kegelschnitt schrieb:Was die Zeugen betrifft, hat die Kammer inzwischen ein großes Fragezeichen an die Glaubwürdigkeit der Aussage von AM geheftet. Ich denke, wenn der Prozess losgegangen sein wird, werden bald besser verstehen, warum.
Ich sehe es eher umgekehrt bzw. die Fragezeichen gab es schon immer.
Ein Zeuge, der sagt, dass er sich von seiner Aussage einen Vorteil erhofft, schon in der Vergangenheit gelogen hat um sich Vorteile zu verschaffen, muss genau untersucht werden. Wenn dazu eine Borderline-Störung kommt erst recht.
Warum dem Zeugen vom alten Gericht eine Glaubwürdigkeit attestiert wurde, ist aus dem alten Urteil nicht zu erkennen. Es wurde nicht mit nachprüfbarem Wissen begründet, das nur ein vermeintlicher Täter wissen konnte. Nur bekanntes und daraus mögliche Schlussfolgerungen wurden hergenommen um zu behaupten, dass der Zeuge nicht lügen würde.
Wenn man das im Urteil liest, muss man sich fragen, woran hat das Gericht bloß die Glaubwürdigkeit festgemacht?
Niemand hat hier bisher geschrieben, warum ihn das überzeugt, wenn überhaupt hat man nur auf die freie Beweiswürdigung verwiesen.
Ich würde daher sagen, das große Fragezeichen bestand in Wirklichkeit darin, warum das alte Gericht hier den Zeugen als glaubwürdig angesehen hat.
Unter Kenntnis des alten Urteils und der Herangehensweise von Prof. Steller aus dem hier schon mehrfach zitierten Podcast kam das Gutachten in Wirklichkeit nicht überraschend. Die Defizite der Zeugenaussage waren zumindest in Teilen aus dem alten Urteil klar zu entnehmen. Zwar kannten wir nicht die komplette Zeugenaussage, aber gäbe es so ein "wirkliches Täterwissen" (was dann auch nachprüfbar sein muss), dann hätte das Gericht mit hoher Sicherheit das zu seiner Urteilsbegründung hergenommen. Daraus konnte man frühzeitig schließen, dass es in der Zeugenaussage dieses gar nicht gab.
Die Ansicht des neuen Gerichts wirft daher in Wirklichkeit kein Fragezeichen auf. Unausgewogen war nur die Sichtweise des alten Gerichts und hatte Fragen aufgeworfen, die vom damaligen Urteilsbegründung nicht beantwortet wurden.