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Hanna W. tot aus der Prien geborgen

17.523 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Club, Getötet, Rosenheim ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Hanna W. tot aus der Prien geborgen

Hanna W. tot aus der Prien geborgen

29.10.2025 um 19:43
Zitat von fassbinder1925fassbinder1925 schrieb:Nach der Uhrzeit gefragt, gab die Zeugin an, dass es zwischen 2:20 und 2:28 gewesen sein muss, sicher war es nicht nach 2:30.
Hat sie das begründet? Insbesondere frage ich mich, wie man auf so eine krumme Uhrzeit wie 2:28 Uhr kommt? Für mich macht das nur Sinn, wenn sie beim Zubettgehen auf die Uhr geschaut hat und es dann 02:28 angezeigt hat und sie es sich gemerkt hat. Der Schrei wäre dann wohl davor gewesen. Das passt aber m.E. nicht zu den erforderlichen Laufzeiten zwischen Eiskeller und den von Hanna genommenen Weg, um zum Bärbach zu gelangen. (Wie gesagt, hier kann ich mich irren.)

Und warum wird sie im aufgehobenen Urteil anders zitiert? (Siehe @Origines)


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Hanna W. tot aus der Prien geborgen

29.10.2025 um 19:46
Zitat von kegelschnittkegelschnitt schrieb:Genau genommen setzt deine Argumentation aber voraus, dass der Notruf von Hanna selbst und nicht etwa durch Wasserkontakt o.ä. ausgelöst wurde.
Darauf hat die Verteidigung im ersten Verfahren auch abgestellt. Der Sachverständige für digitale Forensik hat diese Möglichkeit nicht gesehen (Urteil, Rn. 555 ff., 562):
Um den Notrufkontakt über den Sperrbildschirm vorzunehmen, müsse zum einen das Handy „aufgeweckt“ werden, anschließend sei ein bewusstes Drücken/Antippen der Schaltfläche „Notruf“ und dann ein weiteres bewusstes Antippen einer der beiden im Handy von H. W. als Notfallkontakt hinterlegten Nummern („Papa“ / „home“) notwendig gewesen, insgesamt also drei aktive und bewusste Handlungen.

Auf Nachfrage der Verteidigung schloss der Sachverständige … aus, dass ein Entsperren des Handys von H. W. nd ein Kontaktieren des Notrufkontaktes über den Sperrbildschirm durch Wassertropfen oder durch Strömung (unabhängig von deren Stärke) möglich gewesen sei. Auch die von der Verteidigung in den Raum gestellte Möglichkeit, dass dies im/unter Wasser durch ein Drücken auf das Handy möglich gewesen sei, negierte der Sachverständige. Gleichfalls schloss … aus, dass ein Entsperren des Handys von H. … und ein Kontaktieren des Notrufkontaktes über den Sperrbildschirm mittels zweifachen Drückens der Schaltfläche „Notruf“ auf dem Display und anschließendem Auswählen des Kontakts „home“ – wie von der Verteidigung ebenfalls in den Raum gestellt – durch Pflanzenteile oder anderes biologisches Material im Wasser erfolgt sein könnte.



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29.10.2025 um 19:51
Zitat von kegelschnittkegelschnitt schrieb:Hat sie das begründet? Insbesondere frage ich mich, wie man auf so eine krumme Uhrzeit wie 2:28 Uhr kommt? Für mich macht das nur Sinn, wenn sie beim Zubettgehen auf die Uhr geschaut hat und es dann 02:28 angezeigt hat und sie es sich gemerkt hat. Der Schrei wäre dann wohl davor gewesen.
Nun, da mag die Berichterstattung aus dem Gerichtssaal noch so fleißig sein, was die Zeugin genau gefragt wurde und gesagt hat, das weiß ich nicht. Ich fände es aber merkwürdig, wenn sie sich im Vorverfahren nicht oder anders an die Zeit erinnert hat und nun, ein Jahr später, besser, d.h. minutengenau erinnert.

Deshalb meinte ich ursprünglich, das minutengenaue Erbsenzählerei bei dieser Zeugenaussage unangebracht ist.
Zitat von fassbinder1925fassbinder1925 schrieb:Nach der Uhrzeit gefragt, gab die Zeugin an, dass es zwischen 2:20 und 2:28 gewesen sein muss, sicher war es nicht nach 2:30.
Also "ca. 02:30 Uhr".


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29.10.2025 um 20:33
@Origines


So unentscheidend finde ich die Zeitangaben nun nicht. Ich denke es ist zwar nicht das alles entscheidende Indiz, kann aber ein Teil einer Indizienkette sein.
Im Grunde ist es doch so (ja, vereinfacht).

Es gibt die Option Unfall und Fremdverschulden. Nehmen wir weiter an, es gab den Schrei und dieser war auch von Hanna.

Bezüglich des Zeitpunktes der Optionen haben wir einmal den Schrei und den Temperaturabfall (sowie den Anrufversuch. Diesen lasse ich für den Moment außen vor, da unklar ob beabsichtig oder unbeabsichtigt).

Liegen nun Schrei und Temperaturabfall zeitlich auseinander, und sei es nur um 2 min, so spricht das für mich für ein Fremdverschulden. Freilich kein Beweis, aber ein Indiz. Mir fällt kein Szenario ein, in dem Hanna erst schreien sollte aufgrund eines zb Ausrutschens in den Bach, aber ihr Handy wiederum kam erst verzögert ins Wasser.

Fallen nun Schrei und Temperaturabfall zeitlich zusammen (< 30 sec) so spricht das eher für einen Unfall. Ein Fremdverschulden ist hier jedoch auch möglich, wenn man davon ausgeht, dass der Täter Hanna unmittelbar nach dem Schrei ins Wasser verbrachte.


Das sind nun viele Annahmen.
Meinem einleitenden Satz, dass der Schrei nicht unentscheidend ist, möchte ich nämlich hinzufügen, dass das für mich größte Problem an diesem Aspekt ist, dass es außer einer Zeugin keine anderen für diesen Schrei gibt. Das lässt mich auch eher vermuten, dass es den Schrei in dieser Nacht nicht gab oder ihn überhaupt gab.


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Hanna W. tot aus der Prien geborgen

29.10.2025 um 20:38
Der Vergleich der Uhrzeiten setzt voraus, dass alle genutzten Geräte und Quellen gleich eingestellt waren, sonst bringt der Vergleich eh nichts, wenn es hier auf die Minute ankommt und bei einem die Uhr vor oder nach ging.


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29.10.2025 um 20:43
Zitat von kegelschnittkegelschnitt schrieb:Hat sie das begründet? Insbesondere frage ich mich, wie man auf so eine krumme Uhrzeit wie 2:28 Uhr kommt? Für mich macht das nur Sinn, wenn sie beim Zubettgehen auf die Uhr geschaut hat und es dann 02:28 angezeigt hat
Sie hätte es evtl. erwähnt, daher nur ein Gedanke: Nachdem sie wieder im Bett war hätte um 2.30 Uhr eine Kirchenglocke die halbe Stunde geläutet haben können, so dass sie wusste, dass es vor Halb war.


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29.10.2025 um 20:53
Zitat von vorsichtfallevorsichtfalle schrieb:Meinem einleitenden Satz, dass der Schrei nicht unentscheidend ist, möchte ich nämlich hinzufügen, dass das für mich größte Problem an diesem Aspekt ist, dass es außer einer Zeugin keine anderen für diesen Schrei gibt.
Es gibt keine anderen Zeugen. Das ist richtig. Dieser Aspekt ist aber nur dann von Relevanz, wenn auch andere Zeugen diesen Schrei hätten hören müssen. Wenn es ihn gegeben hätte.

Ich kann nicht beurteilen, wie die akustische Situation vor Ort war. Es lässt sich wohl auch kaum feststellen, wie laut der mutmaßliche Schrei gewesen ist. So aus der Hüfte würde ich aber sagen, dass es nicht ungewöhnlich ist, dass akustische Ereignisse wie beispielsweise Schüsse nicht oder höchst unterschiedlich wahrgenommen werden. Es ist normal, dass Lautstärke, Geräuschidentität, Zahl der Schüsse usw. von Zeugen höchst unterschiedlich oder gar nicht wahrgenommen werden.

Es gibt da keine objektive Wahrnehmungsschwelle, weil die Menschen sehr unterschiedlich geräuschempfindlich und aufmerksam sind. Ob der Schrei also unglaubhaft ist, weil niemand anderes außer der Zeugin in vernommen hat, das wage ich zu bezweifeln. Aber die Verteidigung darf sich gerne daran versuchen.

Das Gericht im ersten Verfahren hat jedenfalls angenommen, dass Hanna laut geschrieen habe, bevor sie versucht habe, einen Notfallkontakt zu erreichen.


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29.10.2025 um 21:54
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Jetzt wird es erkenntnistheoretisch:

Ein Schrei kann nicht subjektiv sein. Ein Schrei ist immer etwas Objektives. Es gibt einen Sender und einen Empfänger. Dazwischen Luftwellen. Die kann beispielsweise ein Mikrofon aufnehmen. Die Objektivität hängt aber nicht davon ab, ob zufällig ein Mikrofon dazwischen ist.

Subjektiv ist dagegen der Eindruck, den eine Person hat, subjektiv ist eine Erinnerung, eine Empfindung, eine Sinneswahrnehmung. Subjektiv ist auch eine Meinung oder Bewertung. Also ist die Erinnerung der Zeugin an diesen Schrei in der Nacht subjektiv. Die Zeugenaussage in ihren Worten ist dagegen objektiv. Die hat jeder im Saal gehört. Ihr Inhalt ist subjektiv. Der Zeitstempel 02:32:09 Uhr ist dagegen objektiv. Das ist kein Eindruck oder keine Erinnerung.

Die Verobjektivierung bezieht sich auf den Zeitpunkt, an dem der Schrei gehört worden sein soll. Wurde er gehört - und daran gibt es keine vernünftigen Zweifel - dann kann er nur kurz vor 02:32:09 Uhr gefallen sein. Und die Erinnerung der Zeugin korrespondiert mit einem weiteren objektiven Ereignis: Dem Tod der Hanna, die mutmaßlich wenige Minuten nach dem vom iPhone XR registrierten Temperaturabfall zu Tode kam.

Also lässt sich ein subjektiver Sinneseindruck - das Hören eines Schreis - mit objektiven Daten abgleichen, justieren und somit verobjektivieren. Das ist das gleiche Werkzeug wie der objektivierte Empfängerhorizont.
Jetzt wirds philosophisch.
Wer definiert denn, wann ein Laut auch ein Schrei ist? Meiner Meinung nach ist ein Schrei immer subjektiv.

Der Eindruck bist subjektiv, der Zeitstempel 02:32:09 ist objektiv und markiert die Zeit an der H´s Handy den Anrufversuch abgebrochen hat, dass der Temperaturabfall mit dem Gelangen ins Wasser zusammenhängt ist Interpretationssache (so richtig eindeutig geht es aus den Daten eben nicht hervor, um 02:30:15 Uhr gab es bereits einen Abfall um 100 Punkte) auch wenn der oder die Abfälle natürlich objektiv messbar sind, all das hat aber einfach nichts mit dem Schrei zu tun, den ein Hotelgast gehört haben will. Man kann damit nichts verobjektivieren, auch keinen Zeitpunkt.
Wenn es vor 02:28
Zitat von fassbinder1925fassbinder1925 schrieb:Nach der Uhrzeit gefragt, gab die Zeugin an, dass es zwischen 2:20 und 2:28 gewesen sein muss, sicher war es nicht nach 2:30.
Uhr gehört wurde, hat es vermutlich nichts mit dem Tod von H zu tun und irgendjemand anderes hat sich evtl. auf dem Nachhauseweg um 02:22 Uhr erschreckt. Wenn es wiederum erst nach 02:35 Uhr gehört wurde und von H stammt, wäre eine Beteiligung von ST unwahrscheinlich, und man muss einen anderen Täter suchen oder von einem Unfall ausgehen. Es ist auch nicht gesagt, dass H und ihr Handy gemeinsam ins Wasser kamen, die Theorie der ersten Kammer besagt, ST habe das Handy separat ins Wasser geworfen.
Bei der Verobjektivierung gehst du schon davon aus, dass eine bestimmte Theorie bewiesen sei, allerdings wurde die zeitliche Einordnung des Schreis unter anderem genommen um überhaupt eine Theorie zu einem Tathergang aufzustellen. Beides gleichzeitig macht keinen Sinn und wäre eine Logikfehler (um nicht dieses verhasste Wort zu verwenden). Auf einem ganz anderen Blatt steht, ob man glaubt, dass die Erinnerung vor 2, oder 3 Jahren besser war, oder ob damals oder heute besser nachgefragt wurde.


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30.10.2025 um 07:08
Zitat von rabunselrabunsel schrieb:Jetzt wirds philosophisch.
Wer definiert denn, wann ein Laut auch ein Schrei ist? Meiner Meinung nach ist ein Schrei immer subjektiv.
Es wird eher archeophilosophisch.

Wie ich sagte, ist ein Eindruck, eine Erinnerung eines Lauts durch einen Zeugen subjektiv. Der Schrei als Ereignis bleibt objektiv. Das darfst Du nicht damit verwechseln, ob er "wahr" ist, also ob er sich auch tatsächlich gegen 02:30 Uhr ereignet hat. Das lässt sich objektiv nicht mehr feststellen, weil die Schallwellen in jener Nacht verhallt sind.

Was bleibt ist die zeitliche und örtliche Korrelation aus dem Inhalt der Zeugenaussage (subjektiv im Inhalt, objektiv in ihrer Entäußerung im Gerichtssaal), den Handydaten (objektiv) und dem Tod der jungen Frau (auch objektiv).

Ob und wie weit das Gericht die Zeugenaussage als Indiz für seine Sachverhaltsfeststellung heranzieht, ist eine andere Frage. Ob T. die Ursache für Schrei, Notruf und Tod war, habe ich nicht behandelt. Denn das entscheidet das Gericht auf Grundlage seiner persönlichen Überzeugung (subjektiv). Der durch das Gericht festgestellte Sachverhalt (Urteil, Rn. 20 ff.) gilt rechtlich als Wahrheit, sofern Rechtskraft eingetreten ist. Er wird objektiv, ich nenne das "prozessuale Wahrheit". Da das Urteil aufgehoben wurde, wird derzeit eine neue "prozessuale Wahrheit" gesucht. Egal was dabei herauskommt, die "historische/naturwissenschaftliche Wahrheit" (also das, was tatsächlich geschehen ist und sich oft nicht klar oder sicher aufklären lässt) kann davon abweichen.

Eine solche Abweichung macht ein Urteil aber noch nicht falsch. Weshalb beispielsweise bei einer Wiederaufnahme ein neues Beweismittel Relevanz für den Schuldspruch haben müsste, um beachtlich zu sein.
Zitat von rabunselrabunsel schrieb:Bei der Verobjektivierung gehst du schon davon aus, dass eine bestimmte Theorie bewiesen sei, allerdings wurde die zeitliche Einordnung des Schreis unter anderem genommen um überhaupt eine Theorie zu einem Tathergang aufzustellen. Beides gleichzeitig macht keinen Sinn und wäre eine Logikfehler (um nicht dieses verhasste Wort zu verwenden).
Nach Deiner Logik könnten Gerichte nie in Indizienprozessen verurteilen.

Und Deine Logik ist unlogisch: Eine Theorie muss nicht bewiesen sein, um sie aufstellen zu können. Hier ist die Theorie die richterliche Überzeugung vom tatrelevanten Sachverhalt auf Grundlage der Beweisaufnahme im Prozess (Rn. 20 ff. im Urteil). Und diese richterliche Überzeugung muss sodann im Urteil erschöpfend begründet werden. Durch die Beweiswürdigung. Damit wird in der Urteilsbegründung schriftlich etwas nachvollzogen, was gedanklich in den Köpfen des Gerichts schon davor existierte. Ein Urteil ist keine theoretische Abhandlung, bei der man am Anfang nicht weiß, was am Ende rauskommt. Es ist kein Rechtsgutachten. Sondern im Urteil kommt das Ergebnis, der Tenor, zuerst ("T. ist der Täter...") und die Begründung folgt ("...weil..."). Die zeitliche Einordnung der Wahrnehmung der Zeugin (Schrei) folgt also nicht der Feststellung von der Täterschaft des T., sondern geht ihr voraus.

Deshalb spricht das Gericht auch das Urteil, bevor die schriftlichen Urteilsgründe abgefasst sind. Die Urteilsgründe erläutern den bereits gefällten Urteilsspruch und müssen erst Wochen oder Monate nach dem Schuldspruch (je nach Prozessdauer) vorgelegt werden.

Nochmal: Die von der Verteidigung plakativ behaupteten "Logikfehler" entstehen, weil die Verteidigung Beweise anders würdigt als das Gericht. Und so zu einem anderen Sachverhalt kommt. Der passt dann nicht zu den Schlussfolgerungen des Gerichts und soll dann "unlogisch" sein. Das ist Propaganda.


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30.10.2025 um 07:32
Zitat von rabunselrabunsel schrieb:Der Eindruck bist subjektiv, der Zeitstempel 02:32:09 ist objektiv und markiert die Zeit an der H´s Handy den Anrufversuch abgebrochen hat, dass der Temperaturabfall mit dem Gelangen ins Wasser zusammenhängt ist Interpretationssache (so richtig eindeutig geht es aus den Daten eben nicht hervor, um 02:30:15 Uhr gab es bereits einen Abfall um 100 Punkte) auch wenn der oder die Abfälle natürlich objektiv messbar sind, all das hat aber einfach nichts mit dem Schrei zu tun, den ein Hotelgast gehört haben will. Man kann damit nichts verobjektivieren, auch keinen Zeitpunkt.
Doch. Noch mal erklärt: Das Gericht hört die Zeugin. Die sagt "ein Schrei", wohl zum Zeitpunkt x, ganz sicher sei sie sich nicht, vielleicht auch nur geträumt. Das Gericht denkt sich: "Kann sein, kann aber auch nicht sein." Das Gericht hört den Sachverständigen. Der sagt "ein Notruf" und "ein Temperaturabfall" iPhone und Opfer werden im Wasser aufgefunden. Nachdem die Beweisaufnahme vorbei ist, sagt das Gericht: "Wir glauben ziemlich sicher, dass die Zeugin tatsächlich gegen x Uhr einen Schrei gehört hat. Denn kurz darauf wurde ein Notruf gewählt und dem Opfer widerfuhr ein todbringendes Schicksal." Das ist die Verobjektivierung.

Und natürlich können die Zeugenaussage zum Schrei und die Daten des iPhone (sowie die tote Hanna) etwas miteinander zu tun haben. Das kannst Du nicht widerlegen. Es wäre sogar ziemlich abwegig, da keinen Zusammenhang zu sehen.


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30.10.2025 um 07:48
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Eine solche Abweichung macht ein Urteil aber noch nicht falsch. Weshalb beispielsweise bei einer Wiederaufnahme ein neues Beweismittel Relevanz für den Schuldspruch haben müsste, um beachtlich zu sein.
Ja gut, was User Origines hier kundtut hat eigentlich mit dem Fall direkt weniger zu tun, er/sie hält seit unzähligen Seiten ein Loblied auf unsere Justiz und die freie richterliche Beweiswürdigung ( ungeachtet ob das Urteil richtig oder falsch ist oder ob dann ein potentiell Unschuldiger verurteilt wird , Hauptsache aus rechtlicher Sicht vertretbar und haltbar ). Dem wäre eigentlich ein separater Thread würdig, dort könnte sich fachlich fundiert ausgetauscht werden.

Dem juristischen Laien und das bin ich zugegebenermaßen, ist es doch i.d.R. ziemlich egal ob ein Urteil rechtlich gesehen vertretbar oder denklogisch korrekt ist, wenn es doch im krassen Gegensatz zum Empfinden oder gar der Tatsache steht, das eine Tat eben NICHT klar bewiesen wurde/werden kann, aber dennoch im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung aufgrund eines ich nenne es mal "unbedingten Verurteilungswillens" ein Urteil gefällt wird. Genau DAS unterminiert das Vertrauen in die Justiz und nichts anderes.


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30.10.2025 um 08:26
@christian01:
@Origines stellt hier die Theorie der richterlichen Meinungsbildung oder -findung dar. Diese Meinungsbildung mündet letztlich im Urteil und der Begründung des Urteils. Man könnte es auch das "Ideal der richterlichen Meinungsfindung" nennen, die dann als "prozessuale Wahrheit" zu Recht wird. Dass in der Praxis vom beschriebenen Ideal abgewichen wird, ist unbestritten.

Ich finde aber, dass die Erörterung der theoretischen Grundlagen der Rechtssprechung durchaus hierher gehört, da es von Seiten der Verteidigung den Vorwurf des "Zirkelschlusses" und andere Vorwürfe gegen das Gericht der 1. Verhandlung gegeben hat.

Wenn du allerdings vom
Zitat von christian01christian01 schrieb:"unbedingten Verurteilungswillen(s)"
des Gerichts ausgehst, wird dich dieser Ablauf nicht interessieren, da für dich dann ja das Ergebnis unabhängig von Indizien und deren Würdigung feststeht.


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30.10.2025 um 08:49
Zitat von Sherlock_HSherlock_H schrieb:Ich finde aber, dass die Erörterung der theoretischen Grundlagen der Rechtssprechung durchaus hierher gehört, da es von Seiten der Verteidigung den Vorwurf des "Zirkelschlusses" und andere Vorwürfe gegen das Gericht der 1. Verhandlung gegeben hat.
Nun das Gericht der 1. Verhandlung hat sehr wohl Anlass zu zahlreichend Vorwürfen gegeben, das Urteil wurde ja schließlich auch wegen der Besorgnis der Befangenheit aufgehoben.
Zitat von Sherlock_HSherlock_H schrieb:des Gerichts ausgehst, wird dich dieser Ablauf nicht interessieren, da für dich dann ja das Ergebnis unabhängig von Indizien und deren Würdigung feststeht.
Nein, die Abläufe interessieren mich und sicher auch viele andere durchaus, für mich steht weder ein Ergebnis fest noch war ich bei der Tat oder Unfall anwesend. Nur sollte die freie richterliche Beweiswürdigung m.E. nicht "überstrapaziert" werden.
Vielmehr war es wohl so das beim Gericht der 1. Verhandlung unabhängig von Indizien das Ergebnis bereits feststand


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30.10.2025 um 09:25
Zitat von Sherlock_HSherlock_H schrieb:stellt hier die Theorie der richterlichen Meinungsbildung oder -findung dar. Diese Meinungsbildung mündet letztlich im Urteil und der Begründung des Urteils. Man könnte es auch das "Ideal der richterlichen Meinungsfindung" nennen, die dann als "prozessuale Wahrheit" zu Recht wird. Dass in der Praxis vom beschriebenen Ideal abgewichen wird, ist unbestritten.
Nein, das tut er in Wirklichkeit nicht. Der freien richterlichen Beweiswürdigung sind Grenzen gesetzt. @rabunsel hat da schon richtig auf den § 261 StPO und dessen Auslegung durch den BGH verwiesen.
a) § 261 StPO verlangt eine erschöpfende Würdigung der in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise. Auch wenn das Gericht nicht gehalten ist, auf jedes Vorbringen einzugehen und jeden erhobenen Beweis im Urteil zu behandeln, muss es unter Würdigung der dafür und dagegen sprechenden relevanten Beweise und Überlegungen lückenlos darlegen, was für die Bildung seiner Überzeugung maßgebend war. Umstände, welche geeignet sind, die Entscheidung zu beeinflussen, dürfen nicht stillschweigend übergangen werden (LR/Sander, StPO, 26. Aufl., § 261 Rn. 58 mwN). Dass eine verlesene oder im Selbstleseverfahren eingeführte Urkunde oder Erklärung unvollständig oder unrichtig im Urteil gewürdigt worden sei, kann mit der Verfahrensbeschwerde geltend gemacht werden (BGH, Beschluss vom 11. März 1993 - 4 StR 31/93, StV 1993, 459; Urteil vom 16. Oktober 2006 - 1 StR 180/06, NStZ 2007, 115, 116; Beschluss vom 19. August 2008 - 3 StR 252/08, NStZ 2009, 404).
Quelle (Absatz 7):

Zur Theorie gehört das natürlich auch dazu. Und da ist es eben ganz wichtig, dass eine "erschöpfende" Beweiswürdigung erfolgt. Das dieser in diesem Urteil vorliegt, das hat @Origines bisher in keiner Weise dargelegt. Er beschränkt sich rein auf pauschale Aussagen, für mich ist das Geschwätz. Genau das wäre jedoch wichtig, ehe man @Origines Behauptung ernst nehmen könnte, dass alles im alten Urteil OK gewesen sei. So bleiben die Beiträge von @Origines an der Oberfläche und dringen nicht tiefer ein, aus meiner Sicht vollkommen nutzlos.


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30.10.2025 um 09:33
Ich hatte den Link zum BGH-Beschluss vergessen:

https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=d91795eb0887e6aa5e08d01b6388974f&nr=79409&anz=1&pos=0


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30.10.2025 um 10:28
Zitat von christian01christian01 schrieb:Dem juristischen Laien und das bin ich zugegebenermaßen, ist es doch i.d.R. ziemlich egal ob ein Urteil rechtlich gesehen vertretbar oder denklogisch korrekt ist, wenn es doch im krassen Gegensatz zum Empfinden oder gar der Tatsache steht, das eine Tat eben NICHT klar bewiesen wurde/werden kann, aber dennoch im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung aufgrund eines ich nenne es mal "unbedingten Verurteilungswillens" ein Urteil gefällt wird. Genau DAS unterminiert das Vertrauen in die Justiz und nichts anderes.
Gegen Dein Empfinden, ob ein Urteil richtig oder eine Tat bewiesen ist, kann ich nicht argumentieren. Andere Menschen haben anderes Empfinden, die wollen beispielsweise nicht, dass ein Mord ungesühnt bleibt.

Die Justiz macht Fehler, ich habe das hier auch oft genug eingeräumt und Beispiele genannt. Ich bin persönlich davon überzeugt (und objektive Statistiken dürften das auch belegen), dass die Justiz nicht mehr Fehler macht, als vor 10, 20 oder 30 Jahren. Eher weniger, weil sich die forensischen Möglichkeiten (DNA, Daten, Simulationen) extrem weiter entwickelt haben, die Rechte der Verteidigung ausgebaut wurden und die Richterschaft auch nicht mehr die Gleiche ist (alte konservative weiße Männer).

Das Vertrauen in die Justiz unterminieren derzeit die, die entweder ohne Sachverstand eine Befindlichkeit haben, nämlich dass irgendwie alles sauungerecht ist, der Rechtsstaat eine hohle Hülle, ein leeres Postulat oder gar "Systemjustiz". Oder die, die bewusst Zweifel sähen, indem sie absoluten Verurteilungswillen, Fehlurteile, Zirkelschlüsse oder Unlogik behaupten, ohne dass ihre Thesen einer ernsten Überprüfung Stand halten.

Dazu gehören selbstverständlich nicht die Verteidiger, Fachleute oder Journalisten, die seriös kritisieren, Bedenken äußern, auf wunde Punkte hinweisen.
Zitat von christian01christian01 schrieb:Nein, die Abläufe interessieren mich und sicher auch viele andere durchaus, für mich steht weder ein Ergebnis fest noch war ich bei der Tat oder Unfall anwesend. Nur sollte die freie richterliche Beweiswürdigung m.E. nicht "überstrapaziert" werden.
Da bin ich ganz bei Dir. Es gibt nicht umsonst den Satz "Mit der freien richterlichen Beweiswürdigung wird so mancher fehlende Beweis ersetzt." Der Fall, so wie ihn das erste Gericht entschieden hat, ist sicher ein Grenzfall. Ein anderes Gericht wäre bei identischer Indizienlage vielleicht zu einer anderen Überzeugung gelangt.
Aber es wäre bei der Indizienlage nicht so einfach gewesen, einen Freispruch zu begründen. Weil das Gericht hätte ja argumentieren müssen, warum es M. nicht glaubt, der "Schrei-Zeugin" nicht glaubt, R., V. und L. nicht glaubt, den Pornografiekonsum für nicht fallrelevant hält (trotz der Auffälligkeiten), eine zeitliche und örtliche Nähe des T. verneint usw. Und es hätte natürlich Menschen gegeben, die einen Freispruch abgelehnt hätten, weil sie T. für den Mörder Hannas hielten.
Zitat von christian01christian01 schrieb:Vielmehr war es wohl so das beim Gericht der 1. Verhandlung unabhängig von Indizien das Ergebnis bereits feststand
Das ist halt so eine Behauptung, über die man nicht diskutieren kann. Das war Dein Eindruck. So könnte ich behaupten, das 2. Gericht hat mit der Freilassung des T. aus der U-Haft schon die Überzeugung gewonnen gehabt, dass er unschuldig sei. Und wenn das 1. Gericht den Willen gehabt hätte, T. zu verurteilen, dann natürlich auf Grundlage der Indizien, der Ermittlungsergebnisse, wie sie mit der Anklage vorgelegt worden sind und sich im Prozess bestätigt haben.

Rechtlich ist das nicht der Maßstab. Sondern die Besorgnis der Befangenheit. Und die hat die Vorsitzende der 1. Kammer geweckt, indem sie zu einer Rechtsfrage die notwendige Transparenz verletzt und die Verteidigung nicht eingebunden hat. Nicht weil sie den Angeklagten vorverurteilt hat.


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Hanna W. tot aus der Prien geborgen

30.10.2025 um 10:59
Zitat von Rigel92Rigel92 schrieb:Nein, das tut er in Wirklichkeit nicht. Der freien richterlichen Beweiswürdigung sind Grenzen gesetzt. @rabunsel hat da schon richtig auf den § 261 StPO und dessen Auslegung durch den BGH verwiesen.
Das ist zwar BGH, klingt juristisch, gescheit und hat irgendwas mit Beweiswürdigung zu tun:
Zitat von Rigel92Rigel92 schrieb:§ 261 StPO verlangt eine erschöpfende Würdigung der in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise. Auch wenn das Gericht nicht gehalten ist, auf jedes Vorbringen einzugehen und jeden erhobenen Beweis im Urteil zu behandeln, muss es unter Würdigung der dafür und dagegen sprechenden relevanten Beweise und Überlegungen lückenlos darlegen, was für die Bildung seiner Überzeugung maßgebend war. Umstände, welche geeignet sind, die Entscheidung zu beeinflussen, dürfen nicht stillschweigend übergangen werden
Der BGH behandelt also hier die Pflicht zur lückenlosen Darlegung der Beweiswürdigung aus § 261 StPO. Nicht die Grenzen.

Sehen wir uns stattdessen eine grundlegende BGH-Entscheidung an, aus der die Grenzen der Beweiswürdigung hervorgehen (BGH, Beschluß vom 7. 6. 1979 - 4 StR 441/78, Spoiler wegen der Länge, Hervorhebungen durch mich):

Spoiler
Grundlage jeder Sachentscheidung des Strafrichters ist der Tathergang, von dem der Richter überzeugt ist. Gem. § 261 StPO (...) hat das Gericht über das Ergebnis der Beweisaufnahme nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung zu entscheiden. Das Ergebnis der Beweisaufnahme zu würdigen, ist allein Sache des Tatrichters. Es ist die für die Schuldfrage entscheidende, ihm allein übertragene Aufgabe, ohne Bindung an gesetzliche Beweisregeln und nur seinem Gewissen verantwortlich zu prüfen, ob er an sich mögliche Zweifel überwinden und sich von einem bestimmten Sachverhalt überzeugen kann oder nicht (BGHSt 10, 208 [209] = NJW 1957, 1039). Ebensowenig wie der Tatrichter gehindert werden kann, an sich mögliche, wenn auch nicht zwingende Folgerungen aus bestimmten Tatsachen zu ziehen, ebensowenig kann ihm vorgeschrieben werden, unter welchen Voraussetzungen er zu einer bestimmten Folgerung und einer bestimmten Überzeugung kommen muß.

(...)

Allerdings sind dem Gericht bei der ihm nach § 261 StPO eingeräumten Freiheit in der Überzeugungsbildung Grenzen gesetzt. Es darf seine Befugnis nicht willkürlich ausüben und muß die Beweise erschöpfend würdigen. Es muß ferner gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse, die Gesetze der Logik und Erfahrungssätze des täglichen Lebens beachten (BGHSt 17, 382 [385] = NJW 1962, 1876; BGH, VRS 35 [1968], 264). Dies kann dazu führen, daß der Tatrichter als gesichert geltende Erkenntnisse als richtig hinnehmen muß, weil ihnen eine unbedingte, jeden Gegenbeweis mit anderen Mitteln ausschließende Beweiskraft zukommt. Wo eine Tatsache aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnis feststeht, ist für eine richterliche Würdigung und Überzeugungsbildung kein Raum mehr (BGHSt 10, 208 [211] = NJW 1957, 1039).

Eine Rüge der Verletzung des § 261 StPO ist dann erfolgversprechend, wenn ohne Rekonstruktion der Beweisaufnahme der Nachweis geführt werden kann, daß die im Urteil getroffenen Feststellungen nicht durch die in der Hauptverhandlung verwendeten Beweismittel und auch sonst nicht aus den zum Inbegriff der Hauptverhandlung gehörenden Vorgängen gewonnen worden sind (Gollwitzer, in: Löwe-Rosenberg, § 261 Rdnr. 51). Keinen Erfolg kann die Rüge dagegen mit der Behauptung haben, ein Zeuge habe anders ausgesagt oder die Aussage sei anders zu verstehen (vgl. Willms, in: Ehrengabe f. Heusinger, 1968, S. 404 und auch BGH, bei Dallinger, MDR 1975, 369 zur Frage, ob ein Geständnis i.S. von § 254 StPO vorliegt) oder eine Vertragsurkunde sei nicht richtig ausgelegt worden. Möglich ist jedoch die Beanstandung, das Urteil gebe die Aussage eines kommissarisch vernommenen Zeugen, die in der Hauptverhandlung verlesen wurde, oder den Wortlaut einer verlesenen Urkunde falsch wieder oder die Urkunde habe entgegen den Urteilsfeststellungen einen eindeutig anderen Inhalt. In diesen letzteren Fällen ist es offensichtlich, daß das Gericht eine nicht gemachte Aussage oder eine Urkunde mit anderem Wortlaut gewürdigt hat. Dem inneren Vorgang der Überzeugungsbildung fehlt hier die notwendige äußere Grundlage (BGH, bei Holtz, MDR 1976, 989; Meyer, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 23. Aufl., § 337 Rdnr. 87).
Quelle: BGH, Beschluß vom 7. 6. 1979 - 4 StR 441/78
https://research.wolterskluwer-online.de/document/666e6500-99f6-4d36-8523-878c4d28be3e


Das ist der Maßstab, anhand dessen ich das erste Urteil bewerte. Und die Beweiswürdigung ist dort erschöpfend vorgenommen und dargestellt. Wer diese Darlegung für unvollständig hält, der nenne mir das entsprechende Beweismittel und belege die Unvollständigkeit der Darstellung durch das erste Gericht.

Wobei das ein Streit um Kaisers Bart ist. Denn das Urteil ist aufgehoben. Es entfaltet keine Rechtswirkung mehr. Es ist nur insoweit interessant, als es bei der laufenden Beweisaufnahme als Quelle dafür dient, was bereits einmal an Beweis erhoben worden ist - freilich ohne bindend für das aktuelle Gericht zu sein. Trotzdem ist es derzeit die wichtigste Quelle zum Fall.


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Hanna W. tot aus der Prien geborgen

30.10.2025 um 11:54
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Aber es wäre bei der Indizienlage nicht so einfach gewesen, einen Freispruch zu begründen. Weil das Gericht hätte ja argumentieren müssen, warum es M. nicht glaubt, der "Schrei-Zeugin" nicht glaubt, R., V. und L. nicht glaubt, den Pornografiekonsum für nicht fallrelevant hält (trotz der Auffälligkeiten), eine zeitliche und örtliche Nähe des T. verneint usw
Verstehe ich nicht.

Die „Schrei-Zeugin“ belastet ST ja nicht. Und die Anderen Zeugen sagen teilweise über ganz unterschiedliche Sachverhalte aus.

Man kann doch nicht die Glaubwürdigkeit eines Zeugen damit begründen, dass andere Zeugen für einen Angeklagten ungünstig ausgesagt haben.

Wenn mehre Leute sagen, der hat uns von einer umgebrachten Frau, am „Tag xy am „Ort xy“ erzählt, wird es schwierig. Das ist dann auch die hier viel durchgekaute Gesamtschau.

Oder wenn mehrere Mithäftlinge nachvollziehbar schildern, dass ein Angeklagter ihnen gegenüber die Tat eingeräumt hat.

Genau das Gleiche bei auffälligem Nachtatverhalten.

In unserem konkreten Fall wäre auch die Bezichtigung auf der Hausparty ein Beispiel. Da wäre es schwer zu begründen, dass das von allen Zeugen falsch gehört oder komplett erfunden wurde. Wie man das wertet, ist aber wieder eine ganz Andere Frage.

Aber man kann nicht Aussagen ohne objektive Beweise, die sich entweder widerlegen lassen, oder sich zumindest widersprechen, damit begründen, dass eine für den Angeklagten negative Aussage schon stimmen wird.

Auch weiß ich nicht, wieso die alte Kammer eine zeitliche und örtliche Nähe verneinen müsste, um ihn freizusprechen. Natürlich war er in der Nähe, so wie viele Hunderte auch. Darunter vllt sogar mehrere Personen, die auch verdächtig waren, es sich bloß nicht erhärten hat lassen. Was etwas Anderes ist, als dass man sie sicher ausschließen konnte. Überhaupt, vermisse ich eine saubere Auseinandersetzung mit dem Ausschluss von möglichen Alternativtätern im alten Urteil.

Die Frage ist, kann man davon ausgehen, dass er am „Tatort“ selbst war. Und da finde ich es eher schwierig zu bejahen, wenn alle Zeugen Sebastians Angaben bei seiner Zeugenvernehmung, bestätigen.


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Hanna W. tot aus der Prien geborgen

30.10.2025 um 12:35
Zitat von fassbinder1925fassbinder1925 schrieb:Die „Schrei-Zeugin“ belastet ST ja nicht.
Dementsprechend habe ich T. außen vor gelassen. Die Zeugin erhärtet jedoch zusammen mit dem Notrufversuch den Verdacht, dass hier kein Unfallgeschehen gegeben ist.
Zitat von fassbinder1925fassbinder1925 schrieb:Aber man kann nicht Aussagen ohne objektive Beweise, die sich entweder widerlegen lassen, oder sich zumindest widersprechen, damit begründen, dass eine für den Angeklagten negative Aussage schon stimmen wird.
1. Zeugenaussagen sind oft ohne objektiven Beweis (z.B. der Schrei).

2. Sich widersprechende Zeugenaussagen "neutralisieren" sich nicht. Das ist kein zwingender Schluss, dass alle Zeugen falsch liegen, weil sie unterschiedliche Wahrnehmungen haben bzw. darüber berichten. Sondern das Gericht kann zu der Überzeugung kommen, dass die Zeugenaussage teilweise zutrifft. Beispielsweise, so weit sie mit anderen übereinstimmt. Oder sie einen objektiven Bezugspunkt hat. Oder sie als Einzige eine konkrete Beobachtung enthält, auf die es ankommt. Oder sie sich am besten mit dem angenommenen Tatgeschehen vereinbaren lässt. Natürlich auch das.
Zitat von fassbinder1925fassbinder1925 schrieb:Man kann doch nicht die Glaubwürdigkeit eines Zeugen damit begründen, dass andere Zeugen für einen Angeklagten ungünstig ausgesagt haben.
Wenn mehre Leute sagen, der hat uns von einer umgebrachten Frau, am „Tag xy am „Ort xy“ erzählt, wird es schwierig. Das ist dann auch die hier viel durchgekaute Gesamtschau.
Ob "günstig" oder nicht, spielt sowieso keine Rolle. Es geht erst einmal darum, welcher Sachverhalt Grundlage der Subsumtion unter eine Strafnorm sein soll. Glaubwürdigkeit ist Glaubwürdigkeit, die hängt nicht von der Gunst ab. Aber natürlich steigt die Glaubhaftigkeit einer Aussage, wenn es noch drei andere Aussagen gibt, die von der selben Wahrnehmung berichten. Außer ich habe Anhaltspunkte dafür, dass es ein Trittbrettfahrer ist.
Zitat von fassbinder1925fassbinder1925 schrieb:In unserem konkreten Fall wäre auch die Bezichtigung auf der Hausparty ein Beispiel. Da wäre es schwer zu begründen, dass das von allen Zeugen falsch gehört oder komplett erfunden wurde. Wie man das wertet, ist aber wieder eine ganz Andere Frage.
Die Bewertung findet gedanklich auf mehreren Ebenen statt:

Bewertung: Zeuge als Person glaubwürdig.
Bewertung: Aussage in der Sache glaubhaft.
Bewertung: Gewicht der Aussage im Kontext anderer Aussagen oder Beweismittel.
Bewertung: Gesamtwürdigung aller Beweismittel zur Begründung der tatrichterlichen Überzeugung von der Schuld.

Jede Ebene enthält ggf. noch die Negativprüfung, also die Berücksichtigung von Umständen, die gegen den gezogenen Schluss sprechen.
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Noch mal erklärt: Das Gericht hört die Zeugin. Die sagt "ein Schrei", wohl zum Zeitpunkt x, ganz sicher sei sie sich nicht, vielleicht auch nur geträumt. Das Gericht denkt sich: "Kann sein, kann aber auch nicht sein." Das Gericht hört den Sachverständigen. Der sagt "ein Notruf" und "ein Temperaturabfall" iPhone und Opfer werden im Wasser aufgefunden. Nachdem die Beweisaufnahme vorbei ist, sagt das Gericht: "Wir glauben ziemlich sicher, dass die Zeugin tatsächlich gegen x Uhr einen Schrei gehört hat. Denn kurz darauf wurde ein Notruf gewählt und dem Opfer widerfuhr ein todbringendes Schicksal." Das ist die Verobjektivierung.
Wenn Du der Ansicht bist, die zeitliche und örtliche Nähe des T. spiele keine Rolle, dann musst Du das auch entsprechend begründen. Die pure Möglichkeit ("denkbar") eines Alternativtäters reicht aber nicht aus. Es müsste sich also im Rahmen der Ermittlungen oder im Prozess ein Verdacht gegen eine oder mehrere konkrete Personen ergeben haben.

Sie dürfte das Gericht (s.o. BGH zur Darlegung der Beweiswürdigung) nicht einfach ignorieren, sondern müsste sich damit beschäftigen. Z.B. unter Darlegung, warum ein hinreichender Tatverdacht nicht gegeben war. Ggf. hätte die Verteidigung entsprechende Beweisanträge einzubringen. Denn das Gericht darf nicht darauf Bezug nehmen, wenn es diese Fragen nicht im Prozess behandelt hätte (Mündlichkeitsprinzip). War T. der einzige Verdächtige, dann kann man dem Gericht nicht vorwerfen, es habe keine Alternativtäter in Betracht gezogen.

Ich muss hier aber nicht gegen grundlegende und letztlich unumstößliche Skepsis im konkreten Fall anschreiben. Ich bin leidenschaftslos, was das Schicksal von T. oder von H. betrifft. Aber mir ist über den Fall hinaus am Verständnis für die prozessuale Wahrheitsfindung gelegen.


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Hanna W. tot aus der Prien geborgen

30.10.2025 um 12:53
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Ich muss hier aber nicht gegen grundlegende und letztlich unumstößliche Skepsis im konkreten Fall anschreiben. Ich bin leidenschaftslos, was das Schicksal von T. oder von H. betrifft. Aber mir ist über den Fall hinaus am Verständnis für die prozessuale Wahrheitsfindung gelegen.
Zitat von OriginesOrigines schrieb:War T. der einzige Verdächtige, dann kann man dem Gericht nicht vorwerfen, es habe keine Alternativtäter in Betracht gezogen
Das ist ja schön und gut, aber wir wissen nun mal in dem Fall, dass T. nicht der einzige Verdächtige war.

Auch wissen wir, dass die Vielzahl der Priorisierten Personen in den Prozess eingeführt wurde. Nur hat es wohl keiner für nötig befunden, es näher zu beleuchten.

Wenn du ein konkretes Urteil „verteidigst“, kannst du doch nicht irgendwelche Szenarien annehmen, unabhängig davon, ob dich die Schuld oder das Schicksal der Beteiligten interessiert.


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