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Welches Buch lest ihr gerade?

7.166 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Bücher, Lesen, Literatur ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

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18.04.2021 um 18:14
Zitat von .lucy..lucy. schrieb:Grausame Nacht:
von Linda Castillo
Hast Du die Simmel-Bücher alle durch 😅?

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19.04.2021 um 20:01
Heute aus der bücherkiste geholt und später als abendlektüre gedacht.

Der papalagi
Die reden des südseehäuptlings tuiavii aus tiavea

Übersetzt von erich scheurmann

Diese reden waren nicht als lektüre für den europäischen leserkreis gedacht, sondern tuiavii wollte sich damit an sein volk wenden. Ende des 19.jahrhunderts reiste er nach europa und schildert seine eindrücke von dieser reise und den europäern, um seine landsleute zu warnen.

Ich las das buch zum ersten mal vor etlichen jahren. Die reden zeigten mir den vollkommen anderen blick auf unsere zivilisation, und hinterliessen ein seltsam beschämtes und fremdes gefühl zu unserer zivilisation. Mal sehen, wie es heute auf mich wirken wird.


20210419 195100Original anzeigen (4,6 MB)


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19.04.2021 um 22:39
Fritz Georg von Graevenitz - Argument Europa

Graevenitz

Mit diesem Werk tauchte ich in für mich unbekanntere Gewässer ein, und zwar in die agrarpolitische Geschichte oder genauer, wie der Untertitel sagt, in den Internationalismus in der globalen Agrarkrise der Zwischenkriegszeit (1927–1937).

Die Schwerpunkte dieser Doktorarbeit werden einerseits bei den europäischen Agarorganisationen gesetzt, andererseits beim Weizen- und Zuckerhandel. Der Zeitrahmen ist höchstinteressant: die Zeit der Weltwirtschaftskrise und des Aufkommens des europäischen Faschismus und Nationalsozialismus.

Die Gegensätze sind vielfältig. Einerseits versucht der Völkerbund in Genf eine liberale Wirtschaftspolitik aufrechtzuerhalten, andererseits arbeitet die Internationale Agrarkommission (CIA) mit Sitz in Paris, die Forderungen der nationalen Interessensverbände der europäischen Bauern durchzusetzen. Diese sind stark protektionistisch ausgerichtet, um die europäischen Bauern in ihren Ländern zu schützen. Diese konservative, zum Teil nationalistische Internationale möchte innerhalb Europas Präferenzverträge mit Quoten und eine Zollabschottung gegenüber außereuropäischen Exportländern durchsetzen. Liberale Meistbegünstigungsklauseln werden strikt abgelehnt. Dieser Dachverband privater Interessensvereinigungen betreibt massive Lobbyarbeit beim Völkerbund und kann sich letztlich 1933 mit dem internationalen Weizenabkommen und 1931 wie 1937 mit internationalen Zuckerabkommen durchsetzen, in denen Marktintervention über das freie Spiel der Kräfte gesetzt wird. Mit unterschiedlichen Resultaten, bis hin zu Revolten wie 1933 in Kuba wegen der Reduktion der Zuckeranbauquoten.

Interessant auch das ideologische Bild des europäischen Bauern, das von der CIA propagiert wird, der mit seiner Familie auf seiner Scholle arbeitet. Dieser Slogan wurde von den Nationalsozialisten übernommen, die sich überhaupt sehr in der CIA engagierten. Ihr Ziel war, über die CIA Einfluss in die Wirtschaftspolitik vor allem osteuropäischer Staaten zu erhalten, ein Ziel, das schließlich mit Panzern versucht worden ist zu erreichen, eine Alternative, die Ribbentrop als Botschafter in London bei einer Wirtschaftskonferenz bereits 1937 unverblümt angesprochen hat.

Diese Politik der CIA wurde nach 1945 von der Nachfolgeorganisation CEA (Europäische Agrarföderation) innerhalb der EG weitergeführt: Marktintervention, geregelter Handel, kleinbäuerliche Strukturen. Zu Hilfe kam die Abschottung Osteuropas durch die kommunistischen Machtübernahmen, wodurch Konkurrenten vom Markt ausgeschlossen waren. Auch erlaubt GATT das Aussetzen der Meistbegünstigungsklausel, wenn innerhalb eines Staatenbundes Zölle gesenkt oder abgeschafft werden. Somit war auch die äußere westliche Konkurrenz gebannt.

Vorgestellt wird auch das 1905 von einem US-Bürger in Rom gegründete Internationale Agrarinstitut, mit dem zunächst Mussolini die Macht der CIA in Europa brechen wollte, indem er bewusst die Agrarwirtschaft global arrangiert haben wollte. Dies gelang nicht, da die CIA ihre eigenen Leute in Führungspositionen bringen konnte. Fortan setzte das Institut Schwerpunkte auch auf Standardisierungen von Qualität (bei Wein und Käse zum Beispiel) und fand seinen Nachfolger in der Food and Agricultural Organization (FAO).


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20.04.2021 um 09:05
@nairobi
:D Nein, ich hab noch 4 hier liegen. Ausser bis auf 2 Bücher mit Widmungen meines verstorbenen Mannes, hatte ich beim Umzug alle Bücher weggeworfen. Ich hab alle Simmel Bücher neu gekauft. Seltsam, ich kann mich kaum an das erinnern, was ich vor über 30 Jahren gelesen habe
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Eine verräterische Spur:


von Tami Hoag

Ein unaussprechliches Verbrechen und nur ein Kind als Zeuge …


Neben der Leiche von Marissa Fordham wird ihre kleine Tochter gefunden – schwer verletzt, aber wenigstens noch am Leben. Detective Tony Mendez und die Kinderanwältin Anne Leone tauchen in das Verbrechen ein. Detail um Detail aus Marissas Leben kommt ans Licht, bis sie auf ein Geheimnis stoßen, das sie unmittelbar ins Visier des Killers manövriert. Denn was er zu verbergen sucht, ist die Tatsache, dass es in Wirklichkeit nie eine Marissa Fordham gab …


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20.04.2021 um 17:02
Zitat von osakiosaki schrieb:Diese reden waren nicht als lektüre für den europäischen leserkreis gedacht, sondern tuiavii wollte sich damit an sein volk wenden.
Ich habe diese Reden immer als unecht und gekünstelt empfunden. So, als ob ein Europäer versuchen würde, Europäern einen Spiegel vorzuhalten, indem er eben diesen einen "Wilden" als naturbelassen harmonisch und voller Lebensweisheit präsentiert, der die "Dummheiten" der Zivilisation sofort durchschauen würde.

Und siehe da, ich hatte offenbar recht. Das steht in WIKI (Hervorhebung durch mich):
Der Papalagi [...] ist ein Buch des deutschen Malers und Schriftstellers Erich Scheurmann, das die Reiseberichte eines fiktiven Südseehäuptlings enthält.
Quelle: Wikipedia: Der Papalagi

Es gab nie einen echten Papalagi. Diese Weisheiten sind weder weise noch echte Ansichten eines echten Südseehäuptlings.


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20.04.2021 um 17:07
@off-peak

Das ist wirklich interessant, Danke für den Hinweis :)

Jedoch unabhängig davon, halte ich das Buch für lesenswert. Eine Gesellschaftskritik, die zum nachdenken anregt, wer auch immer der Autor gewesen ist.


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20.04.2021 um 19:56
Zitat von osakiosaki schrieb:Jedoch unabhängig davon, halte ich das Buch für lesenswert.
Aber schon erstaunlich, was die Gerüchteküche daraus gemacht hat.


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20.04.2021 um 20:30
@off-peak

man sollte auch die Zeit bedenken, in der sein Buch entstand. Damals herrschte ja großes interesse an den Völkern der Südsee und anderen "Naiven". Das allerdings in der neueren Zeit niemand darauf kam, daß es diesen Papalagi nicht gab, finde ich allerdings sehr erstaunlich. Und ich bin auch darauf reingefallen. Na ja, damals gab es Wikipedia auch noch nicht ;)


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20.04.2021 um 21:45
Zitat von osakiosaki schrieb:Das allerdings in der neueren Zeit niemand darauf kam, daß es diesen Papalagi nicht gab, finde ich allerdings sehr erstaunlich
Wie schon gesagt, ich las den "damals" (lang, lang ist´s her ;) ) und es kam mir gleich komisch vor. Aber so ohne WIKI wusste ich es auch nicht genau.


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21.04.2021 um 00:13
Ian Fleming - Casino Royale

Fleming-Casino Royale

Dies ist das erste Buch der Bond-Reihe, das im Original 1953 erschien. Ich habe die Neuübersetzung von Stephanie Pannen und Anika Klüver, die 2012 beim Cross Cult Verlag erstmals als ungekürzte Fassung vorgelegt wurde, gelesen.

Ich kenne die Filme und weiß, dass dieser Band es nie in die originale Filmserie gebracht hat, und beim Lesen muss sich auf zwei Aspekte eingestellt werden: Ja, es ist ein Kind der 50er Jahre mit ihren Klischees, und nein, es ist keine Klischeebombe. Fleming greift Elemente der Trivialliteratur auf, er zerschmettert sie jedoch auch.

Das typische Setting ist vorhanden: Ein mondäner fiktiver Ort an der französischen Atlantikküste der Normandie, ein Casino, in dem um Unmengen von Geld gespielt wird. Bond hat den Auftrag, Le Chiffre, einen französischen Sowjetagenten, der 50 Mio Franc, die der kommunistischen Gewerkschaft gehören, bei einer Bordellspekulation verloren hat und beim Baccara-Spiel zurückgewinnen will, in den Ruin zu treiben. Was ihm mit Hilfe von Geldern seitens des britischen und US-amerikanischen Geheimdienstes bei einem selbstverständlich spannenden Spielchen mit Höchsteinsätzen gelingt. Bond ist der mondäne Held einer mondänen Welt, seine zugeteilte Partnerin eine aparte Schönheit, jedoch ... kein Püppchen. Ihr Name: Vesper Lynd.

Was jedoch danach im zweiten Teil folgt, fällt nicht mehr unter die Kategorie Familienunterhaltung. Bonds Partnerin wird von Le Chiffre und zwei seiner Schergen entführt, Bonds Wagen läuft bei der Verfolgung auf einen Stahlnagelteppich auf, und Bond wird auch gleich mitkassiert. Die Folterungen, denen Bond ausgesetzt ist, um das Versteck des Schecks von über 40 Mio Francs zu verraten, werden seitenweise en detail beschrieben, und diese zielen auf seine privaten Körperteile ab. Gerettet wird er durch ein Mordkommando des sowjetischen Militärgeheimdienstes SMERSch, der den unzuverlässigen Le Chiffre aus dem Weg räumen soll (ein Akronym aus Smert špionam = Tod den Spionen und ein Geheimdienst, der bis 1946 existierte, aber nicht mehr im Jahr 1951, in dem der Roman spielt, aber vermutlich wusste Fleming das nicht). Warum die selbst bei Bond nicht nach dem Geld suchen, bleibt ein Geheimnis.

Bond wird von besten Geheimdienstärzten gesundgepflegt und zieht mit seiner Partnerin in ein nettes Hotel am Strand, ein typisches Bond-Ende ist erwartet, doch es läuft anders. Lynd wird zusehends nervöser, versucht Leute zu kontaktieren, und als ein Schweizer Uhrenvertreter mit Augenbinde und schwarzer Limousine zum zweiten Mal im Hotel zu Mittag isst, nimmt sie sich mittels einer Überdosis Schlaftabletten das Leben.

In einem Abschiedsbrief offenbart sie Bond, dass ihr polnischer Verlobter, der im Zweiten Weltkrieg bei der RAF kämpfte und nach dem Krieg als britischer Agent nach Polen beordert wurde, dort gefangen genommen wurde. Der kommunistische Geheimdienst stellte sie vor die Wahl: entweder wird ihr Verlobter hingerichtet, oder sie liefert als Doppelagentin Informationen an die Sowjets. Sie entschied sich für zweiteres.

Um auf Klischees zurückzukommen. Im Krankenhaus reflektiert Bond über seine Rolle als "Guter". Gut-Böse sei nur subjektiv und relativ, die andere Seite sieht es als gut an, eine Gewerkschaftsbewegung mit Geld zu stützen. Außerdem habe er bei den beiden Aufträgen, die ihm den 00-Code einbrachten, genauso kaltblütig und gezielt getötet wie die SMERSch-Leute. Der Unterschied sei, er jage nicht eigene abtrünnige Agenten. Fleming lässt aber durchaus die Frage offen, wie Bond gehandelt hätte, wenn er von der Doppelagententätigkeit Lynds erfahren hätte, als sie noch lebte. Diese Option wollte er offensichtlich dann doch nicht durchspielen.

Und was Vesper Lynd als Frau anbelangt, sie ist in diesem Roman nicht als "Bond Girl" der Filme konzipiert. Auch wenn die erotischen Szenen sprachlich etwas holprig daherkommen (da müsste ich das Original checken, ob das Fleming oder dem Übersetzerpaar zuzuschreiben ist), es wird eine selbstbewusste, intelligente, rational handelnde Frau präsentiert, die jedoch auch nichts dagegen hat, sich als Schönheit zu präsentieren, wobei sie zugibt, dass sie diesen Wunsch nach mondäner Schönheit in geliehenen sündteuren Kleidern nur deshalb ausleben kann, weil ihr der britische Geheimdienst für diesen Auftrag sowie eine Freundin aus der Modebranche die Möglichkeit böten.

Letztlich ist es ein Thriller, der sich um einiges komplexer und tiefgehender entpuppt hat, als ich von den Filmen her vermuten durfte. Kritik an der Sowjetunion beschränkt sich letztlich darauf, dass ein militärischer Geheimdienst auch dafür eingesetzt wird, um abtrünnige oder nicht funktionierende Agenten zu liquidieren und die aktiven unter ständiger Angst zu halten. Durchaus historisch nicht falsch.

Das Geschlechterverhältnis entspricht durchaus den 50er Jahren, auch die Sicht Bonds auf Frauen, jedoch wird auch diese Sicht reflektiert. Aus heutiger Perspektive vielleicht nicht sehr tiefgehend, aber doch auffällig.

Wen mal interessiert, wie sich ein Fleming-Bond lesen lässt, ist dies durchaus ein nicht uninteressanter Einstieg. Aber Vorsicht: die Folterszenen sind nur wenig kaschiert. Und: diese Übersetzung ist ungekürzt, bei früheren Übersetzungen scheinen explizite Gewaltdarstellungen und auch Hinweise auf die Resistance, aus der Le Chiffre kommt, gestrichen zu sein.


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22.04.2021 um 15:53
Eine verräterische Spur:


von Tami Hoag

Wie immer sehr gut, spannend.....

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Das Echo der Schuld:
von Charlotte Link

Vertraue niemals einem Fremden, ganz egal, wie nett dieser zu dir ist …

In tiefer Nacht sinkt ein Boot vor der Küste Schottlands. Nichts als ihr Leben können die deutschen Aussteiger Nathan und Livia Moor retten. Von der Engländerin Virginia Quentin und deren Mann werden sie mit dem Notwendigsten versorgt, doch dann folgt der undurchsichtige Nathan Virginia ungebeten in das Zuhause der Familie nach Norfolk. Virginia, die ihn anfangs nur aufdringlich findet, öffnet sich ihm bald mehr als je zuvor einem anderen Menschen. Dann geschieht das Unfassbare: Virginias siebenjährige Tochter verschwindet spurlos …

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23.04.2021 um 13:18
Heinz Strunk - Der goldene Handschuh

Strunk-Handschuh

Der Hamburger Schriftsteller Heinz Strunk stellt in seinem 2016 erschienenen Roman den Hamburger Serienmörder Fritz Honka (vier Frauenmorde von 1970 bis 1974) in den Mittelpunkt, dessen Leben und Morden aus seiner Perspektive versucht wird zu rekonstruieren. Wir lernen:

- Honka floh aus der DDR
- Im Westen arbeitete er bei einem Bauern, der ihn schlug und folterte
- Honka floh nach Hamburg, war Werftarbeiter und soff in der Freizeit im Lokal Der goldene Handschuh
- Jobverbesserung als Nachtwächter im Shell-Gebäude.
- Er schleppte ältere Frauen ab, von denen er vier im Suff ermordete, weil ihn was an ihnen störte

Was will Strunk mit diesem Tatsachenroman (dieser Dokufiktion)? Die Ursachen, das Warum herausfinden? Schauen wir mal:

- Als Kind und Jugendlicher Gewalt ausgesetzt. Check.
- Physisch benachteiligt und Minderwertigkeitsgefühle? Sprachfehler, schielt. Check.
- Sozial deklassiert? Hat trotz Suff regelmäßig Arbeit. Nope.
- Alkoholiker? Massiv. Check.
- Toxische Männlichkeit? Enormer Sexualdrang. Check.
- Psychopath? Setzt seine augenblicklichen Wünsche um, ohne zu reflektieren. Check.

Kontrastiert wird Honka mit zwei Männern aus einer wohlhabenden Reederfamilie.

Karl von Lützow (etwa 50) setzt seine sadistischen Anwandlungen auch gegen den Willen seiner Sexualpartnerinnen um. Bremst sich grade noch ein, bevor es lebensbedrohlich wird.

- Als Kind und Jugendlicher Gewalt ausgesetzt. Unbekannt.
- Physisch benachteiligt und Minderwertigkeitsgefühle? Nope.
- Sozial deklassiert? Ist reich mit Villa und Privatgärtner. Nope.
- Alkoholiker? Massiv. Check.
- Toxische Männlichkeit? Enormer Sexualdrang. Check.
- Psychopath? Setzt seine augenblicklichen Wünsche um, ohne zu reflektieren. Check.

Wilhelm Heinrich von Dohren (17, Gymnasiast).

- Als Kind und Jugendlicher Gewalt ausgesetzt. Nope.
- Physisch benachteiligt und Minderwertigkeitsgefühle? Noonan-Syndrom, von Akne gequält. Check.
- Sozial deklassiert?. Wächst in reicher Familie auf. Nope.
- Alkoholiker? Nope.
- Toxische Männlichkeit? Enormer Sexualdrang. Onaniert mehrfach am Tag. Check.
- Psychopath? Kann seinen Sexualdrang gegenüber Petra am Ende bezähmen. Nope.

Was ist diesen drei Männern gemeinsam? Ein unbändiger Sexualdrang. Was ist den beiden gemeinsam, die ihre Sexualfantasien ungehemmt ausleben? Massiver Alkoholkonsum. Womit die Grunddisposition biologisch ist (bei allen dreien), das psychopathische und gewaltsame Ausleben der Sexualfantasien auf Alkohol zurückzuführen ist. Gewalterfahrung als Kind oder Jugendlicher bzw. soziale Deklassierung scheidet als Ursache aus. Auch körperliche Behinderung. Eigentlich sehr einfach gestrickt.

Was bleibt vom Roman? Eine elendslange, voyeuristische Freakshow der Deklassierten im Lokal Der goldene Handschuh (das gibt es wirklich), die alle irgendwelche körperliche Beeinträchtigungen haben, seelische sowieso, und eine ebenso lange Schilderung der Innen- und Außenwelt Honkas. Nicht weniger voyeuristisch.

Interessanterweise verreißt die Kritik Fatih Akins Verfilmung aus ebendiesen Gründen, es sei eine Freakshow, während Strunks nicht weniger voyeuristische Freak-Roman in höchsten Tönen gelobt wurde und wird. Warum? Es ist ein Pageturner, Strunk kann schreiben. Aber mehr hole ich aus dem Roman nicht raus und bin eigentlich froh, dass er wieder aus ist. Albträume habe ich auch keine bekommen. Empathie oder gar Schrecken kommt nicht auf, auch wenn geschildert wird, wenn die ermordeten Frauen zerschnitten und zersäbelt werden bzw. die Leichenteile in eine Abstellkammer gestopft werden.


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23.04.2021 um 17:56
Zitat von NarrenschifferNarrenschiffer schrieb:Empathie oder gar Schrecken kommt nicht auf, auch wenn geschildert wird, wenn die ermordeten Frauen zerschnitten und zersäbelt werden bzw. die Leichenteile in eine Abstellkammer gestopft werden
Warum nicht?


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23.04.2021 um 18:10
Zitat von NarrenschifferNarrenschiffer schrieb:das psychopathische und gewaltsame Ausleben der Sexualfantasien auf Alkohol zurückzuführen ist.
Oder umgekehrt. Oder auch das massive Ausleben von Alkoholismus ist eine Folge vom psychopathisch sein.
Dazu gehört ja definitiv, sine Bedürfnisse nicht zurück halten zu können, seien es sexuelle oder Süchte.
Zitat von nairobinairobi schrieb:Warum nicht?
Sie waren schon tot.


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23.04.2021 um 18:23
Zitat von nairobinairobi schrieb:Warum nicht?
Weil er die Opfer vorher schon entmenschlicht, nur als Objekte und Opfer darstellt. Alles aus Honkas Perspektive, aus der alles logisch ist. Wie in einem Tatort oder sonstigen Fernseh-Trivialkrimi: da sind die Opfer ja auch nur Vehikel für eine Story.

Ich habe mir heute Nachmittag Akins Verfilmung auf Netflix gegeben, dem genau das vorgeworfen wurde. Ja, es ist so. Nur: Seine Verfilmung entspricht exakt meinem Kopfkino während des Lesens. Er hat Strunk definitiv nicht falsch verstanden.
Zitat von off-peakoff-peak schrieb:Sie waren schon tot.
Das kommt vielleicht dazu, aber auch die beschriebenen Morde sind mir nicht nahegegangen. Bei einem Thriller mag das noch durchgehen, aber es handelte sich um reale Frauen.

Hier mal eine Mordszene. Sie ist kurz, ausschließlich aus der Sicht Honkas, die Frau ist irgend ein Ding im Off. Empathiemöglichkeit wie bei Columbo: gar nicht vorhanden. Strunk zieht das komplett durch. Akin ist da nicht so brutal entmenschlichend beim Filmen, aber ihm wird das vorgeworfen. Textausschnitt im Spoiler
„Mit den Händen will er ihre Qualen spüren, den Übergang in den Tod will er genau beobachten, keine Einzelheit verpassen. Zudrücken-loslassen-zudrücken-loslassen, bis der Drang zu würgen übermächtig wird. Ihr ganzer Körper beginnt zu zucken, als ob sie mit elektrischem Strom in Berührung gekommen wäre, sie strampelt mit den Füßen, dann ist es endlich vorbei.“

Auszug aus: Heinz Strunk. „Der goldene Handschuh.“ Apple Books.



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23.04.2021 um 18:31
Zitat von NarrenschifferNarrenschiffer schrieb:Empathie oder gar Schrecken kommt nicht auf, auch wenn geschildert wird, wenn die ermordeten Frauen zerschnitten und zersäbelt werden
"Keine Empathie" wäre noch nicht das Schlimmste, schlimmer wäre es wenn die Massaker als Entertainment für den Zuschauer/ Leser dargestellt werden.


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23.04.2021 um 18:42
Zitat von parabolparabol schrieb:schlimmer wäre es wenn die Massaker als Entertainment für den Zuschauer/ Leser dargestellt werden
Keine Ahnung, was die Intentionen von Strunk waren. Auch bin ich in Sado-Literatur nicht bewandert, ob er Klischees von dort übernimmt. Mir ist nur aufgefallen, dass die fiktiven Personen relativ blass bleiben, und Honka ist ihm voll gelungen. Da gibt es die Passage, als Honka Schritt für Schritt sich in eine Putzfrau im Shell-Haus "verliebt", mit ihrem Mann in der Nachtwächterloge feiert, und als der mal kurz weg ist was kaufen, sie vergewaltigen will. Dies ist so konsequent aus der Sicht Honkas aufgebaut, dass es einem logisch erscheint, dass er das jetzt "muss", weil er recht hat, dass sie von ihm eine sexuelle Advance erwartet. Die Frau ist wieder nur Objekt. Keine Empathie möglich, Strunk zieht einen in das verquere Denken von Honka rein.


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24.04.2021 um 18:54
Wer Trump im Knast sehen will, muss wohl lesen - in der Realität wird das eher nichts werden.


Marc Elsberg - Der Fall des Präsidenten:

Der ehemalige US Präsident Douglas Turner (man achte auf die Initialen) wird in Griechenland aufgrund eines Haftbefehls des internationalen Strafgerichtshofs verhaftet. Und sofort bricht die Hölle los, die Amerikaner machen auf allen Ebenen Druck, damit die Griechen Turner wieder frei lassen.
Keine große Literatur, aber ganz unterhaltsam. Auch wenn man grundsätzlich ahnt, was die Amis in so einem Fall hinter den Kulissen alles versuchen, ist es doch interessant zu lesen und recht spannend geschrieben.


OIP.yzoz


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26.04.2021 um 06:14
Todesschiff:
von Yrsa Sigurdardóttir


Eine Luxusjacht treibt führerlos in den Hafen von Reykjavík – ein Geisterschiff. Wo sind die sieben Menschen, die eigentlich auf dem Schiff sein sollen? Gerieten sie in Seenot und treiben jetzt draußen auf dem Atlantik in einem Rettungsboot? Doch dann wird eine Leiche an Land gespült. Dieser Mensch ist eindeutig nicht im Wasser umgekommen. Wurde er auf dem Geisterschiff umgebracht?


todesschiff


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26.04.2021 um 14:46
Zitat von .lucy..lucy. schrieb:Reykjavík
Hafen von Reykjavík! Ah! Für einen Island und Schiffsreisen Fan immer Zauberworte. ;)
Hast mich inspiriert, habe es gerade mit Audible Hörbuchguthaben gekauft. :D


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