@Atrox Hier werden zwei Diskussionen parallel geführt: "Ankerzentren" (von denen auf EU-Ebene kein Mensch mehr spricht, weil wir inzwischen neue Begriffe dafür haben) und die neue EU-Regelung. Mich interessiert Letzteres; von den Informationen, die sich daraus ergeben, ergibt sich ein neues System der Asylregelung, das mir Angst macht, wenn man es von den schönen Wortverschleierungen loslöst.
Leider kann man hier keine Zeichnungen machen (und ich beherrsche diese Technik am Computer auch nicht), daher kann ich es nur verbal erklären.
Nördlich des Mittelmeers heißen sie "Kontrollierte Zentren innerhalb der EU" (einstmals: "Ankerzentren")
Südlich des Mittelmeers heißen sie "Ausschiffungszentren" (einstmals: "Hot Spots").
Das Ganze kann nur verfassungsmäßig funktionieren, wenn man auch in den "Ausschiffungszentren" Asylanträge stellen kann. Aber
1. gibt es diese angestrebten Zentren dort nicht und bisher verweigern sich alle nordafrikanischen Staaten, solche einrichten zu lassen;
2. gibt es keine europäische Regelung, dort Asylanträge auszulegen und dort oder hier zu bearbeiten; es fehlt auch noch jede rechtliche Grundlage auf EU-Ebene dazu;
3. hat auch niemand, auch die EU nicht, vor, dort oder überhaupt von dort Asylanträge anzunehmen und zu bearbeiten, denn das "Ausschiffungszentrum" heißt ja nicht umsonst Ausschiffungszentrum und nicht etwa Asylprüfungs- oder Asylbearbeitungszentrum.
Sollte es tatsächlich mal kommen, dass dort einige dieser Zentren errichtet werden, handelt es sich um Lager mit einem nach Süden offenen und einem nach Norden geschlossenen Ein- und Ausgang. Durch einen Seiteneingang werden aber all jene Flüchtlinge hereingelassen, die man auf dem Mittelmeer aufgegriffen hat und jene, deren Asylantrag in einem der dortigen "Kontrollierten Zentren" abgelehnt worden ist. Diese Ausschiffungszentren sind also eine nordafrikanische Flüchtlingsdrehscheibe, die eigentlich nur 2 Funktionen hat:
* als Lager für Flüchtlinge, die nicht mehr weiter kommen und nicht nach Europa dürfen
* als "Ausschiffungszentren" für jene Flüchtlinge, die auf Kosten der EU von dort in ihre Heimatländer zurückgeflogen ("ausgeschifft") werden.
In den "Kontrollierten Zentren innerhalb der EU" (einstmals: "Ankerzentren") werden tatsächlich Asylanträge bearbeitet, und sollte es soweit kommen, dass sich die EU auch noch auf Verteilerquoten ("Kontingente") einigt - bisher eine rein freiwillige Angelegenheit der Einzelstaaten -, werden auch entsprechend Flüchtlinge in den Zielländern aufgenommen.
Das betrifft allerdings nur die bereits in Italien und Griechenland befindlichen "Altflüchtlinge". Da das Mittelmeer zu ist und alle von dort ankommenden Neuflüchtlinge direkt wieder in die nordafrikanischen Länder und später in die Ausschiffungszentren ausgeschifft werden, verlieren die "Kontrollierten Zentren innerhalb der EU" ihre Funktion und werden obsolet. Ein Asylverfahren in und für Flüchtlinge in Europa sowie für jene, die nach Europa wollen, kann dann nicht mehr stattfinden, weil es nur noch illegale Möglichkeiten gibt, nach Europa zu kommen, und die werden alle wieder "zurückgeschifft".
Die Folgen?
Sobald Seehofer anfängt dieses Prinzip zu verstehen, macht er Freudensprünge. Merkel hat sich damit selbst abgeschafft und kann eigentlich abtreten.
Vor allem aber gibt es einen Sieger, der sich als einziger zu 100% über diese angestrebte Lösung freut: Das organisierte Schleppertum.
Denn sie wissen jetzt, dass der einzige Weg für die Flüchtlinge nach Europa zu kommen übers Mittelmeer geht; also werden von ALLEN Flüchtlingen, die nach Europa wollen, diese Dienste in Anspruch genommen werden müssen. Und zweitens dürften sie auch Wege finden, die Flüchtlinge über die grünen Grenzen nach Europa zu bringen, hier insbesondere die heiß ersehnten Länder BRD, Österreich, Schweiz und mit Abstrichen Benelux und Frankreich.
wahrscheinlich werden sie bald schon Komplettpakete anbieten vom Heimatland bis Mitteleuropa. Man muss nur all diese "Zentren", die tatsächlichen und die angedachten, möglichst weiträumig umgehen. Nur wenn man bereits im Zielland angekommen ist, kann man auch garantiert einen Asylantrag stellen, der dann auch garantiert bearbeitet wird.
Dann kommen aber auch nur noch die Flüchtlinge, die genug Geld haben, sich diese Dienste auch leisten zu können. Und die Zahl der Wüstenkrepierer und der Mittelmeertoten dürfte nochmal nachhaltig ansteigen. denn jetzt weiß jeder, dass er sich keinerlei Illusionen mehr machen muss, auf "normalem Weg" ins rettende Europa kommen zu können.
Nein, es ist nicht zu früh dieses Fazit zu ziehen. Die angedachten Vorhaben lassen leider keine andere Interpretation mehr zu.