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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

15.699 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Vorfall, Dyatlov, Dyatlov Pass ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Der Dyatlov-Pass-Vorfall

07.06.2021 um 20:46
Zitat von StreuselStreusel schrieb:Das hört sich nicht wirklich nach einem durchdachten Plan an.
Wenn du meinst, das besser beurteilen zu können als die Leute aus dem Umfeld der Gruppe und weitere Experten ...

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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

07.06.2021 um 21:11
Zitat von WladimirPWladimirP schrieb:Dann erzählt mir, was würdet ihr machen, wenn mann Nachts, bei Wind und Schnee, unbedingt vom Berg 1500m runter, und dann unbedingt wieder zurück muss.
Wie würdet ihr euch orientieren und verhalten?
Genau das ist ja das Problem. Nacht & Dunkelheit.

Wie man sich verhalten würde ist vom jeweiligem Szenario, welches zur Zeltflucht führte, abhängig.
Zudem sind auch die Wetterbedinungen und der psychologische Zustand relevant.

Die Meisten hier nehmen an, dass die Wetterbedinungen so schlecht waren, dass man nach einer gewissen Strecke (bergab) nicht mehr zum Zelt zurückkehren hätte können.

Das ist genau die Frage. Wie würde man sich verhalten ?

Ich denke, dass man bei Nacht und schlechtem Wetter nicht so weit in das Tal bzw in den Wald hinunter gegangen wäre. Nicht wenn du keine Lichtquelle dabei hast.
Das ist eigentlich zu gefährlich. Gerade an den Hängen und bei den Schneemassen die da so rumliegen könnten ist die Absturzgefahr ziemlich hoch.
Tja jetzt kommt dann gleich das Argument, dass sie ja abgestürzt sind.
Nur leider kann so etwas auch am Tag passieren.

Man würde sich vermutlich weiter oben die nächst beste Stelle suchen die einen gut vor dem Wetter schützt.

Bei einem Szenario bei guter Sicht und sternenklarem Himmel würde ich eventuell noch sagen. "Ok"
Jedoch bei schlechtem Wetter... Nachts mit kaum Sicht ?!?

Zur Orientierung kann ich nur folgendes sagen. Nachts, bei kaum Sicht ist das immer schlecht ;)
Wenn unsere 3 Wanderer am Berg tatsächlich zum Zelt zurück wollten, dann in jedem Fall bei Tageslicht. Wie sollten Sie bei Nacht irgend etwas finden ?
Das Taschenlampenargument als Orientierungshilfe scheint nicht zu helfen, da Sie nicht einmal ansatzweise in der Richtung zur Taschenlampe waren oder ?

Also für mich war es entweder Tag oder eine sternklare Nacht. Alles andere macht irgendwie keinen Sinn.
Zitat von StreuselStreusel schrieb:Das hört sich nicht wirklich nach einem durchdachten Plan an.
War es offensichtlich nicht ;-) Haben es alle nicht überlebt.
Man weiss ja nichteinmal ob Sie tatsächlich am 01.02 zum Zeltplatz gegangen sind. Erfahrene Wanderer würden bei schlechtem Wetter in jedem Fall abwarten.
Aber wenn man solche Diskussionen eröffnet, dann bekommt @Nemon nur wieder einen Herzinfarkt :D


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

07.06.2021 um 21:20
Zitat von Tron42Tron42 schrieb:Erfahrene Wanderer würden bei schlechtem Wetter in jedem Fall abwarten.
Und dann keinesfalls weiter Tagebücher schreiben. Logisch.


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

07.06.2021 um 21:30
Zitat von NemonNemon schrieb:Und dann keinesfalls weiter Tagebücher schreiben. Logisch.
Bis auf Dyatlov haben alle nicht regelmässig ein Tagebuch geschrieben.
Warum hätte er einen Eintrag schreiben müssen ?

Wer sagt dass er alle anderen Einträge immer am gleichen Tag geschrieben hat ?


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07.06.2021 um 23:48
Zitat von Tron42Tron42 schrieb:War es offensichtlich nicht ;-) Haben es alle nicht überlebt.
Die Frage ist, ob das der Plan war, oder ob sie unvorhergesehen da aus irgendwelchen Gründen hängen geblieben sind.


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

08.06.2021 um 16:48
Zitat von StreuselStreusel schrieb:Die Frage ist, ob das der Plan war, oder ob sie unvorhergesehen da aus irgendwelchen Gründen hängen geblieben sind.
Meinst du jetzt die Situation beim Labaz oder am Zeltstandort?
Ich dachte eigentlich, dass du den Aufbruch zum Zeltstandort meinst.


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

08.06.2021 um 17:32
Zitat von Tron42Tron42 schrieb:Meinst du jetzt die Situation beim Labaz oder am Zeltstandort?
Ich habe jetzt hauptsächlich den Zeltstandort im Auge. Es könnte sein, dass sie an diesem Tag weitergehen wollten, aber durch etwas behindert wurden. Die Strecke vom Labaz zum Zelt ist doch ein wenig kurz. Zelt abbauen und dann Zelt wieder aufbauen - Lohnt sich das für eine so kurze Wegstrecke? Da wäre es doch klüger gewesen an diesem Tag nicht zu Wandern, sondern sich im warmen Zelt auszuruhen und dann einen Tag später mit etwas erholten Kräften den Weg auf sich zu nehmen.
Wahrscheinlich wäre es noch besser gewesen, das Unternehmen am Labaz-Ort abzubrechen und den Rückweg anzutreten, weil die Gruppe offenbar schon erschöpft war. Aber Aufgeben war wohl keine Option.


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

08.06.2021 um 17:53
Zitat von StreuselStreusel schrieb:Die Strecke vom Labaz zum Zelt ist doch ein wenig kurz. Zelt abbauen und dann Zelt wieder aufbauen - Lohnt sich das für eine so kurze Wegstrecke?
Also sprechen wir von 01.02-. Und dazu gebe ich dir natürlich recht.
Wenn die Wetterverhältnisse schlecht waren ( und das scheinen Sie ja auch gewesen zu sein wie man auf den Fotos erkennt ) dann wäre es wohl sinnvoller gewesen beim Labaz zubleiben und erst am nächsten Tag weiter zu gehen.
Offensichtlich sind sie aber trotzdem aufgebrochen.

Es sieht ganz danach aus, dass sie Ihre Reise wetterbedingt am Zeltplatz unterbrochen haben. Ich denke dass Sie ursprüngliche weiter gehen wollten.
Dafür spricht eigentlich die Zeit für die Wanderstrecke von ca 2 km.
Es macht so gar keinen Sinn, dass Sie die Stelle bewusst wählten.


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

09.06.2021 um 09:34
Zitat von Tron42Tron42 schrieb:Dafür spricht eigentlich die Zeit für die Wanderstrecke von ca 2 km.
Man sollte diese Strecke nicht unterschätzen. Wir sprechen von knapp 300 Höhenmetern auf diesen 2 Kilometern. Das entspricht einer Durchschnittssteigung von knapp 15 %, in der Spitze wahrscheinlich deutlich mehr. Da ist nichts mit Skifahren, da ist Skibergsteigen angesagt. Und da geht man auch nicht Luftlinie, sondern zumindest an den Rampen schräg zum Hang. Dazu massiver Gegenwind (Triebwerk!) und tiefer Schnee; am Vortag hatte man die Überquerung noch abgebrochen - und da ging es nur um die Passhöhe, das Zelt stand nochmal deutlich höher.

Tageslänge: Rund 8 Stunden.
Zelt ab- und aufbau inkl. Packen der Rucksäcke und Frühstück : Je eine Stunde.
Restzeit: 5 Stunden. Erscheint mir für den Bau von Labaz und den anschließenden oben beschriebenen Aufstieg nicht als super reichlich.

Wo ich dir recht gebe: Der Zeltplatz war riskant - wie die Folgen ja nachträglich zeigen. Experten sagen ja wohl, dass er sachlich nicht falsch gewählt war. Wenn ich aber z.B. an die Beschreibung von Holmgren denke, kann ich mir schwer vorstellen, dass man das Zelt "gern" an dieser Stelle aufgeschlagen hat. Wie schon einmal geschrieben, glaube ich hier an Uneinigkeit in der Gruppe aufgrund des Unbehagens.


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

09.06.2021 um 10:04
Zitat von BarabbasBarabbas schrieb:Man sollte diese Strecke nicht unterschätzen. Wir sprechen von knapp 300 Höhenmetern auf diesen 2 Kilometern. Das entspricht einer Durchschnittssteigung von knapp 15 %, in der Spitze wahrscheinlich deutlich mehr. Da ist nichts mit Skifahren, da ist Skibergsteigen angesagt. Und da geht man auch nicht Luftlinie, sondern zumindest an den Rampen schräg zum Hang. Dazu massiver Gegenwind (Triebwerk!) und tiefer Schnee;
Das siehst du sehr richtig. Sie sind nicht die direkte Linie aufgestiegen. WAB hat es rekonstruiert und genau beschrieben (wie mir mein Archiv sagt ;) und ich bin noch nicht dazu gekommen, diesen Teil aufzubereiten) und die Fotos mit den jew. Blickwinkeln im Gelände zugeordnet. Und sie haben zwar Ballast im Labaz gelassen, aber immer noch schwere Rucksäcke auf den Schultern. Nur tiefen Schnee gab es dann oben nicht mehr.
Zitat von BarabbasBarabbas schrieb:am Vortag hatte man die Überquerung noch abgebrochen
Aus Zeitgründen, weil es schon begann zu dämmern und man oberhalb der Baumgrenze kein brauchbares Lager bauen konnte.
Zitat von BarabbasBarabbas schrieb:Tageslänge: Rund 8 Stunden.
6,5 Stunden mit einigermaßen Helligkeit zwischen Sonnenaufgang und Dämmerung sind belegt. Aber die Sicht war ganztägig sehr bescheiden.
Zitat von BarabbasBarabbas schrieb:Wo ich dir recht gebe: Der Zeltplatz war riskant - wie die Folgen ja nachträglich zeigen. Experten sagen ja wohl, dass er sachlich nicht falsch gewählt war. Wenn ich aber z.B. an die Beschreibung von Holmgren denke, kann ich mir schwer vorstellen, dass man das Zelt "gern" an dieser Stelle aufgeschlagen hat. Wie schon einmal geschrieben, glaube ich hier an Uneinigkeit in der Gruppe aufgrund des Unbehagens.
Es war aber auch kein spaßiger Ausflug, sondern eine sportliche Herausforderung mit Kategorien in Sachen Schwierigkeitsgrad und Qualifikation. Ein ernst zu nehmendes Abenteuer. Diese Art der Übernachtung zu absolvieren zählte zum Repertoire, mit dem man sich für eine höhere Einstufung qualifizierte. Auf diesem Niveau waren nach eigener Einschätzung und der sportlichen Leitung alle Beteiligten, sie waren alle ambitioniert und wussten, worauf sie sich einlassen. Sie wollten es so und nicht anders. Da tue ich mich schwer, Argumente wie Unbehagen und Uneinigkeit gelten zu lassen.

Wer mal in Gruppen mit Sportlern unterwegs war, weiß, wie es da zugeht. Es werden Sprüche geklopft, man spielt mit Rivalitäten, sicher wird auch mal geflucht und gestritten. Aber niemand ist dabei, weil er es lieber bequem und gemütlich hat. Es herrscht sobald es darauf ankommt Disziplin. Am Ende orientiert es sich am schwächsten Glied, wie weit man gehen kann mit den Anforderungen. Auch die Dyatlov-Gruppe war kein Training bei der Fremdenlegion. Und nach bestem Wissen und Gewissen durften sie davon ausgehen, im Notfall schnell absteigen oder zwei Mann zum Lager zurückschicken zu können, was auch immer.


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

09.06.2021 um 11:32
Zitat von BarabbasBarabbas schrieb:Und da geht man auch nicht Luftlinie, sondern zumindest an den Rampen schräg zum Hang. Dazu massiver Gegenwind (Triebwerk!) und tiefer Schnee
Klar das sehe ich auch so. Die Frage wäre halt wie lange man dafür benötigt hätte.

Es ist ja auch so, dass am Labaz noch gutes Wetter gewesen sein hätte können.
Und Sie dann auf dem Weg vom Wetter überrascht wurden.

Ach es gibt da so viele Möglichkeiten.
Es ist eigentlich kaum möglich sich auf eine spezielle zueinigen, weil Sie immer im Bezug zur Zeltflucht stehen muss.
Zitat von BarabbasBarabbas schrieb:Experten sagen ja wohl, dass er sachlich nicht falsch gewählt war.
Es kommt halt auf das Wetter an.
Wenn die Wetterlage so exterm war, dass Sie ihre Tour unweigerlich abbrechen mussten, dann stellt sich mir die Frage warum sie nicht den Berg hinunter gefahren sind und sich z.B. eine vom Wind geschütztere Stelle gesucht haben.

Zitat von NemonNemon schrieb:Diese Art der Übernachtung zu absolvieren zählte zum Repertoire
Zählte dazu auch sich unnötiger Gefahren auszusetzen ?
Man würde doch annehmen, dass "Safty first" immer gilt.

Was war denn die tatsächliche Vorgabe ? "Ihr müsst an einem schneebedecktem Hang,
bei ca -20°, bei heftigem Wind und bei schlechter Sicht übernachten ?"
Wohl kaum ;)
Zitat von NemonNemon schrieb:Da tue ich mich schwer, Argumente wie Unbehagen und Uneinigkeit gelten zu lassen.
Warum ? Nicht alle Sportler ticken gleich oder ?


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

09.06.2021 um 11:42
Zitat von Tron42Tron42 schrieb:Wenn die Wetterlage so exterm war, dass Sie ihre Tour unweigerlich abbrechen mussten, dann stellt sich mir die Frage warum sie nicht den Berg hinunter gefahren sind und sich z.B. eine vom Wind geschütztere Stelle gesucht haben.
Sie haben es nun mal nicht getan, was ja eine klare Sprache spricht. Und alle, die hier bisher geschrieben haben und unter solchen Bedingungen gezeltet haben, sehen es als normal und machbar an - unter der Vorgabe, dass sie natürlich diesen speziellen Berg nicht kannten und nicht ahnten, das es extrem werden würde.
Zitat von Tron42Tron42 schrieb:Zählte dazu auch sich unnötiger Gefahren auszusetzen ?
Man würde doch annehmen, dass "Safty first" immer gilt.
Diese Frage ist unsinnig.
Zitat von Tron42Tron42 schrieb:Was war denn die tatsächliche Vorgabe ? "Ihr müsst an einem schneebedecktem Hang,
bei ca -20°, bei heftigem Wind und bei schlechter Sicht übernachten ?"
Wohl kaum ;)
Die Formulierungen, die die Sachkundigen da verwendet haben, kannst du nachlesen. Aber es läuft in der Tat auf auf solche Bedingungen hinaus, die man meistern können muss.
Zitat von Tron42Tron42 schrieb:Warum ? Nicht alle Sportler ticken gleich oder ?
In etwa doch.


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

09.06.2021 um 13:09
@Nemon
Ich tue mich schwer mit dieser Erklärung zur Wahl des Zeltplatzes. Ich habe ja schon einmal geschrieben, dass ich mich mit über mehrere Tage dauernde Ausdauersport-Events (auch in Gruppen) etwas auskenne. Es ist richtig, dass man da abends keinen Luxus benötigt, da man sowieso platt ist und beim Bikepacking habe ich gelernt, dass auch das Übernachten im Zelt seinen Reiz haben kann. Ich weiß daher aber auch, dass einem auf solchen Reisen nichts ferner liegt, als die Übernachtungssituation unnötig unkomfortabel zu machen.

Weiterhin meine ich, dass selbst wenn diese Übernachtungsform unbedingt genau so hätte absolviert werden müssen (und nicht z.B. etwas näher am Wald und nicht ganz so exponiert gangbar gewesen wäre - immerhin stand ja kein Prüfer daneben), dann verstehe ich den wahrscheinlichen Routenplan so, dass diese Art der Übernachtung ohnehin noch notwendig geworden wäre. Der Otorten erhebt sich etwa 500 Höhenmeter über die Baumgrenze und ist von der dorthin gewandten Süd-Ostseite extrem steil. Ein Aufstieg musste daher also ohnehin über den südlichen oder östlichen Vorpass erfolgen. Ich bezweifle stark, dass dies samt folgendem Abstieg möglich gewesen wäre, ohne gezwungenermaßen sowieso eine Nacht oberhalb der Baumgrenze verbringen zu müssen. Den Qualifikationsvorgaben wäre also auch ohne die Übernachtung am Kholat Genüge getan gewesen. Ich bleibe dabei: Der Grund für die Übernachtung an dieser Stelle war schlichter Zeitdruck. Es war erkannt wurden, dass man die Strecke nicht schaffen würde, wenn man solche Übernachtungen scheut und war bereit, die Nachteile in Kauf zu nehmen.

Von diesen Erwägungen leite ich dann jedoch mein ABER ab: In einer solchen Gruppe gibt es immer divergierende Meinungen. Erst recht dann, wenn Risiken im Spiel sind. Es ist aus meiner Sicht ein Holzweg, sich die Menschen dieser Gruppe als meinungslose Sowjet-Maschinen vorzustellen. Ich meine damit nicht, dass ich erwarten würde, irgendjemand sei auf die Barrikaden gegangen, als die Ansage kam "so, hier wird jetzt übernachtet". Nicht einmal Diskussionen oder Widerworte würde ich für besonders realistisch halten. Aber ein ungutes Gefühl? Sorge, unterschwellige Angst? Ein 'Igor, bist du dir wirklich sicher, dass das eine gute Idee ist?' Das kann ich mir schon gut vorstellen und ist aus meiner Sicht wichtig, um die Folgeereignisse zu verstehen. Wir sprechen von einer irrationalen überstürzten Flucht, als ob der Leibhaftige persönlich im Zelt aufgetaucht wäre. Hierbei spielte ganz sicher Gruppendynamik eine Rolle; beim einen wird der Fluchtreflex extremer gewesen sein, als beim anderen. Immerhin sind zumindest wir beide uns ja einig, dass es nicht den konkreten Moment des Umschwungs von Seelenruhe zu konkreter Lebensgefahr gegeben haben kann, weil dies nicht zu den Rahmenbedingungen passt. Es muss also eine gewachsene, aufgestaute Angst bei zumindest einigen gegeben haben, die sich letztlich in der Panikreaktion Bann brach. Und hierfür ist es sehr wesentlich, ob eine grundsätzliche Sorge bezüglich des Zeltplatzes existierte. Immerhin wird von erfahrenen Leuten berichtet, dass sie nie nie nie das Zelt verlassen würden, egal was passiert. Dieser Gedanke scheint in der Psyche (eines Teils) der Gruppe zugunsten einer Flucht-Alternative eine Optionalität bekommen zu haben, die theoretisch dort keinen Raum hat. Dies funktioniert lediglich über Zweifel.
Zitat von NemonNemon schrieb:Und nach bestem Wissen und Gewissen durften sie davon ausgehen, im Notfall schnell absteigen oder zwei Mann zum Lager zurückschicken zu können, was auch immer.
Bist du dir sicher? Besteht nicht Einigkeit darüber, dass ein Verlassen des Zelts einem Todesurteil gleich kam? Rechnete man damit, bei einem Notfall in Ruhe Schuhe, Jacken und Äxte zusammensammeln zu können?
Zitat von Tron42Tron42 schrieb:Es kommt halt auf das Wetter an.
Wenn die Wetterlage so exterm war, dass Sie ihre Tour unweigerlich abbrechen mussten, dann stellt sich mir die Frage warum sie nicht den Berg hinunter gefahren sind und sich z.B. eine vom Wind geschütztere Stelle gesucht haben.
Ich weiß, dass die Wanderer - insb. Dyatlow - gerne zu erfahrenen Extremsport-Koryphäen stilisiert werden. Fakt ist: Die gesammelten Erfahrungen der Gruppe mit Übernachtungen in baumlosem schneebedecktem Gelände lassen sich an einer Hand abzählen. Wer von denen hätte denn einschätzen sollen, wann das Wetter an der konkreten Stelle nun riskant war - und wann tatsächlich gefährlich? Für mich ist die entscheidende Frage aus den oben beschriebenen Gründen dann lediglich, wie stark sie selbst an ihrer Kompetenz zur Beurteilung einer solchen Situation zweifelten. Sie waren in der konkreten Situation Anfänger, die erste Erfahrungen vorweisen konnten. Bei uns sagt man gerne, die Leute seien 'gerade lang genug dabei, um zu denken, sie wüssten, was sie tun'.


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

09.06.2021 um 13:30
Zitat von BarabbasBarabbas schrieb:Der Grund für die Übernachtung an dieser Stelle war schlichter Zeitdruck. Es war erkannt wurden, dass man die Strecke nicht schaffen würde, wenn man solche Übernachtungen scheut und war bereit, die Nachteile in Kauf zu nehmen.
Das natürlich auch. Aber der Zeitdruck relativierte sich ja ganz schnell, indem man mit der Wahl dieses Startpunktes für die folgende Höhenroute enorm Zeit sparen würde gegenüber dem Gewühle im Tiefschnee und unwegsamen Gelände des Waldrandes.
Zitat von BarabbasBarabbas schrieb:Es ist aus meiner Sicht ein Holzweg, sich die Menschen dieser Gruppe als meinungslose Sowjet-Maschinen vorzustellen.
Wer tut das denn! Ich jedenfalls nicht. Ich weiß gar nicht, wie du darauf kommst.
Zitat von BarabbasBarabbas schrieb:Ich meine damit nicht, dass ich erwarten würde, irgendjemand sei auf die Barrikaden gegangen, als die Ansage kam "so, hier wird jetzt übernachtet". Nicht einmal Diskussionen oder Widerworte würde ich für besonders realistisch halten. Aber ein ungutes Gefühl? Sorge, unterschwellige Angst? Ein 'Igor, bist du dir wirklich sicher, dass das eine gute Idee ist?'
Er wird gute Argumente für diesen Platz gehabt haben und sie dürften sich auch beraten haben. Dyatlov hatte bekanntlich nicht allzulange vorher eine sehr heikle Situation gut gemeistert etc. pp. Wovor sollten sie denn Angst gehabt haben? Wind und Kälte wären unter "normalen Umständen" auch bis 12 bft und -30°C irgendwie machbar gewesen, wenn auch deutlich außerhalb der Komfort-Zone. Und darauf stellt man sich ein bei einer Winterwanderung über den Ural. Aber höchstwahrscheinlich wurde das Wetter doch noch extremer und im löchrigen Zelt waren sie dem Tode geweiht. Ich denke nicht, dass man da rückwirkend düstere Vorahnungen hineininterpretieren darf.
Zitat von BarabbasBarabbas schrieb:Es muss also eine gewachsene, aufgestaute Angst bei zumindest einigen gegeben haben, die sich letztlich in der Panikreaktion Bann brach. Und hierfür ist es sehr wesentlich, ob eine grundsätzliche Sorge bezüglich des Zeltplatzes existierte. Immerhin wird von erfahrenen Leuten berichtet, dass sie nie nie nie das Zelt verlassen würden, egal was passiert. Dieser Gedanke scheint in der Psyche (eines Teils) der Gruppe zugunsten einer Flucht-Alternative eine Optionalität bekommen zu haben, die theoretisch dort keinen Raum hat. Dies funktioniert lediglich über Zweifel.
Ich kann dann auch mit solchen Spekulationen nicht viel anfangen. Die menschliche Psyche ... tja. Was machen wir damit. Und ich habe keineswegs eingeräumt, dass Angstzustände unterschwellig schon vorhanden gewesen sein müssen.
Zitat von BarabbasBarabbas schrieb:Bist du dir sicher? Besteht nicht Einigkeit darüber, dass ein Verlassen des Zelts einem Todesurteil gleich kam? Rechnete man damit, bei einem Notfall in Ruhe Schuhe, Jacken und Äxte zusammensammeln zu können?
Von einem solchen Notfall konnte man wohl in keiner strategischen Überlegung ausgehen. Dass sich jemand verletzt - für solche Fälle trifft man gewisse Vorkehrungen im Rahmen der Möglichkeiten und dass man Windschutz und Feuerholz erreichbar hat. Aber nicht für eine Panik.
Zitat von BarabbasBarabbas schrieb:Ich weiß, dass die Wanderer - insb. Dyatlow - gerne zu erfahrenen Extremsport-Koryphäen stilisiert werden.
Auch das ist wieder ein Strohmann. Wer hat das denn wo getan? Sie waren noch jung, aber scheinbar zählten sie doch zum engagiertesten und ambitioniertesten Teil in studentischen Kreisen. Tödliche Fehler sind allerdings auch schon alten Hasen unterlaufen. Und wohin führt die Betrachtung ihrer Kompetenz?


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

09.06.2021 um 14:54
Zitat von NemonNemon schrieb:Das natürlich auch. Aber der Zeitdruck relativierte sich ja ganz schnell, indem man mit der Wahl dieses Startpunktes für die folgende Höhenroute enorm Zeit sparen würde gegenüber dem Gewühle im Tiefschnee und unwegsamen Gelände des Waldrandes.
Sicher. Aber eben lediglich dann, wenn man die Höhenroute auch tatsächlich nahm.
Zitat von NemonNemon schrieb:Wer tut das denn! Ich jedenfalls nicht. Ich weiß gar nicht, wie du darauf kommst.
Du zum Beispiel. Durch Sätze wie "Es herrscht sobald es darauf ankommt Disziplin" ;)
Zitat von NemonNemon schrieb:Und ich habe keineswegs eingeräumt, dass Angstzustände unterschwellig schon vorhanden gewesen sein müssen.
Nein, unverständlicherweise nicht. Das meinte ich aber nicht. Es gibt im wesentlichen 2 Erklärungsansätze für die Zeltflucht mit der uns bekannten Spurenlage. Nämlich a) ein urplötzlich einwirkendes (KGB mit Wumme, Lawine, Rakete, Bär, etc.) und ein sich aufbauendes Ereignis, welches irgendwann eine Schwelle überschritt (Sturm, Kälte, Infraschall, alles zusammen). Du bist, soweit ich das verstanden habe, genauso wie ich Verfechter von Letzterem. Bei letzter Möglichkeit ist inhärent, dass sich die Option 'Zelt verlassen' zumindest bei Einzelnen manifestieren muss, bis die Handlung irgendwie (meinetwegen durch eine besonders extreme Böe) tatsächlich ausgelöst wird. Und dies wiederum ist bei ohnehin vorhandenen Vorbehalten gegen den Zeltplatz realistischer. Die Hemmschwelle ist dann kleiner, diesen Gedanken überhaupt zuzulassen, obwohl eigentlich die Grundregel "keinesfalls verlassen wir das Zelt" angelegt sein muss.
Zitat von NemonNemon schrieb:Von einem solchen Notfall konnte man wohl in keiner strategischen Überlegung ausgehen. Dass sich jemand verletzt - für solche Fälle trifft man gewisse Vorkehrungen im Rahmen der Möglichkeiten und dass man Windschutz und Feuerholz erreichbar hat. Aber nicht für eine Panik.
Die theoretische Option, dass ein Naturphänomen (--> Sturm) zu stark für diese Art von Zelt sein kann, soll gedanklich nicht angelegt gewesen sein? Unvorstellbar. Es war ja nicht die Panik der Notfall, sondern die Panik eine Reaktion darauf. Ich meine aber, dass das ohnehin nebensächlich ist. Wenn wir uns einig sind, dass der Zeltplatz aus Zeitdruck gewählt wurde, dann hat diese Frage rein theoretische Bedeutung.
Zitat von NemonNemon schrieb:Auch das ist wieder ein Strohmann. Wer hat das denn wo getan? Sie waren noch jung, aber scheinbar zählten sie doch zum engagiertesten und ambitioniertesten Teil in studentischen Kreisen.
Zunächst mal wird die Gruppe in Publikationen üblicherweise als in der absolvierten Aufgabe erfahren dargestellt. Das ist falsch. Meines Wissens war Dyatlow der Einzige, der bereits an einer Winterwanderung der Stufe 3 teilgenommen hatte. Den Sport, wo ich da schon als erfahren auf diesem Niveau gelte, musst du mir mal zeigen. Wenn man 'Engagement und Ambition' mit hinreichender praktischer Erfahrung gleichsetzt, ist diese Abweichung vom Tatsächlichen aber auch kein Wunder. Ich will darauf auch nicht rumreiten. Das war damals halt so und fertig. Heute würde wahrscheinlich jede offene Stelle durch die mediale Tretmühle gejagt werden, wenn sie eine solche Truppe ohne wirklich erfahrenen Führer losschicken würden und dann etwas passiert.

Meinetwegen waren sie der Aufgabe grundsätzlich gewachsen, wenn auch nicht erfahren. Mein Punkt war aber ohnehin ein anderer: Selbst wenn es so wäre, wie @Tron42 nahelegt, dass sie bei einer extremen Wetterlage ins Tal abgestiegen wären, anstatt das Zelt aufzuschlagen ... Dann frage ich mich, wer die Erfahrung gehabt hätte, abzuwägen, ob das Zelten an dieser Stelle noch durchführbar ist, oder nicht. Es ist ohnehin zweifelhaft, ob diese Frage Sinn macht und ein alter Hase nicht ebenfalls falsch gelegen hätte. Jedenfalls macht die Aussage "wenn gefährliches Wetter, dann Abstieg" aus meiner Sicht keinen Sinn. Denn a) fehlte für einen solchen belastbaren Rückschluss die Erfahrung und b) glaube ich ohnehin ebenfalls, dass das Wetter am Abend schlechter wurde, als das Zelt bereits stand.


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Der Dyatlov-Pass-Vorfall

09.06.2021 um 15:04
Zitat von BarabbasBarabbas schrieb:Sicher. Aber eben lediglich dann, wenn man die Höhenroute auch tatsächlich nahm.
Ja nu. Sie waren ja am Startpunkt angelangt.
Zitat von BarabbasBarabbas schrieb:Du zum Beispiel. Durch Sätze wie "Es herrscht sobald es darauf ankommt Disziplin" ;)
Nee, nee. Das muss ich mir nicht unterschieben lassen. Gruppendiszplin hat nichts mit Kommunisten-Klischees zu tun. Und der Begriff ist weder antiquiert noch übermäßig damit konnotiert. Ich darf ihn ohne weiteres verwenden, ohne mich dann solchen Vorwürfen stellen zu müssen.
Zitat von BarabbasBarabbas schrieb:Du bist, soweit ich das verstanden habe, genauso wie ich Verfechter von Letzterem.
"Verfechter" würde ich nicht sagen. Aber ja, grundsätzlich trifft das zu.
Zitat von BarabbasBarabbas schrieb:Bei letzter Möglichkeit ist inhärent, dass sich die Option 'Zelt verlassen' zumindest bei Einzelnen manifestieren muss, bis die Handlung irgendwie (meinetwegen durch eine besonders extreme Böe) tatsächlich ausgelöst wird. Und dies wiederum ist bei ohnehin vorhandenen Vorbehalten gegen den Zeltplatz realistischer. Die Hemmschwelle ist dann kleiner, diesen Gedanken überhaupt zuzulassen, obwohl eigentlich die Grundregel "keinesfalls verlassen wir das Zelt" angelegt sein muss.
Also - wie gesagt: Kann sein, kann nicht sein. Ist Spekulation. Aber das ist ja auch eine müßige Debatte.
Zitat von BarabbasBarabbas schrieb:Ich meine aber, dass das ohnehin nebensächlich ist. Wenn wir uns einig sind, dass der Zeltplatz aus Zeitdruck gewählt wurde, dann hat diese Frage rein theoretische Bedeutung.
Ja, darauf können wir uns einigen. (Wobei "Zeitdruck" auch keinen falschen Eindruck hinterlassen sollte. Das war Sport und Herausforderung. Aber kein Feldzug, kein Krieg ;) )
Zitat von BarabbasBarabbas schrieb:Ich will darauf auch nicht rumreiten. Das war damals halt so und fertig.
Genau.
Zitat von BarabbasBarabbas schrieb:Jedenfalls macht die Aussage "wenn gefährliches Wetter, dann Abstieg" aus meiner Sicht keinen Sinn. Denn a) fehlte für einen solchen belastbaren Rückschluss die Erfahrung und b) glaube ich ohnehin ebenfalls, dass das Wetter am Abend schlechter wurde, als das Zelt bereits stand.
Genau! :klugmaul:


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09.06.2021 um 15:23
@Barabbas
Ein Nachtrag noch zu deinem Punkt a)

Ich habe einiges von Sogrin zu diesem Thema hier zitiert:
Beitrag von Nemon (Seite 703)

Dyatlov hatte während der im letzten langen Zitat geschilderten Situation ein Jahr zuvor durchaus schon beweisen, dass er kritische Situationen meistern konnte. Ich bin mir jetzt nicht mehr ganz sicher, ob das die Tour war, von der die Fotos stammen, wo das Zelt ebenfalls platt auf dem Schnee am nackten Bergrücken steht und wo der Wind grenzwertig wurde. Man muss davon ausgehen, dass sich alle in der Szene, die Kontakt hatten, intensiv über solche Erlebnisse ausgetauscht haben. Was noch geht und was nicht - dafür gab und gibt es freilich keine objektive Entscheidungsgrundlage. Selbst heute, wenn Expeditionen mit allem technischem Schnickschnack unterwegs sind, können sie sich aktiv oder passiv auf eine Situation einstellen. Auch ein älterer Hase hätte den Wind nicht messen können und hätte kein Wetterradar gehabt.


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09.06.2021 um 15:41
@Nemon
Ja, alles richtig. Aber du verstehst nicht, dass es mir nicht um die tatsächlich Expertise Dyatlows auf einer Skala von/bis geht. Sondern darum, ob er das Format hatte, einem anderen zu beruhigen/‚überzeugen‘, der sich beispielsweise in die Angst hineingesteigert hat, dass gleich das Zelt zerreißen oder eine Lawine abgehen wird. Das hat ja vor allem etwas damit zu tun, für wie kompetent man vom anderen gehalten wird. Igor der Erfahrene? Oder Igor der (überspitzt) Einäugige zwischen den Blinden?


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09.06.2021 um 15:48
@Barabbas
Diesen Aspekt hast du aber auch noch nicht so direkt angesprochen, oder? Jedenfalls erinnere ich mich nicht daran.
Das ist aber auch wieder abseits der hard facts, was nicht so mein Terrain ist. Aber wenn es darum geht, darf man keinesfalls Zolotaryov außer Acht lassen…


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09.06.2021 um 16:13
Zitat von NemonNemon schrieb:Aber wenn es darum geht, darf man keinesfalls Zolotaryov außer Acht lassen…
Keinesfalls sollte man das, genau. Schon gar nicht, weil er einer der beiden voll Bekleideten war und aus einer Gegend stammte, in der Lawinenabgänge durch Sturm vorkommen.


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