XluX schrieb:Beim nochmaligen Lesen würde ich behaupten, dass der StA tatsächlich damit gemeint hat, dass jeder normal denkende Mensch und erst recht das neue Gericht kompeten genug ist, zu erkennen, dass die Aussage von AM nicht glaubhaft ist.
Insofern geht hier anscheinend sogar die StA von einer nicht glaubhaften Aussage aus.
Ich glaube nicht, dass er das so gemeint hat. Eigentlich glaub ich eher, er wollte noch einen Versuch wagen, das Gericht zu überzeugen den Gutachter nicht zu berücksichtigen. Er meinte noch irgendwie, das Gericht solle sein Urteil erst bilden, wenn alle Indizien bekannt sind, oder so. Ich glaub er wollte schon darauf hinaus, dass die Indizien noch irgendwie die Aussage von AM heilen könnten. Die Verteidigung ist da nicht richtig drauf eingegangen, ich vermute, weil sie es nur als letztes Aufbäumen interpretiert haben. Ehrlicherweise ist mir absolut schleierhaft worauf die StA noch hofft in Bezug auf AM, außer sie erwarten diese Täterwissen, Zirkelschlüsse auch von der neuen Kammer.
Leider liest der StA so ähnlich wie der NV seine Erklärungen oder Anträge nur vor, relativ schnell und ohne Betonungen. Ich schaff es nicht da so schnell mitzuschreiben und das bleibt mir dann auch nur so verschwommen im Gedächtnis. Ich hoffe das wird noch besser, wenn ich bisschen mehr Routine hab. Vielleicht kann
@fassbinder1925 noch was ergänzen?
Rigel92 schrieb:Ich bin der Ansicht, dass man damit nicht erst auf das Urteil warten sollte. Ich denke, das Gericht war auch einverstanden mit dem, was er gesagt hat, andernfalls wäre es wahrscheinlich eingeschritten.
Tatsächlich hat er, glaublich nach der ersten geäußerten Kritik, so etwas in der Art gemeint "ah es gibt keine Einwände, das heißt wohl ich kann weiter machen"
Origines schrieb:D.h. das Gericht konnte, musste aber nicht Herrn Steller beiziehen.
Das Gericht hätte nur auf Steller verzichten können mit der Argumentation, dass er so offensichtlich die Unwahrheit gesprochen hat, dass dieser Aussage keine Relevanz beigemessen werden kann. Anhaltspunkte hierfür hätte es auch wirklich genug gegeben. Aber wenn man ein Urteil auf seiner Aussage aufbauen will, führt kein Weg dran vorbei.
Origines schrieb:Die mag aus aussagespsychologischer Sicht - gemessen an der Aussage - unzutreffend sein. Aber damit wird die Beweiswürdigung noch nicht rechtsfehlerhaft i.S.v. 337 StPO. Würden sich Urteile bei allen Ungereimtheiten in Zeugenaussagen immer aufspießen, wäre es schwer, überhaupt noch jemanden zu verurteilen. Deine ganzen Beispiele mögen alles Mögliche sein, bis hin zu einer gewissen Interpretationsbreite, aber das sind keine Zirkelschlüsse.
Es benötigt keine Zirkelschlüsse damit die Beweisführung fehlerhaft sein kann, eine fehlerhafte, unlogische Beweisführung ist ein Rechtsfehler, verstößt gegen § 261 StPO und kann eine Revision begründen.
Origines schrieb:Die Möglichkeit, dass M. lügt und sich das nur ausgedacht und zufällig insoweit getroffen hat, die ist gering.
Auch wenn es eine 50/50 Chance ist und daher die Möglichkeit jetzt nicht ganz so gering ist, hat AM trotzdem nicht getroffen. Er sagte zuerst in seiner allerersten Aussage "weil sie sich gewehrt hatte" erst auf "lenkende" Nachfrage hin, änderte er seine Aussage und verriet seine Intention sogar noch indem er sagte, er habe "...implizieren wollen". Erst als das kritisch hinterfragt wurde, "sie haben das implizieren wollen?", sagte er "ST hat gesagt, damit sie sich nicht wehrt".
Wie man einer Aussage, die so zustande kam, überhaupt folgen kann ist mir schon unverständlich, dass darauf aufbauend aber die Anklage verändert wird auf KV in Tatmehrheit Mord, und dann genau diese Aussage dann wieder als Beweis dafür angefürt wird, soll kein Zirkelschluss sein? Natürlich ist das ein Zirkelschluss. Dass "damit sie sich nicht wehrt" zu den rechtsmedizinischen Erkenntnissen passt, ist unerheblich dafür, ob es ein Zirkelschluss ist oder nicht. Wenn Behauptung und Beweis identisch sind, ist es ein Zirkelschluss.
Die rechtsmedizinischen Erkenntnisse machen "damit sie sich nicht wehrt" auch nicht automatisch zum Täterwissen, (selbst wenn man davon ausgehen würde, dass AM das so gesagt hätte und es sich nicht um Ermittlerwissen handeln würde, wie von
@abgelenkt treffend formuliert) da "damit sie sich nicht wehrt" nicht einmal bedeuten muss, dass sie sich nicht schon gewehrt hatte und es auch viele andere Gründe für fehlende Abwehrverletzungen geben kann. Auch bei Vorliegen von Abwehrverletzungen, wäre dieser Satz nocht treffend, wenn man z.B. davon ausgehen würde, dass sie sich gewehrt hatte und der Täter dachte, jetzt muss ich sie bewusstlos schlagen, damit sie sich bei den sexuellen Handlungen nicht wehrt. Wie kann denn etwas das nicht mal eindeutig ist, Täterwissen sein.
Es sollte doch jedem mittlerweile klar sein, dass das Täterwissen im Urteil nur deshalb konstruiert wurde, damit es einen Grund für das fehlende aussagepsychologische Gutachten gibt.