Doppelmord Babenhausen

Deus_ex_Machin schrieb:Der User @DerElch ist Journalist und wird morgen bei der Pressestelle des Landgerichts offiziell anfragen. Vielleicht wissen wir dann mehr.

Dann haben wir ja morgen Sicherheit/Ruhe

Man sollte die Lärmfrage einfach mal etwas differenzierter betrachten. Dazu trenne ich sie mal von den anderen Beweismitteln, weil das meiner Meinung nach recht wesentlich ist:

1. Frage: Gab es Lärmbelästigung, gab es Klagen über Lärm?

Ja. Die gab es. ADs eigene Angaben, die dokumentierten Klagen, die Zeugenaussagen usw. sprechen dafür, alles was hierzu im Urteil genannt ist.

2. Frage: Wie war der Lärm? Kam er von Außen, von Innen, bei offenen Fenstern, bei geschlossenen Fenstern usw.?

Schwierig. Das Urteil erwähnt relativ wenig konkrete Lärmquellen oder -arten. Die spitzen Schreie, Tiergeräusche, die Mülltonnen. Für mich ist anhand des Urteils schwer nachvollziehbar, was das jetzt für ein Lärm war.

3. Frage: Wie stark war die objektive Beeinträchtigung?

Schwierig. Es gab wohl keine Lärmmessungen. Es gibt Hinweise in TV-Dokus, dass die Innenwände ziemlich gut gedämmt sind. Dennoch kann - gerade im Sommer bei geöffneten Fenstern - der Lärm von Nachbarn sehr störend sein. Die akkustischen Gegebenheiten wurden jedenfalls nicht untersucht. Ein Fehler.

4. Frage: Wie stark war die subjektive Beeinträchtigung?

Wohl nicht unerheblich. Da haben wir die Anhaltspunkte, die unter 1. genannt sind. Die Familie D. hat zumindest zeitweise nachweisbar unter dem Lärm gelitten. Und zwar so, dass Maßnahmen ergriffen wurden, die ermittelt werden konnten. Den Wahrheitsgehalt der Relativierungen von Frau D. möchte ich damit nicht in Frage stellen, weil dazwischen die Verurteilung ihres Mannes liegt. Rosarote oder schwarze Brillen beim Blick auf die Vergangenheit sind menschlich nicht ungewöhnlich.

Und jetzt kommt die entscheidende Frage:

5. Frage: Sind die Belästigungen ein Mordmotiv?

Vielleicht. Zwingend sind sie es nicht. Dass es Tötungen gibt, die (auch) wegen Lärms begangen wurden, heißt nicht, dass dieser Mord wegen Lärm begangen worden sein muss. Es ist auch gut möglich, dass die Polizei nichts anderes ermitteln konnte.

Wenn man als Ermittler oder Gericht schon ziemlich von der Schuld des AD überzeugt ist (Bauschaum!), dann sucht man ein Motiv. Und der Lärm könnte eines gewesen sein. Das einzig sichtbare plausible Motiv, ich weite es mal aus: Ein Nachbarschaftskonflikt. Ein Indiz. Möglich. Sehr gut möglich, wenn der Indizienring nur noch geschlossen werden soll (dass viele andere Indizien ähnlich "sicher" sind, ist eine andere Frage).

Jemand, der die Täterschaft des AD bezweifelt, wird das Motiv natürlich anders einschätzen: Als banal, zu alltäglich, ein Jedermanns-Motiv, nicht wirklich zwingend (siehe oben Nr. 1 bis 4), sehr zweifelhaft. Das ist ganz normal und nicht böse.

monstra schrieb:Dass es Tötungen gibt, die (auch) wegen Lärms begangen wurden, heißt nicht, dass dieser Mord wegen Lärm begangen worden sein muss.

Das hat auch niemand behauptet. Nur neigen viele Menschen, die nicht mit - nennen wir es mal - Lärmterror in Berührung gekommen sind, dazu, die Belästigung durch Lärm zu unterschätzen. So schlimm kann Lärm ja nicht sein, deswegen mordet man doch nicht, so der Tenor. Das ist eben falsch. Jahrelanger Lärmterror ist unter bestimmten Umständen sehr wohl ein Mordmotiv.

Deus_ex_Machin schrieb:So schlimm kann Lärm ja nicht sein, deswegen mordet man doch nicht,

Ich habe mich vor Kurzem mit einem Polizisten unterhalten. Er wies darauf hin, daß die typischen Verbrechensmotive Hass, Liebe und Geld sind.

Es wäre möglich, dass AD wegen des Lärms und seiner Ohnmacht, dagegen etwas unternehmen zu können, einen regelrechten Hass auf seine Nachbarn entwickelt hat.

Seps13 schrieb:Es wäre möglich, dass AD wegen des Lärms und seiner Ohnmacht, dagegen etwas unternehmen zu können, einen regelrechten Hass auf seine Nachbarn entwickelt hat.

Sechs Schüsse auf den Mann, zwei auf den Kopf der Frau und zwei auf den Kopf der Tochter. Dies nach einem etwa acht Jahre dauernden Lärmterror.

Man lehnt sich gewiss nicht zu weit aus dem Fenster, wenn man Herrn Darswo Hass auf seine Nachbarn unterstellt.

jaska schrieb:der unglaublich glücklich war mit Job, 2 Nebenjobs, Kinder, Fussballtrainertätigkeit und nächtlichen Lärmstörungen - für mich klingt das nicht glaubwürdig.

jaska schrieb:Kannst Du ein Szenario entwerfen, in dem eine 4köpfige Familie völlig entspannt durch nen Alltag mit Kinderbetreuung, Kindergarten, Schule, Vereine marschiert, nebenbei Wohnungen besichtigt,

Bei dieser Dauerbelastung stellt sich unweigerlich die Frage, wie es Darsow geschafft hat, zw dem Ausdruck und der Tat , also etwa innerhalb von 6 Wochen , unbemerkt an der Schalldämpferkonstruktion zu bauen und Schusstests durchzuführen. Da glaube ich persönlich eher an die Unbefangenheit der Urteil-Fanboy Fraktion,als dass das gelungen sein mag.

@jamie71
Das ist aber sehr kurz gedacht.
Der Mann kann nicht der Mörder sein, weil er gar keine Zeit gehabt hätte, einen Schalldämpfer zu bauen.
Er hat ja auch Zeit gehabt zu recherchieren usw.
Das kann man ja nicht ernsthaft als Argument für seine Unschuld heranziehen; "Der Mann habe gar keine Zeit gehabt so etwas zu bauen"

@jamie71
Den Spuren am Tatort nach zu urteilen, muss es irgendwie gelungen sein.
Das Gericht stellt dabei auf Bauschaum ab, nicht auf die zwingende Verwendung einer PET Flasche

@jamie71 , du wirst doch nicht in stiller Heimarbeit versucht haben, einen ebensolchen Schalldämpfer herzustellen, dass du dich nun in der Lage siehst, eine derartige Einschätzung abzugeben?

Nightrider64 schrieb:Das Gericht stellt dabei auf Bauschaum ab, nicht auf die zwingende Verwendung einer PET Flasche

zweifellos hat das Gericht so argumentiert. Und dies in Verbindung mit der Recherche von Darsows Rechner ist für mich das schwerwiegendste Indiz, oder Indizien, die für Darsow als Täter sprechen.

jamie71 schrieb:Bei dieser Dauerbelastung stellt sich unweigerlich die Frage, wie es Darsow geschafft hat, zw dem Ausdruck und der Tat , also etwa innerhalb von 6 Wochen , unbemerkt an der Schalldämpferkonstruktion zu bauen und Schusstests durchzuführen.

Die Frage bleibt ja, was genau er im Rahmen der "zwei Nebensjobs" tat und wie viel Zeit, anderes zu tun, er dabei hatte.

Außerdem hatte er vom 14. April 2009 bis zum 17. April 2009 mehrere Nächte zur Verfügung, um ausreichend Schießübungen durchzuführen und daher genügend Sicherheit für die Tat zu gewinnen.

Deus_ex_Machin schrieb:Die Frage bleibt ja, was genau er im Rahmen der "zwei Nebensjobs" tat und wie viel Zeit, anderes zu tun, er dabei hatte.

Worauf ich eher hinaus will ist, wie er es unbemerkt geschafft hat, wenn er in der den viel Tätigkeiten so eingebunden war.

jamie71 schrieb:Worauf ich eher hinaus will ist, wie er es unbemerkt geschafft hat, wenn er in der den viel Tätigkeiten so eingebunden war.

Soll ja Jobs geben, in denen man stundenlang für sich allein ist.

@Deus_ex_Machin
Gehörte nicht das regelmäßige Joggen zu seinen Freizeitbeschäftigungen? Sowas kann man durchaus auch mal unterbrechen oder ausfallen lassen, falls Wichtigeres ansteht.

monstra schrieb:Man sollte die Lärmfrage einfach mal etwas differenzierter betrachten. [...]

Sachlich nachvollziehbar dargelegt und in der Beurteilung für mich derart dargelegt schlüssig (für beide Sichtweisen).
Nun kommen für mich aber eben noch weitere Indizien hinzu, so dass die "eine Richtung" für mich eine noch deutlichere Tendenz in Richtung relativ sicher ergeben.
Etwaige Vorverurteilung der Vorinstanzen kann ich nicht prüfen (kann somit auch keine Fehler feststellen) - ich muss einfach davon ausgehen, dass diese ordentlich und ohne unsachliche Vorverurteilung entstanden sind, bis mir jemand überzeigend das Gegenteil beweist. Bis dahin bleibe ich bei meiner (natürlich vorgegebenen) "Urteilsfindung" aufgrund der vorliegenden Informationen.

jamie71 schrieb:Worauf ich eher hinaus will ist, wie er es unbemerkt geschafft hat, wenn er in der den viel Tätigkeiten so eingebunden war.

Du wirst nicht alle Fragen zu der Tat beantwortet bekommen. Das Tatgericht muss auch nicht allen Fragen nachgehen.

Es wird so gewesen sein: Darsow hat einen Weg gefunden.