Die Zeugen Jehovas
01.08.2017 um 23:06
Persönlich mag ich Die JZ nicht. Meine Schwester ist vor langer Zeit eine geworden mit ihrem Mann, hat dann Kinder bekommen, alle JZ, klar. Aber von Anfang an hat meine Schwester weder unsere Eltern und mich dauermissioniert, noch hat sie den Kontakt zu uns abgebrochen. Wir verstehen uns gut. Mitunter habe ich durchaus rigide Züge mitbekommen, auch was die Erziehung der Kinder betrifft, doch wurde dabei einiges streng gehandhabt, aber keine Gewalt, Indoktrination odgl. eingesetzt. Die Kindheit und Jugend, die meine drei Neffen hatten, war eine glückliche, liebevolle, wie ich sie selbst gern gehabt hätte. Mittlerweile ist der Älteste bei nem Unfall ums Leben gekommen. Der Zweitälteste hat geheiratet und ist Vater geworden. Nachdem er ausgetreten war. Meine Schwester & Family hat den Kontakt nicht abgebrochen, sie ist stolze Oma.
Als ich neulich mal wieder bei ihr war, hatte ihr Jüngster, der noch bei den Eltern lebt, einen Freund und eine Freundin zu Besuch, sie grillten im Garten. Ich unterhielt mich mit meiner Schwester über den Austritt ihres mittleren, ja eigentlich ältesten Sohnes. Da hörte ich nebenbei, wie das Mädchen draußen, offensichtlich religionsfern und wenig informiert, Fragen zum Glauben stellte, und der Junge ihr das eine oder andere erzählte, während mein Neffe die Grillwürste wendete. Ich meinte zu meiner Schwester, daß ich es interessant fand, daß Jugendliche in diesem Alter beim Grillen über Religion sprechen. Und erfuhr so nebenbei, daß jener junge Mann mal JZ war, vor ner Weile aber ausgetreten ist. Dennoch hörte ich ihn nicht abschätzig über die Zeugen reden, sondern offen bis wohlwollend. Je nun, auch kritisches über besonders strenge Zeugen seiner Ex-Gemeinde hörte ich auch, aber so wie er es erzählte, schien es solche auch zu geben in jener Gemeinde, aber nicht hauptsächlich.
Mein Schwager erzählte mir mal vor etlichen Jahren, daß er bei seiner damaligen Arbeit viel mit nem LKW unterwegs war und dabei immer seinen Lieblingssender im Radio hörte. Damals gab es in dem Programm noch einen katholischen Priester mit ner kurzen "Andacht", eher Gedanken zu Tagesthemen odgl. Als er davon sprach, daß er den immer höre auf Arbeit, machte ich vorsorglich die Bemerkung "naja, Katholiken, was willste erwarten" - aber seine Antwort war "Ja, vielleicht, aber der ist echt gut. Ich hör den gerne, das gibt mir was". Für die offizielle Lehre der Zeugen Jehovas ist die Katholische Kirche das "worst ever", die apokalyptische Hure Babylon, die Kirche des Satans. Und dann hört mein Schwager nem Katholen mit Genuß und Gewinn zu??? Ich war gelinde gesagt sprachlos, schockiert. Aber angenehm.
Ich weiß, nicht überall in Deutschland (oder in der Welt) sind die Zeugen so offen und gelassen und tolerant. Womöglich sind meine Schwester und deren Gemeinde die große Ausnahme, jedenfalls eine kleine Minderheit. Doch gibt mir das zu hoffen. Es ist möglich, JZ zu sein und so friedlich miteinander und mit der Umwelt, selbst mit "Abgefallenen" zu leben. Ich bete und hoffe, daß sich das ausbreitet. Und ich finde es sogar schade, daß einer meiner Neffen seinen Glauben aufgegeben hat.
Zeugen mag ich noch immer nicht, dann schon eher Katholen (*grins*). Aber Zeugen, wie meine Schwester etc., die kann ich immerhin akzeptieren, gut heißen. Wenn ich mich mal mit Zeugen unterhalte, hab ich kein Problem damit, auch über Unzulänglichkeiten und Irrtümer ihrer Lehre zu reden bzw. ihren Glauben runterzumachen, wenns penetrant und konträr wird. Bei den Zeugen, die ich über meine Schwester kenne, käme mir das jedoch nie in den Sinn, hier habe ich viel zu viel Respekt, ja geradezu Bewunderung für sie, wie sie aus der strengen Weise ausgebrochen sind und ein tolles Miteinander mit Nichtzeugen aufgebaut haben.
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