Brexit und danach?

Die letztes Jahr zurückgetretene Entwicklungsministerin Priti Patel (Migrationshintergrund der indischen Minderheit in Uganda) schlägt daher auch vor, Irland mit Engpässen bei der Nahrungsmittelzulieferung zu bedrohen, sollte der backstop nicht zurückgenommen werden (Times of London).



https://www.bbc.com/news/world-europe-46488479

Außer Notverordnungen und Vorsichtsmaßnahmen scheint der Brexit für GB nichts zu bringen. :D

SomertonMan schrieb:Außer Notverordnungen und Vorsichtsmaßnahmen scheint der Brexit für GB nichts zu bringen. :D

Doch, das bringt noch mehr. Blut, Schweiß und Tränen! Sie werden die Zölle an den Stränden erheben...

Gerüchteweise soll die für morgen angesetzte Abstimmung vorübergehend ausgesetzt sein, am Nachmittag soll eine Klärung folgen. Hintergrund könnte sein, dass die EU zu "Konzessionen" bereit sei, allerdings nicht zu dem Austiegsvertrag, sondern nur zu der rechtlich unverbindlichen politischen Willenserklärung.

Sieht mal wieder nach der typischen Strategie Mays aus, an ihrem Posten zumindest noch einige Tage lang festzuhalten, indem Entscheidungen hinausgeschoben werden, auch wenn keine Änderungen an der Situation zu erwarten sind.

Trotz der EuGH-Entscheindung an diesem Morgen, dass das UK das Ausstiegsersuchen einseitig zurückziehen kann, fällt das Pfund also wieder auf dem tiefsten Stand seit 18 Monaten.

Alles, was May helfen könnte, wäre eine Änderung beim backstop.
Dazu wird es nicht kommen. Es nützt also nichts.

Wer hat das Gerücht denn verbreitet?

@sigbert

Ich verfolge das im Hintergrund im Guardian Liverticker

https://www.theguardian.com/politics/blog/live/2018/dec/10/brexit-deal-vote-latest-theresa-may-ecj-government-says-ecj-ruling-irrelevant-because-uk-leaving-eu-anyway-politics-live

U.a. ein Journalistin der BBC hat das auf Twitter gestellt, beruft sich auf Regierungskreise.

Ah, ich sehr es auch gerade bei n-tv..
BBC ist ja normalerweise nicht die schlechteste Quelle.

Arme Journalisten. Im Spiegel Online ist heute schon der vierte Artikel zum Brexit erschienen, mind. einer davon wurde dann wieder upgedatet - das alles noch bevor es überhaupt das offizielle Statement gibt.

Man muss sich schon sehr fragen, ob die britische Regierung überhaupt noch handlungsfähig ist - gegen den Willen der Abgeordneten die Abstimmung abzublasen ist letztlich schlimmer als eine krachende Niederlage, die spätestens dann eintreten wird, wenn für das Votum doch noch ein Termin angesetzt werden wird.

Man sieht hieran gut, wie damalige Wunschvorstellung und Realität aufeinander krachen. Ehrlich gesagt hätte ich gar nicht mit einem für das UK derartig günstigen Deal gerechnet, wie er jetzt (nicht mehr) zur Abstimmung steht.

Jetzt ist es zumindest offiziell: die Abstimmung ist bis zu einem unbestimmten Zeitpunkt vertagt. May möchte versuchen, von der EU Konzessionen zum backstop zu erhalten und gleichzeitig die Vorbereitungen für einen no deal vorantreiben.

Sie wird wissen, dass das nicht möglich ist, daher kann es ihr nur darum gehen, Zeit zu gewinnen, um entweder die Frist auslaufen zu lassen (dies kann auch ein Nachfolger übernehmen) oder zu hoffen, dass in letzter Minute das britische Parlament noch einknickt.

Die Abstimmung soll bis zum 21. Januar verschoben werden. Das ist die Höchstgrenze (21 Tage plus Winterpause).

Labour will erst danach einen Misstrauensantrag stellen, da Corbyn davon ausgeht, dass die Chancen dafür dann am Besten sind.

Möglich finde ich auch, dass May kurz zuvor freiwillig zurücktritt. Ein Misstrauensantrag gegen den Nachfolger wäre dann schwieriger zu begründen, und es wäre wertvolle Zeit gewonnen.

Es kann jetzt nur noch darum gehen, mit allen Tricks die Frist verstreichen zu lassen. Das Parlament müsste dann zähneknirchend den Deal annehmen oder eben verantwortlich sein, wenn die Menschen in Cornwall, die noch nicht Lebensmittel gehortet haben, Hunger leiden werden.

Man könnte das aber auch als Mißachtung des Parlamentes sehen. Eines Parlamentes, das jetzt ernsthaft seit Tagen dieses Thema debattiert hat, um zu einer Entscheidung zu kommen.
Und nun, als das Ergebnis nicht passen wird, wird das erst mal abgesagt, verschoben, um Druck zu erzeugen..

Der Speaker sagte dazu auch was in der Richtung.

@sigbert

Ich habe es in den englischen Medien so verstanden, dass die Verschiebung "informell" ist und daher kein Votum durch das Parlament benötigt.

Ingesamt ein Problem der fehlenden Verfassung, alles nur nach Gewohnheitsprinzip mit obskuren Präzedenzen.

Ohne Misstrauensvotum wird es schwierig, dagegen was zu machen. Und dann muss dieses erstmal gewonnen werden, die DUP wäre dann wieder für May, denn die DUP will unbedingt den no deal Brexit, lehnt daher nur den Deal ab.

Schwer zu sagen, was passiert.

Anaximander schrieb:Möglich finde ich auch, dass May kurz zuvor freiwillig zurücktritt.

Wie viel PM hatte Großbritannien in den letzten paar Jahren?

Man stelle sich so ein Chaos hier in Deutschland mal vor. Da läge die AfD wahrscheinlich mittlerweile bei 70 %.

Da sieht man mal, dass wir hier bei uns echte Luxusprobleme haben.

@SomertonMan

Wegen des Zweiparteiensystems hat man dort nur die Wahl zwischen AfD (der steht May in nichts nach) und der Linkspartei.

@Anaximander

Aber die Bevölkerung ist ruhig. Das einzige Theater, von dem man hört, ist im Parlament.

@SomertonMan

Doch es gab z.B. gestern Neonazimärsche pro Brexit in London und auch Protestmärsche dagegen.

Bestimmt horten auch einige nicht nur Lebensmittel, sondern auch gelbe Westen, aus welcher Richtung auch immer.

Interessante Randnotiz:

Ein Labour-Abgeordneter will erfahren haben, dass nicht nur die EU bereits 24 Stunden vor dem Parlament von dem aufgeschobenen Votum wusste, sondern auch dass die weitere von TM avisierte "assurance" bereits vor Wochen mit der EU abgesprochen und formuliert worden sei.

https://www.theguardian.com/politics/live/2018/dec/11/brexit-deal-latest-theresa-may-eu-juncker-tells-may-deal-could-be-clarified-but-no-room-whatsoever-for-renegotiation-politics-live?page=with:block-5c0fc542e4b0b950d12fac6c#block-5c0fc542e4b0b950d12fac6c

Das kann schon sein, demnach hat TM zunächst gehofft, mit unter 100 Gegenstimmen aus den eigenen Reihen zu verlieren, so dass sie mit der zuvor abgesprochenen Ergänzung nochmal abstimmen lassen kann. Unter dem Druck des no deals hätte sie sich dann Hoffnungen gemacht.

Das Problem könnte jetzt sein, dass bereits über 100 Abgeordnete der eigenen Reihen den Deal abgelehnt hätten, das war schon zuvor bekannt. Damit hätte eine erneute Abstimmung auch mit leicht überarbeitetem Text keinen Sinn mehr ergeben.

Dass sie jetzt ausgerechnet Merkel heute um eine Lösung bekniet, werden ihr die Brexiteers ohnehin nicht verzeihen. Ging es doch vielen auch darum, dem Gegner "Hitler-Deutschland" den Stinkefinger zu zeigen.

Jetzt schafft sie es noch nichtmal, selbstständig aus dem Auto zu steigen.

Theresa May gets locked in her car as she arrives to meet Merkel

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Wieder gerüchteweise sollen die notwendigen 48 Briefe zur Ansetzung des Amtsenthebungsverfahrens von Theresa May aus den eigenen Reihen entweder mittlerweile bereits eingegangen sein oder bis morgen eingehen.

Ganz schön viel Action zur Vorweihnachtszeit.

Einer Studie der britischen Kraftfahrergewerkschaft zufolge beträgt die durchschnittliche Zeit, die ein LKW benötigt, um den Vorgaben der britischen Regierung entsprechend den Zoll bei Dover zu passieren, 8 Stunden.

Betroffen sind 11.000 Lkws pro Tag.

https://www.theguardian.com/politics/2018/dec/11/dover-checks-would-take-eight-hours-per-lorry-in-no-deal-brexit

Eine Studie des King's College ist dagegen von 2 Minuten durchschnittlicher Wartezeit pro Lkw ausgegangen. Der Rückstau beträgt dann 30 Meilen (50 km), etwa das doppelte des Rückstaus an der Grenze zwischen Türkei und Bulgarien, wo - trotz Zollunion - die Wartezeiten dann 30 Stunden betragen.

Extrapoliert käme man also auf 14400 (30 * 8 * 60) Stunden bzw. 600 Tage (knapp 2 Jahre), die ein Lkw benötigt um von Calais bis hinter Dover zu gelangen.

Allerdings wird es im Ergebnis nicht ganz so schlimm sein, da mehrere Lkws die Formulare parallel ausfüllen können.