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Mordfall Hinterkaifeck

51.749 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, Bauernhof, Hinterkaifeck ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Mordfall Hinterkaifeck

Mordfall Hinterkaifeck

20.08.2007 um 14:51
@Bernie

Aber so, wie Herr Leuschner sich die Beleuchtung gedacht hat, mit einer aufgehängten Petroleumlampe, hört es sich doch ganz schlüssig an. Solche Aufhängungsvorrichtungen müssen m.E. schon vorhanden gewesen sein, denn sonst hätte man auch bei Arbeiten im Stall/Stadel immer nur eine Hand frei gehabt. Das kann ich mir nun gar nicht vorstellen.

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20.08.2007 um 15:18
@AngRa
ja, solche Aufhängevorrichtungen waren auch vorhanden, ich sehe eine solche auf den Bild mit den verstreuten Leichen, links neben der Tür, die zum Stall führt.
Ich glaube auch, daß das erste Opfer eine solche Lampe dabei hatte, als es nachsehen ging. Denn, so kann ich mir vorstellen, war für die HK'ler, wenn sie nachts in den Stall oder irgendwohin gingen, der Griff zur Petroleumlampe das gleiche wie für uns der Griff zum Lichtschalter.
Gruß, elfeee


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Mordfall Hinterkaifeck

20.08.2007 um 15:46
@AngRa,
wollte damit auch nicht sagen, dass die vorstellungen von Leuschner diesbezueglich verkehrt und unzutreffend sind !
aufgrund seines privaten engagements mit historischen gebaueden hat Leuschner sicherlich auch noch praktische kenntnisse der frueheren gegebenheiten und lebensweise.
*** ciao: Bernie ***


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20.08.2007 um 16:48
Nochmals zum Verhältnis L.S / Opfer

Während der Vernehmung 1931 erklärt L.S.:
"Auch mit dem alten Gruber habe ich später wieder gesprochen. Wir sind wieder gut geworden als sie das Geld wieder gehabt haben".

Riedmayr hält ihm vor:
"Sie haben aber doch solange im Streit gelebt, bis das Geld wieder zurückgegeben war?"

L.S. hält entgegen:
"Wir waren höchstens 8 Tage im Streit, und sind rasch wieder sehr gut zueinander geworden."

Riedmayr hält ihm weiter vor:
"Die Leute haben aber behauptet, dass die alte Frau Gruber und die Victoria Gabriel nie mehr mit Schlittenbauer gut geworden sind."

L.S. hält entgegen:
"Ich kann weiteres nicht sagen, ich habe keine Feindschaft geführt."

Hiernach muss man davon ausgehen, dass es in den Akten schon Hinweise darauf gegeben hat, dass das Verhältnis zwischen den HKern, insbesondere zwischen der alten Gruberin, der Victoria und L.S. auch aktuell vor der Tat nicht gut gewesenist.

Schade, dass man nicht weiß, von wem diese Aussagen stammen. Es wären damit doch zumindest Ansatzpunkte vorhanden gewesen, wo man hätte weiter ermitteln können. Dass man eine Beziehung zwischen den Toten und einem Zeugen nicht dadurch aufklären kann, dass man nur den Zeugen befragt, der ein Interesse daran hat die Beziehung als völlig in Ordnung darzustellen, dass hätte der Polizei damals eigentlich klar sein müssen.


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20.08.2007 um 17:23
@AngRa,
ich halte den Lorenz S. fuer ne gute portion "bauernschlau", also auch recht vorsichtig, misstrauisch, "gewieft" und auch reaktionsschnell, zudem sehr auf seinen vorteil bedacht.
so ganz "umsonst" war er nicht in der position als ortsfuehrer.

Bei Lorenz' aussage " Ich kann weiteres nicht sagen, ich habe keine Feindschaft geführt." .......
faellt mir die vorsichtige formulierung auf , denn Lorenz wusste sehr wohl, dass alles protokolliert wuerde, im schlimmsten fall daher "gerichstmassig" werden koennte !

man beachte, Lorenz S. sagt aus: " ...., ICH (!!) habe keine Feindschaft geführt."
( ausrufezeichen nun von mir )
das besagt NICHT, dass evtl. DIE ANDEREN KEINE FEINDSCHAFT gefuehrt haetten !

wenn ich mir die verhoersituation so vorstelle, hat Lorenz an dieser stelle womoeglich mit geaenderter stimmlage oder veraenderter betonung gesprochen.

dieses detail verliert sich u. U. in der nuechtern protokolliertenform eines verhoers !!

*******************
bis morgen & ciao: Bernie


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20.08.2007 um 17:47
Eine weitere Sache, die mir in der Vernehmung des L.S. (S.175) aufgefallen ist, ist der Punkt mit den Fußspuren:

Riedmayr sagt zu L.S. vor, er habe angegeben, dass er ein oder zwei Tage vor dem Mord zusammen mit Gruber im Neuschnee die Fußspuren von zwei Menschen gesehen habe, die in die Futterkammer beim Motorenhaus geführt haben, aber nicht mehr heraus.

Dann hält er ihm vor, dass ein anderer Zeuge angegeben habe, der Vater Gruber habe ihm erzählt, dass er schon mehrmals bei seinem Anwesen die Fußtritte EINER MANNSPERSON gesehen habe.

L.S. beharrt dann darauf, dass er jedenfalls die Fußspuren von zwei Personen gesehen habe.

Die Angabe , dass Fußspuren von zwei Personen zu sehen waren, scheint danach hauptsächlich durch die Aussage von L.S.belegt zu sein.

Zumindest scheint es aber so zu sein, dass sich öfters nur eine Person auf dem Anwesen herumgetrieben hat. Dass es sich um eine männliche Person gehandelt hat, muss Gruber wohl aus derGröße und der Tiefe der Fußspur geschlossen haben.

L.S. würde es besser in den Kram passen, dass sich mehrere Personen vor der Tat auf dem Hof herumgetrieben haben, die von weit außerhalb kamen und zusammen erst auf dem Hof herumlaufen mussten, überall nachsehen mussten, weil sie erst alles ausbaldowern mussten, bevor sie dann alle umgebracht haben.

Riedmayr scheint diese Ansätze zu sehen, er macht auch Vorhaltungen, aber dann gibt er sich doch mit einfachen Antworten zufrieden. Für mich ist es immer wieder interessant mir die Vernehmung durchzulesen. Es sind auch so viele Punkte enthalten, die man manchmal einfach überliest.


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20.08.2007 um 17:49
@Bernie

Ganz genau. Damit wirst Du schon richtig liegen. Die Betonung liegt auf ICH! D.h. andere weniger friedliche Menschen mögen Feindschaft geführt haben.

Gruß, Angela


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20.08.2007 um 20:35
Täglich ein, zwei Überraschungen... :-))

@oldschool70

Wenn die Darstellung der Viktoria Schlittenbauer mit einiger Sicherheit wahrheitwidrig ist, dann ist das eigentlich ein deutlicher Hinweis, daß die ganze Familie Schlittenbauer über den wirklichen Sachverhalt recht genau orientiert war.
Und wie ich jetzt vermuten möchte, nicht erst Monate oder Jahre später.
Was würde diese wahrheitswidrige Angabe für einen Sinn machen, wenn sie nicht etwas verschleiern sollte!?


@AngRa

Zu den Spuren im Schnee: Ein wesentlicher Punkt, der die angeblichen zwei Spuren im Schnee entmystifizieren würde, wäre die einigermassen gesicherte Darstellung, daß der alte Gruber schon länger Spuren im Bereich des Anwesens wahrgenommen hätte. Das würde gegen geheimnisvolle Unbekannte aller Art sprechen.
Da kommen dann eher wieder "gewisse Bekannte" in Frage...


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20.08.2007 um 21:07
Geldzahlung von Gruber an L.S. im September 1919 wegen Anerkennung der Vaterschaft des Josef

Der Vernehmung des L.S. vom 31.3.1931 ist zu entnehmen, dass Gruber an L.S. 5000 Mark gezahlt hat, weil dieser die Vaterschaft des Josef anerkannt hat.

Leuschner S.173, Riedmayr zu L.S.:
"Sie haben früher angegeben, dass sie 5.000 Mark von Gruber bekommen haben"

Ich gehe davon aus, dass L.S. vor Anerkennung der Vaterschaft auf Zahlung dieses Geldes bestanden hat, um sich abzusichern. Gleichzeitig gehe ich mal davon aus, dass er sich eine schriftliche Bestätigung hat geben lassen, dass er keinen Unterhalt zahlen muss. Den Erhalt des Geldes wird er Gruber möglicherweise quittiert haben, damit dieser abgesichert ist. Die relativ hohe Geldsumme ist damit zu erklären, dass anfangs nicht absehbar war, welcher Abfindungssumme das Vormundschaftsgericht zustimmt.

Das Vormundschaftsgericht hat dann einer relativ niedrigen Abfindungssumme in Höhe von 1.800 Markzugestimmt, so dass L.S. den Betrag von 3.200 Mark übrig hatte.

Eigentlich wissen wir nur aus den Angaben des L.S. , dass dieser die Summe von 3.200 Mark an die Hker zurückgezahlt hat und zwar in zwei Raten. 200 Mark will er an Victoria zurückgezahlt haben und die restlichen 3.000 Mark will er in Pfandbriefen erhalten haben, die er dann nach einigen Monaten zurückgegeben haben will.

Wäre es nicht denkbar, dass L.S. diese Summe in Wirklichkeit nicht zurückgezahlt hat und Gruber ihn deswegen verklagen wollte?

L.S. hat erzählt, dass er bis 1921 sein Haus fast vollständig neu gebaut hatte, außerdem habe er seiner Tochter Magdalena eine Mitgift in Höhe von 20.000 Mark gezahlt, während seine 2. Ehefrau nur eine Mitgift von 8.000 Mark mit in die Ehe gebracht habe. Wäre es da nicht denkbar, dass Gruber ihm die Rückzahlung des Geldes bis 1921 gestundet hat, bis der Neubau fertig und die Tochter verheiratet war?
Da L.S. ihm alles in allem den Knast ersparthatte, könnte er in diesem Punkt doch großzügig gewesen sein, zumal auch die ins Auge gefasste Hochzeit mit Victoria nicht zustande gekommen war.L.S. wird evtl. der Auffassung gewesen sein, dass ihm wegen dieser für ihn unangenehmen Dinge wenigstens das Geld zustand.

Als er dann selbst Geld für den Neubau brauchte, wollte Gruber vielleicht nicht länger auf das Geld warten. Darüber wird L.S. evtl. erbost gewesen sein. Aber er hätte zunächst kein Druckmittel gegenüber Gruber gehabt, da dieser wegen der Blutschande im Zusammenhang mit der Zeugung des Josef freigesprochen worden war. Nach einem Freispruch kann wegen dieser Tat keine neuer Prozess geführt werden. Da musste er evtl. im Herbst 1921 anfangen erneut Druck auf die Gruber/Gabriel auszuüben wegen eines erneuten Inzests, der als neue Tat hätte angeklagt werden können. Die Magd hatte Vater und Tochter ja beobachtet, vielleicht war dieses L.S. zu Ohren gekommen und er drohte Victoria mit einer Anzeige wegen diesesVorfalls. Beim alten Gruber hat er es sich vielleicht nicht getraut.

Dies alles ist nur so ein Gedanke von mir, weil wir immer von einer möglichen Alimentenklage gegen L.S. ausgegangen sind. Vielleicht gab es aber auch erhebliche Auseinandersetzungen wegen der Rückzahlung des nicht für die Ablösesumme verwendeten Geldes. In diesem Fall wäre es auch möglich, dass gerade der Beleg über den Erhalt des Geldes nach der Tat gesucht worden ist.

Ich denke mal, dass sowohl Gruber als auch L.S. über die Transaktion mit den 5.000 Mark öffentlich nicht viel gesprochen haben, weil das für beide Seiten ziemlich pikant war.

Es könnte sein, dass jemand vor einigen Seiten diese Idee schon mal hatte. Auf jeden Fall halte ich inzwischen nach diesen Überlegungen eine Auseindersetzung wegen dieses Geldes auch für möglich. Was meint ihr dazu?


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20.08.2007 um 21:21
@all

Zur Aussage der Viktoria S.

Ich denke, daß die Tochter des L.S. trotz ihres Alters sehr wohl orientiert war, sprich, sie wusste genau was sie im Film sagte.(Habe sehr viel mit alten Menschen gearbeitet)
Hätte sie Gedächnislücken, d.h. die Anfänge einer Altersdemenz, würde eher ihr Kurzzeitgedächtnis drunter leiden als das Langzeitgedächtnis. Ausserdem wird sie die Geschichte so oft in ihrem Leben erzählt haben, daß sich diese so im Gedächtnis festgesetzt hat, da erzählt man nicht ebenso mal "aus Versehen" was falsches, und behauptet man selbst ist dabei gewesen beim Nachschauen und beim Auffinden der Opfer.

Leider wird in dem Film nicht hinterfragt vom Interviewer, warum sie eine andere Behauptung aufstellt (1991), obwohl Herr Leuschner auch schon 1978 recherchiert und auch in seinem Buch geschrieben hat, daß der Sohn, Stiefsohn und die beiden anderen Zeugen mit ihm zum Hof gegangen sind.Herrn Hieber war dies bestimmt bekannt, aberwahrscheinlich hätte sich dann das Interview erledigt gehabt.

Ich bin davon überzeugt, daß Viktoria S. die Unwahrheit bewusst gesagt hat, hier im Forum wurde auch schon mal darüber diskutiert, und dabei wurde auch festgestellt, daß ja auch 1991 keine Zeitzeugen mehr am Leben waren, die direkt dabei waren und das Gegenteil aussagen hätten können. Meines Erachtens nach war die sie Schutzbehauptung, den Vater(und Sohn/Stiefsohn) zu entlasten, nach dem Motto:" Ich war selber dabei und ich werde es ja wohl wissen."


Außerdem, in dem Film spricht sie ERST in ein paar Sätzen "positiv" von der Viktoria, sie sagt, daß sie eine hübsche Frau war, blond, usw. ein paar Sätze später schwenkt sie gewaltig um im Gespräch, ein Satz (teil)fällt mir spontan ein:" Man weiß ja nicht, was die da oben für einen Saustall hatten..."(Vielleicht ist`s nicht genau der Wortlaut, aber er kommt so gut wie hin)


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20.08.2007 um 21:32
@AngRa

Gegen Deine Vermutung spricht überhaupt nichts - nur werden wir das eine (Streit wegen der Alimente) wie das andere (Streit wegen angemahnter Rückzahlung von einbehaltenem Geld) nie mehr wirklich klären können.

@all

Wenn ich einen 16jährigen Sohn hätte, den ich (aus welchen Gründen auch immer) ein wenig aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit nehmen möchte, würde ich ihn dann nicht auswärts in eine Lehre schicken?
Auch Schlittenbauer senior scheint ja in seiner Jugendzeit einige Jahre auf einem anderen Hof gelernt und gearbeitet zu haben.
Denke ich da falsch?
Je nach Charakter des Sohnes könnte es aber vielleicht auch umgekehrt besser sein, ihn nicht zu fremden Leuten gehen zu lassen, weil er sonst Dinge erzählen könnte, die nicht ´opportun´ wären.

Weiß man denn wenigstens, wann ungefähr der Nachbar Sigl an Johann S. herangetreten ist, um ihn zu einer Aussage zuungunsten seines Vaters (L.S.) zu bewegen?


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20.08.2007 um 21:34
AngRa

Was Du geschrieben hast ist ein guter Gedankengang.

Mir kam das mit dem Geld auch schon länger komisch vor, gerade aufgrund des Verhöres, wo L.S. ja gezielt danach gefragt wird, und da fällt ihm doch tatsächlich erst mal ein, daß er die 200 Mark nach ein paar? Monaten zurückgegeben hat. Und auf das Hinterfragen der Pfandbriefe im Wert von 3000 Mark(fällt ihm erst ein?) legt er nach, daß er diese auch zurückgegeben hat.
Das hat in meinen Augen sehr gehakt.


Dann noch die Aussage, daß sie als Nachbarn wieder gut waren, nachdem die HK `er das Geld zurück hatten...sie waren NUR 8 Tage im Streit??Das hat doch bestimmt länger gedauert, bis sie das Geld, wenn überhaupt, zurückbekommen hatten.

Wie passt denn das zusammen?


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20.08.2007 um 22:10
@Badesalz

Der Streit zwischen Sigl und L.S. schwelte über Jahre und endete letztlich erst mit Sigls Wegzug aus Gröbern ca. 1926/27.
Momentan kann ich den sog. "Meineid-Fall" zeitlich nicht genau einordnen. Aus dem Gefühl heraus wird es wohl zwei Jahre nach der Tat zu einem, oder mehreren kleinen Prozessen vor dem Amtsgericht gekommen sein.
Nach dem für Sigl verlorenen Prozess im Jahre 1926 "die Zeugen haben versagt" ist dieser wohl aus Gröbern weggezogen.

Vielleicht kann AngRa die Prozesse zeitlich genauer einschätzen?


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Mordfall Hinterkaifeck

21.08.2007 um 00:10
@AngRa
Schlüssig, sehr schlüssig in meinen Augen. Insbesondere erhellt es die Frage, wonach auf HK nach der Tat gesucht worden sein könnte.

Habe heute Schlittenbauers Vernehmung Jahre nach der Tat gelesen und mich ganz schön geärgert - über den Kommissar Riedmayr. Der bereitet eine zweitägige Vernehmung vor und legt sich die Fragen wirklich in der Abfolge gut zurecht. In den entscheidenen Momenten aber, wo nur noch eine Frage fehlt um bei sonnenklaren Widersprüchen nachzuhaken -- wechselt er das Thema! Ich kann mir das einfach nicht erklären.

@Badesalz
Warum sollte er den Sohn in die Deckung befördern? Dieser stand nicht ansatzweise unter irgendeinem Verdacht und wie Du selbst mutmaßt, ist er in heimischer Umgebung unter guter Kontrolle.

Und wenn Du bemerkst, das wir dies nicht mehr wirklich klären (sprich beweisen) können, stimmt das - und zwar was den gesamten Fall betrifft. Alles zur Verfügung stehende Material ist bekannt - es sei denn estaucht noch etwas aus der berüchtigten Bodenkammer auf. Was aber m.E. noch nicht vollendet ist: dieses Material in eine passende Konstruktion zu fügen, die Bruchstücke schlüssig zu verbinden. Dies ist bisher nicht gelungen, auch nicht einem Leuschner oder einem Müller (der zumindest einen Einblick in seine persönlichen Schlußfolgerungen verwehrt). Und das kann auch nur gelingen, indem sich viele hier beteiligen und ihre eigenen Konstrukte schaffen - bis eines davon eventuell allen Gegenargumenten trotzen kann.

Denn ich sehe das Ziel der Arbeit hier darin, einen Tathergang zu erstellen, der durch keinen überlieferten Aspekt widerlegbar ist. Das wäre für mich persönlich befriedigend und dann auch als Lösung des Falles zu betrachten.


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Mordfall Hinterkaifeck

21.08.2007 um 07:38
Zu den gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen Sigl und L.S.:

Anhaltspunkte ergeben sich aus dem Verhör von L.S. am 31.3.1931 (S.175)

Riedmayr hält L.S. vor, dass er mehrere Prozesse mit Sigl geführt habe. L.S. führt aus, dass Sigl ihn als Hinterkaifecker Mörder bezeichnet habe, deshalb habe er ihn wegen Beleidigung verklagt, worauf dieser zu einer Geldstrafe von 40 Mark verurteilt worden sei.
Zeitlich kann man diesen Prozess leider nicht einordnen.

Weiter gibt S. in der Vernehmung an, dass Sigl auch seinen Sohn J.S. zu beeinflussen gesucht habe, gegen ihn auszusagen. Er habe Sigl dann vorgeworfen, dass er den Sohn zum Meineid angestiftet habe. "Dafür sei er dann dreimal gestraft worden."

Ich denke daher, dass ein weiterer Prozess stattfand, den L.S. verloren hat, denn er sagt, dass er ihm leicht die Anstiftung zum Meineid habe nachweisen können, dass er es aber nicht getan habe, weil Sigl ihm leid getan habe. So habe er lieber die Strafeauf sich genommen.

Hierzu gibt es auf S. 154 eine ungefähre Zeitangabe und zwar in dem Zusammenhang, dass Georg Greger im Januar 1926 den KOI Reingruber in München aufgesucht habe, um ihn über Neuigkeiten aus Hinterkaifeck zu informieren.

Greger war zum damaligen Zeitpunkt schon nicht mehr Bürgermeister von Wangen. Bürgermeister war damals Gall.

Greger berichtete, dass seit 14 Tagen wieder Gerüchte aufgekommen seien, dass L.S. der Täter sein könne. Begonnen habe es in der Brunnerschen Wirtschaft. Anlass sei ein schon länger schwelender Streit zwischen L.S. und Sigl gewesen. L.S. warf Sigl vor, er habe seinen Buben zum Meineid verleiten wollen.

Vor Bürgermeister Gall habe ein Sühnetermin stattgefunden. Dabei habe Sigl dem L.S ins Gesicht gesagt, dass er der Hinterkaifecker Mörder sei.

Dabei habe die Gemüter dann die Reaktion von L.S. bewegt, weil dieser den Vorwurf wortlos geschluckt habe. Er habe dies damit begründet, dass er sich nichtaufregen dürfe. Bürgermeister Gall sei aber aufgefallen, dass L.S. ganz blass geworden sei.

Dieser Prozess wegen der Meineidgeschichte muss demnach im Laufe des Jahres 1926 stattgefunden haben. Leider weiß man über den Prozess nichts Genaues, da Riedmayr auch nicht nachgefragt hat, was L.S. mit "dreimal gestraft" gemeint hat. Wäre ganz interessant gewesen.

Es ist demnach wohl so, dass mehrere Prozesse stattfanden und dass L.S. nicht alle Prozesse mit Sigl gewonnen hat. Letzten Endes ist Sigl dann weggezogen. Da kann sich jeder seinen Teil denken.


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21.08.2007 um 07:56
@AngRa

Da der Zeuge Sigl dreimal gestraft wurde, musste doch auch dreimal eine Anzeige gemacht worden sein, oder sehe ich das falsch?

Ich hatte schon mal daran gedacht, ob er einmal gestraft wurde von einem weltlichen Gericht, und vielleicht zweimal durch "Schicksalschläge".

Aber andererseits hätte L.S. dies ja wahrscheinlich auch bei einem Verhör anders angeführt und dann nicht alle 3 Strafen auf einmal angeführt.

Weiß man, wann, also in welchem Jahr in etwa Sigl sein Hab und Gut in Gröbern aufgab und wegzog?


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Mordfall Hinterkaifeck

21.08.2007 um 09:02
hallo zusammen,
also wenn wirklich der 16 jährige Sohn einer der Täter gewesen sein soll, dann spricht doch vieles dafür und nur wenig dagegen.

1 Wut über Verhältnis des Vaters zu Vic...er würde sie nie als Mutter anerkennen.
2 Neid, da Josef angeblich ja nicht der richtige Sohn ist und der angebliche Vater spricht von " seinem Buberl ".
3 Rache wegen der ganzen, ja schon langjährigen Diskussionen und auch Streit mit den HK´lern. Geld und Inzest...damit will der Junge nichts zu tun haben.
4 Angst um Erbe da es ja schon genug Kinder gab die später was vom Kuchen abbekommen werden.
5 Scham über die Redereien im Dorf, die niemanden verborgen blieben...
6 Traurigkeit über den Tod der "richtigen" Schwester. Was will er mit einem Bastard.
?????????

Ich finde das dies allemal ein Grund für einen pupatären Jungen sein können. Vielleicht hat er die Tat seinem Vater auch angedroht und LS ist kurze Zeit später dazu gestoßen und hat die Tat mitvollendet....

Man weiß es nicht so genau und dies ist nur ein weiterer Gedanke wie es zu diesem schlimmen Ereignis gekommen ist.

Ich bin sehr gespannt auf die Ergebnisse vom Arbeitskreis. Ich freue mich schon die Geschichten zu lesen.

Viele Grüße
Sam


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Mordfall Hinterkaifeck

21.08.2007 um 09:45
@AngRa und schimmelchen

Ich glaube auch, dass S. nach der Beleidigungsklage einen erneuten Prozess wegen Anstiftung zum Meineid geführt hatte, den er letztendlich verloren hat.

Dreimal gestraft würde ich nicht unbedingt gleichsetzen mit 3 Anzeigen/Klagen. Er hatte wohl das Gefühl, dass er "genug" gestraft wurde, weil
1. die Klage nicht erfolgreich war
2. er die Kosten des Verfahrens tragen musste
3. die Leute ihn trotzdem weiterhin verdächtigten und als Mörder bezichtigten.

Spätere Prozesse, auch gegen Dersch und evtl. andere, hatte er dann vermieden, da er wohl davon ausgehen musste, diese wiederum zu verlieren - "denn was habe ich davon, doch nur Kosten und ich habe mir wieder gedacht, man muss das Unrecht geduldig leiden."

Interessant ist auch der Ausspruch, der Sigl habe ihm leid getan, und er hätte die Strafe lieber auf sich genommen.
Die Wirklichkeit sah wohl anders aus. Sigl wurde solange gemobbt und bedroht, dass erschliesslich aus Gröbern weggezogen ist.
Auch die Aussage von Schwaiger jun. spricht Bände.....niemand traute sich gegen S. auszusagen, deshalb haben wohl auch die Zeugen versagt, wie oldschool70 geschrieben hat. Das ganze Dorf hatte Angst, dass ihnen die Höfe angezündet würden, ja Schwaiger spricht sogar aus, dass unter den Bewohnern in Gröbern die Angst herrschte, er würde wohl von einem weiteren Mord nicht zurückschrecken, wenn jemand ihn beschuldigen und gegen ihn aussagen würde....das ist sehr bezeichnend.


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Mordfall Hinterkaifeck

21.08.2007 um 09:48
@schimmelchen

Ich habe mich in meinem letzten Beitrag nicht klar genug ausgedrückt. L.S. hat bei der Riedmayr Vernehmung ausgesagt, dass er (L.S.) dreimal gestraft worden sei.

Ich gehe daher davon aus, dass Sigl in einem Prozess gegen L.S., bei dem es um die Anstiftung zum Meineid des Johann S. ging, obsiegt hat. Was L.S. mit dreimal gestraft meint, also mit zwei weiteren Strafen meint, ist mir etwas unklar.

Denkbar ist, dass L.S. verurteilt worden ist, die Behauptung zu unterlassen, dass Sigl seinen Sohn zum Meineid anstiften wollte. Evtl. hat er sich nicht daran gehalten und es noch zweimal behauptet, so dass immer wieder eine Geldstrafe gegen ihn festgesetzt wurde, die dann jedes Mal höher ausgefallen sein dürfte.

Den Nachweis, dass Sigl seinen Sohn zum Meineid anstiften wollte, hätte er aber nur mit einer entsprechenden Aussage seines Sohnes belegen können. Den hat er aber wohl bewusst aus den gerichtlichen Auseinandersetzungenherausgehalten.

Bei der Vernehmung stellt er es aber so dar, als habe er Mitleid mit Sigl gehabt und ihm die Kosten für einen verlorenen Prozess und die Strafe ersparen wollen.


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Mordfall Hinterkaifeck

21.08.2007 um 11:08
@AngRa

Also, wenn ich es richtig verstanden habe, hat Sigl eventuell gegen eine Auflage verstossen und wurde erneut bestraft.


@saro

Ich habe ja auch schon öfter geschrieben, daß diese Aussage von Andreas Schwaiger jun. für mich Bände spricht.

Ich könnte mir auch vorstellen, unter vielem Anderen, daß die restlichen Bewohner des Dorfes, wenn sie denn auch ihren Verdacht gegen L.S. hatten, sich mit öffentlichen Behauptungen zurückgehalten haben, da sie ja auch mitbekommen haben, wie es dem Zeugen Sigl "erging", da er mit seiner Überzeugung nicht hinter dem Berg gehalten hat, es blieb ja nicht nur bei dem offiziellen Disput vor Gericht, da wird das gesamte Leben als Nachbar des L.S.(oder umgekehrt) furchtbar gewesen sein, mit Beschimpfungen u.s.w.. Und da werden auch die Menschen lieber ruhig gewesen sein, bevor man sich solch einen Stress antut, mit Gerichtsverhandlungen o.ä. Und L.S. wird vielleicht schon seine Drohungen ausgestossen habeninnerhalb des Dorfes, was alles passieren kann, wenn man ihn weiterhin "verleumdet". Nicht jeder wird es sich haben leisten können oder dies überhaupt Betracht gezogen haben, sich mit dem Ortsvorsteher anzulegen und damit eventuell die Existenz aufgeben zu müssen, oder sein lebenlang in Feindschaft mit dem Nachbarn zu leben, denn man lief sich ja zwangsläufig immer über den Weg, das Dorf war/ist ja sehr klein.

Ich denke die Menschen dort hatten wirklich Angst.


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