Ippen.Media hat ebenfalls die Geschehnisse des dritten Prozesstages grob zusammengefasst.
Im pickepackevollen Sitzungssaal 26 am Amtsgericht Laufen ging es zu Beginn um einen Artikel der
Bild aus dem November '22:
Polizisten der Rosenheimer Kripo hätten der „Bild“ schon damals gesagt, sie hätten Sebastian T. bereits „wochenlang im Visier“. Doch die ersten beiden Male, als Sebastian T. von der Polizei vernommen wurde, am 21. Oktober und am 10. November, hatte er noch den offiziellen Status als Zeuge, nicht als Verdächtiger.
Der Unterschied: Verdächtige müssen bei einer Polizeivernehmung nichts sagen, haben also andere Rechte als Zeugen. Wenn die Polizei aber bereits damals, im Oktober und November 2022 Sebastian T. verdächtigte, dürften seine Aussagen jetzt nicht mehr vor Gericht verwertet werden.
...möglicherweise wird der
Bild-Redakteur deshalb sogar als Zeuge geladen.
Die Verteidigung stellt den Tatort in Frage...
„Er bietet kaum Platz. Gegenüber im Hotel gingen noch Gäste ein und aus.“ Und an genau jener Tatort-Stelle staue sich das Wasser des Bärbachs. „Frau W. hätte da gar nicht wegtreiben können“, so Verteidigerin Rick. Ein Sachverständiger solle das nachweisen.
...und untermauert dies mit Geodaten von H.s Handy.
Die Geodaten von Hannas Handy seien sehr genau. Sie würden zeigen, dass ihr Weg nicht am angeblichen Tatort endete, sondern an einer anderen Stelle: hinter einem Gebüsch südlich des Parkplatzes der Kampenwandbahn.
Darüber hinaus ging es nochmal um das mögliche Einholen weiterer Gutachten um die Frage zu klären, ob die Verletzungen durch Treiben im Wasser entstanden sein könnten: die Verteidigung will ein neues Gutachten, der Nebenklagevertreter ein neutrales und StA Merkel gar keines mehr; die Kammer wird darüber zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden.
Dann zum wichtigsten Teil des heutigen Tages: die Aussage des JVA-Zeugen. Dieser bleibt dabei, dass S. ihm den Mord an H. gestanden habe.
Nach dem Morgenspaziergang im Hof seien die beide in die Zelle des Zeugen gegangen. Man war allein, spielte Watten. Bisher habe ihm Sebastian T. immer wieder gesagt, er habe mit dem Mord an Hanna W. nichts zu tun und dass es nicht mal DNA-Spuren gebe. Doch plötzlich habe er erzählt: Er habe Hanna in dieser Nacht gesehen und „aus sexuellem Hintergrund“ bewusstlos geschlagen und sie in den „Fluss“ geworfen.
Immer wieder lässt sich Richterin Will die Geschichte von dem 25-Jährigen erzählen und hakt nach. Wortwörtlich habe Sebastian T. „aus sexuellem Hintergrund“ gesagt. Nachgefragt habe er nicht mehr, auch nicht in den folgenden Tagen. Warum? „Ich wollte bissl auf Abstand zu ihm gehen, nachdem ich das erfahren hab.“ Weitererzählt habe er es auch nicht, „weil im Knast hängt man niemanden hin“. Zehn Monate später wechselte der „Knast-Zeuge“ von der JVA Traunstein nach Bernau. Dann sah er im Fernsehen, wie der Prozess gegen Sebastian T. begann – und plötzlich dachte er um.
Der JVA-Zeugen verstrickte sich heute in Widersprüche, so dass die Zweifel an seiner Aussage erheblich zugenommen haben.
Immer wieder zitiert Richterin Will die alten Aussagen des „Knast-Zeugen“ aus den Akten und vergleicht sie mit der heutigen. „Haben Sie eine Erklärung für diese Widersprüche?“ - „Durch die zeitliche Distanz“ - „Aber die ändert an der Wahrheit nichts“, so ein Zwiegespräch zwischen Richterin und Zeuge. Ja, im Wesentlichen beschuldigt er Sebastian T. erneut. Er habe ihm in der U-Haft die Tat gestanden. Aber die Widersprüche in den Details werden mehr und mehr. Man merkt, wie die Zweifel beim Gericht wachsen.
Zu einem ähnlichen Schluss kommt Professor Steller, der heute bereits im Gerichtssaal anwesend war.
Das Glaubwürdigkeitsgutachten über den „Knast-Zeugen“ steht erst am Montag auf dem Programm. Aber Max Steller sagt jetzt schon: „Meine Zweifel haben sich verstärkt“. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sebastian T. noch einmal wegen Mordes verurteilt wird, dürften sich an diesem Prozesstag also kaum erhöht haben.
„Knast-Zeuge“ in Schieflage: Die Zweifel am Haupt-Belastungszeugen werden größer und größer (Ippen.Media)