Hanna W. tot aus der Prien geborgen
gestern um 09:14@Rick_Blaine
Danke für Deinen ausführlichen Beitrag, wieder sehr aufschlussreich.
Da ist jetzt die Welt doch wieder ins rechte Lot gerückt worden. Es „reicht“ also nachzuweisen, dass in Wirklichkeit dem Befragten gegenüber ein Verfolgungswille vorlag.
Der von Dir zitierte Fall ist natürlich schon sehr eindeutig, so Aussprüche „ich glaube ihnen nichts“ oder gar der erfolgten Durchsuchungen sprechen da natürlich ein andere Sprache als dieser Fall.
Insgesamt kann ich die Haltung des BGH auch verstehen, es dürfen nicht zu viele Hindernisse für die Ermittler in Richtung kriminalistischer Spürsinn geben. Aber auf der andern Seite müssen die Rechte des Zeugen/Tatverdächtigen auch so geschützt werden, dass sie nicht nur auf dem Papier existieren.
Natürlich kann es sein, dass die Verteidiger hier falsch liegen. Die Behauptung der StA, dass es nur auf sie ankäme, wann sie einen objektiven Tatverdacht sehen, weil sie Herr des Ermittlungsverfahrens sei, ist nach diesem BGH-Urteil natürlich auch grober Unfug. Das war mir die ganze Zeit durch den Kopf gegangen. Unter dieser Sichtweise wäre Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Daher nochmals vielen Dank.
Trotzdem sehe ich die Erinnerungslücken der Beamten als kritisch an. Sie versuchen nicht mal spekulativ ihre Handlung ins rechte Licht zu rücken.
Auch sehe ich viele Aktionen der Ermittlungsbehörden als grenzwertig an.
So wurden sämtlichen Zeugen, welche sich gemeldet hatten, gebeten Speichelproben abzugeben. Hier stellt sich die Frage nach dem Warum. Es gab kein Tatort, wo man unverdächtige Spuren von verdächtigen trennen musste. Auch gab es keine DNA-Spuren des Täters. Die einzige Erklärung für mich, welche mir einfällt, ist die, dass diejenigen, welche die Probe nicht abgeben wollten genauer untersucht worden sein dürften. Dahinter steckt aus meiner Sicht reine Taktik, die dann wahrscheinlich zur Folge hatte, dass diejenigen, welche von ihrem Recht Gebrauch machten, stärker in die Mangel genommen wurde. Für mich sind daher solche Aktionen mehr als kritisch, da so Leute benachteiligt werden, nur weil sie von ihren Rechten Gebrauch machen.
Ähnliches gilt für das Mitbringen der Kleidung des Joggers. Bei der ersten Befragung ging es noch um die Identifikation des gesehenen Joggers. Sie wurde laut Urteil durch die Jacke sichergestellt. Auch gab er seine Laufroute an, auch die Zeiten passten, so dass es nach der ersten Befragung über die Frage keinerlei Zweifel, dass er der Jogger war. Daher muss die zweite Aufforderung zum Mitbringen einen anderen Grund gehabt haben, die nicht mehr rein der Identifikation diente, sondern schon mit einem Verdacht zu tun gehabt haben muss, vielleicht auch mit einem Verfolgungswillen). Wenn die zum Zwecke einer Untersuchung mitgebracht werden sollten, dann könnte hier entsprechendes vorliegen, wie in dem obigen Fall bzgl. der Durchsuchung des Grundstücks. Die hätten die Ermittler erst bei bei einem wirklichen Anfangsverdacht nur durch eine gerichtlich angeordnete Hausdurchsuchung erreicht. Zwar ist das Mitbringen der Kleidung beim 2. mal nicht mit einer Hausdurchsuchung vergleichbar. Ich meine, dass auch hier eine Aufklärung notwendig war, dass kein Muss dahinter steckt. Ob die erfolgte, weiß ich nicht.
Also insgesamt machen die Ermittlungen schon den Eindruck, dass die Ermittler sich sehr das Leben erleichtern wollten und vor für mich grenzwertigen Aktionen nicht zurück geschreckt waren.
Ob das insgesamt zu einem Verwertungsverbot führt, das werden wir sehen. Leicht wird es nicht sein.
Für den Fall selbst wird es sicher auch irrelevant sein, da der Jogger hier sich in Wirklichkeit das Gespräch auch nicht belastet hat. Seine Erklärung für die nicht ganz korrekte Route, welche er für den Hinweg angegeben hat, ist plausibel. Er hat sich auf der Karte nur in der Abzweigung vertan. Selbst @Fassbinder1928 hatte auch in der Verhandlung Problem in der Orientierung bei den dort gezeigten Karten. Vielleicht sollte die Beamten mal für besseres Kartenmaterial sorgen, um so etwas von vornherein zu vermeiden.
Der BGH verlangt mehr. Sie haben die subjektive Frage zu klären, ob bei den Beamten in Wirklichkeit ein Verfolgungswille vorgelegen hat. Der objektive Anfangsverdacht hat hier wahrscheinlich nicht vorgelegen. Die Befragung der Ermittler durch des Gerichts zielte in Wirklichkeit darauf ab, zu erkennen, was in den Köpfen der Ermittler vor sich gegangen war. Das hat für mich jedenfalls nichts mit dem objektiven Anfangsverdacht zu tun.
Mich hatte Dein Beitrag im Zusammenhang mit der Aussage der StA irritiert. Die Erklärung von @Rick_Blaine hat mir nun diese Unklarheiten genommen und ich sehe, dass Zeugen nicht ganz ungeschützt den Ermittlern gegenüber stehen, auch wenn noch kein objektiver Anfangsverdacht vorliegt.
Danke für Deinen ausführlichen Beitrag, wieder sehr aufschlussreich.
Da ist jetzt die Welt doch wieder ins rechte Lot gerückt worden. Es „reicht“ also nachzuweisen, dass in Wirklichkeit dem Befragten gegenüber ein Verfolgungswille vorlag.
Der von Dir zitierte Fall ist natürlich schon sehr eindeutig, so Aussprüche „ich glaube ihnen nichts“ oder gar der erfolgten Durchsuchungen sprechen da natürlich ein andere Sprache als dieser Fall.
Insgesamt kann ich die Haltung des BGH auch verstehen, es dürfen nicht zu viele Hindernisse für die Ermittler in Richtung kriminalistischer Spürsinn geben. Aber auf der andern Seite müssen die Rechte des Zeugen/Tatverdächtigen auch so geschützt werden, dass sie nicht nur auf dem Papier existieren.
Natürlich kann es sein, dass die Verteidiger hier falsch liegen. Die Behauptung der StA, dass es nur auf sie ankäme, wann sie einen objektiven Tatverdacht sehen, weil sie Herr des Ermittlungsverfahrens sei, ist nach diesem BGH-Urteil natürlich auch grober Unfug. Das war mir die ganze Zeit durch den Kopf gegangen. Unter dieser Sichtweise wäre Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Daher nochmals vielen Dank.
Trotzdem sehe ich die Erinnerungslücken der Beamten als kritisch an. Sie versuchen nicht mal spekulativ ihre Handlung ins rechte Licht zu rücken.
Auch sehe ich viele Aktionen der Ermittlungsbehörden als grenzwertig an.
So wurden sämtlichen Zeugen, welche sich gemeldet hatten, gebeten Speichelproben abzugeben. Hier stellt sich die Frage nach dem Warum. Es gab kein Tatort, wo man unverdächtige Spuren von verdächtigen trennen musste. Auch gab es keine DNA-Spuren des Täters. Die einzige Erklärung für mich, welche mir einfällt, ist die, dass diejenigen, welche die Probe nicht abgeben wollten genauer untersucht worden sein dürften. Dahinter steckt aus meiner Sicht reine Taktik, die dann wahrscheinlich zur Folge hatte, dass diejenigen, welche von ihrem Recht Gebrauch machten, stärker in die Mangel genommen wurde. Für mich sind daher solche Aktionen mehr als kritisch, da so Leute benachteiligt werden, nur weil sie von ihren Rechten Gebrauch machen.
Ähnliches gilt für das Mitbringen der Kleidung des Joggers. Bei der ersten Befragung ging es noch um die Identifikation des gesehenen Joggers. Sie wurde laut Urteil durch die Jacke sichergestellt. Auch gab er seine Laufroute an, auch die Zeiten passten, so dass es nach der ersten Befragung über die Frage keinerlei Zweifel, dass er der Jogger war. Daher muss die zweite Aufforderung zum Mitbringen einen anderen Grund gehabt haben, die nicht mehr rein der Identifikation diente, sondern schon mit einem Verdacht zu tun gehabt haben muss, vielleicht auch mit einem Verfolgungswillen). Wenn die zum Zwecke einer Untersuchung mitgebracht werden sollten, dann könnte hier entsprechendes vorliegen, wie in dem obigen Fall bzgl. der Durchsuchung des Grundstücks. Die hätten die Ermittler erst bei bei einem wirklichen Anfangsverdacht nur durch eine gerichtlich angeordnete Hausdurchsuchung erreicht. Zwar ist das Mitbringen der Kleidung beim 2. mal nicht mit einer Hausdurchsuchung vergleichbar. Ich meine, dass auch hier eine Aufklärung notwendig war, dass kein Muss dahinter steckt. Ob die erfolgte, weiß ich nicht.
Also insgesamt machen die Ermittlungen schon den Eindruck, dass die Ermittler sich sehr das Leben erleichtern wollten und vor für mich grenzwertigen Aktionen nicht zurück geschreckt waren.
Ob das insgesamt zu einem Verwertungsverbot führt, das werden wir sehen. Leicht wird es nicht sein.
Für den Fall selbst wird es sicher auch irrelevant sein, da der Jogger hier sich in Wirklichkeit das Gespräch auch nicht belastet hat. Seine Erklärung für die nicht ganz korrekte Route, welche er für den Hinweg angegeben hat, ist plausibel. Er hat sich auf der Karte nur in der Abzweigung vertan. Selbst @Fassbinder1928 hatte auch in der Verhandlung Problem in der Orientierung bei den dort gezeigten Karten. Vielleicht sollte die Beamten mal für besseres Kartenmaterial sorgen, um so etwas von vornherein zu vermeiden.
Dann habe ich Dich vielleicht auch falsch verstanden, Du sprachst als Kriterium nur von dem objektiv feststellbaren Anfangsverdacht.Origines schrieb:Ich sehe keinen Widerspruch. Ich habe nur ganz grob das umrissen, was @Rick_Blaine gerade sehr detailliert anhand der höchstrichterlichen Rechtsprechung dargelegt hat:
Der BGH verlangt mehr. Sie haben die subjektive Frage zu klären, ob bei den Beamten in Wirklichkeit ein Verfolgungswille vorgelegen hat. Der objektive Anfangsverdacht hat hier wahrscheinlich nicht vorgelegen. Die Befragung der Ermittler durch des Gerichts zielte in Wirklichkeit darauf ab, zu erkennen, was in den Köpfen der Ermittler vor sich gegangen war. Das hat für mich jedenfalls nichts mit dem objektiven Anfangsverdacht zu tun.
Mich hatte Dein Beitrag im Zusammenhang mit der Aussage der StA irritiert. Die Erklärung von @Rick_Blaine hat mir nun diese Unklarheiten genommen und ich sehe, dass Zeugen nicht ganz ungeschützt den Ermittlern gegenüber stehen, auch wenn noch kein objektiver Anfangsverdacht vorliegt.