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Mordfall Charlotte Böhringer

28.470 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, München, 2006 ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Mordfall Charlotte Böhringer

Mordfall Charlotte Böhringer

06.12.2020 um 16:57
Zitat von kollbergkollberg schrieb:Und ist das nicht zunächst mal einfach der Sprachgebrauch eines Wichtigtuers? Gibt so Typen: die können nicht mal sagen, dass sie häufig ihr Vesper vergessen. Nein, ihre Erinnerungskultur bezüglich alltäglicher Reproduktionsbelange ist nicht ausgeprägt.
Die „geht‘s noch“ Passage in der Doku zeigt, dass BT auch ganz „normal“ sprechen kann. Nur bei der eigentlichen Tatfrage wird es gestelzt.

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06.12.2020 um 17:06
Zitat von NegusNegus schrieb:Die „geht‘s noch“ Passage in der Doku zeigt, dass BT auch ganz „normal“ sprechen kann.
Und jeder weiß jetzt, wovon du sprichst.
Aber kann sich ja jeder nochmal anhören um zu erfahren, was du meinst :trollsanta:


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06.12.2020 um 17:08
Zitat von Cassandra71Cassandra71 schrieb:Er sagte wortwörtlich:

Ich bin vollkommen unschuldig hinsichtlich den Vorwürfen, die mir juristisch gemacht werden - und gemacht wurden. Weder in der Ausführung, noch in der Planung, also ich hab mit dieser Tat nichts zu tun.
Also meine Assoziation war ähnlich wie die:
Zitat von NegusNegus schrieb:Er meint, zu Unrecht zu sitzen, weil er „diese Tat“ (den im Urteil angenommen Tatablauf) nicht begangen hat und für seine eigentliche Tat (den nur ihm bekannten tatsächlichen Ablauf) nicht verurteilt wurde.
Allerdings habe ich das nicht auf einen anderen Täter bezogen, sondern auf den "juristischen" Schuldspruch:

Mord aus Habgier und Heimtücke und besonderer Schwere der Schuld. Ich interpretierte es spontan wie: "Mit dem Mord habe ich nichts zu tun. Weil es Totschlag im Affekt war, weil sie mich mal wieder gedemütigt, beleidigt und bis aufs Blut gereizt hat."

Das würde auch zu der etwas kryptischen Aussage des Staatsanwalts passen, der meinte, hätte sich Todt zur Tat eingelassen, hätte er, der StA, vielleicht zu einer anderen Überzeugung gefunden.

Aber die Wortwahl kann natürlich auch die eines gescheiterten Jurastudenten sein, der sich besonders exakt ausdrücken möchte.


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06.12.2020 um 17:13
Bei B.T. (ähnlich wie bei Jens Söring) fehlte nach Auffassung des Gerichts und der Ermittlungsbeamten das gewünschte Maß an Unterwerfung und Reue.

Aber mal angenommen, der Angeklagte ist unschuldig und verpackt seine Fassungslosigkeit schlicht hinter gestelzten Kommentaren, dann kann ihn das, wie in diesem Fall, ein Lebenslänglich einbringen.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass bei wackliger Indizienlage eben die Sympatielage ein Urteil mitentscheiden kann.


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06.12.2020 um 17:14
Zitat von monstramonstra schrieb:Mord aus Habgier und Heimtücke und besonderer Schwere der Schuld. Ich interpretierte es spontan wie: "Mit dem Mord habe ich nichts zu tun. Weil es Totschlag im Affekt war, weil sie mich mal wieder gedemütigt, beleidigt und bis aufs Blut gereizt hat."
Warum sollte ein schamloser und - das muss man ihm lassen - begabter Lügner sich die Mühe machen, eine Aussage derartig juristisch wasserdicht zu verklausulieren? Seine Vorgeschichte zeigt doch, dass er direkt und unverblümt lügen kann, wann immer es ihm opportun erscheint. Ich halte es daher für eine Über- bzw. Fehlinterpretation, irgendwelche verborgenen Hinweise in diesen Aussagen zu suchen.
Er sagt er sei unschuldig, weil er will dass sein Publikum ihn für unschuldig hält - weiter steckt da nix dahinter.


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06.12.2020 um 17:28
Zitat von BundesferkelBundesferkel schrieb:Ich bin mir ziemlich sicher, dass bei wackliger Indizienlage eben die Sympatielage ein Urteil mitentscheiden kann.
Das ist gut möglich. Jedenfalls ist es menschlich, jemanden sympathisch oder auch nicht zu finden.

Dem versucht aber das Rechtssystem entgegenzuwirken:
- 5 Richterinnen und Richter entscheiden, alle mit unterschiedlichen Neigungen und Vorlieben.
- Antipathie ist kein Beweis, kein Indiz und kein Grund.
- Die gesamte Dogmatik der Beweiserhebung, -verwertung und -würdigung ist auf Objektivität angelegt.
- Es erfolgt revisionsgerichtliche Prüfung.
- Richter versuchen zu Angeklagten professionell distanziert zu sein - was ihnen prompt als Empathielosigkeit angekreidet wird.
- Ärzte behandeln Patienten gemeinhin nicht schlechter, wenn sie sie nicht mögen.


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06.12.2020 um 17:28
Ich frage mich eigentlich wie viele auch einen Affekt für möglich halten können inklusive Staatsanwaltschaft. In meinen Augen war es entweder geplant oder er ist unschuldig. CB wurde an der Haustüre umgebracht, dann die gute Verwischung und das unauffällige Nachtatverhalten gegenüber der Verlobten.

Was mich auch verwundert, warum sich doch so viele von ihm abnabeln und ihn nicht mehr besuchen. Hier meinen ja viele weil sie ihn für schuldig halten. Die haben die ganze Beweisaufnahme mitgemacht und hielten ihn trotzdem für unschuldig. Warum jetzt?

Was zwar nicht so wichtig für die Täterfrage ist, aber mich interessieren würde wie hoch ungefähr das Vermögen ist. Das muss doch im Zivilprozess genau festgestellt worden sein und normalerweise wirst sowas doch immer erwähnt. Es gibt Schätzungen aus den Jahren 2007 zwischen 12 und 50 Millionen. Gut, allein das Penthouse wird heute wahrscheinlich schon mindestens 5 Millionen wert sein, wenn man die Lage im Parkhaus und die Geschichte abzieht


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06.12.2020 um 17:34
Zitat von BundesferkelBundesferkel schrieb:Bei B.T. (ähnlich wie bei Jens Söring) fehlte nach Auffassung des Gerichts und der Ermittlungsbeamten das gewünschte Maß an Unterwerfung und Reue.
Selbst wenn es so gewesen wäre, was ich bezweifle: Derlei ist kein Straftatbestand. Verurteilt wurde BT bekanntlich nicht aus diesem Grund.
Zitat von BundesferkelBundesferkel schrieb:Aber mal angenommen, der Angeklagte ist unschuldig und verpackt seine Fassungslosigkeit schlicht hinter gestelzten Kommentaren, dann kann ihn das, wie in diesem Fall, ein Lebenslänglich einbringen.
Auch das stimmt nicht. BT wurde nicht verurteilt, weil er sich mit gestelzten Worten vor dem Urteil als unschuldig bezeichnet hat.
Zitat von BundesferkelBundesferkel schrieb:Ich bin mir ziemlich sicher, dass bei wackliger Indizienlage eben die Sympatielage ein Urteil mitentscheiden kann.
Das ist ein Missverständnis. Für dich persönlich mag die Indizienlage wacklig gewesen sein. Für das Gericht war sie es nicht, deshalb griff ja auch nicht der Grundsatz „in dubio pro reo“ ein. Nach dem gesamten Verhandlungsergebnis war das Gericht, und das hat es im Urteil ja entsprechend begründet, von der Schuld des Angeklagten überzeugt, und DESHALB wurde BT verurteilt, nicht etwa, weil er womöglich einem, zwei oder gar allen Richtern furchtbar unsympathisch war.

Auch in Fällen, in denen ein Gericht Zweifel an der Schuld eines Angeklagten hat und daher nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ freispricht, geschieht das nicht nach persönlicher Sympathie oder Antipathie. Mit Sympathie oder Antipathie ließen sich auch wohl kaum ein Urteil oder ein Freispruch so begründen, dass Berufungs- oder Revisionsinstanz begeistert wären....

Staatsanwälte klagen übrigens auch nicht nach Sympathie an.


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06.12.2020 um 17:34
Zitat von fassbinder1925fassbinder1925 schrieb:Was mich auch verwundert, warum sich doch so viele von ihm abnabeln und ihn nicht mehr besuchen. Hier meinen ja viele weil sie ihn für schuldig halten. Die haben die ganze Beweisaufnahme mitgemacht und hielten ihn trotzdem für unschuldig. Warum jetzt?
Ich vermute, dass das an einer sich abschwächenden Gruppenideologie liegt. Zum Zeitpunkt des Prozesses, hatte der Freundeskreis mit der Justiz einen gemeinsamen Feind und so etwas stärkt den Zusammenhalt ungemein, führt aber eben auch zu einer eher einseitigen und konformistischen Denkweise. In der Folge haben einzelne Gruppenmitglieder wahrscheinlich langsam begonnen selbstständig zu denken und sich in diesem Prozess auch mehr und mehr von der Gruppenideologie emanzipiert.


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06.12.2020 um 17:37
Zitat von fassbinder1925fassbinder1925 schrieb:Was mich auch verwundert, warum sich doch so viele von ihm abnabeln und ihn nicht mehr besuchen. Hier meinen ja viele weil sie ihn für schuldig halten. Die haben die ganze Beweisaufnahme mitgemacht und hielten ihn trotzdem für unschuldig. Warum jetzt?
Meine Vermutung für den Rückzug der Freunde geht dahin,
dass ihnen klar wurde, dass sie dabei waren, ihr eigenes Leben an dieses Drama „hinzuhängen“, es drehte sich quasi jahrelang nur um diesen Fall. Das Band enorme Energien und ist nur menschlich, dass es irgendwann mal Abstand braucht.

Mit ihrer Haltung und Sicht der Dinge muss sich damit nicht zwangsläufig etwas verändert haben


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06.12.2020 um 17:44
Zitat von AndanteAndante schrieb:Staatsanwälte klagen übrigens auch nicht nach Sympathie an.
Aber hin und wieder nach politischer Opportunität... Und so manches mal ist der Verfolgungseifer nicht nachvollziehbar. Aber das ist natürlich nicht der Regelfall.

Trotzdem: Wer mich - beruflich - ärgert, macht es sich nicht leichter.


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06.12.2020 um 17:44
Zitat von AndanteAndante schrieb:Auch in Fällen, in denen ein Gericht Zweifel an der Schuld eines Angeklagten hat und daher nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ freispricht, geschieht das nicht nach persönlicher Sympathie oder Antipathie. Mit Sympathie oder Antipathie ließen sich auch wohl kaum ein Urteil oder ein Freispruch so begründen, dass Berufungs- oder Revisionsinstanz begeistert wären....
So sollte es sein, ist es aber nicht.

Warum gibt es im Urteil selbst immer wieder ausführlich Hinweise darauf, wie unverschämt sich B.T. vor Gericht verhalten hätte?

Würde das keine Rolle gespielt haben,
hätte man es auch nicht in die Urteilsbegründung nehmen müssen.


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06.12.2020 um 18:01
Zitat von BundesferkelBundesferkel schrieb:Warum gibt es im Urteil selbst immer wieder ausführlich Hinweise darauf, wie unverschämt sich B.T. vor Gericht verhalten hätte?
Vielleicht magst du ja mal einen derartigen Hinweis einstellen. Es würde uns sehr erleichtern, das entsprechend diskutieren zu können.


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06.12.2020 um 18:04
Zitat von monstramonstra schrieb:Aber hin und wieder nach politischer Opportunität...
Nun ja, Staatsanwälte hierzulande sind (was der EuGH bekanntlich kritisiert hat) hat,im Gegensatz zu Richtern weisungsgebunden, wobei es auch Begürworter einer solchen Weisungsgebundenheit gibt. Rein aus politischen Gründen wird hier aber niemand verfolgt....

https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/weisungsrecht-staatsanwalt-justiz-politik-extern-generalbundesanwalt-generalstaatsanwalt/

Praktisch gibt es aber kaum ministerielle Eingriffe in die Arbeit der Staatsanwälte. Die ganz „normale“ Alltags-Kriminalität einschließlich ebensolcher Tötungsdelikte interessiert eine Landesregierung oder den Generalstaatsanwalt meist wenig, die haben anderes zu tun.
Zitat von BundesferkelBundesferkel schrieb:Warum gibt es im Urteil selbst immer wieder ausführlich Hinweise darauf, wie unverschämt sich B.T. vor Gericht verhalten hätte?

Würde das keine Rolle gespielt haben,
hätte man es auch nicht in die Urteilsbegründung nehmen müssen.
Nun ja, „immer wieder“ trifft nicht zu. Am Anfang, das stimmt, wird geschildert, wie sich BT in bestimmten Situationen vor Gericht verhalten hat. Der aufmerksame Leser wird aber bei weiterer Lektüre des Urteils merken, dass derlei bei der Beweiswürdigung betreffend die Tat keine Rolle spielt, sondern der Illustration der Persönlichkeit des Angeklagten und der angenommenen Motivlage dient.

Zur Frage, was die Überzeugung des Gerichts von der Schuld eines Angeklagten und demgegenüber der Grundsatz „in dubio pro reo“ bedeutet, darf ich noch einen Beitrag aus einem anderen Thread zitieren:

Vermisstenfall Madeleine McCann (Seite 642) (Beitrag von Rick_Blaine)


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06.12.2020 um 18:21
Zitat von AndanteAndante schrieb:Bundesferkel schrieb:
Ich bin mir ziemlich sicher, dass bei wackliger Indizienlage eben die Sympatielage ein Urteil mitentscheiden kann.
Selbstverständlich hat Bundesferkel vollkommen Recht. Was glaubt ihr denn warum jeder Anwalt versucht gut mit den Vorsitzenden klarzukommen.
Wer was anderes denkt der ist realitätsfremd. Der Sympatiefaktor spielt über all im Leben eine gewisse Rolle. Oder glaubt ihr das der Chef immer nur den qualifiziertesten Mitarbeiter einstellt, das immer nur die guten eine Gehaltserhöhung bekommen, oder das nur das beste Angebot den Zuschlag bekommt- was das glaubt der kennt nicht das wahre Leben.

Ich habe selbst einige Juristen im Freundes.- und Verwandtenkreis. Wenn ihr wüsstest was die so manchesmal erzählen...... .
Ich für meinen Teil versuche gerichtliche Auseinandersetzungen weitestgehend zu vermeiden, da ich schon lange nicht mehr Glaube das Gerichte immer Recht sprechen.


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06.12.2020 um 18:33
Nachtrag: Warum sagt ein jeder Strafverteidiger zu seinem Mandanten :" .... und ziehen sich bitte zur Verhandlung etwas ordentliches an" ?


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06.12.2020 um 18:34
Zitat von KölnerKölner schrieb:Was glaubt ihr denn warum jeder Anwalt versucht gut mit den Vorsitzenden klarzukommen.
Wer was anderes denkt der ist realitätsfremd.
Das versucht nicht jeder Anwalt. Und wenn ich mir die Kleidung von Angeklagten und Zeugen ansehe, ist "was Ordentliches" ohne großen Belang. Es gibt ausgesprochen häufig die "Konfliktverteidigung", wo das Gericht hart angegangen wird. Wenn es dem Mandanten nutzt. Und genauso kann es dem Mandanten nutzen, den Vorsitzenden mal anrufen zu können und zu sehen, wohin er den Dampfer steuern wird.

Aber alle Beteiligten werden immer darauf achten, ihre Unabhängigkeit zu wahren. StA, Verteidigung, Gericht.

Natürlich wird hinter den Kulissen das eine oder andere nichtöffentliche Wort gesprochen. Wenn ich aber als Richter den Angeklagten für einen "kriminellen Charakter" halte, kann ich ihn trotzdem nicht verurteilen, wenn die Beweise nicht reichen. Da würde kein korrekter Richter beschließen: "Der gehört hinter Gitter, komme was wolle!"
Zitat von KölnerKölner schrieb:Ich für meinen Teil versuche gerichtliche Auseinandersetzungen weitestgehend zu vermeiden, da ich schon lange nicht mehr Glaube das Gerichte immer Recht sprechen.
1. Sollte man gerichtliche Auseinandersetzungen so oder so immer vermeiden und nur die Fälle führen, die unvermeidbar sind.
2. Sollte man Recht und das, was man dafür hält, nicht miteinander verwechseln.
3. Sollte man Rechtskundige befragen, die diesen Unterschied kennen und erläutern können.

Den Glauben verliert man nur, wenn man Fehlvorstellungen von dem hat, was Recht ist.


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Mordfall Charlotte Böhringer

06.12.2020 um 19:12
Zitat von monstramonstra schrieb:Wenn ich aber als Richter den Angeklagten für einen "kriminellen Charakter" halte, kann ich ihn trotzdem nicht verurteilen, wenn die Beweise nicht reichen. Da würde kein korrekter Richter beschließen: "Der gehört hinter Gitter, komme was wolle!"
Eben, und wie sollte ein Richter, dem zwar persönlich der Angeklagte unsympathisch ist, bei dem aber für eine Verurteilung die Beweislage nicht ausreicht, im Urteil begründen, warum er den Angeklagten verurteilt hat?

Da kann so ein Richter, bildlich gesprochen, noch so viele Bleistifte zerkauen und sich den Kopf zerbrechen, begründet kriegt er das Urteil nicht.

Wobei die mündliche Urteilsbegründung nach der Verhandlung ja nur die Vorwegnahme dessen ist, was später im schriftlichen Urteil stehen wird. Das Gericht hat sich also nach der Verhandlung und bevor es wieder den Saal betritt, um seine Entscheidung zu verkünden, natürlich in der Beratung bereits ausgiebigst Gedanken gemacht, warum es zu dieser Entscheidung gekommen ist. Dieses „Warum“ wird dann zunächst in der mündlichen Begründung für den Angeklagten, die StA, die Nebenklage, alle Zuhörer dargestellt und später noch einmal als schriftliche Begründung wiederholt.

Das geht eben nicht nach dem Motto „Der Angeklagte war frech und außerdem schlampig angezogen, den verurteilen wir jetzt mal, und hinterher machen wir uns Gedanken, wie wir das im schriftlichen Urteil hinbiegen, irgendwas fällt uns da schon noch ein“.
Bei einem darf man ganz sicher sein: Jedem Richter ist klar, dass seine eigenen persönlichen Sympathien oder Antipathien niemals ausreichend für seine Entscheidung sind. Spätestens bei der Begründung folgt nämlich der Offenbarungseid.


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Mordfall Charlotte Böhringer

06.12.2020 um 19:28
Zitat von AndanteAndante schrieb:Eben, und wie sollte ein Richter, dem zwar persönlich der Angeklagte unsympathisch ist, bei dem aber für eine Verurteilung die Beweislage nicht ausreicht, im Urteil begründen, warum er den Angeklagten verurteilt hat?
Wenn die Beweislage nicht ausreicht dann reicht sie nicht aus und der Angeklagte wird freigesprochen.
Es gibt aber nunmal nicht nur Fälle die "eindeutig" sind. Ein Richter macht sich einen Eindruck vom Angeklagten, von den Zeugen und von den Indizien.
Es macht sehr viel aus ob Angeklagte und Zeugen glaubwürdig erscheinen oder eher nicht. Wovon hängt nun letztendlich dieser Eindruck ab ?
- sicherlich einerseits von seiner Argumentation

- andererseits aber natürlich auch von seinem Auftreten vor Gericht. Wirkt er seriös ? Macht er einen "ehrlichen" Eindruck ?

Der sog. Sympatiefaktor spielt überall im Leben eine Rolle. Ein Richter hat einen Ermessensspielraum und auch ein Richter ist letztendlich nur ein Mensch.
Zitat von AndanteAndante schrieb:Ich bin mir ziemlich sicher, dass bei wackliger Indizienlage eben die Sympatielage ein Urteil mitentscheiden kann.
Dies war schliesslich die Ausgangslage unserer Diskussion.
Es hat niemand behauptet das Richter Rechtbeugung begehen gegenüber sympatischen oder unsympatischen Parteien. Aber letztendlich können es sehr wohl diese Kleinigkeiten sein welche eine Entscheidung zur einen oder anderen Seite beeinflussen.


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Mordfall Charlotte Böhringer

06.12.2020 um 19:37
Zitat von KölnerKölner schrieb:Ein Richter hat einen Ermessensspielraum und auch ein Richter ist letztendlich nur ein Mensch.
Ein Mensch ja. Und Menschen machen Fehler. Deshalb haben Urteile immer wieder in der nächsten Instanz keinen Bestand.

Einen Ermessensspielraum hat er nicht. Er hat nur das Recht der freien richterlichen Beweiswürdigung. Das ist etwas anderes. Er MUSS verurteilen, wenn es keine vernünftigen Zweifel gibt und er MUSS freisprechen, wenn es diese Zweifel gibt.

Warum es keine Zweifel gibt, @Andante hat das ausgeführt, muss das logisch, klar, nachvollziehbar und fehlerfrei begründet werden.

Einen Ermessensspielraum hat die Polizei, die einen Geschwindigkeitsverstoß verfolgen KANN, aber nicht MUSS.


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