Mordfall Charlotte Böhringer

@KonradTönz1
dito!

Ich fürchte, viele lassen sich von der Show des Hungerstreikes und der Prozessschlachten beeindrucken. Da denken wohl viele, dass da was dran sein muss, an der Unschuld. Geht man aber in deutsche Gefängnisse, erfährt man, dass dort natürlich nur Unschuldige sitzen. Keiner hat da was getan und alle sind ausschließlich Justizopfer und Opfer ihrer Umstände. Nur hat nicht jede der Familien im Background ein Millionenerbe erhalten und so die finanzielle Möglichkeit so einen Zirkus zu veranstalten. Man muss alles von mehreren Seiten betrachten und auch mal die Kirche im Dorf lassen. Ja, ich glaube gerne, dass man keinen Sohn, Verlobten, guten Freund als Mörder haben will und sich vehement sträubt, das zu glauben. Gerade wenn derjenige auch noch so gekonnt mitspielt. Wenn ich Bence Unrecht tu, dann täte mir das schrecklich leid. Ich glaube aber, dass ich gar nicht so unrichtig liege. Ich bin jedenfalls ehr gespannt, ob es überhaupt zu einer Wiederaufnahme kommen wird.

CleoWinter schrieb:Ja, ich glaube gerne, dass man keinen Sohn, Verlobten, guten Freund als Mörder haben will und sich vehement sträubt, das zu glauben.

Das Spiel geht weiter: Der Verurteilte war immer mehr Schein als Sein und sein Umfeld lässt sich nach wie vor von ihm Blenden.
Ich hab sogar die Vermutung, der Verurteilte versteht es sich selbst zu blenden. Anders kann ich mir nicht vorstellen wie man mit Freunden bestandene Prüfungen feiert nachdem man endgültig aus dem Studium geflogen ist, ohne dass irgendjemand auch nur den Hauch eines Zweifels verspürt.
Mit einer sündhaft teuren Kampagne wird jetzt jeder Aspekt des vorhergegangenen Urteils aus dem Zusammenhang genommen und isoliert angegriffen. Das kann man machen wenn man ausreichend Mittel zur Verfügung hat und das dürfte auch eine gewisse Aussicht auf Erfolg haben - leider...

Ja, es fällt schwer zu begreifen, dass das Mordopfer dem Mörder die finanziellen Mittel liefert, um sich "rauszuboxen". Das wäre für mich der eigentliche Justizskandal.

Vielen Dank an @CleoWinter und @KonradTönz1 für Eure Beiträge in dieser Diskussion!
Eure objektive Sicht der Dinge rückt manches gerade, was das Gesamtbild dieses Falls angeht.

CleoWinter schrieb:a, es fällt schwer zu begreifen, dass das Mordopfer dem Mörder die finanziellen Mittel liefert, um sich "rauszuboxen". Das wäre für mich der eigentliche Justizskandal.

Passt aber irgendwie ins Bild. Also bei dem was über die Protagonisten dieses Falles bekannt wurde überrascht mich das nicht. Wenn ich mich irren sollte täte mir das unendlich leid, aber aufgrund der öffentlich zugänglichen Informationen kann ich zu keinem anderen Schluss kommen.

@KonradTönz1 schrieb:

KonradTönz1 schrieb:Das Spiel geht weiter: Der Verurteilte war immer mehr Schein als Sein und sein Umfeld lässt sich nach wie vor von ihm Blenden.
Ich hab sogar die Vermutung, der Verurteilte versteht es sich selbst zu blenden. Anders kann ich mir nicht vorstellen wie man mit Freunden bestandene Prüfungen feiert nachdem man endgültig aus dem Studium geflogen ist, ohne dass irgendjemand auch nur den Hauch eines Zweifels verspürt.

Mich würde interessieren, wann genau die Bombe dann platzte und zumindest die Tante die Wahrheit erfuhr. (Die Freunde wurden ja offenbar bis zu Schluss in Unkenntnis der Sachlage gehalten).

Da feierte Bence T. also groß seine angeblich bestandene Prüfung mit seinen Freunden - und dann?
Nach Darstellung der Verteidigung wusste die Tante von dem Studienabbruch; zu welchem Zeitpunkt nach der (Fake)"Abschlussfeier" erfuhr sie davon?

Meiner Meinung nach gar nicht. Ich vermute, es sind Schutzbehauptungen. Aber selbst wenn sie es wusste, heißt das nicht, dass Bence dann nicht doch der Mörder sein könnte. Man bedenke nur, dass Frau Böhringer gerade mal wieder der Meinung hätte sein können, dass er ohne das Studium nun wirklich kein würdiger Nachfolger sei und dass es dann auch keine finanzielle Unterstützung mehr gäbe. Und dann? Dann hätten alle erfahren, dass er ein "kleiner Loser" ist... Ich sage es gewollt überspitzt, aber er hätte nicht nur das Gesicht vor seiner Tante verloren, nein, auch vor allen anderen, die nichts davon wussten und ihm wichtig waren. Familie, Verlobte, Freunde.
Fakt ist: Die Fassade wäre vermutlich bald zum Einsturz gekommen, wäre es da nicht besser, diejenige zu beseitigen, die als einzige von dem vermasselten Studium wusste und sich an ihrem Erbe zu bereichern, um die Fassade wenigstens vor allen anderen weiter aufrecht erhalten zu können? Also wie man es dreht und wendet, Bence stand unter enormem Druck erwischt zu werden. Ob es die Tante nun wusste oder nicht.
Wo hat er sich eigentlich immer herumgetrieben, wenn er angeblich Examen geschrieben hat oder in der Uni gewesen sein will? Denke, so ein Doppelleben ist schwer. Da fällt es mir leicht zu glauben, dass so jemand auch mal den Parkautomaten plündert, um seinen Lifestyle aufrecht zu erhalten.

Ob und wann sie davon erfuhr, ob von einer Unterbrechung oder sogar dem Abbruch, halte ich auch für gar nicht so entscheidend.
Vielleicht hätte Charlotte Böhringer ihrem Neffen auch ohne ein abgeschlossenes Jurastudium die Geschäftsführung der Parkgarage anvertraut. Aber selbst wenn, hätte sie ihm sein Versagen (und die Diebstähle) nicht bei jeder sich bietenden Gelegenheit unter die Nase gerieben? Ihn evtl. öffentlich bloßgestellt? Er wäre die nächsten ca. 20 Jahre ihren Launen und Anweisungen ausgesetzt gewesen - keine besonders schönen Aussichten. Hierin sehe ich die größere Motivation.
Und nach diesem schlimmen Verbrechen hätte jeder verstanden, wenn er sein Studium nicht beendet hätte, die Lüge wäre dann nie aufgedeckt worden.

muscaria schrieb:Und nach diesem schlimmen Verbrechen hätte jeder verstanden, wenn er sein Studium nicht beendet hätte, die Lüge wäre dann nie aufgedeckt worden.

Dem Angeklagten ging es wohl hauptsächlich um Prestige und einen gehobenen Lebensstandard. Über den herkömmlichen Weg einer beruflichen Karriere hätte er das nicht mehr erreichen können, nachdem er mit Ende 20 sein Studium endgültig an die Wand gefahren hatte und beruflich vor dem Nichts stand. Es blieb ihm nur noch der Weg über das Erbe - und das war ebenfalls gefährdet.
Menschen die unter derartigem existenziellem Druck stehen (ihm drohte ja nicht nur der finanzielle Ruin sondern auch ein kompletter Gesichtsverlust) ist vieles zuzutrauen.

@muscaria schrieb:

muscaria schrieb:Und nach diesem schlimmen Verbrechen hätte jeder verstanden, wenn er sein Studium nicht beendet hätte, die Lüge wäre dann nie aufgedeckt worden.

Angeblich hatte er aber schon vorher mit Freunden sein "bestandenes Examen" gefeiert - sich also ihnen gegenüber als jemand präsentiert, der sein Studium schon beendet hat.

Den Aussagen zufolge, hatte er ja "nur" das erste Staatsexamen gefeiert - ich finde, dass er auf die steuerliche Einstufung als Beamter hingewiesen hat, wollte er den Eindruck erwecken, er würde eine höhere Laufbahn im Justizdienst antreten - ansonsten würde dies keinen Sinn ergeben und diese konnte er nur durch das Bestehen des zweiten Staatsexamens erreichen.

@KonradTönz1 schrieb:

KonradTönz1 schrieb:Dem Angeklagten ging es wohl hauptsächlich um Prestige und einen gehobenen Lebensstandard. Über den herkömmlichen Weg einer beruflichen Karriere hätte er das nicht mehr erreichen können, nachdem er mit Ende 20 sein Studium endgültig an die Wand gefahren hatte und beruflich vor dem Nichts stand. Es blieb ihm nur noch der Weg über das Erbe - und das war ebenfalls gefährdet.
Menschen die unter derartigem existenziellem Druck stehen (ihm drohte ja nicht nur der finanzielle Ruin sondern auch ein kompletter Gesichtsverlust) ist vieles zuzutrauen.

Interessanterweise nennt der brühmte Mordermittler Josef Wilfling bei Beziehungstaten "Angst" als ein sehr häufiges Motiv: Nämlich die Angst des Täters, durch die Handlungen des späteren Opfers etwas für ihn sehr Wichtiges zu verlieren: Geld, den Partner, den beruflichen Status, die soziale Stellung, usw.
Wilfling spricht auch von "sich zuspitzenden Ereignissen im Vorfeld der Tat".
Eine drohende Enterbung, verbunden mit - wie oben angeführt - der Angst vor dem totalen Gesichtsverlust beim Auffliegen des Schwindels mit dem Examen - da kann man sicherlich von "sich zuspitzenden Ereignissen" sprechen ...

@tayo
Was soll er denn im Justizdienst als Parkhausmanager in spe?

Ich stimme Josef Wilfling zu - Angst ist häufig ein Motiv - in Verbindung mit unterschiedlichen Konstellationen - die sich dann zuspitzen können.

Warum hat sich der Neffe über Jahre angebliche Demütigungen gefallen lassen - wohl nur aus dem Grunde, dass er das Millionen-Erbe antreten kann. Wenn ihm das Erbe nicht so wichtig gewesen wäre, hätte er sich ja anders verhalten können und sich sich nicht der strengen Meinung seiner Tante untergeordnet. Aber er wollte den Eindruck erwecken, dass er alle Voraussetzungen erfüllt, irgendwann das Erbe anzutreten.

@CleoWinter

Parkhausmanager wollte er werden, aber vorher musste er seine Tante vom Bestehen des Jurastudiums überzeugen - und wenn er ihr mitgeteilt hat, sie kann ihn als Beamter einstufen, suggeriert dies, dass er eigentlich auch das zweite Staatsexamen mehr oder weniger in der Tasche hat - auch wenn evtl. noch einige Prüfungen ausstehen

Geht jemand auf die pk nächste woche? Bzw. wird die auf probence.de eingestellt?

Aber Beamter wirst du doch erst nach dem Studium und nach dem Referendariat, wenn du es in den Justizdienst schaffst und das sind die Wenigsten. Und was sollte er im Justizdienst, wenn er doch das Parkhaus leiten will? Ich verstehe das nicht, ist aber auch egal.

Ich persönlich verstehe es auch nur dahingehend, dass er seiner Tante was vormachen wollte - möglicherweise, um sie zu beruhigen und um die ganze Situation etwas abzumildern.

@tayo
In den Presseberichten steht es auch so, wie du es schreibst:

Dem Zeugen erzählte er, das 1. Staatsexamen absolviert und Angebote aus einer Wirtschaftskanzlei zu haben. Tatsächlich soll er den Ermittlungen zufolge die zulässige Studiendauer überschritten und sich gar nicht mehr zur Prüfung angemeldet haben.
...
Ein Zeuge berichtete im Prozess davon, wie T. ein angeblich bestandenes erstes Examen im Kollegenkreis mit Weißwürsten und Bier gefeiert habe.
...
Der Angeklagte habe das von ihr finanzierte Jura-Studium abgebrochen und vorgetäuscht, sein zweites Staatsexamen stehe unmittelbar bevor.

Das überschreiten der Dauer muss einer Frau, wie Frau CB doch aufgefallen sein.
Ausserdem hatte sie sicher Kontakte, die das rausfinden hätten können. Wenn sie stets auf Kontrolle auswar, warum sollte sie bei der Person, die später alles bekommen soll nachlässig gewesen sein?