Assassine schrieb:Ich sehe ja ein, wenn jemand argumentiert, dass Jesus historisch ist. Dafür gibt's immerhin Indizien
Aber Moses? Ich bitte dich. Der gesamte Exodus ist höchstwahrscheinlich niemals passiert.
Wie gesagt, einer erfundenen israelitischen Heldengestalt hätte man schwerlich einen ägyptischen Namen beigefügt. Das ist durchaus ein Indiz. Ebenso Moses Verbindung zu Midian. Er ist verschwägert mit einer midianitischen Priestersippe. In den Epochen des Volkes Israels im Land gelten die Midianiter, wenn sie erwähnt werden, nicht gerade als freundschaftliche bzw. geachtete Nachbarn. Ehen mit Nichtisraeliten gelten in diversen Epochen Israels als zumindest fraglich. Und sowas dichtet man einer frei erfundenen Heldengestalt an? Nee, Mose scheint ne historische Gestalt gewesen zu sein.
Dabei wird Mose in der Überlieferung nach und nach mit diversen weiteren Überlieferungen aus der Frühzeit Israels in Verbindung gebracht wordensein. Er ist quasi eine Art Kristallisationspunkt. Er bringt Gott bzw. den Gottesnamen nach Israel, er führt Israel aus Ägypten, er führt Israel durch die Wüste,er gibt Israel das Gesetz Gottes, er verpflichtet Israel auf Gott im Bundesschluß, er gibt der israelitischen Gesellschaft Strukturen (Einsetzung von Ältesten und Richtern). Mose kulminierte zum Überflieger, zum Hansdampf in allen Gassen. Dies ist natürlich ein Wachstumsprozeß über Jahrhunderte hinweg. DIe Gesetzessammlungen, die in der Thora zusammengestellt sind, bestehen aus einzelnen Passagen, kleineren Gesetzessammlungen, die sich zogar teilweise historisch verorten lassen. Die ältesten Gesetzessammlungen scheinen aus dem 8.Jh. zu stammen. Das heißt, daß die Gesetze erst nachträglich mit Mose und mit einem Offenbartwerden auf dem Sinai in Verbindung gebracht worden sein dürften. Mit anderen Worten, die Verbindung von Mose und der Gesetzesgabe ist sekundär.
So werden auch weitere dieser Verbindungen sekundär sein. Etwa auch die Verbindung mit der "Einführung JHWHs in Israel". Denn wo auch immer davon im AT die Rede ist, daß "der Herr vom Seir daher kam" (und so zu Israel gelangte), wird Mose nicht erwähnt oder angedeutet. Letztlich wissen wir nicht, mit welcher dieser Überlieferungen Mose ursprünglich verbunden gewesen sein mag. Aber bezeichnend ist immerhin, daß Mose nicht mit der Landnahmetradition verknüpft worden ist. Mose führte Israel nicht ins Gelobte Land, und er verteilte das Land nicht unter die Stämme. Auch dies ein historischer Haftpunkt, daß die Gestalt des Mose historisch nicht mit dem Land selbst zu tun hat; diese Überlieferung war zu grundlegend, als daß man Mose auch die Landnahme hätte andichten können.
Somit wissen wir, daß es eine Gestalt namens Mose gab, jedoch nicht, wie exakt sie in die Frühgeschichte Israels eingebunden war. Der Name ist sicher, und die Gestalt muß außerhalb des Landes gelebt und gewirkt haben. Aber ob nun beim Exodusgeschehen oder in der Wüstenzeit, das bleibt wohl im Dunkel der Geschichte verborgen.
Auch das Exodusgeschehen ist eine Überlieferung mit historischem Anhalt. Selbstverständlich eine im Lauf der Zeit stark ausgeschmückte Überlieferung. Daß das gesamte Volk Israel in Ägypten war und beim Exodus herausgeführt wurde, ist eine solche sekundäre Auffüllung. Historisch werden mehrere kleinere Gruppen von Semiten Ägypten verlassen haben und in die Levante gezogen sein, wo sie dann in das entstehende Volk Israel mitintegriert wurden und ihre Überlieferungen mit einbrachten. Bei einer dieser Gruppen spielte die Merwunderüberlieferung eine wesentliche Rolle, also eine Erfahrung von Schutz vor ägyptischem Grenzmilitär,bei der ein Gewässereine wesentliche Rolle spielte. Insofern gab es "den Exodus" ganz gewißnicht, aber durchaus ein Exodusgeschehen, auf dem später die Überlieferung von "dem Exodus" dann aufbaute. Daß nomadische Gruppen iauch m späten 2.Jt. v.Chr. zeitweilig in Ägypten lebten, ist recht gut dokumentiert; ebenso, daß solche Gruppen bei Ein- aber auch bei Auswanderung Konflikte mit den ägyptischenGrenzposten hatten.