Bündnis 90/Die Grünen

@cejar

Ich wohne in einer Kleinstadt mit 12.000 Einwohnern in der Kernstadt. Auf einem Gebiet, dass im Verhältnis zur Kernstadt etwa 1:9 beträgt, leben weitere 10.000 Menschen im Stadtgebiet.

Unser größter Ortsteil beherbergt etwa 3000 Menschen, der kleinste 48 (!).

D.h. ich habe den kompletten Schnitt. Wenn du fragen hast, frag :D
Ich habe in der Kernstadt gelebt, in einem 300 Seelenkaff abseits, und z.Z. im zentrumsnahen Ortsteil mit 2800 Einwohnern.

cejar schrieb:Ernsthaft habe ich auch Probleme mir vorzustellen, wie es in einem 500 Mann Dorf so zugeht.

Oder in 10 Häuser Dörfern, die auf mehrere Kilometer verteilt sind, da es alles Höfe sind.
Das ist bei mir nicht so, aber gibt es im Umkreis mehrfach. Das Leben ist an sich nicht anders, die wohnen ja nicht hinter dem Mond, es kann halt nur sein, dass mal ne Kuh Mittagsschlaf auf der Strasse macht, oder in frühen Morgenstunden mal Wildschweine und Co über die Straßen im Wald rennen, man sollte also langsam fahren, weil nix Strassenbeleuchtung oder Mittelstreifen.
Viele sind selbständig als Winzer oder haben Ferienwohnungen, aber viele sind eben auch auf Autos angewiesen, weil ihr Arbeitsplatz 10-20 km entfernt liegt. Es gibt auch viele Pendler nach Luxemburg.
Und viele Neubaugebiete, die wahnsinnig teuer sind, selbst in Orten ohne ÖPNV oder Supermarkt. Dafür aber oft mit lokalen Ärzten, die auch mal nach Hause kommen, Bäckereien, Metzgereien, Milch, Käse und Eier vom Bauern, Handwerkern, Dorfläden etc Da kauft man seinen Fernseher beim lokalen Händler, der Kleinigkeiten auch mal für einen Schnaps repariert, dafür aber weiss, dass der nächste auch dort gekauft wird.
Theoretisch ein grünes Traumland samt Windkrafträdern etc.
Aber man benötigt 1-2 Autos pro Familie, ansonsten sitzt man fest.

bgeoweh schrieb:SO ungefähr sieht das System auch aus:

kommt mir vor, als wollen die das Rad neu erfinden.
Ich kenne eine Stadt, da gabs vor vielen Jahren - glaube sogar noch zu DDR-Zeiten - sogen. O-Busse (Oberleitungsbusse).
Sah so ähnlich aus wie bei diesem LKW auf deinem Foto.
Keine Ahnung, weshalb die dann abgeschafft worden waren, vielleicht war damals der Strombetrieb noch teurer als der Diesel?

Optimist schrieb:Keine Ahnung, weshalb die dann abgeschafft worden waren, vielleicht war damals der Strombetrieb noch teurer als der Diesel?

Unflexibel bei der Routenführung...zu dem reagieren Städler allergisch auf Drähte, diese seien häßlich.
Typischer: ich will das was vor meiner Tür in 2min Takt fährt, aber es soll mich optisch und akustisch nicht belästigen.

Abahatschi schrieb:Unflexibel bei der Routenführung...zu dem reagieren Städler allergisch auf Drähte, diese seien häßlich.

gilt doch alles auch für Straßenbahnen, aber diese gibts doch auch in den Städten zu Hauf?

Optimist schrieb:gilt doch alles auch für Straßenbahnen, aber diese gibts doch auch in den Städten zu Hauf?

Die Straßenbahn hat ein paar Vorteile: wegen der i.d.R. weitgehend separaten Streckenführung ist sie zu Stoßzeiten deutlich schneller als ein Bus der sich mit dem Restverkehr rumschlägt, und sie kann "nach oben raus" viel mehr Leute befördern weil du eine beliebige Anzahl Wagen anhängen kannst. Außerdem hast du genug Platz für Kinderwägen, Verkaufsautomaten usw.

Der O-Bus verbindet die Nachteile der Straßenbahn (Unflexibel usw.) mit den Nachteilen des Busses und gibt auch noch Bus-Vorteile (kommt in engere, gewundenere Straßen wie z.B. Altstädte) auch noch auf.

Das war mal so eine Notlösung, in der DDR gab es das (soweit ich weiß) weil sie beim Strom relativ problemlos liefern konnten (wenn auch aus Braunkohle erzeugt) aber Kraftstoff immer teuer und verhältnismäßig rar war (weswegen ja auch viel mit Kohle statt Heizöl oder Gas geheizt wurde) so dass der Elektrobus verhältnismäßig attraktiv war.

Hallo @alle !

Oberleitungsbusse und Oberleitungs - LKW haben noch einen weiteren Nachteil, der diese Lösung unatraktiv macht.
Die Stromabnehmer und die Leitung verschleißen im alltäglichen Gebrauch.

Gruß, Gildonus

@Gildonus
@bgeoweh
Aha, klingt alles plausibel.
Um so mehr wundere ich mich nun, wieso man diese Idee wieder aufgreift bzw. testet.

Hallo @Optimist , hallo @alle !

Optimist schrieb:Um so mehr wundere ich mich nun, wieso man diese Idee wieder aufgreift bzw. testet.

Vieleicht um nicht zugeben zu müssen keine Handlungsoptionen zu haben oder um Aktivitäten vorzutäuschen?
Oberleitungsbusse sind streng genommen ein ganz alter Hut, da ist man schon drauf gekommen, als es noch einen Kaiser gab.


Gruß, Gildonus

Optimist schrieb:Ich kenne eine Stadt, da gabs vor vielen Jahren - glaube sogar noch zu DDR-Zeiten - sogen. O-Busse (Oberleitungsbusse).

Du kannst damit nur Weimar oder Neubrandenburg meinen. In Eberswalde fährt der O-Bus weiterhin.
In Hoyerswerda ist das Netz nie in Betrieb gegangen und Berlin hat schon in den 70ern den O-Bus beerdigt.

Mit der heutigen Batterietechnik ist ein O-Bus nicht mehr notwendig.

Gildonus schrieb:Die Stromabnehmer und die Leitung verschleißen im alltäglichen Gebrauch.

Ach, und der Rest hält wohl ewig oder wie?

Verschleiss hat man an den Schleifleisten vom Stromabnehmer, der ja als Tauschteil genau so konstruiert wurde. So ähnlich wie die Bremsscheibe.

SvenLE schrieb:So ähnlich wie die Bremsscheibe.

Ähh, nein. Im Bremssystem ist der Klotz das Verschleißteil, sprich der weichere Verschleißpartner.

SvenLE schrieb:Mit der heutigen Batterietechnik ist ein O-Bus nicht mehr notwendig.

Ich widerspreche - die Batterie wiegt immer noch zu viel und auch wenn man rekuperiert ist der Energieverlust in einem O-Bus geringer.

Abahatschi schrieb:Ähh, nein. Im Bremssystem ist der Klotz das Verschleißteil, sprich der weichere Verschleißpartner.

Bei entsprechend hochmotorisierten Fahrzeugen ist auch die Scheibe de facto Verschleißteil aufgrund der enormen Energien, die da freiwerden ;)

Abahatschi schrieb:Ich widerspreche - die Batterie wiegt immer noch zu viel und auch wenn man rekuperiert ist der Energieverlust in einem O-Bus geringer.

Der O-Bus hätte auch im Winter nicht die bekannten Probleme mit der Heizung, und im Sommer mit der Klimaanlage.

SvenLE schrieb:Mit der heutigen Batterietechnik ist ein O-Bus nicht mehr notwendig.

Also bei uns in Wuppertal haben schon so manche herkömmlichen Busse ihren Geist an den Steigungen zu den Höhen aufgegeben.
Es bräuchte also schon reichlich E-Power. Ich bezweifele das E-Busse das schaffen würden.

Die Wasserstoffbusse schaffen das. Solingen hält sich zudem noch eine O-Bus Flotte.

Abahatschi schrieb:Ich widerspreche - die Batterie wiegt immer noch zu viel und auch wenn man rekuperiert ist der Energieverlust in einem O-Bus geringer.

Die Infrastruktur und Betriebskosten sind beim O-Bus nicht zu vernachlässigen. Die heutigen O-Busse fahren ja auch noch mit Dieselmotor herum, wenn es Streckensperrungen gibt.

Für das Nachladen von E-Bussen ist nur ein Bruchteil der Infrastruktur notwendig und hat aber trotzdem einen vollwertigen Bus.

Wer unbedingt Strippe haben möchte, sollte gleich auf die Straßenbahn setzen.

bgeoweh schrieb:.
Bei entsprechend hochmotorisierten Fahrzeugen ist auch die Scheibe de facto Verschleißteil aufgrund der enormen Energien, die da freiwerden ;)

So ein Auto will ich auch haben! :) ;)

SvenLE schrieb:Wer unbedingt Strippe haben möchte, sollte gleich auf die Straßenbahn setzen.

Da hast Du aber das Theater mit den Schienen: Schienen verlegen, warten, reinigen, austauschen.

Dazu Fahrradfahrer die stürzen wenn sie in die Lücke zwischen Schiene und Fahrbahn kommen. Fußgänger die stolpern. Autos die auf nassen Schienen schlechter bremsen. Straßenbahnen die Fußgänger und Radfahrer bei Kollisionen zerhäckseln.

Der O-Bus nutzt uneingeschränkt die Fahrbahn der restlichen Verkehrsteilnehmer.

SvenLE schrieb:Wer unbedingt Strippe haben möchte, sollte gleich auf die Straßenbahn setzen.

Cpt.Germanica schrieb:Da hast Du aber das Theater mit den Schienen: Schienen verlegen, warten, reinigen, austauschen.

diesen Aspekt hatte ich mir auch noch gar nicht überlegt.
Insofern kommt ja ein O-Bus im Vergleich zur Straßenbahn doch besser weg und ich muss bei folgenden Argumenten Einspruch erheben:

Gildonus schrieb:Die Stromabnehmer und die Leitung verschleißen im alltäglichen Gebrauch

ist bei der Straßenbahn auch der Fall.

Abahatschi schrieb:Unflexibel bei der Routenführung...zu dem reagieren Städler allergisch auf Drähte, diese seien häßlich.

bei Straßenbahn auch.

bgeoweh schrieb:Die Straßenbahn hat ein paar Vorteile: wegen der i.d.R. weitgehend separaten Streckenführung ist sie zu Stoßzeiten deutlich schneller als ein Bus

könnte man für Busse auch einführen. Die könnte man genau so wie eine Straßenbahn in der Mitte fahren lassen, halt nur ohne Schiene. Man könnte sogar an Haltestellen diese Spur vertiefen, wie auch bei manchen Straßenbahnhaltestellen, damit man mit Kinderwagen besser rein kommt.

bgeoweh schrieb:Die Straßenbahn hat ein paar Vorteile:...und sie kann "nach oben raus" viel mehr Leute befördern weil du eine beliebige Anzahl Wagen anhängen kannst

an einen O-Bus kann man auch Anhänger ran hängen.

bgeoweh schrieb:Außerdem hast du genug Platz für Kinderwägen, Verkaufsautomaten

einen Bus könnte man platzmäßig auch ähnlich wie eine Straßenbahn gestalten.

bgeoweh schrieb:Der O-Bus verbindet die Nachteile der Straßenbahn (Unflexibel usw.) mit den Nachteilen des Busses und gibt auch noch Bus-Vorteile (kommt in engere, gewundenere Straßen wie z.B. Altstädte) auch noch auf.

ein O-Bus könnte so konstruiert sein, dass er sich auch ohne Oberleitung fortbewegen kann, z.B. mit normalen E-Antrieb - dann könnte er bei Bedarf zu einem normalen Bus werden.

Alles in allem sehe ich gegenüber Straßenbahnen jetzt nur noch Vorteile.

Optimist schrieb:Alles in allem sehe ich gegenüber Straßenbahnen jetzt nur noch Vorteile.

Hat er aber nicht. Genau deswegen gibt es ja den Schienenbonus.

Bus entspricht "Beförderung unterster Standard":

1. Fahrkomfort schlechter als gegenüber Schienenverkehr
2. Hoher Verschleiss aufgrund Gummi - Asphalt
3. Höherer Energiebedarf (siehe 2)
4. Geringere Kapazität (Stundenleistung)
5. Größerer Platzbedarf für Eigentrasse (fehlende Spurführung).

Der Bus hat als Minimalangebot für den ÖPNV seine Berechtigung. Möchte man aber viele Menschen komfortabel fortbewegen, kommt man um die Schiene nicht herum.

@SvenLE
ach so, okay, also muss ich meine Meinung noch mal ändern.
Nun aber bleibend ;) ... kommen sicher keine Argumente mehr hinzu, mich noch mal umzustimmen.

abberline schrieb:Ich frag mich oft, ob manche Entscheidungsträger bei den Grünen überhaupt wissen, wie man auf kleinen Dörfern ohne grosse Stadt drumrum lebt. Das wirkt alles so urban gedacht

By the way: Ich lebe in so einem kleinen Dorf bzw. einer solchen Häuseransammlung - und das ohne Auto und als Grünen-Wählerin.

Ich will nicht abstreiten, dass so mancher ggf. ein Auto braucht, aber ich denke einen Großteil der Fahrten hier braucht es ganz sicher nicht. Nur weil der Arbeitsweg lang ist, muss ich z.B. nicht die geschätzten 1.500 Meter bis zum Briefkasten mit dem Wagen fahren usw. usf.

Lotte49 schrieb:By the way: Ich lebe in so einem kleinen Dorf bzw. einer solchen Häuseransammlung - und das ohne Auto

@Lotte49
Darf ich mal fragen, wie du das bewerkstelligst ohne Auto auf dem Dorf?
Ich lebe auch ohne Auto, aber in der Großstadt ist das aufgrund der guten Anbindung an den ÖPNV und anderer Infrastruktur wie Lieferdienste etc. kein Problem oder nur selten ein Problem.
Aber auf dem Land stelle ich mir das schwierig vor. Angefangen bei dem Problem zum Arbeitsplatz zu kommen.