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Mordfall Hinterkaifeck

51.742 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, Bauernhof, Hinterkaifeck ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Mordfall Hinterkaifeck

Mordfall Hinterkaifeck

12.05.2008 um 22:04
Jakob Sigl, "Niederschrift in nichtöffentlicher Sitzung des Amtsgerichts Aichach am 30.Mai 1952", dort u.a.:

"Dass Viktoria Gabriel etwa 14 Tage vor der Mordtat mit dem bereits verstorbenen Gastwirten von Gröbern, Thomas Schwaiger in Schrobenhausen war und dass die Viktoria damals beim Amtsgericht in Schrobenhausen eine Klage wegen Nichtzahlung des Unterhalts gegen Schlittenbauer erhob, habe ich wenige Tage nach der Mordtat im Gasthaus des Schwaiger von diesem erfahren. Er erzählte damals, dass sie zusammen nach Schrobenhausen gefahren wären und dass sie ihm auf der Fahrt erzählt habe, dass sie zu Gericht fahre, um gegen Schlittenbauer Klage wegen Nichtbezahlung des Unterhalts für sein uneheliches Kind zu erheben."

Ansonsten wird festgestellt, "dass der Zeuge in allen wesentlichen Punkten die gleichen Angaben macht wie bei seiner polizeilichen Vernehmung am 10.1.1952".

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Mordfall Hinterkaifeck

13.05.2008 um 12:12
@Badesalz

Vielen Dank für die Einstellung der diversen Protokolle, die ich zwar schon mal eingesehen habe, mich an den genauen Wortlaut jedoch nicht mehr erinnern konnte.

Etwas verwunderlich für mich ist, dass der LTV anscheinend recht gut über die Finanzen der Hinterkaifecker Bescheid wusste. Der Bruder von Andreas sich aber diesbezüglich nicht äußern konnte da, lt. eigener Aussage, Andreas über seine Finanzen nicht mit ihm gesprochen habe.

Ein wenig seltsam, findet ihr nicht? Woher meinte der LTV zu wissen, welchen finanziellen Status die Hinterkaifecker genießen? Wurde im Zuge einer möglichen beabsichtigten Heirat darüber gesprochen? Andreas Gruber wird es ihm mit Sicherheit nicht, by the way, beim "Stelldichein" auf dem Acker erzählt haben. Hat die Vic geplaudert? Musste Andreas Gruber im Zuge der Gerichtsverhandlungen seine finanziellen Mittel offenlegen? Letzteres wohl eher nicht!

Zudem, ich bleibe dabei, "hätte" der LTV ein ausgesprochen gutes Motiv, egal ob er nun direkt oder indirekt in die Tat involviert war, ein Motiv wäre zweifelsohne da. Zudem legte er ein sehr eigenartiges Verhalten am Tatort zu Tage, welches sogar der Polizei auffiel. Das "Daumenschräubchen" hätte man unter diesen Voraussetzungen sehr wohl anlegen können, dies wurde jedoch bedauerlicherweise von der Polizei versäumt. Bewusst oder unbewusst?

Ich würde sogar glatt meine "ungarischen Pfandbriefe" verwetten, dass unser LTV mittelbar oder unmittelbar von diesem Verbrechen wusste und seine "gewieften" Fingerchen im Spiel hatte, in welcher Form auch immer.

Es geht hierbei nicht unbedingt und ausschließlich um die Täterschaft, aber minimum um die Verschleierung einer Straftat bzw. Beihilfe zum Mord. Natürlich beinhaltet mein Statement nichts Neues, ich wollte damit lediglich zum Ausdruck bringen, dass der LTV für mich persönlich kein "Opfer" der Gesellschaft war und ist! Dies ist meine persönliche Meinung, die, bedingt durch die verschiedensten Aussagen/Handlungen/Protokolle, für mich keinen anderen Schluss zulässt.


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13.05.2008 um 12:57
@Badesalz: Tausend Dank für die Aussagen!
Ich weiß nicht, wie es Euch geht (außer von @hauinolo, der das offensichtlich anders sieht). Aber je mehr man von den Protokollen in ihrer Gesamtheit erfährt - und nicht nur in kleinen Schnipseln - desto mehr erklären sich scheinbare Widersprüche als simple, der subjektiven Erinnerungen geschuldete Abweichungen. Das wird eine lange Erklärung, sorry!

L.S. fasst die Leichen an
Es wurde ja immer wieder angemerkt, daß es eine "natürliche" Reaktion der Auffinder gewesen wäre, die Leichen nicht anzufassen und es wurde in diesem Zusammenhang auf Verwesungsgeruch etc. hingewiesen. Dazu kann sicher ein Mediziner besser Stellung nehmen, aber ich gehe davon aus, daß nach 4 Tagen im kalten Stadel (es hatte draußen Temperaturen um 0°C) noch keine so offensichtliche Verwesung eingetreten war. Insofern war es nicht wirklich unappetitlich. Im Übrigen muß man wohl davon ausgehen, dass der Umgang mit Toten früher auf dem Lande sehr viel selbstverständlicher war als heute, gerade der L.S. hatte doch einige Angehörige schon verloren. Davon abgesehen hätte doch einer der Drei in seinen Aussagen darauf hinweisen können. Im Gegensatz zu den beiden anderen Auffindern hatte der L.S. wirklich einen anderen Bezug zu diesen getöteten Menschen und hätte beim geringsten Glauben an seine Vaterschaft tatsächlich nach seinem Sohn suchen können. Ja sogar müssen, denn hätte er es nicht getan, hätte man es ihm wohl (auch) sehr negativ ausgelegt. Das ist für mich ein typisches Beispiel, wie wir im Nachhinein und mit unseren Vorstellungen des ausgehenden 20./beginnender 21. Jh. Dinge anders interpretieren. Das was er getan hat wird ihm angelastet, hätte er es aber nicht getan. wäre er auch ein Unmensch gewesen.

Gute Kontakte zu den HKlern
(Beitrag vom 13.05.08 20:47)
Wie schon öfters spekuliert gibt der LTV hier zu, gut bekannt mit den HKlern gewesen zu sein. Auch das macht Sinn, denn die Bauern waren alle auf Nachbarschaftshilfe angewiesen (Verteilung der Weideflächen, Koordination der Gerätebenutzung, Erntehilfe etc.). Und speziell im Falle von HK, wo außer dem alten Gruber kein erwachsener Mann da war, war es wohl wichtig, sich daß man sich gegebenenfalls Hilfe innerhalb der Dorfgemeinschaft holte.
Trotzdem war es wohl unüblich, zu dieser Jahreszeit, sich Besuche abzustatten, weil es mit der brachliegenden Landwirtschaft kein rechter Anlaß gab (v.a. im Winter und für Männer, da die Frauen Winters über nach Erzählungen wohl ab und an miteinander die Abende verbrachten, um zu Stricken, Stopfen etc.). Das heißt ja nicht im Umkehrschluß, daß da immer Friede, Freude, Eierkuchen herrschte.

Tröpfchenweise Informationen fügen sich zum Gesamtbild
Wir hatten ja schon oft darüber sinniert, wie bei so vielen Vorzeichen die Tat ganze 4 Tage lang unentdeckt blieb. Nach den Aussagen denke ich, daß sich die Puzzlesteine erst im Nachhinein zu dem bedrohenden Szenario zusammengefügt hatten. Für jedes einzelne gab es eine passende und wahrscheinliche Erklärung. Daß die kleine Cilli samstags nicht in der Schule war, konnte an einer geplanten größeren Arbeitsaktion gelegen haben. Für solche unentschuldigte Abwesenheiten früher gibt es im Internet so manchen Bericht, denn Schulpflicht wurde speziell für Mädchen wohl nicht sehr ernst genommen. Das sieht man ja auch daran, daß selbst am Montag, dem zweiten Tag des Fehlens, noch keine Kontrolle erfolgte. Dann hat man die Abwesenheit bestimmt einer Krankheit zugeschrieben. Das Fehlen der gesamten Familie im Gottesdienst könnte ebenfalls einer Krankheit zugeordnet werden, wenn man davon ausgeht, daß die HKler wirklich regelmäßig dem Gottesdienst beiwohnten. Das Geschwätz seiner Frau über Kaffeehändler, die von HK unverrichteter Dinge weggegangen sind, hat einen Hausherrn wohl auch nur bedingt interessiert. Als der Monteur auch noch kam und der V. S. von der Stille auf dem Hof berichtete war das auch nichts weiter als eine Einzelinfo, die erst mal bei der Tochter verblieb. Erst als vielleicht die Kinder und seine Frau die einzelnen Informationsstückchen nochmal ansprachen, weil sie gerade alle zusammen waren, fügte sich eins zum anderen (das sagt L.S. aus) und der LTV war alarmiert, dass auf HK etwas geschehen sein mußte. Insgesamt auch nachvollziehbar, oder?

Sohn des LTVs sah Leiche durch das Fenster
(Beitrag vom 13.05.08 21:20)
Die Fensterläden waren sowohl in Vics Zimmer als auch in der Mägdekammer geschlossen. Auf dem Tatortbild der Kammer sieht man Gitter oder geschlossene Fensterläden. Das wird wohl eher eine Zeitungsente sein.

Sigls Aussage
(Beitrag vom 13.05.08 21:54 u. ff.)
Sigl spricht davon, daß L.S. ihn schon mit einer genauen "Ahnung" abholen kam. Auch spiegelt sein Ausspruch, wonach er nicht mit dem LTV alleine nach HK gehen wollte, eine Angst wieder, für die es zu diesem Zeitpunkt keinen Anhaltspunkt kam.
Generell würde ich den Aussagen von 1922 mehr vertrauen als den späteren, weil da die Erinnerungen noch frisch waren. Lediglich in den Punkten der 52er Aussagen, die als Ergänzung oder Vertiefung eines Sachverhaltes dienen, kann man hilfreiche Details rausziehen. Alles was als "große, neue Information" 30 Jahr später hinzukommt, ist mit Vorsicht zu genießen, da allzu viele Jahre und Gespräche die subjektiven Ansichten stark beeinflussen.
In diesem Sinne würde ich dieser Aussage wenig Glauben schenken.

[B]Knecht auf HK?
Interessant ist die Aussage des Bruders vom A.G., der ja ganz konkret von einem neuen Knecht sprach, dem er persönlich in Schrobenhausen begegnet war. Die Formulierung, dieser Knecht sei "nicht zu halten gewesen" impliziert dabei ja eher, dass dieser schon auf HK angefangen hatte und nicht, dass der Vertrag im letzten Moment geplatzt war. Wie seht ihr das?

@hauinolo: Der LTV hatte ja erstens durch die Nachbarschaft einen guten Überblick, was auf HK erwirtschaftet wurde. Dazu kam, dass er als nächster Nachbar bestimmt den ein oder anderen "Deal" der HKler mitbekam, also wenn diese Nahrungsmittel etc. verscherbelt haben. Auch seine Funktion als Ortsvorsteher hat ihm wohl manchen Einblick gewährt. Und als Letztes fällt mir noch ein, dass die Eigentumsverhältnisse eventuell Thema im gesamten Gezerre um die Unterhaltsklage/-zahlungen waren, egal ob öffentlich oder hinter vorgehaltener Hand. Wenn die Vic so mir nichts dir nichts mit einigen Tausend Mark um sich werfen konnte, mußte man kein Genie sein, um dort noch mehr Geld zu vermuten.

Grüße
Jasmine[/b]



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Mordfall Hinterkaifeck

13.05.2008 um 14:47
@jaska

Ich finde es sehr konstruktiv, dass wir hier nicht alle einer Meinung sein können. :-)

Das macht die Geschichte interessant, vergrößert den eigenen geistigen Horizont, weist neue Wege auf und öffnet vielleicht auch verschlossene Türen.

Nun fallen mir dennoch ein paar Dinge zu Deinen Ausführungen ein.

Vermögensverhältnisse:

Wie kommst Du denn zu der Annahme, dass die Vic mit tausenden von Mark um sich geworfen hat?

Einen Einblick in die finanziellen Verhältnisse der HK'er "könnte" er durchaus erlangt haben, als es um die Unterhaltsklagen ging. Wobei ich mich hier nicht mit den Gepflogenheiten vor dem Kadi auskenne und mir auch nicht sicher bin, ob dies als Gegenstand der Verhandlungen überhaupt relevant war. Zudem war der LTV in dieser Angelegenheit der Beklagte und nicht die Hinterkaifecker.

Ich denke nicht, dass das Wissen des LTV über die finanziellen Verhältnisse der Grubers/Gabriel für die Morde irgendeine Bedeutung hat, jedoch macht es mich nach wie vor etwas stutzig. Aber wie gesagt, tatrelevant war es mit Sicherheit nicht.

Terminierung der Aussagen:

Hier stimme ich Dir vollkommen zu und denke ebenfalls, dass die zeitnahen Aussagen durchaus mehr Gewicht haben könnten, als die zu einem später Zeitpunkt geführten Vernehmungen, was man auch den ein oder anderen Aussagen des J.Sigl entnehmen kann.

Guter Kontakt zu den Hinterkaifeckern:

Sorry, aber das kann ich mir nicht so wirklich vorstellen. Der gute Kontakt zur Vic mag durchaus mal vorhanden gewesen sein, den "guten" Kontakt zu Andreas Gruber würde ich aber mal vorsichtig anzweifeln. Eine gewissermaßen arrangierte "Zweckgemeinschaft" unter Landwirten könnte vielleicht noch funktionsfähig gewesen sein, aber darüber hinaus?

Der gute Kontakt zwischen der Vic und dem LTV wird sich spätestens nach der Einreichung der Unterhaltsklage, der Anzeige wg. Blutschande und dem darauf folgenden Gezeter auch relativiert haben, was nur all zu menschlich wäre.

Also bei mir wäre in solchen Fällen aber Schicht im Schacht, Ende Gelände und der Drops gelutscht! Gut ich bin kein Landwirt und lebte auch nicht vor 85 Jahren in einem kleinen Ort in Bayern, aber Wut, gekränkter Stolz und Verwünschungen wären in diesen Situationen beiderseits angebracht, findest Du nicht?

Gruß Hauinolo


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Mordfall Hinterkaifeck

13.05.2008 um 15:00
@hauinolo: Doch, ich kann sehr gut nachvollziehen, dass der Unterhaltsstreit zu Verstimmungen gesorgt hat. Gleichzeitig waren die HKler aber auf das "Wohlwollen" des LTVs angewiesen, da er mitspielen musste, um nicht die ganze Inzestgeshichte wieder hochzukochen. Ich denke da auch nicht an Freundschaft zwischen den beiden Höfen sondern eher an die von Dir beschriebene Zweckgemeinschaft. Außerdem weiß ich selbst von meinen Eltern und Großeltern, daß es auf dem Lande damals keine Zeit für falsche Scham/ Moralvorstellungen/ Zweifel oder Stolz etc. gegeben hat. Konflikte wurde eher pragmatisch gelöst. Wenn man den einen brauchte, dann war das halt so. Man konnte nicht auf die gegenseitige Hilfe verzichten.
Die Vermögensverhältnisse kannte der LTV wohl schon daher, dass die Vic ihm unter der Hand das Geld für die Unterhaltszahlungen zugeschoben hat - waren es 5000 Mark? - , nur damit er dann offiziell seine Schuldigkeit ableisten konnte (das wurde hier schon öfters angesprochen, aber bestätigt ist es soweit ich weiß nicht. Andererseits ist dieser Schachzug schon wieder so kompliziert, dass es doch sein könnte :-).
Grüße
Jaska


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13.05.2008 um 16:20
@jaska

Ich weiß nur nicht, ob die von Dir genannte pragmatische Vorgehensweise bei Konflikten, auch ein gegenseitiges "Klageverfahren" beinhaltet. :-)

Also ich würde meinem Nachbarn die "Pest" an den Hals wünschen und noch einiges mehr. Aber vielleicht bin ich auch einfach manchmal etwas emotional....

Nein, ich habe ein Alibi! :-)


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Mordfall Hinterkaifeck

13.05.2008 um 17:46
@Badesalz

Auch von mir Anerkennung dafür, dass Du Dir die Mühe gemacht hast diverse Aussagen einzustellen.

Ich möchte noch im Hinblick auf die geplante Heirat zwischen Victoria und L.S. etwas ergänzen.

Aussage des Michael Pöll vom 5.4.1922

"Soviel ich weiß, hatte S. beabsichtigt, die Victoria Gabriel zu heiraten, noch dazu er der Vater des außerehelichen Knaben Josef G. war. Die Ehe wurde aber durch den alten Gruber, dem Vater der Victoria Gabriel verhindert."

Aussage des Jakob Sigl vom 5.4.1922

"Soviel ich weiß, wollte Schlittenbauer die Victoria Gabriel heiraten und zwar zu der Zeit als er der Vater des außerehelichen Kindes Josef Gabriel vor ca. 2 Jahren wurde. Die Ehe verhinderte, wie mir Schlittenbauer selbst einmal erzählte, der alte Gruber Andreas. Dieser soll sich geäußert haben, wenn die Hochzeit zwischen meiner Tochter und dem Schlittenbauer zustande komme, dann verlasse er das Haus."

Jeder mag selbst Schlüsse daraus ziehen, wie das Verhältnis zwischen L.S. und den Hkern gewesen ist, insbesondere wie das Verhältnis zu Andreas Gruber war.


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13.05.2008 um 18:00
@AngRa: Wie meinst Du denn, dass das Verhältnis zwischen den beiden war? Da gibt es ja eine ganze Palette an Möglichkeiten von "Liebe" bis "Hass". Ähnlich kann man die Art des Kontaktes von "Eisernem Schweigen" bis "unzertrennlich" einteilen.
Denkst Du eher die redeten nur das Nötigste miteinander oder gar nichts? Stammtischbrüder waren das bestimmt nicht.

Entscheidend ist ja auch, dass selbst wenn die Männer einander verhasst gewesen sein sollten, man dies nicht pauschal auf sämtliche Familienmitglieder (aus beiden Sippen) übertragen kann.


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13.05.2008 um 19:04
@jaska

Meiner Meinung nach waren Gruber und S. verfeindet. Gruber hat mit seiner Tochter Inzest betrieben und sie nicht losgelassen und L.S. hatte ebenfalls ein Verhältnis mit ihr und wollte sie gerne heiraten. Wie wird das Verhältnis unter diesen Voraussetzungen wohl gewesen sein? Ist das so schwer zu verstehen?

L.S. hat Gruber angezeigt, so dass dieser zunächst in U-Haft musste und ein weiteres Strafverfahren wegen Blutschande anstand. Auch darüber wird Gruber not amused gewesen sein.

Zuvor hat Gruber L-S. mit der Sense gejagt, um seine Unterhaltsforderungen für das ungeborene Kind zu unterstreichen.

Beide waren an ein-und derselben Frau interessiert, Eifersucht und Hass dürfte das Verhältnis bestimmt haben. Möglicherweise hat Gruber dann nach dem Freispruch aus dem Jahr 1920 das Notwendigste mit L.S. gesprochen, dieser hatte ja auch eine Funktion und er seine Tochter.

Nach der Rieger-Aussage war das Verhältnis zwischen L.S. und den HK Frauen so, dass sie nicht mehr miteinander gesprochen haben.


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13.05.2008 um 20:15
Zum Knecht, der um Mariä Lichtmess herum auf HK tätig war, gibt es noch die Aussage des Josef Schrätzenstaller, Gütlersohn aus Gröbern vom 5.4.1922.

Er hat ausgesagt:

" Anfangs Februar war ich mit anderen Bekannten bei der Tanzmusik in Waidhofen. Dort traf ich einen jungen Burschen, ungefähr 18 Jahr alt, dick, rundes Gesicht, bartlos, bekleidet aus einer schwarzen Lederhose und schwarzen Schnürschuhen, die Farbe des Hutes und Rockes kann ich mich heute nicht mehr erinnern. Ich fragte ihn, woher er sei, worauf er erwiderte, wenn ich das sage, so tut ihr mich auslachen. Mir und meinen Bekannten war bekannt, dass der Bursche bei Gruber in Kaifeck in Dienst ist. ... Woher der Bursche ist und wie er heiße und wohin er sich später begeben hat, weiß ich nicht."


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13.05.2008 um 20:46
@AngRa: Es geht doch nicht darum, ob ich das verstehe oder nicht. Wir können uns sehr wohl darauf einigen, dass die beiden Männer sich nicht grün waren. Aber ich denke eben auch, dass die von Dir geschilderten Argumente für ein dauerhaftes Zerwürfnis zu "romantisch" sind und zu weit weg von der harten Realität damals. Das ist natürlich Ansichtssache. Was ich damit meine ist, dass beispielsweise der Inzest nicht in der Form geächtet gewesen sein muss wie -völlig zu Recht- heutzutage. Immerhin waren die Grubers nicht Ausgestoßene, wurden nicht gemieden. Wie sonst hätten sie ihr Land bewirtschaften und Geschäfte machen können? Sie waren sonderlich und geizig, aber das sind die einzigen Dinge, die denen von Dritten nachgesagt wurden. Der Inzest wurde nie als Makel gesehen. Auch die beiden Auffindezeugen sprechen zwar kurz nach dem Verbrechen von der Vaterschaft des LTVs, deuten aber nicht die Streitereien und Vorwürfe an. Es darf also angezweifelt werden, ob dies wirklich ein offenes Geheimnis war und ob dieses Hin und Her dem Ruf des LTVs geschadet hatte. Aus der Sicht des LTVs muss der Inzest ja auch eine untergeordnete Rolle gespielt haben, denn immerhin hat er die Victoria als seine Ehefrau in Betracht gezogen. Die Eifersucht, die Du ansprichst, dürfte auch eher verlorenen Besitzansprüchen und der entgangenen Hoferweiterung geschuldet gewesen sein, als dem Verlust der großen Liebe - denn die wohnt sehr selten auf dem Nachbarshof. Für eine Ehe sprachen doch genügend pragmatische Gründe, als die Gelegenheit nicht beim Schopf zu packen. Wenn sich die beiden noch sympatisch gewesen wären - umso besser. Dass der Gruber sich geweigert hatte, diese Ehe zu genehmigen, hat sicher das Verhältnis getrübt. Aber L.S. heiratete - ganz pragmatischer Landwirt mit zu versorgenden Kindern und Hof - bald wieder. Dann kamen die Unterhaltsforderungen und der Streit eskaliert, da gab es gewiss eine Zeit, in der zwischen den beiden Familien Funkstille herrschte. In diesen Zeitraum fällt ja die Aussage der Fr. Rieger. Aber die Zeit vergeht und ich gehe davon aus, dass sich das Verhältnis im Rahmen der Möglichkeiten "normalisiert" hat. Warum sonst sollte der A.G. seinem Nachbarn von den Spuren im Schnee und den vermuteten Einbrüchen erzählen? Das passt nicht zu den zwei Sturköpfen, die gar nichts mehr miteinander reden.


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13.05.2008 um 20:52
@AngRa: danke für das Zitat bzgl. des Knechtes. Es hat ihn also tatsächlich gegeben. Und seine Aussage dass die anderen ihn auslachen würden, falls er erzählte, wo er beschäftigt sei, deutet ja auch darauf hin, dass die HKler einen komischen Ruf genossen - vorausgesetzt, die vorausgegangene Frage zielte auf seinen Arbeitsplatz ab und nicht auf seinen Geburtsort.


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Mordfall Hinterkaifeck

13.05.2008 um 21:00
@Badesalz

Vielen Dank für die interessanten Aussageprotokolle und anderen Beiträge. Muss mich
erstmal in Ruhe durcharbeiten...


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Mordfall Hinterkaifeck

13.05.2008 um 21:08
@jaska

Man kann natürlich - mal theoretisch betrachtet - jemandem auch etwas erzählen, um dessen Reaktion zu beobachten.

@all

Was mir gestern nebenher auffiel:

Wenn in der Schlittenbauer´schen Stube die rätselhafte Ruhe auf HK diskutiert wurde und L.S. tatsächlich erst dann von seiner Frau über den Kaffeevertreter und vom Stiefsohn über das unentschuldigte Fehlen der Cäzilie Gabriel in der Schule informiert wurde, dann könnte er geradezu durch die eigene Familie "gezwungen" gewesen sein, mal nachzusehen.

Er hätte sich dann kaum erlauben können, die Angelegenheit herunterspielen und die Nachschau auf einen späteren Tag zu verschieben, weil seine Familie das nicht verstanden hätte bzw. sich über seine Reaktion gewundert hätte.


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Mordfall Hinterkaifeck

14.05.2008 um 08:44
@Badesalz
@all

Stimmt, wer weiß schon, welche Absicht A.G. hatte dem LTV von den Spuren zu erzählen. Auf der anderen Seite, vielleicht (??) hat der LTV diese Aussage auch nur zu Protokoll gegeben und A.G hat sich niemals derart geäußert. Wer weiß......

Zumindest hätte es der Polizei ggü. das "gute nachbarschaftliche" Verhältnis signalisiert. Abgesehen davon, hat mir der LTV irgendwie zuviel erzählt. Ob er sich damit nun nur wichtig machen wollte oder eine Taktik verfolgte.

Er ist und bleibt für mich eine Schlüsselfigur!

@AngRa

Sehe ich genauso....


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Mordfall Hinterkaifeck

14.05.2008 um 10:08
Am Charakter des Gröberner Ortsführers scheiden sich die Geister.

Das war 1922 im Umkreis von Gröbern bzw. Schrobenhausen so und das ist vermutlich auch heute nach 86 Jahren hier im Forum so.

Einige haben L.S. auch damals für einen umtriebigen, hilfsbereiten, zupackenden Mann gehalten, dem allein sein Einsatz am Tatort ( nach Überlebenden suchen, Vieh versorgen, abwaschen, Leute herumführen) und die Gutmütigkeit gegenüber den Hkern (Vaterschaftsanerkennung) zum Nachteil gereicht hat und der so zum Opfer von Verdächtigungen geworden ist.

Ein großer Teil der Bevölkerung hat dem Ortsführer aber wohl die Abgründe zugetraut, die mit einer solchen Tat verbunden sind, nicht zuletzt wegen der persönlichen Beziehung zu den Opfern, wegen des Verhaltens am Tatort und wegen des späteren Verhaltens in den Wirtshäusern etc., als er sich gelegentlich der Tat selbst bezichtigt hat oder weil er in depressiver Stimmung angetroffen wurde.

Für mich besonders bedeutsam ist, dass gerade die Männer, die ihn unmittelbar am Tatort bei Auffindung der Leichen und auch später am Tatort beobachten konnten, wie eben Jakob Sigl und Andreas Schwaiger, ihn wohl am meisten verdächtigt haben.


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14.05.2008 um 10:29
@ AngRa


"Für mich besonders bedeutsam ist, dass gerade die Männer, die ihn unmittelbar am Tatort bei Auffindung der Leichen und auch später am Tatort beobachten konnten, wie eben Jakob Sigl und Andreas Schwaiger, ihn wohl am meisten verdächtigt haben."

Richtig! Eine wichtige Erkenntnis! Die, die sein Verhalten bei der Auffindung beobachtet hatten, waren Zeit ihres Lebens seine größten "Feinde". Sie haben unbeirrbar daran geglaubt, dass er der Täter war. Die Schlinge um den Hals unseres LTV hat sich damit - meiner Ansicht nach - wieder ein bisschen mehr zugezogen.


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Mordfall Hinterkaifeck

14.05.2008 um 11:31
@Badesalz:
Auch von mir Dank für die Arbeit mit den Protokollen. Man sieht stellenweise schön, was so eine Aussage über die Jahre für ein "Eigenleben" entwickelt.

@jaska:
Ich denke, dass sich die beiden, also A. G. und der LTV nicht gemocht haben. Aber der LTV war nun mal Ortssprecher, also hat A. G. ihn in dieser Eigenschaft informiert und nicht als Nachbarn. Der war nun mal zuständig für solche Vorgänge.

In meiner Vorstellung könnte es sogar so gewesen sein, dass A. G. den LTV darüber informieren wollte, dass er um die Umtriebe nächtens auf dem Hof weiss und "auf der Hut" ist, ihn ( oder über ihn die "Umtriebler" ) sozusagen warnen wollte.
Was für mich psychologisch zu der Botschaft passt, die er in den Geschäften ( also an Orten, die als dörfliche Nachrichtenumschlagplätze gewertet werden dürfen ) kommuniziert hat: Ich weiss, da ist etwas im Busch, ich bin bereit ( und meine Flinte auch ), also lasst es besser, was immer ihr auch vorhabt.

@hauinolo:
Der LTV könnte sich das auch ausgedacht haben, da stimme ich Dir zu, ich denke aber, dass er das nicht tat ( s. o. ). Ist natürlich Spekulation, passt für mich aber.
Dass der LTV nicht unbedingt widersprochen haben dürfte, wenn jemand aus dieser Meldung eine "gutnachbarschaftliche Beziehung" abgeleitet hat, ist nicht weit hergeholt und passt wiederum zu ihm.
Sein Verhalten begründet sich für mich aus mehreren Hauptfaktoren:
-Taktik
-Druck der ungewohnten Situation
-Wichtigtuerei

MfG

Dew


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Mordfall Hinterkaifeck

14.05.2008 um 12:53
@AngRa:
Danke für die Aussage bzgl. des "nicht zu haltenden" Knechtes.

@jaska:
Ich stimme Dir zu, dass man aus dieser zeitnahen Aussage einige Rückschlüsse auf die Verhältnisse auf HK schliessen kann, wenn man annimmt, dass sich seine Antwort auf seinen Arbeitsplatz bezog. Was ich mir vorstellen kann, es sei denn, es gab in der Umgegend Orte, über deren Bevölkerung allgemein gewitzelt wurde. Ausserdem wohnte der Mann ja höchstwahrscheinlich am Arbeitsplatz ( und verschwand dort auch schnell wieder ), in dem Moment war er "von da".

Rückschlüsse:

-die HKer kriegten heimatnah kein Personal mehr ( habe ich auch schon bzgl. der Mägde so gesehen, sie nahmen, wen sie kriegen konnten; Schwangere, Behinderte, alles Leute, die sonst niemand einstellte ), ihre Arbeitslage muss sie sehr gedrückt haben und so wichen sie auch auf Auswärtige, die die Umstände nicht kannten;

-auf die Angestellten wurde seitens der Dorfgemeinschaft psychologischer Druck ausgeübt, bzgl. des Arbeitsplatzes, der Knecht befürchtete ausgelacht zu werden ( Kreszenz Rieger wurde vor dem "mit erschlagen werden" gewarnt, woran sie sich später nicht mehr erinnern wollte );

-das Personal "floh" entgegen der Gepflogenheiten, dass es für die Angestellten üblich war, am 2. Februar die Stelle zu wechseln, so schnell wie möglich; bei zwei von drei belegten Bediensteten wissen wir schon, dass sie sowohl abweichend von diesem Datum eingestellt wurden ( K. Rieger 11/´20, der Knecht kann Anfang Februar ´22 ganz "frisch" gewesen sein, die unglückliche M. Baumgartner 04/´22 ) als auch wieder verschwanden ( K. Rieger 08/´21, der Knecht zw. Anfang 02 und 03/´22 ); weiss eigentlich jemand, wie "fest" diese Gepflogenheit gehandhabt wurde?

Für mich alles, und besonders in der Häufung, Indizien für ein "Mobbing"-Szenario, die Hinterkaifecker waren ein "Dorn im Auge ( meinetwegen auch im Hintern )" der dörflichen Gemeinschaft, die sollten weg.

MfG

Dew


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Mordfall Hinterkaifeck

14.05.2008 um 14:17
@Dew so sehe ich das auch - ABER- nicht von allen, Victoria war im Kirchenchor und wurde auch von einer der Sängerinnen abgeholt/begleitet.
Auch die kleine Cilly scheint Freundinnen gehabt zu haben.

Ich kenne es aus Dorfgemeinschaften so dass, selbst wenn das ganze nur von einer Person ausgeht, die ganze Familie mitsamt den Kindern geschnitten wird.

Für mich sieht es so aus als wenn ein Teil für die HK`ler war, ein Teil gegen sie und ein Teil ders schafft allen recht zu machen, sprich sich aus jeglichem Gerede und Streit rauszuhalten.
Die Frage ist inwieweit man das auf den Mord anwenden könnte, evtl sogar den "Teil" der gegen sie war für den Mord verantwortlich machen kann.

Ich kenne es nun nicht mit Mord aber ich kenne z.B. Fälle wo dann eine Gruppe die "Ausgetossenen" nach allen Regeln der Kunst fertig machte ( Zusammenschlagen, Bedrohen, sexuell belästigen, den Ruf ruinieren, Intrigen, den Kindern verbieten mit dessen Kindern zu spielen/reden, das selbe mit den Frauen)


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