presse bedient. Deswegen steht das Wort im Blog ja in Anführungszeichen. Und Amanda Knox ist da nur ein Opfer unter vielen des Herrn Mignini.

Der Autor hat von diesem Staatsanwalt denselben Eindruck erhalten wie auch, dies aber schon 2011 niedergeschrieben. Der Fall Narducci ist bekannt. Der Unfall bzw. der Selbstmord eines Arztes wurde von Mignini damals benutzt, die Theorie einer okkulten Sekte zu fabrizieren, die hinter dem Monster von Florenz stecke. Das sit dann leider keine harmlose Spinnerei mehr, den es führte in der Folge zu einem jahrelangen Prozess gegen bis zu 20 völlig Unbeteiligten, deren Leben durch diesen Staatsanwalt sinnlos beeinträchtig wurde.

Auch im Mordfall Meredith Kercher wollte er mit einer okkulten Sekte daherkommen. Der nicht lange davor an die Öffentlichkeit gekomme Fall über die "Bestien des Satans" dürfte ihn in seinem Glauben bestärkt haben, daß junge Leute im Drogen- und Alkoholrausch nichts Besseres zu tun haben, als sich gegenseitig in okkulten Ritualen umzubringen.

Der Richter Micheli hat diesen Unsinn zum Glück frühzeitig gestoppt, was allerdings Amanda Knox und Raffaele Sollecito nicht viel geholfen hat. Mignini hat nicht locker gelassen. Wenn nicht wegen Ritualmords, dann doch wegen eines ganz gewöhnlichen Verbrechens, Hauptsache die "Hexe Amanda" landet hinter Gittern.

Längeres Interview mit Sollecito mit englischen (und auf den ersten Blick guten) Untertiteln, habe bislang selbst nur den Anfang gesehen - Raffaelle wirkt hier authentisch und schuldlos. Meinungen?

Amanda Knox Case: Raffaele Sollecito on Linea Gialla with English subtitles

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Vielleicht das interessanteste Video zu dem Fall: Also es ist ein wilder Schlagabtausch, ein Gast argumentiert pro RS, ein anderer Gast gegen ihn. Vittorio sieht keinerlei Motiv, während Roberta vor allem in der Zeit nach dem Mord wesentliche Spuren sieht, so den „4 kg schweren“ Stein. Leider kann sie RS nicht sagen, wo genau sie das Gewicht erfahren hat. Sie glaubt wohl wirklich, was sie sagt, kommt aber nur mit Klischees.

Neu ist, dass RS sagt, er habe sein Handy gar nicht abgeschaltet. Ab ca. 24.30 Minuten bestätigt RS, dass die letzte Interaktion nicht 21.10 Uhr (man habe Amelie nicht zu Ende gesehen), sondern 21.26 Uhr am Computer stattgefunden habe.

Auch RS’ Vater kommt zu Wort und sagt aus, Guede habe eingestanden, dass der ominöse Schuhabdruck von ihm sei, was die Verteidigung im Mai 2008 bestätigt habe. Auch das ist mir neu.

Interessant, dass Crini länger zu Wort kommt und zumindest Fragen aufwerfen kann, indem er zugleich eingesteht, dass AK und MK zusammen wohnten, dass aber die gemeinsame D N A-Spur so nicht erklärbar sei.

RS sagt etwas Wichtiges – dass die Kleidung von RG blutdurchtränkt war, wie dieser selber eingestanden habe. Bei RS selbst habe man keine Spuren an keiner Kleidung gefunden. Er begründet auch nachvollziehbar, warum er seine Heimat nicht verlassen habe trotz des Damoklesschwertes über ihm.

Vittorio vergisst gelegentlich Namen, liefert aber neben dem Hinweis auf das fehlende Motiv auch die Idee, dass sich gegenseitig widersprechende Experten eine Pattsituation bilden würden, dass man sich eher fragen müsse, warum „dieser Gentleman“, der frisch verliebt war, ein Mädchen, das er nicht kannte, umgebracht haben sollte. Darauf hat auch Roberta keine Antwort.

Auch dieses Interview ist ein Punkt für RS. Er hört damit auf, unsichtbar zu sein. Er beendet das Interview mit dem dramatischen Appell an Familie K., sich die Fakten anzuschauen. Leider fehlt der Schluss. Von RG wieder kaum ein Wort.

Ja, Raffaele hat sich hier gut geschlagen, im Gegensatz zu den anderen behielt er hier einen recht kühlen Kopf und den Überblick. Quella Fesseria! Das kann man wohl sagen. Interessant neben den Details, die Du oben erwähnt hast wirklich eben zwei oder drei grundsätzliche Fragen: Wo soll ein Motiv liegen? Was hier zu Raffaele gesagt wurde, gilt ja ganz genauso für Amanda: die beiden waren frisch verliebt und hatten mit sich selbst genug zu tun. Sie lebten diese Tage in ihrer eigenen Welt, ohne Meredith, Guede oder sonst irgendjemanden dort hineinzubeziehen. Jegliche Theorie der Anklage ist bisher nur Unsinn gewesen.

Das Zweite der wichtige und logische Einwurf Raffaeles: Die Tatortspuren zeigen grossen Blutverlust von Meredith. Der oder die Täter müssen fast im Blut gebadet haben. Guede gibt zu, er und seine Kleidung waren voller Blut. An Amanda und Raffeles Kleidung wurde nichts gefunden. Kein Blut, keine DNA von Meredith irgendwo an den Dingen, die Raffaele oder Amanda gehören - ausser natürlich die "Spur" am Messer.

Das ist das Dritte, das hier eingebracht wurde: Raffaele -oder Amanda- haben also Meredith übel "abgestochen" und nehmen dann ihr Küchenmesser wieder seelenruhig mit nach Hause, wischen es nur oberflächig ab, um dann mit dem selben Messer, an dem noch Merediths Blut heftet, wieder am nächsten Morgen ihre Brötchen zu schneiden, und das Gemüse und die Kartoffeln?

Man möchte dazu noch sagen: sie werfen Merediths Telefone weg, behalten aber die Mordwaffe!

Abstruser Unsinn, haltloser Quatsch, eine Monstrosität... Dr. Feltri hat ganz Recht. Das ist ein kompletter Unsinn.

Una fesseria, come se dice in Napoli! :)

Rick_Blaine schrieb:Das ist das Dritte, das hier eingebracht wurde: Raffaele -oder Amanda- haben also Meredith übel "abgestochen" und nehmen dann ihr Küchenmesser wieder seelenruhig mit nach Hause, wischen es nur oberflächig ab, um dann mit dem selben Messer, an dem noch Merediths Blut heftet, wieder am nächsten Morgen ihre Brötchen zu schneiden, und das Gemüse und die Kartoffeln?

In der Diskussion wurde darauf aufmerksam gemacht dass eben KEIN Blut an dem Messer gefunden wurde, nur DNA.
Aber auch die DNA Spur ist bekanntlich strittig. Selbst wenn sie vorhanden gewesen wäre ist es extrem unwahrscheinlich dass man bei einer Blutspur zwar DNA aber kein Blut nachweisen kann, darauf hat Sollecitos Vater hingewiesen.

Rick_Blaine schrieb:Raffaele -oder Amanda- haben also Meredith übel "abgestochen" und nehmen dann ihr Küchenmesser wieder seelenruhig mit nach Hause, wischen es nur oberflächig ab, um dann mit dem selben Messer, an dem noch Merediths Blut heftet, wieder am nächsten Morgen ihre Brötchen zu schneiden, und das Gemüse und die Kartoffeln?

In der aktuellen Urteilsbegründung wurde das Nicht-Fortwegwerfen des Messers tatsächlich damit begründet, dass es zum Bestand des Hauses zählte und dass ein Verlust aufgefallen wäre.

Auf truejustice gibt es wieder neue Theorien über die Aktivitäten zur Vertuschung. Frage ist nur, wie das zeitlich alles geklappt haben soll - zwischendurch war man doch auch mehrmals von Curatolo angeblich gesehen worden und irgendwann hat man auch mal geschlafen und im Laden soll AK auch noch gewesen sein, dazu noch Frühstück, Duschen usw.

Allerdings verstehe ich nicht, warum RS jetzt sagt, er habe sein Handy gar nicht ausgeschaltet gehabt.

@Siegfrieden

Siegfrieden schrieb:Allerdings verstehe ich nicht, warum RS jetzt sagt, er habe sein Handy gar nicht ausgeschaltet gehabt.

Hat ER selbst jemals behauptet, er hätte es ausgeschaltet?

Die Telefondaten sagen Folgendes:
Er hat um 20:46:37 sein Gespräch mit dem Vater beendet. Zu diesem Zeitpunkt war das Gerät also noch an.
Um 23:41:11 kann eine SMS des Vaters nicht zugestellt werden. Da war es also nicht erreichbar.

Aus diesen Daten kann man schließen (und ich bin bislang auch davon ausgegegangen), daß Raffaele Sollecito sein Mobilfunkgerät irgendwann zwischen 20:46:37 und 23:41:11 abgestellt hat, und am nächsten Morgen um 6:02:59 wieder an, als die SMS dann nämlich zugestellt wurde.

Hier in der Sendung beruft er sich auf ein schwaches udn fluktuierendes Netz im Gebäude. Das ist natürlich auch eine Möglichkeit.

Der Punkt ist aber sowieso völlig sinnlos, weil das Telefon, ob nun ausgeschaltet oder nicht, überhaupt nichts beweist. Viele Leute stellen nachts ihr Gerät ab ohne irgendelche kriminellen Hintergedanken. Feltri regt sich zu Recht darüber auf, daß Bruzzone diesen Punkt überhaupt aufbringt.

Diese Roberta Bruzzone redet ohnehin sehr viel Quatsch (und ich bin erst bei Minute 23). Und sowas will Rechtspsychologin mit Doktortitel sein? Armes Italien.

@Quiron

Richtig, die Telefonsache ist irrelevant, Sollecitos Erklärung ist durchaus plausibel.

Die Messerstory ist eben nur abstrus: eine Mordwaffe wieder mitnehmen, weil das Fehlen eines Messers bei Auszug aus dem Apartment bemängelt werden könnte?

Die Beteiligten an dieser Sendung erschienen mir eh, bis auf Sollecito selbst, nicht die Hellsten zu sein. Es war eben doch nur Trash TV.

Sollecito jr. jedoch machte einen intelligenten und durchaus sympathischen Eindruck, auf jeden Fall nicht mehr so sehr den Eindruck eines Schosshündchens, der willenlos alles tut, was Amanda ihm sagt, wie es die anti-Knox Presse gerne dargestellt hat.

Ich bin nicht mehr sicher, inwieweit die "ausgeschalteten" Handys vor Gericht noch relevant waren. Da das Thema bei der Talkshow aufkam, könnte es eine Rolle gespielt haben. Dann war es zumindest ein Versäumnis der Verteidigung, das nicht schon damals zu erwähnen, dass das Handy auch einfach ausgefallen sein könnte. Richtig ist, dass AK in ihrem Buch ausdrücklich nur (mehrmals) ihr eigenes ausgeschaltetes Handy erwähnt. Habe mal bei der Aussage von AK im ersten Prozess nachgeschlagen, auch hier bestätigt sie nie, dass RS' Handy aus war. All correct.

Nachdem sich das Kassationsurteil nähert, überraschen "Headlines" wie diese nicht, im übrigen eine gute Zusammenfassung:
http://www.newsweek.com/2015/03/27/will-amanda-knox-be-dragged-back-italy-murder-case-314970.html

.. diesen link wollte ich gerade einfügen- warst schneller, €neighbour ;-)
Finde auch, dass es eine sehr gut gemachte Zusammenfassung ist, die aus dem üblichen Einheitsbrei herausfällt. NEWSWEEK hat halt auch etwas mehr Niveau als andere Quellen. Es gefällt mir, dass der Reporter auch den Hintergrund hier und da ganz gut ausleuchtet.
Und kein einziges Mal hab ich was klischeehaftes gelesen.
Meist schafft es kaum ein Reporter (s)einen Bericht ohne die Eisaugen des Engels mindestens einmal zu erwähnen.
Geschmacklos und langweilig- meine bescheidene Meinung.
Von daher mein Respekt an diesen Bericht!!

Weiß jemand, wann das Gericht heute zusammentrifft?

Es geht morgen los, Mittwoch, 25.03.

http://www.fr-online.de/panorama/mord-in-italien-gericht-entscheidet-im-fall-knox,1472782,30203856.html

http://web.de/magazine/panorama/oberstes-gericht-beraet-urteil-amanda-knox-30531546 (Archiv-Version vom 29.03.2015)

Manchmal sind es die kleinen Details, die einem die Hilflosigkeit der dortigen Bürokratur offenbaren: Wir könnten wenigstens heute ein Urteil erlangt haben, wenn der dafür vorgesehen Verhandlungssaal ausgereicht hätte. Scheinbar unvorbereitet wurden die armen Kerle von zuviel Öffentlichkeitsinteresse "überrascht", um in einen größeren Saal wechseln zu müssen, der aber heute für eine anderes Verfahren gebucht ist und erst morgen wieder zur Verfügung steht.

Freispruch! Na wer sagt's denn, warum nicht gleich so.

Nun steht nur noch der EGMR wegen Calunnia aus. Die Hürde wird sicherlich auch genommen werden.

Auch wenn Italien letztendlich das Land mit den zweithöchsten Menschenrechtsverletzungen ist, haben sie doch gerade noch die Kurve bekommen.

@JosefK1914
Was ist EGMR?

Da hat die Italienische Justiz gerade noch den Ausgang vor der Vollblamage gefunden.

Europäischer Gerichtshof für MenschenRechte.

@JosefK1914
Ah ok.
Calunnia ist doch die Falschaussage gewesen.
Wo ist bei diesem Urteil das Problem?
Die Höhe der Strafe?