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Der ALGII-/Bürgergeld-Thread

21.770 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Hartz IV, Sanktionen, BGE ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Der ALGII-/Bürgergeld-Thread

02.06.2025 um 11:56
Zitat von OptimistOptimist schrieb am 21.02.2025:dann habe ich einen Bekannten, der ist Lagerist, der bekommt auch nichts angeboten. Mittlerweile hat er nun schon unzählige Bewerbungen geschrieben, aber in meiner Region scheint man trotz Fachkräftemangel (auch in meiner Region Mangel?) keinen zu suchen.
Als Arbeitgeber braucht man zwei Dinge: Jemanden, der fachlich die Tätigkeit beherrscht. Und diese Person muss sich in den Betrieb eingliedern können und wollen. Dabei ist in den meisten Fällen der zweite Punkt der wichtigere. Was hilft es mir, eine Stelle zu besetzen, wenn in der Folge fünf andere kündigen, weil es auf einer sozialen Ebene nicht mehr funktioniert. Bei den meisten Stellen wird ein Arbeitgeber im Zweifel einen Bewerber eher ablehnen, wenn dieser den Eindruck vermittelt, auf einer sozialen Ebene nicht zu passen.

Blöderweise ist es in einem kurzen Bewerbungsgespräch schwer, das abschließend zu beurteilen. Deswegen wäre es wichtig, wenn Bewerber wissen, wie sie "menschlich rüber kommen" und daran ggf. auch arbeiten.


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02.06.2025 um 12:39
Zitat von NegevNegev schrieb:Und eigentlich will ich diese Freiheit nicht mehr aufgeben. Vermutlich kann ich diese Freiheit oder diese Gewohnheit auch gar nicht mehr aufgeben. Immerhin bin ich Ende 30.
Das ist nicht dein Ernst, oder? Wenn ich das mit meinen 65 Jahren (neun Monate vor der Zwangsverrentung) dann ist das eine normale Angelegenheit. Aber du mit Ende 30?

Ja dann bin ich, obwohl ich auch im Bürgergeld stehe, dafür das man den Leuten bis 50 nicht nur pauschalierte Mindestkosten der KDU zahlen, sondern den Regelsatz gleich mit aufs Minimum kürzen.


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02.06.2025 um 12:42
Zitat von ConocidaConocida schrieb:den Regelsatz gleich mit aufs Minimum kürzen
Wenn ich meine Miete und das bisschen Leben nicht mehr finanzieren kann, geh ich eben ins Gefängnis.


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02.06.2025 um 12:54
Zitat von NegevNegev schrieb:Wenn ich meine Miete und das bisschen Leben nicht mehr finanzieren kann, geh ich eben ins Gefängnis.
Man soll die Hoffnung nie aufgeben. Es gibt Leute, die hatten Mitte 20 einen Schlaganfall und andere Schicksalsschläge, und sind heute
mit ca. 60 ein Fernsehstar.
Zitat von ConocidaConocida schrieb:Das ist nicht dein Ernst, oder? Wenn ich das mit meinen 65 Jahren (neun Monate vor der Zwangsverrentung) dann ist das eine normale Angelegenheit. Aber du mit Ende 30?

Ja dann bin ich, obwohl ich auch im Bürgergeld stehe, dafür das man den Leuten bis 50 nicht nur pauschalierte Mindestkosten der KDU zahlen, sondern den Regelsatz gleich mit aufs Minimum kürzen.
Auch im Bürgergeldbezug: Nach oben kriechen, nach unten treten


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02.06.2025 um 12:54
Zitat von NegevNegev schrieb:Wenn ich meine Miete und das bisschen Leben nicht mehr finanzieren kann, geh ich eben ins Gefängnis.
Das wirst du wohl nicht tun, denn da wird auch gearbeitet. Also faul in der Ecke liegen oder auf dem Knastbett ist da nicht. Überleg dir das mal.
Wie wärs, wenn du in deinem kärglichen Leben anfängst Struktur reinzubekommen? Wie wär es mit einem Minijob, das so ein bisschen Geld in deinen klammen Geldbeutel kommt und du dich mal wieder im Kleinen an Arbeit gewöhnen kannst. Der Rest kommt dann von alleine.


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02.06.2025 um 12:57
Zitat von DancingfoolDancingfool schrieb:Auch im Bürgergeldbezug: Nach oben kriechen, nach unten treten
Ne ne so ist das nicht. Wir sollten das mal so sehen, das es ein Überbrückungsgeld ist um wieder in Arbeit zu kommen und sich nicht darauf aus zu ruhen.


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02.06.2025 um 13:14
Zitat von DancingfoolDancingfool schrieb:Man soll die Hoffnung nie aufgeben
Hoffnung kann aber auch Krank machen. Da bin ich lieber realistisch.
Zitat von DancingfoolDancingfool schrieb:Nach oben kriechen, nach unten treten
Menschen fühlen sich offenbar wohl, wenn sie auf andere Menschen herabsehen können.
Zitat von ConocidaConocida schrieb:Also faul in der Ecke liegen
Du hast meinen Beitrag gelesen? Ich liege nicht faul in der Ecke. Ich arbeite. Nur kann ich mich dafür nicht bezahlen lassen.


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02.06.2025 um 13:19
Zitat von NegevNegev schrieb:Hoffnung kann aber auch Krank machen. Da bin ich lieber realistisch.
Es hat bei mir auch geklappt, kurz vor der Rente einen Job zu finden, der meinen Kenntnissen entspricht und bei dem ich nicht 10 Std. und mehr außer Haus bin. Leider kam eine Krankheit dazwischen und ich kann zu Recht sagen: Bei mir ist nicht mehr viel Hoffnung auf Normalverdienst.


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02.06.2025 um 13:30
@Dancingfool
Was würde es mir jetzt noch bringen, einen Job anzunehmen? Welchen Monatslohn könnte ich erwarten, als Ungelernter? Theoretisch hab ich noch 25-30 Erwerbsarbeitsjahre. Wie wird dann meine Rente aussehen?

Wenn ich eine Erwerbsarbeit annehme, dann weil diese etwas an meiner Situation verbessert.


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02.06.2025 um 13:40
Eine Gesellschaft lebt vom Geben und Nehmen.
In einer idealen Gesellschaft würden alle bekommen, was sie brauchen und geben, was sie können. So eine Gesellschaft ist reine Utopie.

Aber der Grundsatz bleibt. Nutze ich die Ressourcen der Gesellschaft habe ich schon eine moralische Pflicht, einen Beitrag zu der Gesellschaft zu leisten. Soweit ich das eben vernünftigerweise kann. Auch wenn es mit persönlichem Ungemach verbunden ist. Denn nur so funktioniert das Zusammenleben.

Nun ist die Welt aber nicht gerecht. Manchen fällt es leicht, einen Beitrag zu leisten. Sie haben einen erfüllenden Job, genießen soziale Anerkennung, werden reich geboren. Andere "funktionieren" nicht im Rahmen der Notwendigkeit der Gesellschaft. Sie sind krank, introvertiert, unsicher - Gründe gibt es viele. Was ich damit sagen möchte: Der Aufwand, "gut zu funktionieren" ist für unterschiedliche Menschen sehr unterschiedlich.
Im Extremfall ist es für manche Menschen einfach kein "reiß Dich zusammen und mach".

Das sollte man bedenken, wenn man den "gesellschaftlichen Wert" andere bewertet. Das sollte man aber auch bedenken, wenn man den Umfang des eigenen "gesellschaftlichen Wertes" bemisst. Auch wenn es per se unfair ist, manche müssen sich mehr anstrengen als andere, das ist der Lauf der Welt.

Natürlich zuckt es bei mir auch, wenn sich jemand hinstellt und sich pauschal einem "ich zahle in die Gesellschaft ein" verweigert. Aber ich tröste mich mit zwei Umständen:
1. Vielleicht zahlt derjenige anders ein. Vielleicht hilft er anderen Menschen? Wer weiß.
2. Schlimmer als sog. "Totalverweigerer" finde ich Menschen, die das System ausnutzen, um damit reich zu werden. Ich finde Dinge wie Cum-ex, Flowtex, Schneider - und im Grunde jeden, der bei der Steuer bescheißt - wesentlich schlimmer.
Zitat von NegevNegev schrieb:Wenn ich eine Erwerbsarbeit annehme, dann weil diese etwas an meiner Situation verbessert.
Es würde abseits Deiner Situation die Gesellschaft verbessern. Aber ich werde Dir keine Sichtweise aufdrücken, ich persönlich finde, dass man geben und nehmen sollte. Und dass man Ungerechtigkeiten (z.B. weil andere es einfacher haben) zu einem Teil auch ertragen muss. Das ist aber meine Sichtweise. Mir persönlich ist es egal, ob Du irgend etwas zurück gibst oder nicht.
Ich finde es nur unnötig provokant, das hier so darzustellen. Denn auch der öffentliche Diskurs prägt eine Gesellschaft.


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02.06.2025 um 14:07
Zitat von NegevNegev schrieb:Was würde es mir jetzt noch bringen, einen Job anzunehmen?
Zitat von NegevNegev schrieb:Theoretisch hab ich noch 25-30 Erwerbsarbeitsjahre
Unglaublich, mir fehlen da wirklich die Worte. Eine tolle Einstellung!


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02.06.2025 um 14:10
Zitat von NegevNegev schrieb:Was würde es mir jetzt noch bringen, einen Job anzunehmen? Welchen Monatslohn könnte ich erwarten, als Ungelernter?
Ich kenne einige, die noch im Alter zwischen 40-50 Jahren eine zweite 3jährige "neue" Ausbildung angefangen haben.
Zitat von Photographer73Photographer73 schrieb:Unglaublich, mir fehlen da wirklich die Worte. Eine tolle Einstellung!
Mir auch.


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02.06.2025 um 14:14
Ich selbst habe mit 30 als ungelernte eine Ausbildung in einer Beamtenlaufbahn begonnen. Hier fangen reihenweise Leute an, die Mitte 30 sind. Du musst bei Einstellung (also zu Beginn der Ausbildung oder des Studiums unter 40 sein). Was es dir bringen würde mit 39 3/4 Jahren einzusteigen? Das kannst du dir sicher selbst beantworten. @Negev


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02.06.2025 um 14:18
@azazeel
Ich hab mich jahrelang um Erwerbsarbeit beworben. Seit wenigen Monaten tu ich all das eben nicht mehr und mir geht es damit Psychisch absolut besser!

Dennoch, würde heute jemand anrufen (meine Unterlagen sind trotzem noch beim Jobconter) und mir einen Job anbieten, ich würde nicht ablehnen, wenn:
Zitat von azazeelazazeel schrieb:Es würde abseits Deiner Situation die Gesellschaft verbessern
Ich kann mehr Erwarten. Jeder kann mehr Erwarten! Gesellschaftliche Teilhabe sollte immer Möglich sein. Egal in welcher Situation und egal in welchem Alter. Die Grundsicherung ermöglicht das nicht! Ich kann mir auch kaum Vorstellen, das ein Job als bspw. Paketbote gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Plus man macht sich den Rücken krumm und hat weniger Zeit für Selbstverwirklichung und Privatleben. Wo bleibt da die gesellschaftliche Anerkennung? Diese Menschen müssten eigentlich mit Manager-Gehältern entschädigt werden.

Da bin ich dann doch froh, das ich schon alleine aus körperlichen Gründen solche Drecksjobs nicht annehmen kann.

Ich habe mich mit meiner Situation abgefunden. Aber: ich könnte auch fragen - hab ich kein Recht auf eine Erwerbsarbeit?

Aber ich finde diesen Erwerbsarbeitfetischismus sowieso dumm! Als ob der Mensch seine Sinnhaftigkeit aus Erwerbsarbeit ziehen würde. Ein ewiges Mantra der Konservativen und der SPD. Wenn Arbeit zur Beschäftigungstherapie verkommt...
Zitat von azazeelazazeel schrieb:Denn auch der öffentliche Diskurs prägt einae Gesellschaft.
Gut, wenn ich etwas positive dazu beitragen kann. Der öffentliche Diskurs "Geld fehlt, wo bekommen wir es her" wird viel zu sehr in Richtung "von den Armen" geführt.

Nochmal: stellt eine Jobgarantie aus. In öffentlichen Einrichtungen keine Ahnung... Ich bin der erste, der sich meldet.


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02.06.2025 um 14:29
Zitat von NegevNegev schrieb:Ich kann mehr Erwarten. Jeder kann mehr Erwarten!
Das sehe ich anders. Ich finde, dass man auch in eine Gesellschaft nach besten Kräften in einem vernünftigem Umfang einzahlen muss, wenn man sich aus der Gesellschaft bedient.
Zitat von NegevNegev schrieb:Die Grundsicherung ermöglicht das nicht!
Welche gesellschaftliche Teilhabe vermisst Du konkret? Du wirst sicher keine finanziell großen Sprünge machen können, Treffen in der Kneipe oder im Kino sind sicher eher ein Problem. Aber es gibt doch genügend Teilhabe, die nicht so teuer ist?
Zitat von NegevNegev schrieb:Plus man macht sich den Rücken krumm und hat weniger Zeit für Selbstverwirklichung und Privatleben.
Das ist eben die Rückzahlung. Deine Selbstverwirklichung und Dein Privatleben sähen viel unentspannter aus, wenn Du alleine in einer Höhle im Wald leben müsstest, weil es keinen gibt, der Nahrung herstellt, Häuser und Straßen baut oder Dich behandelt, wenn Du krank bist.
Du bekommst doch eine Menge von anderen Menschen - ist das nicht Motivation genug, das in einem vernünftigem Umfang zurück zu geben?
Zitat von NegevNegev schrieb:Gut, wenn ich etwas positive dazu beitragen kann. Der öffentliche Diskurs "Geld fehlt, wo bekommen wir es her" wird viel zu sehr in Richtung "von den Armen" geführt.
Mag sein. Das ist aber ein anderes Thema, finde ich. Das rechtfertigt in meinen Augen nicht das Argument: "Ich möchte, dass die Gesellschaft sich um mich kümmert aber ich kümmere mich nicht um die Gesellschaft."
Zitat von NegevNegev schrieb:Ich bin der erste, der sich meldet.
Ehrenamt? Irgendwo mithelfen, wo es ziemlich unmittelbar anderen hilft? Da gibt es doch viele Möglichkeiten, wenn man grundsätzlich dazu in der Lage ist.


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02.06.2025 um 15:10
Zitat von azazeelazazeel schrieb:Das sehe ich anders
Ich würde schon jedem ein Lebensrecht zugestehen. Ebenso Sicherheit und eine gesunde Ernährung. Und gesellschaftliche Teilhabe. Du nicht?
Zitat von azazeelazazeel schrieb:Kneipe oder im Kino
Ich bin auf eine App gestoßen, in der man sich zu Events verabreden kann. 90% der Termine erfordern finanzielle Mittel und eigentlich habe ich auch bei Events wie Wanderungen Angst, das jemand auf die Idee kommen könnte, irgendwohin einkehren zu wollen.

Gesellschaftliche Teilhabe ist nicht Möglich! Das ist Fakt!
Zitat von azazeelazazeel schrieb:Mag sein. Das ist aber ein anderes Thema, finde ich. Das rechtfertigt in meinen Augen nicht das Argument: "Ich möchte, dass die Gesellschaft sich um mich kümmert aber ich kümmere mich nicht um die Gesellschaft."
Die Vorstellung, dass unsere Gesellschaft wie eine Art große Teamarbeit funktioniert, in der jeder seinen Teil beiträgt und dafür im Gegenzug etwas zurückbekommt – diese Idee klingt eingängig. Sie vermittelt ein Gefühl von Fairness und gegenseitiger Verantwortung. Der Gedanke: Du bekommst Nahrung, Straßen, medizinische Versorgung – also gib auch etwas zurück. Und wenn du das nicht tust, profitierst du unverdient vom Einsatz der anderen. Das scheint auf den ersten Blick schlüssig. Doch in der Realität einer hochkomplexen Gesellschaft funktioniert das so längst nicht mehr – oder zumindest nicht so einfach.

Denn wenn es tatsächlich um einen gerechten Tausch zwischen Geben und Nehmen ginge, warum sind dann gerade die Berufe, die am meisten zur Grundversorgung beitragen – Pflege, Reinigung, Logistik, Bildung – so schlecht bezahlt? Warum arbeiten Millionen Menschen unter prekären Bedingungen, obwohl ihre Tätigkeiten gesellschaftlich unverzichtbar sind? Wenn dieses System auf Gegenseitigkeit beruhen würde, müsste es diesen Menschen besonders gut gehen – tut es aber nicht.

Was hier oft als moralisches Argument genutzt wird – „Du profitierst von der Gesellschaft, also gib etwas zurück“ – ist in Wirklichkeit eine Erzählung, die aus dem Kleinmaßstab stammt. Sie wirkt wie eine Projektion aus der Erfahrung kleiner Gruppen: Wer in einem Team nicht mitarbeitet, lässt die anderen hängen. Und das ist ärgerlich, weil die Arbeit dann auf weniger Schultern verteilt wird. Diese Dynamik kennt jeder – und sie wird auf die Gesellschaft als Ganzes übertragen. Doch das greift zu kurz.

In einer Gesellschaft mit enormen Ressourcen, technologischem Fortschritt und gewaltigem Reichtum wäre es längst möglich, die Grundlagen für alle zu sichern – ohne dass jemand dafür seine Gesundheit oder Würde opfern muss. Prekäre Arbeit ist keine Naturgegebenheit, sondern eine politische Entscheidung. Und wenn man will, kann man genau das ändern.

Statt also auf diejenigen zu zeigen, die nicht oder nicht im klassischen Sinne „leisten“, sollten wir die Frage umkehren: Warum funktioniert ein System, das angeblich auf Fairness und Gegenseitigkeit beruht, so oft zum Nachteil derer, die am meisten beitragen? Vielleicht ist es gar kein moralisches Versagen einzelner – sondern ein strukturelles Problem, das wir zu lange mit falschen Geschichten kaschieren.


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02.06.2025 um 15:23
Zitat von NegevNegev schrieb:Prekäre Arbeit ist keine Naturgegebenheit, sondern eine politische Entscheidung. Und wenn man will, kann man genau das ändern.
@Negev

Ich finde sie sehr selten, diese entwürdigen Arbeiten am Existenzminimum, zumindest dort nicht, wo gesetzliche Vorgaben eingehalten werden. 1885 meintewegen, aber ich kenne unzählige Jobs aus vielen Situationen, aber prekäre Ausbeutung sehe ich dabei sehr selten.
Zitat von NegevNegev schrieb:Statt also auf diejenigen zu zeigen, die nicht oder nicht im klassischen Sinne „leisten“, sollten wir die Frage umkehren: Warum funktioniert ein System, das angeblich auf Fairness und Gegenseitigkeit beruht, so oft zum Nachteil derer, die am meisten beitragen?
Ich sehe da kein 'entweder oder'. Natürlich kann man an den Stellen hinschauen, wo Arbeitssituationen verbessert werden könne, das muss uns aber nicht hindern zu schauen, ob nicht wirklich mehr Menschen in der LAge wären, für sich selbst zu sorgen.
Zitat von NegevNegev schrieb:In einer Gesellschaft mit enormen Ressourcen, technologischem Fortschritt und gewaltigem Reichtum wäre es längst möglich, die Grundlagen für alle zu sichern
Nur weil es stärker anonymisiert abläuft als in Kleingruppen, muss Transfer dennoch auf Ausnahmesituationen als Lebensmodell beschränkt bleiben. FÜr gezahltes Steuergeld haben Menschen gearbeitet.


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02.06.2025 um 15:58
Zitat von NegevNegev schrieb:Ich würde schon jedem ein Lebensrecht zugestehen. Ebenso Sicherheit und eine gesunde Ernährung. Und gesellschaftliche Teilhabe. Du nicht?
Doch. Aber unter einer (moralischen) Gegenleistung. Klar, juristisch wirst Du es absolut regeln müssen - aber moralisch finde ich, dass die Inanspruchnahme von gesellschaftlichen Leistungen nicht "selbstverständlich" ist - sondern nach den eigenen Möglichkeiten auch erwidert wird. So funktioniert doch ein Zusammenleben. Das gilt in einer Partnerschaft, in einer kleinen Gruppe und in jeder beliebig großen Gruppe vom Grundsatz her gleichermaßen.
Zitat von NegevNegev schrieb:Gesellschaftliche Teilhabe ist nicht Möglich! Das ist Fakt!
Das ist kein Fakt. Du stellst es Dir so vor. Und sicherlich ist gesellschaftliche Teilhabe einfacher, wenn man mehr Geld hat.
Aber Dir eine App zu holen, die bestimmte Dinge vorschlägt, und zu vermuten, die Leute würden beim Wandern (zu teuer) essen gehen wollen, ist eben nur Dein Versuch einer bestimmten Art von Teilhabe. Dann isst Du halt nicht im Restaurant, deswegen wird Dich keiner (der einigermaßen sozial verträglich ist) ausgrenzen.
Was ist mit einem Verein? Einem Büchereiclub? Sich zum "draußen sein" verabreden?
Zitat von NegevNegev schrieb:oder zumindest nicht so einfach
Dass es nicht allzu gerecht ist, habe ich geschrieben. Manche haben es leichter als andere - oft unverdient. das ist aber Teil des Lebens. Es rechtfertigt in meinen Augen nicht, das Maß an Unfairness noch zu steigern.
Zitat von NegevNegev schrieb:Denn wenn es tatsächlich um einen gerechten Tausch zwischen Geben und Nehmen ginge
Dass der Tausch "gerecht" ist, sagt keiner. Das wäre toll, ist aber kein Teil der Realität.
Zitat von NegevNegev schrieb:warum sind dann gerade die Berufe, die am meisten zur Grundversorgung beitragen – Pflege, Reinigung, Logistik, Bildung – so schlecht bezahlt?
Das ist einfach: Weil die Ergebnisse dieser Arbeit auch billig sein müssen. Weil sonst nur Reiche sich diese Dinge leisten könnten. Bis wir für diese Tätigkeiten Maschinen haben, wird das leider Teil der Lebensrealität sein.
Zitat von NegevNegev schrieb:Sie wirkt wie eine Projektion aus der Erfahrung kleiner Gruppen: Wer in einem Team nicht mitarbeitet, lässt die anderen hängen. Und das ist ärgerlich, weil die Arbeit dann auf weniger Schultern verteilt wird. Diese Dynamik kennt jeder – und sie wird auf die Gesellschaft als Ganzes übertragen. Doch das greift zu kurz.
Es greift nicht zu kurz. Der Maßstab ist beliebig skalierbar.
Natürlich ist es nicht wie in einer kleinen Gruppe, dass die Verweigerung eines Einzelnen existenziell bedrohlich ist. Aber bei vielen Einzelnen halt schon. Und wer entscheidet, wer diese Einzelnen sein dürfen? Wenn Du für Dich das Recht heraus nimmst, zu nehmen aber nicht zu geben, dann geht davon die Welt nicht unter. Aber es widerspricht dem Grundsatz des gesellschaftlichen Lebens. Du flüchtest Dich argumentativ in die Anonymität der großen Masse.
Zitat von NegevNegev schrieb:In einer Gesellschaft mit enormen Ressourcen, technologischem Fortschritt und gewaltigem Reichtum wäre es längst möglich, die Grundlagen für alle zu sichern – ohne dass jemand dafür seine Gesundheit oder Würde opfern muss.
Das Wort "Würde" ist ein großes Wort. Das kann man für alles benutzen, was man für sich nicht als hinreichend akzeptabel erachtet. Manche betrachten es als würdelos, jemandem die Schuhe zu putzen, anderen den Arsch abzuwischen, ein Gebäude zu reinigen, sich kein iPhone leisten zu können, nicht in ein Restaurant zum Essen gehen zu können ....
Das mag individuell auch zutreffen - aber es ist dann ein Totschlagargument. Ich definiere für mich, was Würde ist und dann erwarte ich, dass andere meiner Definition folgen. So funktioniert eine Gesellschaft aber nicht. Da gilt eine allgemeingültige Definition von Würde. Welche das ist, unterliegt einem steten Wandel.
Zitat von NegevNegev schrieb:Warum funktioniert ein System, das angeblich auf Fairness und Gegenseitigkeit beruht, so oft zum Nachteil derer, die am meisten beitragen?
Es beruht auf Fairness und Gegenseitigkeit - soweit das eben mit menschlichen "Mitspielern" umsetzbar ist. Deine Sichtweise ist ein gutes Beispiel: in der anonymen Masse großer sozialer Strukturen brauche es keine Gegenleistung. Das ist halt das Problem, Menschen sind sich eher selbst die Nächsten und nur ein Korsett aus gesellschaftlichen Regeln und Normen ermöglich ein "einigermaßen faires Zusammenleben".

Du bist sicher nicht das Hauptproblems. Da fallen mir z.B. viel eher Leute ein, die das System für Reichtum und Macht ausnutzen. Ich kann zehntausende "Arbeitsverweigerer" viel eher ertragen als die Profiteure von z.B. Cum-ex. Aber so ein bisschen trägst Du schon zum Problem bei. Nehmen ohne zu geben ist halt kein moralisch gutes Handeln. Das magst Du vor Dir rechtfertigen und Du versuchst es hier öffentlich zu rechtfertigen. Das kannst Du auch tun, es ist eine Meinung wie jede andere und wenn es Dir damit besser geht, geschenkt. Nur wenn Du Dich hier quasi aus dem Fenster lehnst, wirst Du wohl auch mit den Sichtweisen anderer leben müssen, die Deine Form des Gerechtigkeitsempfindens nicht teilen.

Dein Argument ist: Die Welt ist ungerecht und deswegen kann auch ich mir meine moralischen Normen aussuchen. Kann man so sehen. Wenn der andere drei Kugeln Eis bekommt, ist es scheiße, wenn ich nur eine habe. Dann lieber keine und ich kacke der Eisdiele vor die Türe.
Das Problem an so einer Sichtweise ist allerdings, dass man dann (wenn auch in einem vergleichsweise geringem Umfang) zum Gesamtproblem beiträgt. Ob man das so machen möchte, muss jeder für sich entscheiden. Ich finde es falsch. Meine Meinung. Wenn Du es richtig empfindest, ist das Deine Meinung. Damit kann ich leben.


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02.06.2025 um 17:44
Zitat von azazeelazazeel schrieb:Doch. Aber unter einer (moralischen) Gegenleistung.
Alles was vor dem Aber steht, zählt nicht. Und das geht ach nicht zusammen. Du Verknüpfst das Recht auf Existenz an Bedingungen. Also einem Recht, das vermutlich noch höher steht als die Menschenwürde.

Moralisch kann man alles Fordern. Zum glück sollte es aber in einer Demokratie nicht so sein, des man sich einzelnen Moralvorstellungen beugen muss.
Zitat von azazeelazazeel schrieb:Das ist kein Fakt.
Natürlich. Ist es fakt. Diese App stellt nur die Plattform. Die Events werden von den Usern eingestellt. Es ist das, was man eben so macht. Vermutlich...
Das kostet aber alles Geld.
Zitat von azazeelazazeel schrieb:Dann isst Du halt nicht im Restaurant, deswegen wird Dich keiner (der einigermaßen sozial verträglich ist) ausgrenzen.
Das mich keiner deswegen ausgrenzt, schon da würde ich ein Fragezeichen dran machen. Ansonsten unterstelle ich dir einfach mal eine gewisse Weltfremdheit.
Und ich kann sogar mit einem Beispiel kommen. Ich war mit einer Gruppe in einer Spielebar. Ich hatte nur einen Kaffee (getreu deinem Rat), die anderen hatten mehr. Wir waren länger in dieser Bar (weil Spiele und so, dachte ich). Irgendwann wurden wir gebeten zu gehen - zu wenig Umsatz. Natürlich fühlte ich mich direkt erwischt.
Und ich kanns ja auch verstehen. Man ist eben auf Umsatz angewiesen. Aber eine Gesellschaft macht es dadurch nicht besser.
Zitat von azazeelazazeel schrieb:Das ist einfach: Weil die Ergebnisse dieser Arbeit auch billig sein müssen. Weil sonst nur Reiche sich diese Dinge leisten könnten. Bis wir für diese Tätigkeiten Maschinen haben, wird das leider Teil der Lebensrealität sein.
Und ist das nicht schräg? Besser die Ressourcen so verteilen, das möglichst viele einen ähnlichen Lebenstandard haben.
Zumal die Jobs, die ich aufgezählt habe, in öffentlicher Hand sind oder waren. Mehr Geld hilft hier. Panzer braucht kein Mensch aber Krankenpfleger. Dann muss sich vielleicht auch keiner mehr genötigt fühlen, in die Schweiz, Niederlande zu gehen.
Zitat von azazeelazazeel schrieb:Der Maßstab ist beliebig skalierbar.
Eine Gesellschaft ist kein kleines Team. In einem echten Team kennen sich die Mitglieder. Die Aufgabenverteilung ist transparent. Man hat Einfluss auf das System. Und es gibt unmittelbare Rückmeldung und Solidarität.

Eine Gesellschaft dagegen ist ein anonymer, hochgradig ungleicher Apparat, in dem nicht alle dieselben Chancen, Ressourcen oder Zugänge haben.
Und klar, einige arbeiten nicht. Aber unter diesen sind auch fast eine Million Menschen die nicht arbeiten, weil sie genug Geld haben. Es ist ein Märchen, das unsere Gesellschaft zusammenbrachen würde, würde man nicht auch noch den letzten zu irgendeiner Arbeit nötigen.

Und nochmal (du bist ja in der Sprache gegen mich Festgefahren):
Zitat von azazeelazazeel schrieb:Wenn Du für Dich das Recht heraus nimmst
Ich nehme nichts für mich heraus. Ich habe nur akzeptiert, das mich keiner als Arbeitskraft will.
Okay, ich nehme für mich heraus, mich nicht mehr diesem Prozess aus Bewerbung und Ablehnung auszusetzen!

Wir haben X Menschen die nicht arbeiten. Gründe sind Vielfältig. Ganz schön vermessen, ihnen allen Faulheit und Asozialität zu unterstellen.
Der eigentliche Punkt. Unser Staat funktioniert trotzdem. Und wir können uns sogar eine durch und durch Analoge Verwaltung leisten!
In einer Modernen Gesellschaft muss nicht jeder arbeiten! Oder besser gesagt; kann nicht jeder Arbeiten!

Ginge es nach mir, gäbe es eine Jobgarantie. Dann könnte man auch einen echten Mehrwert für die Gesellschaft schaffen, ohne das dieser sich in ökonomische Zwänge begeben muss. Beispielsweise eine Spielebar...


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02.06.2025 um 17:50
Zitat von NegevNegev schrieb:In einer Modernen Gesellschaft muss nicht jeder arbeiten!
Wir sollten alle so denken !!! Und dann sollte sich auch ein jeder berufen fühlen das er genau derjenige ist, der nicht arbeiten muss.
*Ironie*


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