Atheos schrieb:Es war von Faktor 10 die Rede, wenn ich das recht erinnere. Das ist schwer vorstellbar, wenn man annehmen würde, dass es sich um die gleichen Menschen (Täter wie Opfer) und die gleichen Taten handeln soll.
Das Thema LGBTQ hat erst in den letzten Jahren so richtig Fahrt aufgenommen, d.h. die Frequenz der Konfrontationsmöglichkeiten - zum Beispiel bei privaten Gesprächen usw - hat definitiv zugenommen und so sind wahrscheinlich viele Menschen erst in den letzten Jahren überhaupt in eine innere Auseinandersetzung damit gekommen und dies generiert natürlich mehr Menschen die sich Pro oder Contra aussprechen, ganz bewusst weil sie dem Thema nicht mehr entfliehen können. Für mich persönlich ist das alleine schon eine Erklärung für den Anstieg. Es sind also nicht die gleichen Täter sondern es sind neue hinzugekommen die dieses Feld erst jetzt für sich entdeckt haben WEIL man dem Feld garnicht mehr entweichen kann.
Für mich ist das, gemessen an meinen persönlichen Erfahrungen eine valide Erklärung. Ich habe mehr als einmal in den letzten Jahren erleben müssen, wie Menschen in persönlichen Gesprächen über das Thema fast die Fassung verloren haben, also quasi keine sachliche Diskussion mehr möglich war weil da soviel Ablehnung im Spiel ist deren Möglichkeit an die Oberfläche zu kommen, sich eben erst in den letzten Jahren herausgebildet hat, vorher war das doch nie Thema... Da gab es "die Transe der Stadt" die jeder belächelt hat, heute sitzt ein Transmensch im Bundestag und damit direkt an vielen Stammtischen - genau das erklärt für mich warum diese Zahlen zunehmen bzw warum ich da keinen Etikettenschwindel vermuten kann, es ist einfach für mich komplett nachvollziehbar.
Atheos schrieb:Was dagegen - leider - sehr gut vorstellbar ist, ist die Möglichkeit, dass unter dieser Kategorie ein Etikettenschwindel betrieben wird. Das haben wir ja schon bei den Straftaten von rechts, wo antisemitische Pöbeleien von Muslimen (-> Jahrzehnte alter ethnischer Konflikt) dann als Straftaten von rechts deklariert wurden - um bloß nicht einer geschützten Minderheit an die Karre zu fahren und stattdessen die Infrastruktur des "Kampf gegen Rechts" ideologisch (und letztendlich finanziell) abzusichern.
Auch hier, ich kenne diese Statistiken und weiß das sowas natürlich instrumentalisiert wird und man kann sich fragen, warum dieser Möglichkeit soviel Raum gelassen wurde, anderes Thema aber ja, Faeser (SPD) lacht leise.
Aber wenn wir dabei sind, für dich wird es sicherlich nachvollziehbar sein das alleine der Anstieg von Menschen aus höchst patriarchalichen Kulturen natürlich wenig dazu beiträgt, das Angriffe auf Menschen aus LGBTQ nicht steigen. Auch das ist für mich persönlich sehr gut nachvollziehbar, entsprechende Statistiken sind nur noch ne Frage der Zeit.
Atheos schrieb:Ich bin mir sehr sicher, dass es einige interessante Erkenntnisse bei genauerer Analyse dieser Straftaten gäbe. Und ich habe da durchaus Vermutungen wer da als Akteure besonders heraussticht.
Möglicherweise werden die Zahlen bei genauerer Analyse vorhandener Daten mit schmälerndem Einfluss auf die Dunkelziffer sogar steigen.
Eine Anekdote eines mir bekannten Homosexuellen:
Er merkte an das der gefühlte Druck auf seine Person als Homosexueller in den letzten Jahren gestiegen ist... Nach ausreichender Diskussion kamen wir zum Fazit, das er seine Homosexualität auch erst in den letzten Jahren offen(er) auslebte, getragen von der LGBTQ-Welle. Er begegnete in dieser Phase natürlich deutlich mehr Menschen für die das neu war - weil er(!) neu war... Viele Menschen wurden in den letzten Jahren überall damit konfrontiert und naja, daß hinterlässt Spuren, irgendwie setzt sich ja jeder damit auseinander. Zum einen steigen die Kritiker (weil erstmals drüber diskutiert wird) und zum anderen steigt die Sichtbarkeit möglicher Opfer.
Fazit für mich: mehr als glaubwürdige Zahlen.
Aber das ist nur meine Meinung nach reichlicher persönlicher Auseinandersetzung mit dem Thema.