Scarlett (26) beim Wandern im Schwarzwald verschollen

Ich lese hier mehr oder weniger seit Wochen mit. Ich selbst kenne einigermaßen das Wehratal, habe einige Jahre in Wehr gearbeitet und laufe gerne Weitwanderwege. Den Schluchtensteig habe ich eher sporadisch abgewandert, da mein Wohnort am Schluchtensteig liegt, allerdings bin ich ihn nie am Stück gewandert.

Ich glaube, Ortsfremde können sich das Wehratal nicht so recht vorstellen, so kommt es mir hier immer wieder vor. Natürlich sind die Wege sicher und gut ausgeschildert und natürlich sind grundsätzlich keine gefährlichen Stellen zu bewältigen. Aber: es gibt streckenweise enge Singeltrails sowie rutschige Stellen und Geländeeinschnitte, die durchaus gefährlich werden können. Und wenn man abrutscht oder abstürzt, dann doch relativ steil und tief. Der Weg heisst nicht umsonst Schluchtensteig. Die Enge des Tals und der tiefe Einschnitt sorgt auch dafür, dass an den meisten Stellen kein Handy-Empfang ist.

Meiner Meinung nach ist sie beim Suchen nach einer aussichtsreichen Stelle für die Rast oder beim Toilettengang an einer wenig zugänglichen Stelle abgestürzt. Ein falscher Schritt reicht. Wir reden hier nicht von einem hügeligen Gelände. Hilferufe per Handy waren nicht möglich. Ich glaube auch nicht, dass Scarlett in diesem Gelände von Pilzsammlern gefunden wird, weil ein Großteil des Geländes für Pilzsammler garnicht zugänglich ist. Laubfall und Witterung haben ab Mitte September ihr Übriges dazu getan.

Für mich steht eigentlich fest, dass es sich um einen Unfall handeln muss. Ein Verbrechen schließe ich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus. Die Strecke wird von vielen Alleinwanderern (auch Frauen) absolviert und über Belästigungen irgendwelcher Art habe ich noch nichts gehört. Am Anfang ist der Schluchtensteig noch stärker frequentiert, im Bereich Wehratal vergleichsweise weniger. Die mit Abstand meisten Wanderer finden sich in der Wutachschlucht, gefolgt vom Abschnitt zwischen Schluchsee und St. Blasien. Da sind auch viele Tageswanderer unterwegs.

Scarlett wird wohl nur durch Zufall gefunden werden und ich hoffe für die Familie, dass dies ziemlich bald passiert. Wir hatten heute den ersten Schnee und für die nächsten Wochen und Monate wird es wohl keine Neuigkeiten geben.

cariboo schrieb:über Belästigungen irgendwelcher Art habe ich noch nichts gehört.

Einmal ist immer das erste Mal.

@cariboo

Aus Vordertodtmoos wurde im Oktober ein Exhibitionist gemeldet, der eine Frau an einem Wanderweg belästigte.
Hat mMn nichts mit Scarlett zu tun - ich will damit sagen, Belästigungen können überall vorkommen.

@cariboo

Stimme ich voll und ganz zu, meine Gedanken

Googelt mal "Wanderweg Frau belästigt" und ihr werdet erschrecken wie viele Treffer angezeigt werden.

cariboo schrieb:Ein Verbrechen schließe ich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus.

Auch auf den Caminos werden Menschen belästigt, vergewaltigt, bestohlen und umgebracht.
Leider ist die Welt nicht so wie sie manche sehen.

lemystere schrieb:Googelt mal "Wanderweg Frau belästigt" und ihr werdet erschrecken wie viele Treffer angezeigt werden

Habe ich gemacht, bitte dann auch den Links folgen. Es sind wenige Treffer!

AnnCarola schrieb:Auch auf den Caminos werden Menschen belästigt, vergewaltigt, bestohlen und umgebracht.
Leider ist die Welt nicht so wie sie manche sehen.

Unsere (natürliche?) Angst ist größer als das Gefahrenpotential. Und nicht vergessen: Ca. 60% aller Fälle von Mord oder Totschlag haben einen Täter aus der Familie/Verwandtschaft/Bekanntenkreis. Natürlich gibt es auch Täter ohne Vorbeziehung zum Opfer (27%) oder ungeklärte Vorbeziehung (13%).

Ich halte einen wie auch immer motivierten Überfall auf Scarlett im Wald für sehr unwahrscheinlich.

@feb

Nicht böse gemeint, aber dann haben wir unterschiedliches Google. Die aufgelisteten Begegnungen mit Exhibitionisten, Grapschern, Verfolgern und Typen, die verbal oder körperlich schwer attackieren, zähle ich nicht zu den erstrebenswerten Wandererlebnissen. Man kann ja noch weiterrecherchieren. Den Hinweis auf Brauneck 2013 wollte ich mir an dieser Stelle eigentlich sparen.

lemystere schrieb:Nicht böse gemeint, aber dann haben wir unterschiedliches Google. Die aufgelisteten Begegnungen mit Exhibitionisten, Grapschern, Verfolgern und Typen, die verbal oder körperlich schwer attackieren, zähle ich nicht zu den erstrebenswerten Wandererlebnissen. Man kann ja noch weiterrecherchieren. Den Hinweis auf Brauneck 2013 wollte ich mir an dieser Stelle eigentlich sparen.

Auch von mir nicht böse gemeint. Bei der Durchsicht der Google-Links bin ich auf etwa 15-20 sexuelle Belästigungen oder Schlimmeres - zutreffend sei der extreme Fall am Brauneck 2006 genannt (gab es 2013 noch so einen Fall?) - gestossen. Das ist über einen Beobachtungszeitraum von 15-20 Jahren wenig. Tote durch Blitzschläge sind da viel häufiger.

Tödliche Abstürze auf Wanderungen (zugegeben, meist in den Alpen, aber der Schluchtensteig hat ja auch relevante Stellen) sind geschätzt um den Faktor 100- 1000 höher.

@feb

Sorry, mein Fehler, du hast recht, Brauneck war 2006!

Mit der statistischen Häufigkeit hast du natürlich auch recht, völlig einverstanden. Insgesamt sehe ich die Thematik etwas anders. JEDER Übergriff ist einer zu viel! Verbrechen auf Fernwander- und Pilgerwegen im Ausland sind auch nicht ausser Acht zu lassen. Eine Garantie auf absolute Sicherheit hast du nirgends, das ist schon immer so.

In Scarletts Vermisstenfall neige ich keiner der beiden Theorien besonders zu. Einen Absturz halte ich für möglich, schliesse aber genauso wenig ein Verbrechen aus. Wobei der irritierende Punkt im bisher bekannten Geschehen für mich darin besteht, dass bereits ab Ort Todtmoos, eigentlich seit Verlassen des Edeka, jede Spur von ihr fehlt.

AnnCarola schrieb:Auch auf den Caminos werden Menschen belästigt, vergewaltigt, bestohlen und umgebracht.
Leider ist die Welt nicht so wie sie manche sehen.

AnnCarola, da hast du sicherlich recht. Aber ich rede mir die Welt nicht schön und auch nicht schlecht, ich bin da eher realistisch.

lemystere schrieb:Googelt mal "Wanderweg Frau belästigt" und ihr werdet erschrecken wie viele Treffer angezeigt werden.

Bei der Diskussion hier geht es ja nicht um Wanderwege generell, sondern speziell den Schluchtensteig. Und ich will auch den Exibitionisten nicht verharmlosen, aber hier geht es nicht um eine Frau, die eine verstörende Begegnung hatte, sondern die praktisch spurlos verschwunden ist.

Ihr werdet nicht glauben, wie viele Frauen alleine weitwandern, also Etappenwanderungen unternehmen. Ca. 2/3 aller Alleine-Wanderer sind Frauen, es wirklich erstaunlich. Und bei allen Gesprächen, die sich bei den Begegnungen ergeben, habe ich beispielsweise noch nichts von Belästigungen o.ä. gehört. Es mag allerdings auch an den Wegen und Gegenden liegen.

Auch ich hätte auf dem Schluchtensteig keinerlei Bedenken alleine zu wandern, zumindest nicht, was Bedenken bezüglich Belästigungen betrifft. Ich würde aber speziell den Bereich im Wehratal nicht alleine laufen, falls man doch mal mit dem Fuß umknickt oder ähnliches und per Handy keine Hilfe rufen kann und dieses Stück eben deutlich weniger frequentiert ist als alle anderen Bereiche.

lemystere schrieb:Wobei der irritierende Punkt im bisher bekannten Geschehen für mich darin besteht, dass bereits ab Ort Todtmoos, eigentlich seit Verlassen des Edeka, jede Spur von ihr fehlt.

Was auch auch und vor allem am fehlenden Handyempfang im Wehratal liegen kann.

@cariboo

Das verstehe ich ja alles. Glaube ich wenigstens;)
Nur, auf den anderen Wanderwegen, wo Frauen belästigt oder angegriffen wurden, ist das bestimmt auch nicht schon immer Dauerzustand gewesen. Da gab es auch ein erstes Mal für die Straftat. Wo garantiert viele hinterher gesagt haben, wie konnte das ausgerechnet hier passieren, hier ist doch nie was passiert.
Ja, nicht alleine wandern, am besten mit jemand Vertrautem, ist auf jeden Fall von Vorteil, das glaube ich. So hat man immer schnell Hilfe, wenn man sich verletzt oder erschöpft ist.

@cariboo

In Todtmoos ist natürlich Handyempfang, es wurden hier viele Diskussionen geführt, warum ihre Aktivität am Handy im Ort so plötzlich abgebrochen ist.

@lemystere

Ich kann ein Verbrechen ja auch nicht ausschließen, glaube aber, dass die Wahrscheinlichkeit verschwindend gering ist. Andere Szenarien sind daher viel, viel wahrscheinlicher als ein Verbrechen.

Klar, in Todtmoos ist Handyempfang. Der Handyempfang schwankt aber nach Witterung oder einfach tagesformabhängig, das müsste ein Fachmann klären. Wenn ich durch die Täler fahre, dann habe ich an manchen Tagen bis zum Punkt x Empfang, an anderen Tagen aber nur bis zum Punkt y. Ich kann nur aus Erfahrung sprechen, habe aber keine technische Erklärung dafür.

Vielleicht gehe ich die Anfangsstrecke einfach mal, um zu schauen, wie es um den Empfang tatsächlich bestellt ist.

lemystere schrieb:JEDER Übergriff ist einer zu viel! Verbrechen auf Fernwander- und Pilgerwegen im Ausland sind auch nicht ausser Acht zu lassen. Eine Garantie auf absolute Sicherheit hast du nirgends, das ist schon immer so.

Ja, Zustimmung.

cariboo schrieb:Auch ich hätte auf dem Schluchtensteig keinerlei Bedenken alleine zu wandern, zumindest nicht, was Bedenken bezüglich Belästigungen betrifft. Ich würde aber speziell den Bereich im Wehratal nicht alleine laufen, falls man doch mal mit dem Fuß umknickt oder ähnliches und per Handy keine Hilfe rufen kann und dieses Stück eben deutlich weniger frequentiert ist als alle anderen Bereiche.

Verstehe ich. Als Mann gehöre ich auf Wanderungen zu den "Um- und Vorsichtigen". Ein böses Umknicken, ein "allergischer" Bienenstich, eine Kreislaufschwäche und erst recht ein Abweichen auf einen absturzgefährdeten Pfad kann die Wanderung zum Ernstfall machen. 2019 gab es unter den Mitgiedern des Deutschen Alpenvereins in der Bergunfallstatistik rund 1150 Unfälle und 54 Tote. Das auch eingedenk der Tatsache, dass der Schluchtensteig nicht die Watzmann- Ostwand ist.

cariboo schrieb:Ihr werdet nicht glauben, wie viele Frauen alleine weitwandern, also Etappenwanderungen unternehmen. Ca. 2/3 aller Alleine-Wanderer sind Frauen.

2/3 aller Alleine-Wanderer sind Frauen? Das kann ich nicht glauben.
Ok, auf dem Camino francés sind wirklich viele Frauen alleinwandernd unterwegs, doch auf die diversen Fernwanderwege im In- und Ausland trifft das ganz sicher nicht zu. Auf dem 285 km langen Westweg habe ich nur eine Alleinwanderin getroffen und auf dem über 200 km langen Panoramaweg Altmühltal keine einzige. Auf dem Camino Aragones habe ich auch keine alleinwandernde Frauen getroffen.

cariboo schrieb:Ich würde aber speziell den Bereich im Wehratal nicht alleine laufen, falls man doch mal mit dem Fuß umknickt oder ähnliches und per Handy keine Hilfe rufen kann und dieses Stück eben deutlich weniger frequentiert ist als alle anderen Bereiche.

Das stimmt nicht ganz. Die Wutachflühen sind mindestens genau so wenig frequentiert wie die Wehratalschlucht. Mir ist in den Wutachflühen und auch auf dem Buchberg kein einziger Mensch begegnet.

AnnCarola schrieb:2/3 aller Alleine-Wanderer sind Frauen? Das kann ich nicht glauben.

Musst Du auch nicht, du hast bestimmt deine eigenen Erfahrungen gemacht. Wie ich schon schrieb, das mag regional unterschiedlich sein. In diesem Sommer waren wir überrascht, wie viel Frauen alleine wandern und haben mitgezählt. Das 2/3-Verhältnis beruht auf persönlichen Erfahrungen und ist nicht allgemeingültig. Ich rede allerdings von Süddeutschland, Österreich und der Schweiz. Keine Ahnung wie es in Frankreich, Spanien oder Portugal ist.

AnnCarola schrieb:Das stimmt nicht ganz. Die Wutachflühen sind mindestens genau so wenig frequentiert wie die Wehratalschlucht. Mir ist in den Wutachflühen und auch auf dem Buchberg kein einziger Mensch begegnet.

In den Wutachflühen sind wesentlich mehr Wanderer unterwegs als im Wehratal, auch Tageswanderer, da man die Etappen besser abkürzen kann. Wenn dir dort schon niemand begegnet ist, dann ist zeitgleich im Wehratal eher tote Hose, was Wanderer betrifft. Die meisten Wanderer sind vernünftig genug, auch witterungsbedingt die risikobehafteten Stellen zu meiden.

Und mal ehrlich, die wenigsten Wanderer sind auf dem gesamten Schluchtensteig unterwegs, sondern suchen sich nur die bekanntesten oder bequemsten Etappen raus.

cariboo schrieb:In den Wutachflühen sind wesentlich mehr Wanderer unterwegs als im Wehratal, auch Tageswanderer, da man die Etappen besser abkürzen kann. Wenn dir dort schon niemand begegnet ist, dann ist zeitgleich im Wehratal eher tote Hose, was Wanderer betrifft.

Wieso das denn? Wenn mir in den Wutachflühen niemand begegnet ist, warum sollte dann zeitgleich im Wehratal tote Hose sein?
Die Schluchtensteigwanderer im Wehratal haben ja einen Vorsprung von 3-4 Tagen, und da kann es wieder ganz anders aussehen.
Ich habe das Gefühl, dass du dir gerne deine eigenen Statistiken zurecht zimmerst, auch was alleinwandernde Frauen angeht.