Kassel/Wolfhagen Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke ermordet

falstaff schrieb:Ohne die DNA - Spur, wäre der Täter bis heute nicht verhaftet worden - daher ist es ein fast perfektes Verbrechen. Hätte der Täter diese Spur vermieden, wäre es ein perfektes Verbrechen gewesen.

Richtig: Hätte. Hat er aber nicht, ist es nicht und womöglich hatte der Täter dann doch nur Glück, dass er nicht noch mehr Spuren hinterließ.

Kreuzbergerin schrieb:Denkst du, dass das im kleinen Örtchen Istha, mit seinen 832 Einwohnern, unauffällig möglich gewesen wäre, dass ein Auswärtiger Herrn Lübcke und sein Wohnhaus am Rande des Örtchens ausspioniert?

Fragt sich auch, wie lange man jemanden mit geregeltem Tagesablauf und möglicherweise konstanten Gewohnheiten (wie einer letzten Zigarette auf der Terrasse, wenn die Familie schon schläft) ausspähen muss.
In den Tagen vor der Kirmes werden sowieso viele ortsfremde Autos herumgefahren sein und den einen oder anderen Spaziergänger mit und ohne Hund wird es auch öfter mal geben.

temporari schrieb:Schon, wenn du zum Wandern am Feld parkst, wirst du angesprochen ;)

Kommt auf die Gegend an. Im Dorf bei Wolfsburg war das nicht unbedingt so., weil regelmäßig Leute aus der Stadt zum Spazieren gehen an den Feldern oder Wäldern parkten.

Noella schrieb:Die werden in Ishta und in der Umgebung schon auf Plakaten und bei Facebook für ihr großes Volksfest geworben haben, die Chance, dass der Tatverdächtige davon vorher erfahren hatte, ist nicht so gering. Außerdem gibt es Lokalsendungen wie die Hessenschau, in der über solche anstehenden Volksfeste berichtet wird, ebenso wie Radiosendungen.

Ich habe Verwandte in Kassel und auch in Wolfhagen, kenne die Gegend ganz gut. In Kassel wird niemals eine Dorfkirmes irgendwo im Landkreis beworben. Wie ich schon am Anfang hier mal sagte: die Weizenkirmes ist nicht das Oktoberfest. Da kommen die Leute aus den umliegenden 5 Käffern, aber das war es dann auch.

Noella schrieb:Es reicht ja, wenn ein Ortsbewohner beim Bier oder auf der Arbeit gern ein bisschen damit angibt, dass ein Prominenter dort wohnt und über dessen Gewohnheiten erzählt. Und einer der Zuhörer erzählt das weiter.

Ja, genau das würde ich schon unter örtlichen Bezug fassen.

Rick_Blaine schrieb:Ich habe Verwandte in Kassel und auch in Wolfhagen, kenne die Gegend ganz gut. In Kassel wird niemals eine Dorfkirmes irgendwo im Landkreis beworben. Wie ich schon am Anfang hier mal sagte: die Weizenkirmes ist nicht das Oktoberfest. Da kommen die Leute aus den umliegenden 5 Käffern, aber das war es dann auch.

So habe ich das aber nicht gemeint.
Sondern so: Falls der Tatverdächtige in den Wochen vor der Kirmes in Ishta war, um Lübckes Gewohnheiten auszuspionieren, dürften ihm dort die Plakate aufgefallen sein.
Alternativ könnte es auch gereicht haben, den Lokalteil der Zeitung zu lesen, die Hessenschau oder einen lokalen Radiosender einzuschalten.
Solche Volksfeste fallen außerdem nicht vom Himmel, sondern finden immer im gleichen Zeitraum statt, wenn man also der Typ ist, der sich für so etwas interessiert, dann weiß man schon ungefähr, wann was ansteht.

Rick_Blaine schrieb:Der Punkt ist, dass es selbst für einen Amateur-Terroristen schon extrem naiv ist, sich eine Waffe zu nehmen, (...)

Generell ist es naiv anzunehmen, in Deutschland mit einem Tötungsdelikt ungestraft davon zu kommen, bei einer Aufklärungsquote von etwa 95%. Warum nunmehr der Ausführung dieser Tat eine besondere Planung, Kenntnis, Akribie oder sonstwas unterstellt wird, kann ich wie @Seps13 nicht nachvollziehen.

Damit meine ich nicht, dass es nicht genau so war. Ich meine aber auch nicht, dass es hier besonderer Kenntnisse bedurfte. Allein der Umstand, dass die Tötung erfolgreich durchgeführt wurde ist noch kein solides Indiz dafür, das mit einer gewissen Besonnenheit, Planung oder Kenntnis vorgegangen wurde. Ob hier die veranstaltete Kirmes wie auch immer eine Rolle spielte, wissen wir nicht. Ob es dieser Kirmes bedurfte, damit der mutmaßliche Täter sein Vorhaben in die Tat umsetzen konnte, wissen wir ebenfalls nicht.

Dass der Täter sein Opfer im Garten vorfand kann sowohl Zufall, als auch akribischer Planung geschuldet sein. Wir wissen aber nicht, ob der Täter sein Opfer genau so, wie er es getötet hat, auch töten wollte.

Man kann es aber auch wie @WolfGang00 machen und um das gesamte Geschehen eine praktische Verschwörung stricken. Sowas wird gerne gemacht, wenn man meint, mehr als andere zu wissen. Warum auch immer.

temporari schrieb:Ja, genau das würde ich schon unter örtlichen Bezug fassen.

Aha? Der TV brauchte also deine Meinung nach einen Tippgeber zur Weizenkirmes in Istha, weil er im fernen Kassel davon nie erfahren hätte. Ja gut. Wie er nun von der Weizenkirmes erfahren hat, ist ja ziemlich wurscht und muss nichts mit Lübckes Umfeld zu tun haben. Aber die Frage ist ja, braucht es auch wirklich noch zwangsläufig den Nachbarn, der den TV anruft, wenn Lübcke zum Rauchen rausgeht und der Rest der Familie im Haus ist? Ich meine nicht.

Lichtenberg schrieb:Ich meine aber auch nicht, dass es hier besonderer Kenntnisse bedurfte. Allein der Umstand, dass die Tötung erfolgreich durchgeführt wurde ist noch kein solides Indiz dafür, das mit einer gewissen Besonnenheit, Planung oder Kenntnis vorgegangen wurde.

Ja, genau darauf möchte ich im Wesentlichen auch hinaus.

@Lichtenberg

Im Grunde genommen will ich darauf hinaus. Im Moment wird allenthalben eine grosse Verschwörung unterstellt, bis hin zu sinistren Mitarbeitern im RP.

Ich sage: wenn der TV einen Bezug zu Istha hatte, dann kann es durchaus sein, dass er gar keine Verschwörer usw. brauchte.

Hatte er ganz und gar keinen Bezug zu Istha usw., dann ist eine solche Verschwörung eher vorstellbar.

falstaff schrieb:Ohne die DNA - Spur, wäre der Täter bis heute nicht verhaftet worden - daher ist es ein fast perfektes Verbrechen. Hätte der Täter diese Spur vermieden, wäre es ein perfektes Verbrechen gewesen.

Also bitte: Woher wollen wir wissen, was bisher alles ermittelt wurde, ob allein die DNA-Spur einen Treffer erbrachte und ob es nicht andere Hinweise gibt oder später gegeben hätte?

Die Annahme, man wisse praktisch alles über die bisherigen Ermittlungen, nur weil man regelmäßig die Nachrichten verfolge, ist falsch.

Ermittlungsbehörden sind nicht verpflichtet Details über ihre Arbeit zu veröffentlichen.

Andante schrieb:Wegen eines MdL fahren Polizisten nicht verstärkt Streife.

Der Politiker, der in den Landtag gewählt wurde, wurde vor dem MdB ins Parlament gewählt. Mit seinem Einzug ins Parlament fingen die (vermehrten) Streifenfahrten an.

Rick_Blaine schrieb:Hatte er ganz und gar keinen Bezug zu Istha usw., dann ist eine solche Verschwörung eher vorstellbar.

Da denken wir wohl unterschiedlich: Ich z.B. halte alleine schon eine irgendwie geartete Vermutung über eine Verschwörung für fernliegend.

Dass der mutmaßliche Täter ein Opfer wählte, das 30 km von seinem Wohnort entfernt wohnt, kann schlicht der Überlegung geschuldet sein: "Dort kennt und erkennt mich keiner".

Noella schrieb:Die werden in Ishta und in der Umgebung schon auf Plakaten und bei Facebook für ihr großes Volksfest geworben haben, die Chance, dass der Tatverdächtige davon vorher erfahren hatte, ist nicht so gering. Außerdem gibt es Lokalsendungen wie die Hessenschau, in der über solche anstehenden Volksfeste berichtet wird, ebenso wie Radiosendungen.

Während der Auskundschaftung könnten ihm die Plakate für die Kirmes aufgefallen sein.
Die Kirmes ging von Donnerstag bis Samstag, und die Termine sind im Voraus bekannt:

http://www.kirmeskalender.de/event.php?id=K0595B01L01

Am Donnerstag oder Freitag vor der Tat wären die Beobachtungsaktivitäten sicher nicht aufgefallen, zumal mit ggf. zwei unterschiedlichen Fahrzeugen (abwechselnd das eine und das andere), vmt. KS Nummernschild wie überwiegend auch in Istha (außer den ab 2013 ausgegebenen WOH Kennzeichen) ohnehin mehr Besucher auf der "Kerb" als Einwohner im Ort... Bei L.s Anwesen befindet sich auch ein Kindergarten, da wird es morgens und nachmittags immer mal Fahrzeugbewegungen geben, wenn man davon ausgeht, dass die Beobachtung zunächst bei Tageslicht stattfand. Der TV soll im Schichtdienst (gibt es ja Pläne zu) gearbeitet haben.

Die Frage ist, wie der TV überhaupt auf L "gekommen" sein soll. So prominent war er nun auch nicht, ich wüsste nicht mal, wie der RP in meinem RPräs. heißt. Ausschließlich durch die Hetze im Netz? Oder war er 2015 dabei, als die L. die zitierte Aussage zu Flüchtlingen getätigt hat? Und hat dann recherchiert, wo L. wohnt und ihn beobachtet?

falstaff schrieb:Lübcke war da der Obermacker, Bouffier ein Duzfreund. Es ist doch völlig abwegig davon auszugehen, dass Lübcke keinen Einfluss auf Personalentscheidungen hatte.

Bouffier war als Ministerpräsident der Obermacker und weisungsbefugt. Und niemand hat behauptet, dass Lübcke keine Personalentscheidungen treffen durfte.

Andante schrieb (Beitrag gelöscht):Die Regierungspräsidien haben mit Polizei und LKA nichts zu tun. Sie haben keine Weisungsrechte gegenüber des Polizeibehörden des Landes oder umgekehrt.

Danke für die Info, ich hatte wirklich nichts gefunden.

@Noella

„Der damalige Innenminister Bouffier hatte einen Sperrvermerk verhängt, mit dem die direkte Befragung von Informanten des V-Mann-Führers Temme verhindert wurde.“

https://www.google.de/amp/s/m.faz.net/aktuell/rhein-main/nsu-ausschuss-nach-den-linken-attackiert-auch-die-spd-bouffier-15748923.amp.html

„Bouffier entschied im Herbst 2006, dass Temmes Informanten aus dem rechtsextremistischen Bereich nicht von der Polizei direkt zu dem Mord befragt werden durften.“

https://www.google.de/amp/s/www.fr.de/politik/entscheidenden-momenten-wusste-bouffier-nichts-11041727.amp.html

„Der frühere hessische Innenminister und heutige Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hat die Vernehmung eines Geheimdienst-Informanten aus der rechten Szene im Jahr 2006 offenbar verhindert, um Ermittlungen in der islamistischen Szene nicht zu gefährden. In Wiesbaden heißt es, sein „Sperrvermerk“ habe gleich für fünf V-Leute gegolten, die dem Verfassungsschutz-Mitarbeiter Andreas T. Informationen zulieferten. Nur einer davon sei aus der rechtsextremen Szene gekommen; vier weitere seien radikale Islamisten gewesen.“

https://mobil.berliner-zeitung.de/politik/bouffier-nsu-vernehmung-geheimdienst-der-nazi-mord-und-die-islamisten-3881878

Wenn du noch mehr Quellen willst, schreib mir!

Lichtenberg schrieb:Du gehst ernsthaft davon aus, dass ein Regierungspräsiden keine Personalfragen zu entscheiden hat und weiter, dass die der Innenminister tut?

Doch, aber wenn der Ministerpräsident Bouffier das will, hätte sich der RP Lübcke kaum widersetzt. Immerhin hat Lübcke auch ein halbes Jahr länger im Amt bleiben wollen, als er müsste, einfach nur weil Bouffier ihn drum beten tut.

Lichtenberg schrieb:Man kann es aber auch wie @WolfGang00 machen und um das gesamte Geschehen eine praktische Verschwörung stricken. Sowas wird gerne gemacht, wenn man meint, mehr als andere zu wissen. Warum auch immer.

Ich habe ja wirklich jeden Satz mit einem Zeitungsartikel belegt. Ich weiß nicht, warum hier von Verschwörung die Rede ist.

sören42 schrieb:Die Frage ist, wie der TV überhaupt auf L "gekommen" sein soll.

Gute Frage, die ich mir die ganze Zeit gestellt habe. Die Aussage ist bereits vier Jahre alt. Natürlich hat Erika Steinbach die Aussage wieder aufgewärmt, aber das war auch Anfang des Jahres. Es sind wieder einige Monate vergangen. Es würde mich sehr interessieren, wie und warum die Aussage plötzlich wieder eine Rolle spielte und dazu geführt hat, dass plötzlich jemand getötet wurde. Deshalb glaube ich nicht, dass dies auf "Gut Glück" passiert ist.

(Persönlich kannte ich bis vor kurzem weder Lübcke noch die Aussage.)

WolfGang00 schrieb (Beitrag gelöscht):Die BILD hat jetzt schon zwei Artikel verfasst, die Ex- Verfassungsschützer Temme thematisieren. Der eine Artikel war zum Thema Vertuschung, der neuste ist ein Bezahlartikel.
Zu Temme gibt es aber genug online zu finden.
Um schon mal die Pointe vorweg zu nehmen- Temme arbeitete zuletzt mit Lübcke zusammen im Regierungspräsidium Kassel.

@WolfGang00
Erst mal vielen Dank für diese Übersicht von heute morgen dazu. Mit den Schlüssen muss man natürlich vorsichtig sein.

Nachdem T. als V-Mann für die rechtsextreme Szene 2006 verbrannt war und fürs RPräs tätig geworden ist, wofür war er da zuständig? Gab es Veränderungen in seiner Zuständigkeit seit L. 2009 RP wurde?

Glaube eigentlich nicht an irgendwelche Verstrickungen, L. wäre ja im September/Oktober eh in den verdienten Ruhestand gegangen.

@sören42
Danke für deinen netten Post :)
Temme war wohl im Bereich Personal, ist aber vor Kurzem zum Bereich Umwelt gewechselt.
Stand zumindest so in der BILD.

sören42 schrieb:Während der Auskundschaftung könnten ihm die Plakate für die Kirmes aufgefallen sein.
Die Kirmes ging von Donnerstag bis Samstag, und die Termine sind im Voraus bekannt:

Ihr denkt zu kompliziert.

Wenn ich wissen will, wann in meiner Gegend welche Feste gefeiert werden, gehe ich auf die Internetseite des Kreises.
Plakate hängen immer erst kurzfristig.

Hier steht doch alles kompakt da:

https://www.istha.de

WolfGang00 schrieb:Doch, aber wenn der Ministerpräsident Bouffier das will, hätte sich der RP Lübcke kaum widersetzt. Immerhin hat Lübcke auch ein halbes Jahr länger im Amt bleiben wollen, als er müsste, einfach nur weil Bouffier ihn drum beten tut.

Um es noch einmal zu sagen: Temme war offenbar schon da, als Lübcke kam, deshalb macht es wenig Sinn, darüber zu spekulieren, ob Temme gegen den Willen von Lübcke ins RP Kassel kam.

Ansonsten ist es völlig richtig: Nach der Hierarchie im öffentlichen Dienst eines geht es immer von oben nach unten. Der Ministerpräsident oder der zuständige Landesminister haben Weisungsbefugnisse gegenüber allen nachgeordneten Landesbehörden. Sie können auch (Personl-)Entscheidungsrechte der nachgeordneten Behörden an sich ziehen, soweit gesetzlich nichts anderes vorgeschrieben ist.

@Rick_Blaine
Die Weizenkirmes hat keine überregionale Werbung gemacht, wenn du dir jedoch in den Kopf setzt jemanden intensiver ins Auge zu nehmen und dessen Adresse kennst, wirst du online zur Weizenkirmes sehr wohl fündig. Es waren exakt 33 km von Haustür zu Haustür. Wahrlich keine Entfernung
Und: Verbrechen setzen, sofern geplant, immer auch Glück voraus. Dieses Verbrechen ist kein Meisterwerk sondern Resultat von Geduld und Glück

WolfGang00 schrieb:Ich habe ja wirklich jeden Satz mit einem Zeitungsartikel belegt. Ich weiß nicht, warum hier von Verschwörung die Rede ist.

Das ist das eigentliche Problem: Du nimmst an, dass man eigene Gedankenspiele mit Zeitungsartiekeln(!) belegen könne.

Nichts anderes machen VT: Sie suchen nach Verbindungen und finden sie am Ende auch. Dann werden Schlüsse gezogen und diese gar nicht mehr hinterfragt. Kann man als Hobby machen. Der Erkenntnisgewinn ist aber gering.