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Gerd Michael Straten - Obdachloser auf Koblenzer Hauptfriedhof geköpft

4.740 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Friedhof, 2018, Koblenz ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Gerd Michael Straten - Obdachloser auf Koblenzer Hauptfriedhof geköpft

20.12.2020 um 19:52
Ich war Dezember 2017 wegen eines Fußballspiels in Koblenz, das leider wegen Schneefall ausfiel. Mir ist damals am seitlichen Ausgang am Hauptbahnhof am Backwerk eine unheimlich aggressive Szene aufgefallen. Da war ein blonder Typ, der andere schikanierte. Ich wollte selbst nicht bemerkt werden, weil dieser Typ angsteinflößend war. Die Szenerie am Hauptbahnhof war seltsam. Nicht leicht für einen wie Straten, sich dort zu behaupten.

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Gerd Michael Straten - Obdachloser auf Koblenzer Hauptfriedhof geköpft

20.12.2020 um 20:19
Was für eine Szene meinst du? Trinkerszene, Obdachlosenszene oder Fußballhools?
An Bahnhöfen trifft sich so einiges skuriles und zum Teil auch kriminelles Klientel. Damit wollte S. ja nichts zu tun haben und hing lieber wo anders ab.


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Gerd Michael Straten - Obdachloser auf Koblenzer Hauptfriedhof geköpft

20.12.2020 um 20:32
War wahrscheinlich Trinker- oder Drogenszene. Aber so aggressiv habe ich das noch in keiner Stadt erlebt. Auch beim Warten auf die Rückfahrt trieben sich im Wartebereich aggressiv wirkende Leute herum. Ein falscher Blick und...


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Gerd Michael Straten - Obdachloser auf Koblenzer Hauptfriedhof geköpft

20.12.2020 um 20:36
Zitat von SherlockJamesSherlockJames schrieb:Außerdem sind viele Werke verschollen gewesen
Welche und wie viele sind verschollen gewesen oder immer noch?

Im Besitz von den Originalbildern war er nicht.


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Gerd Michael Straten - Obdachloser auf Koblenzer Hauptfriedhof geköpft

20.12.2020 um 20:37
Zitat von SherlockJamesSherlockJames schrieb:Wenn es sich um die Werke des Koblenzer Malers Johann G. Müller handeln sollte, sind die hohe 5 stellige Summen, vereinzelt sogar 6 stellige Summen wert
Ja, eine Zeitlang, das kam daher, weil ein fanatischer Sammler dafür jeden Preis gezahlt hat. Der ist nun aber verstorben und ansonsten gibt es niemanden, der sich so sehr dafür interessiert. Gerade in den letzten 2-3 Jahren sind viele Müller-Bilder bei den Auktionen unverkauft geblieben, bzw. werden mittlerweile deutlich günstiger angeboten.


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Gerd Michael Straten - Obdachloser auf Koblenzer Hauptfriedhof geköpft

20.12.2020 um 20:54
Zitat von brigittschebrigittsche schrieb: Das sind sehr interessante Gedanken! Ich frage mich auch, was letztlich zu seiner Situation geführt hat, denn zumindest aus den Informationen die wir haben, und die ja sehr gefiltert sind, lässt sich das nicht entnehmen. Wenn es keine psychischen Probleme, Suchterkankungen o. Ä. gibt, dann ist diese Situation nicht recht erklärbar.
So, wie er dargestellt wurde, hat man das Gefühl, die Sesshaftigkeit war praktisch zum Greifen nah. Dennoch lebte der Mann jahrelang auf der Straße. Da fehlt ein Puzzlestück. Die Frage ist, ob es genau das Puzzlestück ist, das nun auch zum Mord fehlt. Dass es eine Seite, ein Aspekt gibt, der den bürgerlichen Freunden, die sich gemeldet haben, nicht bekannt war und die daher zu dem schrägen Bild führen, was man hat.
Zitat von SherlockJamesSherlockJames schrieb:Hass oder noch öfter Verachtung gegenüber Obdachlose gibt es leider zu oft aber was hier mMn. zum Problem wird ist, dass Straten nunmal nicht der stereotype "Penner" war, der in Lumpen gekleidet, besoffen Leute anbettelte und in irgendeinen Hauseingang schlief. Da fällt es selbst einen Obdachlosenhasser warscheinlich schwerer, ihn als Abschaum zu identifizieren.
Wenn er den Obdachlosenhass am Wohnort bzw. Übernachtungsort festgemacht hat, dann weiß er ggf. gar nicht, dass er keinen "stereotypen Penner" ermordert hat. Man weiß ja auch nicht - ließ Straten dort Dinge zurück - er ging ja sicher nicht mit Rucksack etc. durch die Stadt und ins Biocafé. Ließ er sie einfach da? Teilweise da, teilweise im Bankschließfach? Er ist eventuell auf den Ort aufmerksam geworden, ohne die Person Straten zu kennen?
Zitat von SherlockJamesSherlockJames schrieb:Dem sah man seine Obdachlosigkeit doch garnicht an, wenn man ihn nicht gerade auf dem Friedhof schlafen gesehen hat. Und wie wir beide übereinstimmen, verbarg er seine Situation und lebte nach außen hin bürgerlich.
Die Situation, die bekannt ist. Es werden sich primär die bürgerlichen Zeugen gemeldet haben. Vielleicht gab es noch eine ganz andere Seite und einen ganz anderen Bekanntenkreis, von denen man nichts weiß, wo auch die Motivlage zu suchen ist.
Zitat von SherlockJamesSherlockJames schrieb:Ich war das letzte mal vor zig Jahren auf einen Friedhof und das war tagsüber. Herr Straten wird da ja nicht den Großteil seines Tages verbracht haben, sondern nur zum Schlafen, somit werden ihn nicht viele registriert haben.
Koblenz ist nun nicht so groß - wenn man in speziell gesucht hat, hätte man ihn schon finden können, zumal er ja seinen Schlafplatz nicht geändert hat. Er wird schon einen einigermaßen gleichen Ablauf gehabt haben, d.h. möchte ich auf ihn warten, verstecke ich mich eben an der Festung und warte - ob er nun um 18 Uhr, 20 Uhr oder 22 Uhr zum Schlafen kommt, ist ja dann zweitrangig.

Bzw. der Täter hat ja ohnehin gewartet, bis er geschlafen hat - vielleicht schon mal davor vorbeigeschaut. Irgendwann machen auch die Biocafés und Zockerbuden zu, daher wird er schon eine Zeit gehabt haben, wo er da sicher anzutreffen war.
Zitat von SherlockJamesSherlockJames schrieb:Er war ja salopp gesagt Solo Selbstständig und machte genug Geld, um sich Transporter zu leasen, im Biomarkt einzukaufen, im Cafe zu sitzen, seine Mitgliedsgebühr für die Bibliothek zu zahlen und sogar in der Automatenspielothek zu zocken.
Man weiß nicht, wie viel davon Fassade und "Show" war - du hast ja auf dem Friedhof keine Wärme, kein Licht. Auch mit gutem Schlafsack ist es außerhalb diesen total ungemütlich. Das kennt man von Regentagen beim Camping. Man liegt in seinem Schlafsack, alles andere wird klamm und wartet auf besseres Wetter. Und da war es März.

Eine Bibliothek kostet monatlich 2-3€ Mitgliedsbeitrag, die Spielothek kann er auch dazu benutzt haben, Wärme zu tanken, ein kostenfreies Heißgetränk zu bekommen, den Abend kostenfrei oder billig zu verkürzen (die Nächte waren ja recht lang und unwirtlich). Er wird auch mit dem Transporter kein Vermögen erzielt haben. Es ist ja auch so, dass ihm auf dem Friedhof jede Infrastruktur fehlte: Kochen? Abwaschen? Da war es vermutlich einfach einfacher, den Kaffee to go zu holen.
Zitat von SherlockJamesSherlockJames schrieb:Eigentlich verrückt, wenn man bedenkt, dass manche ALG 2 Empfänger bescheidener leben müssen. Wenn er gewollt hätte, wäre er von der Straße weggekommen. Was hielt ihm also davon ab?
Ich glaube, du darfst dich von diesen Symbolen nicht leiten lassen. Er hatte ja viele Ausgaben nicht, die der normale Bürger hat (Miete, GEZ, etc. etc.). Dafür lebte er ein absolut minimalistisches Leben - draußen, ohne Besitz/ Rechte, praktisch geduldet, in einer wenig genutzten Ecke eines Friedhofs.

Der ALG2 Empfänger bezahlt eben auch Strom (den Straten nicht hatte), Heizung und andere Nebenkosten (die Straten nicht hatte), GEZ, ... und erhält dafür eine Bleibe, egal wie, sie ist mit Sicherheit besser als der Standard, den Straten für sich akzeptiert hatte.
Zitat von Philipp54Philipp54 schrieb: Das die Insolvenz nicht nur ein finanzielles Desaster war, ist schon seinen Bekannten und Freunden bekannt. Er war trotz privater und finanzieller Enttäuschung an Koblenz behaftet.
Vielleicht war er in dem Status auch "fossiliert" - es muss sehr schwer sein, wenn man durch die Straßen läuft und weiß "da habe ich mal gewohnt", "da wohnte Kunde X", "da war das Geschäft" - es muss ja sein, wie wenn man die Stadt durch Panzerglas sieht.

Vermutlich war die Perspektive "da möchte ich wieder hin" und auch Straten nahm es so wahr, dass er es wieder schaffen würde, daran anzuknüpfen - daher war vermutlich auch Koblenz so wichtig - er war "nicht fertig" mit dieser Stadt, er wollte wieder auf die andere Seite und in das andere Leben.

Und es gab etwas, dass ihn daran hinderte. Auch etwas, das ihn daran hinderte, Angebote der Wohnungslosenhilfe anzunehmen, andere Jobangebote anzunehmen ... Vielleicht hat er die Situation auch gar nicht akzeptiert? Es macht für uns ja auch rational keinen Sinn, weshalb er teures Bioessen aß, aber auf dem Friedhof nächtigte. Die meisten würden in der Situation Ravioli kalt aus der Dose löffeln und dafür eine bescheidene Kammer anmieten.
Zitat von Philipp54Philipp54 schrieb:Als nur "Gerede" abzutun, dass er sich wieder selbsständig machen wollte, bezweifle ich. Es kann sein, dass die Hürde dazu sein ganzen natürliches Leben lang zu hoch geblieben wäre.
Die Privatinsolvenz heißt ja nicht umsonst so - da geht es ja um Privatschulden. Wenn er nun noch Geschäftsschulden hatte - keine Ahnung, wie und ob auch diese liquidiert werden können? Ist man nach der Insolvenz noch haftbar? Wie lange?

Zudem: Nochmal durchzustarten war sicher nicht einfach. Die Schufa sprach bestimmt Bände. Die Bank hätte keinen Kredit gegeben. So eine Anschubfinanzierung für ein Geschäft (in dem er ja davor schon nicht erfolgreich war) war mit Sicherheit außerhalb des Möglichen.
Zitat von SherlockJamesSherlockJames schrieb:Je nachdem wie viel Hingabe und Herzblut in einem Geschäft steckt, kann die Insolvenz natürlich einem nicht nur den finanziellen Boden unter den Füßen wegziehen, sondern auch am Selbstbewusstsein und generell einem am Lebenssinn zweifeln lassen.
Ich habe das bei meinem Großvater gesehen: Er war Dorfbäcker. Das ist praktisch ein Beruf - aber auch ein sozialer Rang, schafft viele Sozialkontakte, ... Ein Großonkel war Bauer - bis er 90 war. Er hatte Angst, die Tiere aufzugeben, weil er dann nicht mehr auf den Viehmarkt konnte, nicht mehr fachsimpeln, nicht mehr zum Futtermarkt, nicht mehr mit dem Tierarzt quatschen ... Als Kleinselbstständiger hängt praktisch dein gesamtes Leben an deinem Job - ist der weg, fehlt dir so viel, dass du wirklich Angst hast.
Zitat von SherlockJamesSherlockJames schrieb:Dass er sich nicht vollkommen gehen hat lassen und weiterhin versucht hat sein Leben wie gewohnt, mit Kunst, Kultur und auch schon vorherigen Gewohnheiten weiter zu meistern, finde ich ehrenswert.
Auf jeden Fall. Andererseits kann das auch eine Flucht gewesen sein ... es gab bei uns an der Uni jemanden, der studiert hat, Hausarbeiten geschrieben etc - nur - er war so oft durch die Prüfung gefallen, dass er jeden Prüfungsanspruch verloren hatte. Was er tat, war also völlig sinnvoll. Er imitierte das normale Studentenleben, weil er sich der Tatsache nicht stellen wollte, dass er nicht mehr einer von uns war. Dass wir alle nach dem Examen arbeiten würden und er nie mehr würde Examen machen können ... so könnte es hier auch gewesen sein. Die Flucht vor der Wirklichkeit, die nicht als Wirklichkeit akzeptiert wurde.
Zitat von SherlockJamesSherlockJames schrieb:Der Lebensunterhalt, den er per Stütze bekommen hat, erklärt dann, plus den Einnahmen aus seinen Tätigkeiten dann auch, wie er finanziell überhaupt über die Runden gekommen ist. Dann brauch man schon mal nicht über halbillegale Tätigkeiten nachdenken, die ein Motiv für die Tat darstellen könnten.
Man müsste seine Verbindlichkeiten und seine Motivation kennen, so zu leben und das wenige Geld, was er hatte, so einzuteilen, wie er es tat. Die Frage ist, ob die Obdachlosigkeit Teil einer Strategie war, möglichst viel Geld sparen zu können, um z.B. alte Schulden zu tilgen. Die Antwort ist vermutlich nein, da er dann das Bioessen nicht gegessen hätte. Zudem hätte er mit einer festen Bleibe auch einem anderen geregelten Beruf nachgehen können und die Schulden schneller tilgen.
Zitat von Philipp54Philipp54 schrieb:Wenn er Leuten Geld oder Ware schuldete, die entweder weg oder verkauft sind, rechnet man ja nicht mit einer Enthauptung beim aufspüren seiner Person.
Wenn Schulden das Motiv waren: Es ist auch nicht damit zu rechnen, dass er ohne Mahnung gleich geköpft wird. Eventuell war es auch so, dass -wenn Schulden das Motiv waren- die Köpfung eine Drohgebärde an andere waren - seht ihr, was dem passiert ist? Wenn nicht x, dann machen wir das auch mit euch?
Zitat von brigittschebrigittsche schrieb:Ja, aber nochmal: Ein Trödelladen in der Altstadt von Koblenz verkauft keine Picassos für mehrere Millionen. Und wenn es irgendwo um Bilder auf diesem Niveau geht, dann werden da wirkliche Fachleute mit Expertisen beauftragt. Leute, die einen Namen und eine entsprechende Qualifikation haben.
Zumal - man muss es ja aussprechen, er auch in seiner Nische nicht erfolgreich war, sonst wäre es nicht zur Insolvenz gekommen.
Zitat von inspektorinspektor schrieb:Vielleicht wählte ja Straten bewusst die Obdachlosigkeit, um sich den wütenden Gläubigern zu entziehen. Wenn er nicht greifbar war, machte das vielleicht noch wütender.
Das ist von daher unwahrscheinlich, weil er in der Stadt blieb und sichtbar blieb. Hätte er Angst gehabt, hätte er sich in jede andere Stadt absetzen können.


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Gerd Michael Straten - Obdachloser auf Koblenzer Hauptfriedhof geköpft

20.12.2020 um 21:06
Zitat von MissMaryMissMary schrieb:Zumal - man muss es ja aussprechen, er auch in seiner Nische nicht erfolgreich war, sonst wäre es nicht zur Insolvenz gekommen.
In den 80er und 90er Jahren waren Antiquitäten ziemlich hoch im Preis. Da gab es viele Leute, die sich in dem Bereich selbstständig gemacht haben und auch ganz gut damit verdienen konnten. Als aber das Internet aufkam und die Leute (Stichwort: ebay) sehr leicht Preise vergleichen konnten und die Auswahl größer wurde, sanken die Preise. Und dann kamen Antiquitäten auch ganz allgemein eher aus der Mode. Viele Läden (auch in Koblenz) haben das nicht überstanden und mussten geschlossen werden.

Insofern mag MS da auch ganz ohne eigenes Verschulden reingeraten sein, zumal, wie gesagt, der Laden keine wirklichen Kostbarkeiten anzubieten hatte, die auch heute noch teuer gehandelt werden.

Demnach wäre auch ein Wiedereinstieg schwierig gewesen. Ob MS das allerdings bewusst war, ist natürlich wieder eine andere Frage.


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Gerd Michael Straten - Obdachloser auf Koblenzer Hauptfriedhof geköpft

20.12.2020 um 21:09
Zitat von brigittschebrigittsche schrieb:Insofern mag MS da auch ganz ohne eigenes Verschulden reingeraten sein, zumal, wie gesagt, der Laden keine wirklichen Kostbarkeiten anzubieten hatte, die auch heute noch teuer gehandelt werden.
So ein Minibetrieb ist immer mistig. Ich denke, er hat halt den Fehler gemacht, den viele machen - man überbrückt, weil man denkt, es wird schon wieder und schaut der Realität nicht ins Auge, setzt das ganze Privatvermögen ein und irgendwann ist man pleite pleite.

Bei soliden Betriebsfinanzierungen hängt man normalerweise ja auch nicht mit dem Privatvermögen drin und die wenigsten Opfer einer Firmeninsolvenz sind danach auch wohnungslos. Da ging schon sehr viel schief.
Zitat von brigittschebrigittsche schrieb:Demnach wäre auch ein Wiedereinstieg schwierig gewesen. Ob MS das allerdings bewusst war, ist natürlich wieder eine andere Frage.
Ich denke, er hing da durchaus an Hoffnungen, die nicht berechtigt waren und arbeitete mit Strategien, die nicht zielführend waren.


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Gerd Michael Straten - Obdachloser auf Koblenzer Hauptfriedhof geköpft

20.12.2020 um 21:10
Zitat von MissMaryMissMary schrieb:Zumal - man muss es ja aussprechen, er auch in seiner Nische nicht erfolgreich war, sonst wäre es nicht zur Insolvenz gekommen.
Inwieweit die Geschäftsführung unabhängig von dem Bilderrahmengeschäft zum Scheitern betrug, wäre noch zu klären.
Vielleicht sah er sich als Opfer wobei sein Laden drauf ging.


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Gerd Michael Straten - Obdachloser auf Koblenzer Hauptfriedhof geköpft

20.12.2020 um 21:12
Zitat von MissMaryMissMary schrieb:Ich denke, er hat halt den Fehler gemacht, den viele machen - man überbrückt, weil man denkt, es wird schon wieder und schaut der Realität nicht ins Auge, setzt das ganze Privatvermögen ein und irgendwann ist man pleite pleite.
Ja, und ein Kunstliebhaber ist ja auch noch lange nicht automatisch auch ein guter Geschäftsmann....

Allerdings, man sollte daran erinnern, der Laden wurde gut 20 Jahre vor dem Mord geschlossen. Bisschen lang für ein Motiv aus dem geschäftlichen Bereich.


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Gerd Michael Straten - Obdachloser auf Koblenzer Hauptfriedhof geköpft

20.12.2020 um 21:24
Zitat von Philipp54Philipp54 schrieb: Inwieweit die Geschäftsführung unabhängig von dem Bilderrahmengeschäft zum Scheitern betrug, wäre noch zu klären. Vielleicht sah er sich als Opfer wobei sein Laden drauf ging.
Das Krisenmanagement danach führte ja dazu, dass er sich in dieser ungewöhnlichen Lage befand. Und ja, es kann einem mal den Boden unter den Füßen wegziehen, aber bei den meisten Leuten führen tiefe Lebenskrisen glücklicherweise nicht dazu, dass sie danach auf Friedhöfen wohnen ... ob das natürlich was mit dem Mord zu tun hat ... man sollte aber bedenken, dass da sein Handeln und seine Entscheidungen sehr von der Allgemeinheit abwichen.
Eventuell hat es dann im Nachgang doch etwas mit dem Mord an ihm zu tun.
Zitat von brigittschebrigittsche schrieb:Allerdings, man sollte daran erinnern, der Laden wurde gut 20 Jahre vor dem Mord geschlossen. Bisschen lang für ein Motiv aus dem geschäftlichen Bereich.
Jain - siehe oben. Ich stimme dir voll zu, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass ein Gläubiger aus der damaligen Firmeninsolvenz auftauchte und ihn -weil er ihn Biokaffee schlürfen sah - voller Wut enthauptete.

Was ich durchaus als Motiv sehe, ist die ungewöhnliche Art von ihm, mit dem Verlust des Ladens umzugehen, die ja wohl ursächlich war, dass er obdachlos wurde. Eventuell hat er zu Beginn einfach den Fehler gemacht, den viele Selbstständigen machen: sie gehen von einer vorübergehenden Krise aus, buttern das gesamte Privatvermögen mit in das Geschäft und stehen bei der Insolvenz komplett "nackig" da.

Dennoch leben wir in einem Sozialstaat, es gibt von staatlicher Seite dann Hilfe, die Obdachlosigkeit zu verhindern.
Es gibt auch andere Stellen und er hatte sicher auch Bekannte, Familie, etc., wo es möglich gewesen wäre, für einige Wochen unterzukommen, sich neu beruflich und privat zu orientieren, und wieder ins "normale" Leben zurückzukehren. Das hätte der Großteil der Betroffenen so gemacht. Er nicht.

Daher weiß man nicht - hängt der Mord doch mit dieser unorthodoxen Entscheidung zusammen, weil er dann andere unorthodoxe Entscheidungen fällte?


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Gerd Michael Straten - Obdachloser auf Koblenzer Hauptfriedhof geköpft

20.12.2020 um 21:33
Gelang es denn Straten wirklich so gut, sich gegen die restliche Obdachlosen- und Trinkerszene abzugrenzen. Ich habe festgestellt, dass sich die Szene durch wachsende Konkurrenz aus Osteuropa brutalisiert hat und zunehmend verroht ist.


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Gerd Michael Straten - Obdachloser auf Koblenzer Hauptfriedhof geköpft

20.12.2020 um 21:48
Zitat von MissMaryMissMary schrieb:Daher weiß man nicht - hängt der Mord doch mit dieser unorthodoxen Entscheidung zusammen, weil er dann andere unorthodoxe Entscheidungen fällte?
Nehmen wir einmal an, er hat damals, nach dem Ende des Ladens, eine unorthodoxe Entscheidung gefällt, was auch immer das war. Aber dann liegt diese Entscheidung eben auch 20 Jahre zurück.

Ich hatte ja auch weniger an einen Gläubiger aus dieser Zeit gedacht, sondern eben etwas anderes, das in dieser Zeit passiert ist. Was auch immer das war (und eine konkrete Vorstellung habe ich da auch nicht): Der Betreffende hätte 20 Jahre Zeit gehabt, den Mord zu begehen.

Und NACH 20 Jahren begeht man doch keinen Mord mehr, wenn man es 20 Jahre vorher nicht getan hat.

Dass der Mörder 20 Jahre gebraucht hat um MS zu finden halte ich, wie oben gesagt, für ausgeschlossen.

Mal ganz abgesehen davon, dass der Mörder dann aus einer bestimmten Altersgruppe kommen müsste: Er müsste damals schon so alt gewesen sein, dass er geschäftlich mit MS zu tun hatte, andererseits aber auch noch so jung, dass er 20 Jahre später noch körperlich zu so etwas in der Lage war. Ein heute 30jähriger kommt also nicht in Frage (war damals erst 10) und jemand, der damals um die 60 war ist heute 80, kommt also auch nicht in Frage.


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Gerd Michael Straten - Obdachloser auf Koblenzer Hauptfriedhof geköpft

20.12.2020 um 22:28
Zitat von MissMaryMissMary schrieb:Das Krisenmanagement danach führte ja dazu, dass er sich in dieser ungewöhnlichen Lage befand. Und ja, es kann einem mal den Boden unter den Füßen wegziehen, aber bei den meisten Leuten führen tiefe Lebenskrisen glücklicherweise nicht dazu, dass sie danach auf Friedhöfen wohnen
Zitat von MissMaryMissMary schrieb:Es gibt auch andere Stellen und er hatte sicher auch Bekannte, Familie, etc., wo es möglich gewesen wäre, für einige Wochen unterzukommen, sich neu beruflich und privat zu orientieren, und wieder ins "normale" Leben zurückzukehren. Das hätte der Großteil der Betroffenen so gemacht. Er nicht.
Der Laden war mit seinen Bekannten, Geschäftsführerin und "Familie" sein Leben.
Das zusammen zu verlieren, kann zum Ausstieg führen.
Er ist nicht von Ladenschließung an zum Friedhofsübernachter geworden.

Die Schuldenfrage stand bei mir nicht im Vordergrund der Überlegungen, was 20 Jahre zuvor mit dem Mord in Zusammenhang stehen könnte. Auch, aber nicht nur.

Von dem was ich so hörte, war er auch kein Öko, wie man sich oft ausmalt, wenn jemand im Bioladen einkauft.
Unabhängig von Sozialhilfeempfänger, sehe ich es wie Du, dass dies für ihn keine Armut bedeutete.
Seine sonstigen Aktivitäten in den wärmeren Jahreszeiten ermöglichten ihm ein im Tagesverlauf mit normalen Konsum, vermutlich.

Danke für Deine wohlüberlegten Beiträge


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20.12.2020 um 22:50
Zitat von inspektorinspektor schrieb:Die Szenerie am Hauptbahnhof war seltsam. Nicht leicht für einen wie Straten, sich dort zu behaupten.
Es gibt dort eine offene Drogenszene und eine Alkoholiker Szene und auch einige Obdachlose die Polizei hat die Lage aber im Griff.

M.S. hat sich aus dieser Szene herausgehalten sogut es eben ging.


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20.12.2020 um 23:02
Zitat von duvalduval schrieb:Es gibt dort eine offene Drogenszene und eine Alkoholiker Szene und auch einige Obdachlose die Polizei hat die Lage aber im Griff.

M.S. hat sich aus dieser Szene herausgehalten sogut es eben ging.
Er war regelmäßig am Bahnhof, vielleicht sogar täglich, besuchte das Café Baristaz regelmäßig, so auch direkt vor seinem Tod. Wenn er sich so aus der Szene raushielt, wer oder was zog ihn dann immer zum Bahnhof? Seinem Mörder ist er vielleicht auch an jenem Tag am Bahnhof begegnet. Welche Kontakte hat er noch am Bahnhof gepflegt außer den Personen, die er im Café traf? An Bahnhöfen hängen eben auch Personen ab, die kriminell sind und auf günstige Gelegenheiten warten, dann auch Menschen, die sich prostituieren.


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20.12.2020 um 23:10
@Misetra
Der Bahnhof ist nach Schließen der Geschäfte der Ort, wo man die Einsamkeit am besten unterdrücken kann.


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21.12.2020 um 00:48
Zitat von MissMaryMissMary schrieb:Eine Bibliothek kostet monatlich 2-3€ Mitgliedsbeitrag, die Spielothek kann er auch dazu benutzt haben, Wärme zu tanken, ein kostenfreies Heißgetränk zu bekommen, den Abend kostenfrei oder billig zu verkürzen (die Nächte waren ja recht lang und unwirtlich). Er wird auch mit dem Transporter kein Vermögen erzielt haben. Es ist ja auch so, dass ihm auf dem Friedhof jede Infrastruktur fehlte: Kochen? Abwaschen? Da war es vermutlich einfach einfacher, den Kaffee to go zu holen
In dem von mir verlinkten Bild Artikel mit Videos, wird eine ältere Dame zitiert, die ihm schon Jahrzehnte kannte, dass er ihr öfters mal 5 oder 10 Euro zusteckte, weil sie gerade finanziell knapp bei Kasse war. Macht das normalerweise jemand, der ohne groß Kohle in der Tasche auf dem Friedhof schläft? Ich finde das menschlich gesehen klasse aber es wundert mich schon in seiner Position.

Im zweiten Video des Artikels, spricht ein weiterer Freund darüber, dass G.M.S. mit seiner Pfandflaschensammlerei mehrere Tausend Euros machte. Das ist schon ordentlich Geld. Inwiefern das stimmen kann, weiß ich nicht aber wenn er Fußballstadien, Motorsportveranstaltungen und Festivals abklapperte kommt schon einiges bei rum, denke ich gehört zu haben. Also wirklich mittellos schien er nicht gewesen zu sein. Er bekam ja monatlich auch ALG 2 für den Lebensunterhalt.

Bei deine sonstigen Ergänzungen auf meinen Beitrag, stimme ich dir zu. Das kann natürlich auch so gewesen sein, wie du's schreibst.


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Gerd Michael Straten - Obdachloser auf Koblenzer Hauptfriedhof geköpft

21.12.2020 um 10:44
Zitat von inspektorinspektor schrieb: Gelang es denn Straten wirklich so gut, sich gegen die restliche Obdachlosen- und Trinkerszene abzugrenzen. Ich habe festgestellt, dass sich die Szene durch wachsende Konkurrenz aus Osteuropa brutalisiert hat und zunehmend verroht ist.
Ich denke, den Punkt kann man bejahen. Er trank nicht - damit hätte er sich bei den Alkis nicht wohlgefühlt und umgekehrt und nahm keine Drogen - daher wenig Berühungspunkte mit denen. Was ein Thema gewesen sein könnte, war der Kampf und einen Schlafplatz - aber da hätte man ihn nicht umbringen müssen. Da hätte es gereicht, wenn drei harte Jungs aufgetaucht und ihn vertrieben hätten.

Zumal es vermutlich so war, dass man ihn toleriert hat, weil es eben keine Begleitumstände gab (Spuren eines Gelages, Fäkalien,....).
Zitat von brigittschebrigittsche schrieb:Nehmen wir einmal an, er hat damals, nach dem Ende des Ladens, eine unorthodoxe Entscheidung gefällt, was auch immer das war. Aber dann liegt diese Entscheidung eben auch 20 Jahre zurück.
Die Folgen seiner damaligen Entscheidungen, die auch in die Obdachlosigkeit mündeten, spürte und lebte er dennoch. Ich glaube gar nicht, dass es eine direkte Folge war, da hast du natürlich Recht. Aber so, wie es in XY dargestellt war, schien es, als hätte es genügt, ihm ein Zimmer anzubieten, und er wäre wieder "normal bürgerlich" geworden. Das stimmt sicher nicht.

Daher ist davon auszugehen, dass (vorausgesetzt, es war ein persönliches Motiv und nicht irgendein Spinner) er vielleicht mehrere (auch sehr verdeckte) Entscheidungen getroffen hat, die ähnlich unorthodox waren.
Zitat von brigittschebrigittsche schrieb:Mal ganz abgesehen davon, dass der Mörder dann aus einer bestimmten Altersgruppe kommen müsste: Er müsste damals schon so alt gewesen sein, dass er geschäftlich mit MS zu tun hatte, andererseits aber auch noch so jung, dass er 20 Jahre später noch körperlich zu so etwas in der Lage war.
Auch das spricht dagegegen - es sei denn, Straten war Projektionsfläche. Es gibt ja Leute, die irgendwann im Leben scheitern und ein einziges Ereignis dafür verantwortlich machen und noch zwanzig Jahre später damit hadern: "Hätte mich meine Frau nicht verlassen", "Hätte ich dem Straten damals das Geld nicht geliehen". Aber, da stimme ich dir zu, es ist/ wäre ungewöhnlich.
Zitat von Philipp54Philipp54 schrieb: Der Laden war mit seinen Bekannten, Geschäftsführerin und "Familie" sein Leben.
Das zusammen zu verlieren, kann zum Ausstieg führen. Er ist nicht von Ladenschließung an zum Friedhofsübernachter geworden.
Es muss aber eine Abwärtsspirale eingesetzt haben, und "natürliche" Unterstützersysteme haben dann versagt. Er hatte ja auch Familie, etc.
Zitat von Philipp54Philipp54 schrieb:Von dem was ich so hörte, war er auch kein Öko, wie man sich oft ausmalt, wenn jemand im Bioladen einkauft.
Ich denke das auch nicht. Als Öko wäre er komplett ausgestiegen, irgendwo auf einen Biobauernhof, eine Kommune, irgendwo hätte er angedockt und wäre untergekommen, auch in einer Parallelwelt (so vergleichbar mit Christiania in Dänemark). Das ist aber nicht passiert.
Zitat von MisetraMisetra schrieb:Er war regelmäßig am Bahnhof, vielleicht sogar täglich, besuchte das Café Baristaz regelmäßig, so auch direkt vor seinem Tod. Wenn er sich so aus der Szene raushielt, wer oder was zog ihn dann immer zum Bahnhof?
Es wäre interessant, ob er Hilfsangebote generell abgelehnt hat, am Bahnhof gibt es ja oft Streetworker und andere Kontakte. Der Bahnhof ist aber auch ein Ort, wo man mal für eine gewisse Zeit warm unterkommt. Es gibt Reisende, menschliche Gesellschaft und doch etwas Anonymität ...
Zitat von SherlockJamesSherlockJames schrieb: In dem von mir verlinkten Bild Artikel mit Videos, wird eine ältere Dame zitiert, die ihm schon Jahrzehnte kannte, dass er ihr öfters mal 5 oder 10 Euro zusteckte, weil sie gerade finanziell knapp bei Kasse war. Macht das normalerweise jemand, der ohne groß Kohle in der Tasche auf dem Friedhof schläft? Ich finde das menschlich gesehen klasse aber es wundert mich schon in seiner Position.
Das wundert mich nicht - er versuchte ja, die bürgerliche Fassade aufrecht zu erhalten - und, etwas überspitzt gesagt, das ist so das gleiche Prinzip wie das Hartz4 Fernsehen - da schauen Menschen, die im Leben nichts erreicht haben, anderen Menschen, die noch weniger erreicht haben, beim Leben im Fernsehen zu und erhalten Bestätigung, dass es ihnen nicht so schlecht gehen.

Solange man anderen helfen kann, kann man sich selbst auch suggerieren, dass es anderen noch schlechter geht als einem selbst, für einen Moment ausblenden, dass man seit einem Jahrzehnt auf einem Friedhof schläft und sich gut fühlen.


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Gerd Michael Straten - Obdachloser auf Koblenzer Hauptfriedhof geköpft

21.12.2020 um 10:52
Zitat von MissMaryMissMary schrieb:Ich denke, den Punkt kann man bejahen. Er trank nicht - damit hätte er sich bei den Alkis nicht wohlgefühlt und umgekehrt und nahm keine Drogen - daher wenig Berühungspunkte mit denen. Was ein Thema gewesen sein könnte, war der Kampf und einen Schlafplatz - aber da hätte man ihn nicht umbringen müssen. Da hätte es gereicht, wenn drei harte Jungs aufgetaucht und ihn vertrieben hätten.

Zumal es vermutlich so war, dass man ihn toleriert hat, weil es eben keine Begleitumstände gab (Spuren eines Gelages, Fäkalien,....).
Um gegen die Einsamkeit zu kämpfen, hielt er sich wahrscheinlich doch recht häufig am Hauptbahnhof auf. Da kommt man zwangsläufig auch irgendwann, ob man will oder nicht, mit unangenehmen Zeitgenossen in Kontakt. Das passiert immer, wenn man einen öffentlichen Ort regelmäßig besucht.


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