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Mordfall Charlotte Böhringer

28.466 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, München, 2006 ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Mordfall Charlotte Böhringer

Mordfall Charlotte Böhringer

25.02.2019 um 21:18
Zitat von Ma_VeMa_Ve schrieb:In einer solchen Situation DNA auf dem Sakko zu hinterlassen ist hoffentlich unstrittig?
Es ist lt. Urteil unstrittig, dass BT die Spur nicht beim Auffinden hinterließ. Vermutlich, weil er seine Tante nicht umdrehte.

Er habe seine Tante blutüberströmt auf dem Bauch in der Diele liegen sehen. Er sei zu seiner Tante hin, habe sie geschüttelt und an irgendeiner Hand den Puls gefühlt. Sie sei eiskalt gewesen.

Im Bereich des Sakkos, wo der Täter sein Opfer mit behandschuhten Händen in Blut berührte, fand sich die DNA Spur des Angeklagten. Eine Erklärung dieser Spuren durch Geschehnisse in der Auffindesituation der Leiche scheidet aus.
Zitat von SirMarvelSirMarvel schrieb:Erkläre mir bitte mal das Folgende... denn ich verstehe es nicht: Der Spurensicherungsbeamte zieht Überzieher an um Spuren zu vermeiden und trampelt dann überall am Tatort im Flur in dort liegendes Blut und überträgt so seine Schuhe auf den Tatort? Der Spurensicherer wird also zum Spurengeber und Spurenvernichter?! Alleine wenn ich das Schreibe bekomme ich Gänsehaut.Außerdem: Überzieher verursachen doch sicherlich Schmierspuren.
In Blut getreten, also nach dem Mord, sind jedenfalls drei Menschen, der Spurensicherungsbeamte, der Notarzt und Bence Toth. Drei Spuren hat der Mann von der Spurensicherung hinterlassen, der Abdruck konnte seinem Schuh vom Sachverständigen zugeordnet werden. Ein Abdruckhinterlassen ist trotz Überziehern möglich. Schmierspuren sind anzunehmen, aber das Profil bildet sich trotzdem (partiell) ab. Das Treten in Blut ließ sich offenbar nicht vermeiden. Den Gänsehautspaß lasse ich dir mal. Der Notarzt hinterließ zwei Spuren. Die Spur, die Bence Toth zugeordnet werden konnte, kann ja durchaus trotzdem von der Tat stammen. Vielleicht zog er deshalb dieselben Schuhe zum Auffinden wieder an, um so eventuelle blutige Schuhspuren erklären zu können.
Es gibt jedenfalls keine Spur in Blut, die einem fremden Täter gehören müsste und ich sehe keine Versäumnisse.

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25.02.2019 um 21:20
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Es gibt jedenfalls keine Spur in Blut, die einem fremden Täter gehören müsste und ich sehe keine Versäumnisse.
Außer vielleicht dem, dass der Spurensicherer sich nicht fliegend fortbewegt hat...


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25.02.2019 um 21:26
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Eine Erklärung dieser Spuren durch Geschehnisse in der Auffindesituation der Leiche scheidet aus.
Da bist Du falsch informiert. Frag am besten mal Marc_Smith dazu oder les Dich tiefer ein. Das wurde alles vor Geri
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Drei Spuren hat der Mann von der Spurensicherung hinterlassen, der Abdruck konnte seinem Schuh vom Sachverständigen zugeordnet werden.
Das ist falsch wie ich bereits gesagt habe. Es Könnte der Schuh sein, ist richtig. Ich hab das alles schon zitiert. Für Dich daher nochmal folgendes Zitat aus dem Urteil:
Zitat von SirMarvelSirMarvel schrieb:Dabei habe er folgende Feststellungen treffen können: Sichere Zuordnungen in dem Sinne, dass die Urheberschaft eines Schuhes, der von einer bestimmten Person getragen worden sei, für eine Spur sicher feststehe, könne er nicht durchführen



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25.02.2019 um 21:33
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Schmierspuren sind anzunehmen, aber das Profil bildet sich trotzdem (partiell) ab. Das Treten in Blut ließ sich offenbar nicht vermeiden.
Das Treten in Blut konnte der Spurensicherungsbeamte nicht vermeiden - aber der Täter schon? Schau Dir die Schuhabdrücke bitte mal genau an - auch in der Bildablage.
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Die Spur, die Bence Toth zugeordnet werden konnte, kann ja durchaus trotzdem von der Tat stammen. Vielleicht zog er deshalb dieselben Schuhe zum Auffinden wieder an, um so eventuelle blutige Schuhspuren erklären zu können.
Nochmal: Die Kleidungsstücke von B. Toth wurden sicherlich im Rahmen der akribischen, professionellen Arbeit der Ermittler untersucht - genauso wie andere Objekte wie sein Auto oder das Fahrrad. Dort fand sich nichts, das irgendwo verdächtig gewesen wäre. Wäre es so, ständ es im Urteil.

Oder nimmst Du an man hätte Blutspritzer auf Toths Haferleschuhen nicht für möglich gehalten... und die Schuhe nie in Augenschein genommen?


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25.02.2019 um 21:36
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Es ist lt. Urteil unstrittig, dass BT die Spur nicht beim Auffinden hinterließ. Vermutlich, weil er seine Tante nicht umdrehte.
Unstrittig mag es im Urteil sein. Das passt aber nicht mit der Realität zusammen.


Denn das würde bedeuten die DNA Spur befand sich am vorderen Teil des Sakkos?

Ich möchte vermeiden, dass wir uns falsch verstehen, daher die Frage.
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Er habe seine Tante blutüberströmt auf dem Bauch in der Diele liegen sehen. Er sei zu seiner Tante hin, habe sie geschüttelt und an irgendeiner Hand den Puls gefühlt. Sie sei eiskalt gewesen.
Wenn ich die Lage der Leiche richtig erinnere kann es sich dabei nur um die linke Hand gehandelt haben. Denn nur diese war erreichbar.

Dazu wäre noch anzumerken, dass bei dieser Aktion das Tischchen verrückt worden sein könnte.
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Im Bereich des Sakkos, wo der Täter sein Opfer mit behandschuhten Händen in Blut berührte, fand sich die DNA Spur des Angeklagten. Eine Erklärung dieser Spuren durch Geschehnisse in der Auffindesituation der Leiche scheidet aus.
Das widerspricht dem oben geschriebenen und spricht dafür, dass die Blutspur in die der Täter mit Handschuhen fasste im Rückenbereich lag.

Diese Spur als nicht kompatibel mit der Auffindesituation zu bezeichnen oder gar auszuschließen halte ich für eine gewagte Behauptung!

Umso gewagter ist diese Behauptung, weil der Spurensicherungsbeamte in der Verhandlung aussagte, er habe das Sakko mit nur einem Klebestreifen angeklebt.

Das ist ungefähr so, als ob du mit einem Fusselroller über das Sakko fährst und später eine Ortsbestimmung machst wo welche Spur war.

Beweissichere Spurensicherung geht anders!


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25.02.2019 um 21:44
Zitat von Mark_SmithMark_Smith schrieb:Richtig! Es ist alles interpretierbar und Petermann bringt nur weitere Kann-Hypothesen ein, die, nach meinem Wissensstand bisher, keine grössere Wahrscheinlichkeit haben als andere Hypothesen.
Deswegen fragt sich der unbefangene Betrachter schon, ob das brutal belastende Motiv, das B.T. gehabt hätte, sowie fehlende (offensichtliche) Hinweise auf einen anderen Täter nicht den Blick der Ermittler und der Strafkammer in eine ganz bestimmte Richtung gelenkt haben. Zwangsläufig. Und dazu führten, dass die jeweilige Kann-Hypothese "überzeugend" war, die auf B.T. als Täter hinwies.


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25.02.2019 um 21:51
Zitat von panta_rheipanta_rhei schrieb:Ist die Gästeküche die Küche mit der Spülmaschine, in der das Wasserglas stand? Und wo mag dieser Gästeflur sein? Ein Grundriss wäre mal sehr interessant.
Ja, ein Grundriss wäre wirklich sehr schön. Allein schon, weil wir damit vielleicht endlich Klarheit über diesem Aufzug bekommen könnten.

Man kennt ja Gästetoiletten, aber dass die Wohnung auch über einen Gästeflur und eine eigene Gästeküche verfügte, ist nicht unbedingt üblich.


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25.02.2019 um 22:03
Zitat von monstramonstra schrieb:Deswegen fragt sich der unbefangene Betrachter schon, ob das brutal belastende Motiv, das B.T. gehabt hätte, sowie fehlende (offensichtliche) Hinweise auf einen anderen Täter nicht den Blick der Ermittler und der Strafkammer in eine ganz bestimmte Richtung gelenkt haben. Zwangsläufig. Und dazu führten, dass die jeweilige Kann-Hypothese "überzeugend" war, die auf B.T. als Täter hinwies.
Natürlich! Nur das wird bei vielen anderen Taten auch so sein.

- Ich denke an den Doppelmord von Babenhausen, wo rein indiziell m.E. viel weniger da ist als bei Bence Toth

- Ich denke auch an den Doppelmord von Kelkheim, wo fast überhaupt keine reine Sachbeweise vorliegen für die Tat, aber wo einfach Motiv, Nachtatverhalten und, ein anderes Szenario ist einfach so unglaublich unplausibel, die Sache in eine Richtung lenkt. Ich denke, das wird bei vielen anderen Indizienprozessen auch so sein. Da wird der Mordfall Charlotte Böhringer keine Ausnahme sein.


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25.02.2019 um 22:17
Zitat von Mark_SmithMark_Smith schrieb:Natürlich! Nur das wird bei vielen anderen Taten auch so sein.
Das wäre aber schlecht.

Wenn die Justiz die jeweils plausibelste Hypothese als strafrechtlich relevante Wahrheit betrachtet, andere Varianten aber ausblendet, haben wir zwar in der Praxis sicher eine hohe Trefferquote und der BGH ist zufrieden.

Aber es bleiben eben auch Fälle, bei denen das daneben geht. Bei Babenhausen haben wir auch ein frappierendes Zusammentreffen zweier Umstände, das keine Zufall sein kann: Bauschaum am Tatort und einen Webseitenabruf vom Computer des Verurteilten. Dafür bleibt da das Motiv m.E. viel diffuser, aber das ist wohl Ansichtssache.

Mein Problem bleibt: Ist es in Ordnung, beim Schuldspruch von Hypothesen auszugehen, die nur wahrscheinlicher als andere sind?


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25.02.2019 um 22:31
Zitat von monstramonstra schrieb:das keine Zufall sein kann:
Doch, das kann m.E. auch Zufall sein. :-) Ein Einzelzufall halte ich nicht für ausgeschlossen. Erst wenn mehr als ein Zufall zusammenkommen, dann wird die Wahrscheinlichkeit so klein, dass man hellhörig werden muss.

Aber: Das Problem ist doch: Wir haben die freie richterliche Beweiswürdigung. Das heisst, es gibt kein objektives Kriterium, das einem Richter sagt, jetzt muss er Zweifel haben. Ich selbst würde, wenn ich Richter wäre, Bence T. auch verurteilen. Ich selbst würde aber vermutlich die Indizien anders gewichten als das Gericht:

Für mich wäre beispielsweise das Zeitungsindiz ein überragendes Indiz neben dem Motiv.
Dazu kommt m.E. die differenzierte Lügerei von Bence Toth in der Zeugeneinvernahme und wirklich völlig unplausible Aussagen in der Zeugeneinvernahme. Der Rest wie Bargeld, Nachtatverhalten und Spuren im Büro wären dann noch Beigemüse. Aber mir würde das ausreichen, obwohl ich aber einräumen muss, dass man sich auch irren kann.

Beim Doppelmord von Babenhausen müsste ich mich viel mehr einlesen, aber nach dem Lesen des Urteils und des Wiederaufnahmeantrags von Strate würde ich ihn vermutlich nicht verurteilen.

Ich bin jetzt beim Fall Markus Mundo dran: Da habe ich glücklicherweise die vollständigen Akten. Und hier ist ja interessant, dass die französischen und deutschen Ermittlungen doch in einem gewissen Punkt erheblich abweichen. Und bei Markus Mundo muss m.E. nur ein Gutachten falsch sein, dann wäre alles wieder in Frage gestellt.

Aber der Knackpunkt ist m.E "die freie richterliche Beweiswürdigung". Unterschiedliche Richter werden zu unterschiedlichen Eindrücken kommen. Wie willst Du diesen Knackpunkt verändern, damit Fehlurteile ausgeschlossen werden können?


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25.02.2019 um 22:41
Zitat von Mark_SmithMark_Smith schrieb:Wie willst Du diesen Knackpunkt verändern, damit Fehlurteile ausgeschlossen werden können?
Ganz einfach: Der Gesetzgeber könnte die freie richterliche Beweiswürdigung abschaffen, indem er die StPO ändert. Ob damit Fehlurteile ausgeschlossen werden, ist eine andere Frage, aber das, was so vielen gegen den Strich geht, eben diese freie richterliche Beweiswürdigung, wäre weg.

Der Gesetzgeber könnte in diesem Zusammenhang die zugelassenen Beweismittel im Straf- und Zivilprozess einschränken. Es ja seit langem bekannt, dass die Zeugenaussage von allen Beweismitteln das unzuverlässigste ist.

In schönen Abständen wird auf rechtspolitischer Ebene immer mal wieder diskutiert, deshalb den Zeugenbeweis ganz abzuschaffen. Wir hätten dann halt weniger Beweismittel. In der StPO könnte vorgesehen werden, dass ein Täter nur dann verurteilt werden darf ist, wenn bestimmte „harte“ Beweiskriterien erfüllt sind, etwa technischer oder wissenschaftlicher Art. Man könnte sich dadurch lange Zeugenvernehmungen komplett ersparen, DIESE Fehlerquelle für Urteile gäbe es also nicht mehr.


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25.02.2019 um 22:51
Zitat von AndanteAndante schrieb:In der StPO könnte vorgesehen werden, dass ein Täter nur dann verurteilt werden darf ist, wenn bestimmte „harte“ Beweiskriterien erfüllt sind, etwa technischer oder wissenschaftlicher Art.
Nur dann könntest Du, wenn es um die Rekonstruktion des Motivs geht, fast nie mehr ein Motiv in Stellung bringen. Weil dort handelt es sich um einen sogenannten "weichen Faktor", aber ein weicher Faktor, der schlussendlich die Hauptantriebsfeder für ein Tötungsdelikt ist.
Wie willst Du Habgier beweisen, wenn es um eine Erbschaft geht oder um das wirtschaftliche Fortkommen? Du wirst hier keine harten Beweise liefern können, sondern nur Spekulationen.

Und: Der harte Beweis wird doch gerade bei Leuten im nahen sozialen Umfeld sehr schwierig. Wenn ein Fremdtäter eine DNA in einer Wohnung hinterlässt, dann ist das wirklich ein sackstarker Beweis. Aber bei einem Täter, der die DNA auch in völlig unverfänglicher Art und Weise angebracht haben kann, weil er in dieser Wohnung ein- und ausgeht, der hat dann einfach Schwein gehabt. Fremdtäter wären dann also schlechter gestellt als Täter aus dem sozialen Umfeld.
Also, damit will ich sagen, dass müsste man sich alles sehr gut überlegen. :-)


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25.02.2019 um 23:21
@Mark_Smith

Ich persönlich will ja auch die freie richterliche Beweiswürdigung nicht abschaffen, vor der aber viele Laien Angst haben, weil sie diese offenbar mit Willkür und ähnlichem verwechseln.

Natürlich geht es nicht ohne die richterliche Bewertung von Indizien, die Einschätzung, ob ein Gutachten überzeugend ist oder nicht etc. Es geht natürlich auch nicht ohne Zeugenaussagen, denn diese können ja auch entlastend sein.
Eine Einschränkung von Beweismitteln halte ich für verfehlt.

Es bleibt natürlich für Richter bei Zeugenaussagen immer die Frage, wie diese Aussagen zu bewerten ist, ob der Zeuge ganz oder teilweise gelogen hat. Derartige Ungewissheiten werden aber nie ganz aus einem Prozess zu eliminieren sein. Irgendjemand muss das entscheiden, und diese oft undankbare Aufgabe haben Richter nun einmal, Fehler selbstverständlich nicht ausgeschlossen, was aber für jeden Beruf gilt.

Es ist bisher noch keinem, auch keinem Rechtspolitiker, eingefallen, was man an die Stelle der freien richterlichen Beweiswürdigung setzen könnte.


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26.02.2019 um 06:25
Zitat von SirMarvelSirMarvel schrieb:Das Treten in Blut konnte der Spurensicherungsbeamte nicht vermeiden - aber der Täter schon?
Der Täter musste ja nicht mehr an die Leiche ran, als sie ausblutete.


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26.02.2019 um 06:34
Zitat von monstramonstra schrieb:Wenn die Justiz die jeweils plausibelste Hypothese als strafrechtlich relevante Wahrheit betrachtet, andere Varianten aber ausblendet, haben wir zwar in der Praxis sicher eine hohe Trefferquote und der BGH ist zufrieden.
So ist es ja nicht - bei Indizienprozessen gibt es immer mehrere Indizien, die für sich genommen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit für, oder gegen einen Angeklagten ausgelegt werden können. In der Regel kommt es nur dann zu einer Verurteilung, wenn mehrere Indizien mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen den Angeklagten sprechen und zusätzlich noch Motiv, fehlendes Alibi und Tatgelegenheit hinzukommen. Und selbst dann werden die alternativen Deutungsmöglichkeiten von Indizien keineswegs ignoriert, sondern ausführlich im Urteil besprochen.

Insgesamt muss also schon eine Menge zusammenkommen, um in einem Indizienprozess verurteilt zu werden.


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26.02.2019 um 07:27
Zitat von falstafffalstaff schrieb:So ist es ja nicht - bei Indizienprozessen gibt es immer mehrere Indizien, die für sich genommen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit für, oder gegen einen Angeklagten ausgelegt werden können. In der Regel kommt es nur dann zu einer Verurteilung, wenn mehrere Indizien mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen den Angeklagten sprechen und zusätzlich noch Motiv, fehlendes Alibi und Tatgelegenheit hinzukommen. Und selbst dann werden die alternativen Deutungsmöglichkeiten von Indizien keineswegs ignoriert, sondern ausführlich im Urteil besprochen.
Bedeutet das im Umkehrschluss, dass eine Wahrscheinlichkeit übrig bleibt einen Unschuldigen zu verurteilen? Im vorliegenden Fall spricht nach wie vor einiges gegen die Täterschaft des Verurteilen.

Die alternativen Deutungsmöglichkeiten werden zur Kenntnis genommen und nicht ignoriert und ausführlich im Urteil gewürdigt, aber eben in einem Urteil.

Dient diese Würdigung dem Rechtsfrieden oder eher der Revisionssicherheit?

Insgesamt können Indizienprozesse stattfinden aber dann bitte mit gründlicheren Ermittlungen.
Zitat von falstafffalstaff schrieb:Insgesamt muss also schon eine Menge zusammenkommen, um in einem Indizienprozess verurteilt zu werden.
Kommt genug zusammen, dann schickt man einen Menschen lebenslänglich ins Gefängnis. Es zählt also Quantität und nicht Qualität?

Ein Beispiel aus dem Fall:

Das Gericht schließt aus, der Täter könne die DNA Spur am Sakko in der Auffindesituation verursacht haben.

Wie lässt sich eine solche Feststellung schlüssig begründen, wenn man weiß, dass auch Spurensicherungsbeamte andernorts, trotz Schutzanzug, ihre DNA am Opfer hinterlassen haben?


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26.02.2019 um 07:52
Zitat von Ma_VeMa_Ve schrieb:Bedeutet das im Umkehrschluss, dass eine Wahrscheinlichkeit übrig bleibt einen Unschuldigen zu verurteilen?
Ja - aber eine die so gering ist, dass die Verurteilten in den meisten Fällen unfassbare Pechvögel sein müssten, wenn sie tatsächlich unschuldig wären. Zumal in allen Indizienfällen ja noch weitere Aspekte hinzukommen müssten, wie das Pech eines fehlenden Alibis, das Glück und Geschick eines Alternativtäters und das Pech gleich in mehreren Instanzen auf mehrere Justizangestellte zu treffen, die Indizien auf dieselbe Art und Weiße missdeuten.

Mit diesem Restrisiko kann ich jedenfalls gut leben. Ich stelle ja auch nicht Flugzeuge grundsätzlich in Frage, nur weil es ein Restrisiko gibt dass die Dinger abstürzen.


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26.02.2019 um 08:03
Zitat von falstafffalstaff schrieb:Ja - aber eine die so gering ist, dass die Verurteilten in den meisten Fällen unfassbare Pechvögel sein müssten, wenn sie tatsächlich unschuldig wären. Zumal in allen Indizienfällen ja noch weitere Aspekte hinzukommen müssten, wie das Pech eines fehlenden Alibis und das Glück und Geschick eines Alternativtäters. Mit diesem Restrisiko kann ich jedenfalls gut leben. Das Restrisiko eines Flugzeugabsturzes hält mich ja auch nicht davon ab, ab und an in ein Flugzeug zu steigen.
Mit dieser Begründung gibt es den Satz....

Im Zweifel für den Angeklagten....

....nur auf dem Papier.

Plant und begeht jemand einen Mord denkt er auch daran für ein Alibi zu sorgen, denke ich. Ob dieses Stand hält lasse ich offen.

Ob es einen Alternativtäter gibt oder nicht weiß man nie. Gäbe es einen bzw die Möglichkeit eines solchen dann sollte, im günstigsten Fall, der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Klageerhebung abgewiesen werden.

Ich kann mit diesem Restrisiko nicht leben und schon gar nicht gut.

Lieber einen Täter frei draußen als einen Unschuldigen im Gefängnis.


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26.02.2019 um 08:07
Zitat von Ma_VeMa_Ve schrieb:Mit dieser Begründung gibt es den Satz....

Im Zweifel für den Angeklagten....
Man muss hier die Wahrscheinlichkeit trennen, von dem der daraus Schlüsse zieht. Und der kann eben zu dem Schluss kommen, dass die Wahrscheinlichkeit keine Zweifel mehr zulässt. Und bei einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit ist das auch nachvollziehbar. Im Extremfall müsste man andernfalls auch Atomuhren infrage stellen, die auf der Interpretation von Zerfallswahrscheinlichkeiten beruhen. oder DNA-Ergebnisse, die ebenfalls "nur" mit einer hohen Wahrscheinlichkeit richtig sind.


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26.02.2019 um 08:08
Zitat von falstafffalstaff schrieb:Mit diesem Restrisiko kann ich jedenfalls gut leben.
Klar, wir alle können mit einem gewissen Restrisiko leben, wie es eben bei vielen Dingen des Lebens ist. Aber mit zwei Einschränkungen: erstens hört die Gelassenheit spätestens dann auf, wenn man selbst oder z.B. Familienmitglieder von einem Urteil betroffen wären, bei dem man erhebliche Zweifel hat (so wie hier). Und zweitens wenn die Fehlerquote ein gewisses „Restrisiko“ überschreitet. Siehe hier: bis zu 25 % - angenommen die Einschätzung trifft zu - überschreitet eine tolerable Irrtumswahrscheinlichkeit um ein Vielfaches. Selbst 10 % wären indiskutabel, stelle Dir das mal als Flugzeug-Absturzquote vor! Wieviel % würdest du tolerieren?


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