@TussineldaLiest du nicht?
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gilt in abgeschwächter Form das, was ich gerade zu den Evangelikalen gesagt habe. Je religiöser die Eltern sind, um so mehr hängen sie am traditionellen Erziehungsstil, auch mit Schlagen verknüpft. Und das ist dann schon eine echte Belastung und fördert die Gewaltrate bei Jugendlichen. Aber es gibt einen zweiten Aspekt, der uns noch viel mehr Sorgen macht: Bei den muslimischen Jugendlichen da hat sich etwas gewandelt. 2000 hatte ich beispielsweise aufgrund unserer Forschungen zur importierten Machokultur noch von einem Imam in Göttingen die Einladung bekommen, bei ihm in der Moschee – voll besetzt und Frauen dabei – einen Vortrag zu halten, den Import türkischer Machokultur nach Deutschland, was kann man dagegen tun, dass die Menschen diesen Regeln folgen.
Aber heute würde man einen solchen Imam nicht mehr finden. Erdogan hat über seine Religionsbehörde Diyanet, die ihm untergeordnet arbeitet, in Deutschland die liberalen Imame auswechseln lassen. Dadurch kommt, dass er 62 Prozent bei den Wahlen erreichen konnte: Die Hochgläubigen haben von ihren importierten, neuen Imamen gehört, dass Erdogan der Größte ist und dass er den Islam zu voller Blüte bringt. Aber jetzt schlägt das durch zu den Jugendlichen. Wir müssen plötzlich deutliche Unterschiede feststellen in den Einstellungen, in den Werthaltungen von türkischen und sonstigen muslimischen Jugendlichen. So hatten wir das bei den Türken noch nie.
„Rückfall in konservativen Islam“
Dittrich: Aber bei den katholischen Jugendlichen sagen Sie, das Gemeinschaftsgefühl schützt sie vor Gewalt. Warum gilt das nicht bei den muslimischen Jugendlichen, die ja auch in ihrer Community aufgehoben sind?
Pfeiffer: Ja, aber es ist eine Community, die kulturell noch stark in der alten Machokultur gefangen ist, wo der Satz gilt: Der Mann ist das Oberhaupt der Familie und darf sich notfalls mit Gewalt durchsetzen. So sagen das, haben das 41 Prozent der türkischstämmigen Jugendlichen früher auch akzeptiert. Inzwischen hat sich das gottseidank auch gewandelt. Aber bei den Neueinwanderern, die wir bekommen und bei den neuen Imamen, da haben wir eine Darstellung von Religion, die eigentlich schon überholt war. Das ist ein Rückfall in ein sehr konservatives Verständnis des Koran und das schlägt durch, dass plötzlich 48 Prozent der Jugendlichen den Satz bejahen: Ich kann mir gut vorstellen, für den Islam zu kämpfen und mein Leben zu riskieren. Oder ein Drittel sagt: Es ist die Pflicht jedes Muslim, Ungläubige zu bekämpfen und den Islam in der ganzen Welt zu verbreiten] [/quote]