Brexit und danach?

SomertonMan schrieb:Für die steht die EU hauptsächlich für Reisen ohne Grenzkontrollen und ohne Geldumtausch.

Für mich für garantiert krumme Bananen :D

Und ja, leider hat die Aussage was ernstes...

Geisonik schrieb:Für mich für garantiert krumme Bananen :D

Und ja, leider hat die Aussage was ernstes...

Glübirnenverbot kommt auch noch dazu.

Die EU krankt an einem gewaltigen Nachteil: die Vorteile sind zu abstrakt, als dass man sie als 08/15-Bürger wahrnehmen kann.
Reisen konnte man schon früher und der Geldumtausch war ein notwendiges Übel. Das betrifft aber nur eine kurze Zeitspanne im Jahr.

Die Vorteile der EU sieht man das Jahr über kaum bis gar nicht und nimmt es als Selbstverständlich an. Zum Beispiel, dass man ein Produkt aus Deutschland ohne Probleme in Spanien, Österreich, Italien oder noch in UK verkaufen kann, ohne zusätzliche Zertifikate oder Genehmigungen?

Fichtenmoped schrieb:Geldumtausch

Zudem das mit dem Geldumtausch ja so eine Sache ist.

direkte Nachbarn:


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[td]Tschechien[/td][td]CZK[/tr]
[td]Polen[/td][td]Zloty[/tr]
[td]Dänemark[/td][td]DKK[/tr]

Niederlande	Euro
Belgien	Euro
Frankreich	Euro
Schweiz	CHF
Österreich	Euro

Dann mal weiter geschaut:

[td]Spanien[/td][td]Euro[/tr]
[td]England[/td0][td]GBP[/tr]
[td]Türkei[/td1][td]Lira[/tr]
[td]Griechenland[/td2][td]Euro[/tr]


6:6 bei direkten Nachbarn + beliebte Urlaubsländer

Fichtenmoped schrieb:die Vorteile sind zu abstrakt, als dass man sie als 08/15-Bürger wahrnehmen kann.

Fichtenmoped schrieb:Die Vorteile der EU sieht man das Jahr über kaum bis gar nicht und nimmt es als Selbstverständlich an.

So sehe ich das auch. Was viel präsenter ist sind die blödsinnigen Beschlüsse und die Aufreger...[/td2][/td1][/td0][/td][/td][/td][/td]

Geisonik schrieb:6:6 bei direkten Nachbarn + beliebte Urlaubsländer

Korrektur 7:6 - mir ist Luxemburg mit dem Euro durch die Lappen gegangen :N:

Was ist mit Italien und Portugal?

Als Kontinentaleuropäer ist der Nutzen der EU unmittelbar evident. Je nachdem wo man wohnt, kann man schnell mal nach Holland, Belgien oder Österreich fahren, ohne dass man bei der Grenzkontrolle Zeit verliert. Das gleiche gilt dann natürlich auch für Produkte, v.a. frische Nahrung (Gemüse, Obst), im Supermarkt. Deren Transport verstopft nicht die Straßen in den Grenzregionen, und sie liegen frisch im Regal.

Ein Insulaner macht diese Erfahrung nicht; nach Wales und Schottland hin gibt es keine Grenze, diese ist auch nicht vorgesehen. Auf das Festland (wenn man es denn tut) reist man i.d.R. im Flugzeug. Der Boulevard hämmert den Bürgern ein, dass offene Grenzen in Europa die Sicherheitsinteressen des UK gefährden, da Flüchtlinge und Terroristen quer durch Europa bis zum Kanal reisen können. Niemand hat verstanden, dass die Regale im Supermarkt von irgendwoher gefüllt werden müssen und dass Importkontrollen und Zölle notwendigerweise zu Mangel an Produkten (insbesondere mit eingeschränkter Haltbarkarkeit, wie Gemüse, Obst, Medikamente usw.) führen werden. Man hat vergessen, dies den Menschen vor dem Referendum zu sagen, es spielte als Argument keine Rolle. Insbesondere versteht man dort nicht, dass bereits Kontrollen von 1 bis 2 Minuten zu stunden- (oder tage-)langen Rückstau führen können, da, wie gesagt, diese Erfahrung dort niemand kennt.

SomertonMan schrieb:Diese Generation ist 90+. Entweder im Altersheim oder längst verstorben. Ich bin 42 und mein persönliches Umfeld zwischen 30 und Mitte 60. Für die steht die EU hauptsächlich für Reisen ohne Grenzkontrollen und ohne Geldumtausch.

@SomertonMan
90+ ?
Ich weiss nicht, welcher Generation du angehörst. Du hast dich nie mit dem III. Reich beschäftigt?
Nur, als es im Geschichtsunterricht dran war?

Ich rechne meine Geschwister dazu und sage dir, das ist die Generation mindestens bis 1960 geboren.

Ich habe mein ganzen Leben lang Menschen kennengelernt, die wie frisch gevögelte Eichhörnchen aus der Wäsche geguckt haben, wenn das Thema Nazideutschland gefallen ist. Und ich habe nie verstanden, wenn die gesagt haben:
Was? - Ach ja. Na ja. Da war wohl mal was. - Interessiert mich nicht. verdirbt die Stimmung.
Die Haltung hat man aber schon immer angetroffen. Kollektive Verdrängung.
Erstaunlicherweise hat man sich mit diesem Argument (Ist schon so lange her) dagegen gewehrt, Naziverbrechern den Prozess zu machen.
Egal ob in den 60ern, 70ern etc.
Wer sich bewusst mit den Verbrechen des III. Reiches auseinandersetzt, fühlt sich davon angefasst.
Und das Europäische Projekt stellt für die Deutschen einen Neuanfang dar.
Wenn ich mich in meiner Verwandtschaft umhöre, ist die EU für die meisten ein Friedensprojekt.

Die Anfang 20jährige ist die EU einfach Gegenwart. Etwas, das sie vorfinden.

Mir ist der Einstieg in die EU damals übrigens nicht leicht gefallen. Ich finde schon, dass wir auch Dinge verloren haben.
Aber heute wünsche ich mir, dass vieles verbessert wird, die EU aber erhalten bleibt.
Von daher bedaure ich, dass die Briten gehen werden.

Man hätte ihnen nie so viele Zugeständnisse machen dürfen.
Andererseits, - es sind die Briten. Inselbewohner. Vermutlich können sie nicht anders.

Liste von Konzernen und Instituten, die seit dem Brexit-Votum bis jetzt das UK ganz oder teilweise verlassen bzw. dies angekündigt haben:

Sony, Dyson, Panasonic, Lloyds, Unilever, Goldman Sachs, Barclays, Airbus, Flybmi, P&O, HSBC, JP Morgan, UBS, Ford, Hitachi, Toshiba, AXA, Honda, Moneygram, Philips, European Banking Authority, European Medicines Agency, Bank of America

https://twitter.com/JamesMelville/status/1097762465746771968 (Archiv-Version vom 19.02.2019)

In der offiziellen Begründung von Honda wird der Brexit nicht namentlich erwähnt (dies ist unpopulär bei einigen britischen Kunden), statt dessen wird die Schließung allgemein mit "unprecedented changes" begründet.

In light of the unprecedented changes that are affecting our industry, it is vital that we accelerate our electrification strategy and restructure our global operations accordingly.

https://global.honda/newsroom/news/2019/c190219beng.html

Zwar nicht exakt die selbe Baustelle.. aber ...

Großbritannien kritisiert die Bundesregierung heftig, weil die einen Lieferstopp für Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien verhängte. London droht nach SPIEGEL-Informationen mit Konsequenzen, sollte Berlin das Embargo für gemeinsame Rüstungsprojekte nicht umgehend aufheben.

In einem Brandbrief an seinen Amtskollegen Heiko Maas (SPD) wirft Außenminister Jeremy Hunt Deutschland vor, die britische Rüstungsindustrie zu schädigen. Da deutsche Bauteile für Kampfjets oder Raketen nicht mehr nach Saudi-Arabien geliefert werden dürfen, könnten britische Unternehmen ihre Verträge nicht erfüllen.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/ruestungsexporte-nach-saudi-arabien-brandbrief-aus-grossbritannien-an-deutschland-a-1253997.html

Drei namhafte Tories treten in Protest gegen den Brexit-Stil von Theresa May aus der Partei aus und schließen sich den ehemaligen Labour-kollegen an. Die Frage, ob es zu einer dauerhaften Parteispaltung kommt, und wie viele Rücktritte May verkraftet.

Interessante Entwicklung im Parlament. Nachdem ja 8 Mitglieder der Labour- Fraktion eine unabhängige Gruppe gegründet haben, schließen sich nun auch 3 Tories dieser Gruppierung an:

Nun geht es also auch bei den britischen Konservativen los. Mehrere Mitglieder der Tories verlassen ihre Partei und schließen sich der neuen "Unabhängigen Gruppe" im Parlament an. Für Premierministerin May dürfte es noch schwieriger werden.

Angesichts der eh knappen Mehrheitsverhältnisse nicht unbedeutend. Und man wird sehen, ob es Nachahmer gibt.

https://www.n-tv.de/politik/Tory-Abgeordnete-verlassen-Partei-wegen-Brexits-article20866191.html

SomertonMan schrieb:Für die steht die EU hauptsächlich für Reisen ohne Grenzkontrollen und ohne Geldumtausch.

Das hängt sicherlich nicht nur vom Alter, sondern auch vom Umfang des politischen Interesses ab. Aber klar, Schengen und Währungsunion sind die offensichtlichen Aspekte.

Fichtenmoped schrieb:Die Vorteile der EU sieht man das Jahr über kaum bis gar nicht und nimmt es als Selbstverständlich an. Zum Beispiel, dass man ein Produkt aus Deutschland ohne Probleme in Spanien, Österreich, Italien oder noch in UK verkaufen kann, ohne zusätzliche Zertifikate oder Genehmigungen?

Völlig richtig. Aber das wird nun (teilweise) durch den Brexit deutlich gemacht.

In der deutschen Presse anscheinend wenig beachtet: Die European Medical Agency verliert einen wichtigen Prozess vor dem britischen high court und ist gezwungen, 500 Mio Pfund für den 25-jährigen Mietvertrag an der Canary Wharf zu zahlen. Der Mietvertrag werde durch den Brexit nicht ungültig. Manchmal hat es eben doch einen Vorteil, wenn britische Richter in EU-Fragen entscheiden. Auch für andere Umzüge, die durch den Brexit forciert sind, etwa von Firmen und Banken ergeben sich dadurch Konsequenzen.

https://uk.reuters.com/article/uk-britain-eu-canary-wharf/european-medicines-agency-loses-bid-to-end-london-lease-over-brexit-idUKKCN1Q918E

Ein no deal Brexit wird - aufgrund der angekündigten und weiteren wahrscheinlichen Rücktritte - tatsächlich sicherlich zu einer Regierungskrise und Spaltung der Tories führen. Zwei weitere big names drohen mit Austritt:

The former attorney general Dominic Grieve and the former education secretary Justine Greening both said they would leave the Conservatives if there was a no-deal Brexit, as the three ex-Tory MPs warned that a third of the party could be willing to join them.

https://www.theguardian.com/politics/2019/feb/21/two-senior-tories-ready-to-resign-if-may-fails-to-change-brexit-direction

Derweil geben die Einzelhandelsverbände von Irland und UK eine gemeinsame Warnung / Erklärung heraus.
Bei einem Rückfall auf WTO-Handelsbasis würden bestimmte Lebensmittel nicht nur sehr knapp, sondern auch teilweise sehr hoch verzollt:

If the UK leaves the EU without a deal, both fall back on the World Trade Organization’s most favoured nation tariffs, which means import duties on everyday food items from fruit to cheese.
This would mean a 42% tariff on imported cheddar, 46% on mozzarella, 40% on beef, 21% on tomatoes and 15.5% on apples, the BRC said.

https://www.theguardian.com/business/2019/feb/21/uk-and-ireland-retailers-warn-of-40-tariffs-on-food-in-no-deal-brexit

@MahatmaGlück
Aber den Mozzarella machen sie dann selber...

https://www.n-tv.de/wirtschaft/Nachfrage-nach-Mozzarella-made-in-Britain-steigt-article20860563.html

rambaldi schrieb:Aber den Mozzarella machen sie dann selber...

Ja, selbst ist der Brite ;)

Aus der Not heraus entstehen ganz neue Wirtschaftszweige :)

"Sunlit uplands - where milk and honey (and mozzarella) flows"

@MahatmaGlück
Wenn es Im UK so warm wird, daß der Mozarella fließt verliert Spanien, dann ist die Reise dorthin viel zu lang 🙂

Ich glaube ich muß im März noch schnell nach Schottland, bevor ich mir den Single Malt nicht mehr leisten kann.

Ein Kollege, der im März nach England reist, hat seinen Rückreisetermin ein paar Tage vor den 29. gesetzt, damit er rechtzeitig zurück ist.

Was nach Meinung der Sueddeutschen Zeitung derzeit in Brüssel passiert:

Geoffrey Cox, Generalstaatsanwalt des Vereinigten Königreichs soll dabei helfen, dass May den mit der EU ausgehandelten Austrittsvertrag doch noch durchs Unterhaus kriegt.
Cox hatte die Meinung vertreten, dass die Briten auf Dauer im Backstop gefangen bleiben könnten. Mays Kalkül: Cox könnte in einem neuen Rechtsgutachten versichern, dass der Backstop keine Falle der EU sei. Dies soll moderateren Brexit-Befürwortern und nordirischen DUP-Abgeordneten die nötigen Argumente liefern, Mays Deal zuzustimmen.

https://www.sueddeutsche.de/politik/brexit-reine-inszenierung-1.4339850

.. oder aber da läuft was zwischen Junker und May.