Bericht 13.11.2022, Teil 2
Ich hatte mir aufgrund der Informationen aus dem ersten Prozess ein Bild zu den Jungs gemacht und war wirklich überrascht, als ich die Jungs in Realität sah. Ich hatte mir M als kleinen, kindlichen, schüchternen Jungen vorgestellt, vermutlich weil er minderjährig war und wegen der Hausarzt Geschichte. Aber M ist groß, hat einen beeindruckenden Bart (für sein Alter) und wirkt recht selbstbewusst. Der Altersunterschied ist nicht spürbar, er wirkt eigentlich älter als der Rest. Umso überraschter war ich, dass R eher so aussah, wie ich mir M vorgestellt hatte. Eher klein und zierlich, mit sanften Gesichtszügen, könnte ohne weiteres jünger sein. Bei R ist der tief bayrische und bäuerliche Dialekt beeindruckend, da musste ich mich auch erst einhören. Er antwortet eher wortkarg und nachdenklich. Zeuge Raffi W
Bei seiner Belehrung verzichtet die Vorsitzende wieder auf den Punkt, des vorgetäuschten Nichtwissens.
Er kenne ST durch V und L. ST habe er im Sommer 2022 kennengelernt. Er habe ST nur in Begleitung der Schwestern getroffen und nicht allein. Zur Häufigkeit gibt er an: „ned so oft, a paar moi aba scho.“
Als gemeinsam Aktivitäten nennt er einen Sensenmähwettbewerb, Tischtennis und "bei da Vreni dahoam". Er sei auch auf Hauspartys der Familie R gewesen, aber immer nur bis höchstens 22, 23 Uhr, dann habe es ihn „nimma interessiert“.
Dann trägt er vor, er sei mit V, L , SW und ST beim Tischtennis gewesen, "des war der 03.10, Tag der deutschen Einheit, a Feiertag, des muass am Montag gewesen sein". (
"vortragen" deshalb, weil es sich wirklich so angehört hat, als ob ein Kind dem Nikolaus ein Gsatzal aufsagt. )
Dem Zeugen werden dazu einige Fragen von der Kammer gestellt und R beantwortet diese. Er habe keine Erinnerung wie das Tischtennis zustande gekommen sei, oder wer die Idee gehabt habe. Stattgefunden habe es in Übersee, Feldwies in der „Beachbar“, dort gäbe es Tischtennisplatten neben einem Volleyballfeld. Er sei mit V und L gemeinsam mit dem Auto gekommen, V sei gefahren, sie hätten ihn von zu Hause abgeholt und auch wieder nach Hause gebracht. Die beiden Sebastians seien mit einem anderen Auto gekommen. Er vermutet, das Tischtennis habe um 5,6 oder 7 Uhr stattgefunden. Er habe keine Erinnerung wie lange sie gespielt hätten, aber er kann sich nicht vorstellen, dass er nach 21 Uhr zu Hause gewesen sei. Als sie hingekommen sind, habe es angefangen zu dämmern und im Laufe des Spiels sei es dunkel geworden. Es sei Rundlauf gespielt worden, einen Sieger habe es nicht gegeben. Rundlauf sei so wie „früher in da Schui“ gespielt worden. Sie hatten fluoreszierende Bälle, die habe man mit den Handys angeleuchtet und damit aufgeladen. Danach hätten die Bälle einige Zeit selbst geleuchtet. Er sei nur ein einziges Mal beim Tischtennis dabei gewesen.
Der Zeuge wird nochmal gefragt, ob er sich sicher sei, dass es der 03.10.2022 war und ob ihm etwas einfalle, woran er das festmachen könne. Er wiederholt nur, es sei ein Feiertag gewesen und es sei Montag gewesen. Ihm wird vorgehalten, dass er am 22.11.2022 bei der Polizei ausgesagt hatte, „die Vreni hat mir gesagt, dass es der 03.10.2022 gewesen sein muss, ich selbst habe keine direkte Erinnerung daran“, das bestätigt der Zeuge mit „jo, eben“.
Weiter wird im aus dieser Vernehmung vorgehalten, dass es erst ab 20 Uhr gewesen sein kann, weil er bis 19 Uhr im Stall geholfen habe und sich dann noch fertig machen musste und erst ab 20 Uhr in Übersee hätte sein können. Das erscheint dem Zeugen plausibel und er bestätigt, dass er eigentlich immer wenn er Zeit hatte im Stall geholfen habe. Also eigentlich immer von Fr-So und an Feiertagen.
Er wird gefragt, ob er sich sicher sei, dass SW dabei gewesen sei?→ Er meint, er sei sich schon sehr sicher. Wird aber unsicher, als ihm davon berichtet wird, dass SW gesagt habe, er sei jedenfalls nicht am 03.10.2022 dabei gewesen.
Er hat keine Erinnerung daran über welches Thema man beim Tischtennis gesprochen habe, auch nicht ob er später mal mit irgendjemanden über das Tischtennis gesprochen habe.
Weil er immer wieder den Feiertag am Montag erwähnt hat, wird er nochmal gefragt, warum er glaube, dass es ein Montag war? → Dazu fällt ihm nichts ein. Er kann auch nicht genau sagen, ob es Anfang Oktober war, zum Beispiel sei auch der Feiertag am 15.08.2022 ein Montag gewesen, wird von einer Beisitzerin erwähnt. Das würde auch besser dazu passen, dass es um 20 Uhr erst dämmerte. Der Zeuge räumt ein, dass es wohl auch so gewesen sein könnte.
Er erzählt, dass er eigentlich seit Oktober 2022 keinen aktiven Kontakt mehr mit den Rs gehabt habe. Das sei von ihm ausgegangen, hinterher habe man sich nur noch sporadisch und eher zufällig getroffen. Hauptsächlich habe er mit V Kontakt gehabt, mit der sei es aber zum Streit gekommen. Vor der Verhandlung habe er nicht mit V gesprochen. Den letzten Kontakt habe es heuer im Frühsommer gegeben, man habe nach langer Zeit einmal telefoniert, nur so allgemein gesprochen. Seiner Meinung nach habe das nichts mit den Ladungen zu tun gehabt.
Er habe die Verhaftung von ST mitbekommen, es sei ihm auch von den Vernehmungen von den Rs erzählt worden. V hätte zwar von den Vernehmungen berichtet, seiner Erinnerung nach, habe sie aber nichts Inhaltliches geteilt.
Ihm wird vorgehalten, dass er bei der Polizei ausgesagt habe, dass sich V nach ihrer Vernehmung mit ihm getroffen habe. Bei diesem Treffen hätte sie ihm erzählt, dass sie bei ihrer Vernehmung ausgesagt hatte, dass sie ja am 03.10.2022 gemeinsam beim Tischtennis gewesen seien. Der Zeuge kann sich an das Treffen erinnern und bestätigt das.
Er ist sichtlich verwirrt. Und fragt die Richterinnen leicht verzweifelt. „Aber die Vreni war si doch ganz sicher wegen dem 03.10.2022, oda?“
Im Gerichtssaal wird gelacht und die Vorsitzende meint, eben nicht.
Der Zeuge wird gefragt ob er FK und AD kennt, es werden Von-und Zuname genannt, der Zeuge verneint. Dann wird ihm vorgehalten, dass er in seiner Aussage bei der Polizei einen „Fabi“ erwähnt hatte, von „Fabi“ wisse er doch, aber AD sei ihm nicht bekannt. Er wird gefragt, ob er einer Freundin von V eine Nachricht via Instagram gesendet habe und R meint, er habe kein Instagram. Er habe das mal kurz genutzt, das sei aber nichts für ihn gewesen, auch damals habe er das schon nicht mehr gehabt.
Er wird noch nach Details des Tischtennis gefragt und der Zeuge vermutet, es muss schönes Wetter gewesen sein, sonst würde man nicht Tischtennisspielen. Welche Bekleidung getragen worden sei, wisse er nicht. Er wisse nicht wer das Equipment dabei hatte, er selbst aber sicher nicht.
Der StA fragt nach ob er mal beim Federballspielen dabei gewesen sei, das verneint der Zeuge. Dann wird nach Wikinger-Schach gefragt und der Zeuge meint nachdenklich „jo… jo“ das habe er schon mal gespielt. Mit den R Schwestern und ST? → „Na, mit de Nachbarn“.
Die Verteidigung hat keine Fragen.
Dr. Huppert möchte noch eine Einschätzung zu ST hören, ob ST lustig sei und Witze erzählt habe? Daran könne er sich nicht erinnern, er hätte sich mit ST ausschließlich über die Arbeit unterhalten.
Der Zeuge wird entlassen.
Im Anschluss verkündet die Vorsitzende, die Kammer wolle sich nun für 20 Minuten zur Beratung zurückziehen und im Anschluss wolle man den Verfahrensstand und die weitere Fortführung besprechen. Sie seien aber noch unschlüssig, ob das mit oder ohne die Öffentlichkeit passieren soll (§257 b, oder §257 c StPO). Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigung sprechen sich dafür aus, dass es nicht öffentlich erfolgen soll. Die Kammer wird das beraten und verkünden. Es folgt eine Pause.
Nach der Pause verkündet die Vorsitzende, dass es nicht öffentlich erfolgen wird und Zuschauer und Presse verlassen den Gerichtssaal.
Nach der Rückkehr erklärt die Vorsitzende, dass man über das Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme gesprochen habe und darüber wie das Verfahren fortzuführen sei, insbesondere eine mögliche Beweisaufnahme im weiteren Verfahren. Die StA und die Verteidigung hätten jeweils ihren Standpunkt dargelegt und man sei übereingekommen, dass die kommenden drei Prozesstage (18,19,24 Nov.) aufgehoben werden. Am 25. Nov. werde die Hauptverhandlung fortgeführt. Sowohl StA als auch Verteidigung werden, nachdem sie Rücksprache mit der Behördenleitung und der Mandantschaft gehalten haben, mitteilen, welche Verständigung hinsichtlich der Fortführung bestehe.
Währenddessen fällt der Vorsitzenden ein, dass die Sachverständigen eigentlich hierfür nicht gebraucht werden, und sie entlässt die Sachverständigen vorerst. Diese werden gegebenenfalls wieder geladen.