CorvusCorax schrieb:Da müsste der Täter aber ein echter Hasardeur sein, wenn er zu "seinem" Fall in einem Forum mitschreiben würde. Um hier zu schreiben muss man registriert sein.
Ich glaube durchaus, dass das durchaus aus einem Bild entspringt, was manche sich von dem Täter zu machen scheinen.
Ein Täter, der hier mitliest oder gar mitschreibt, ist nur dann denkbar oder wahrscheinlich, wenn ein solcher Täter ein geradezu finsterer eiskalt berechnender Psycho- oder Soziopath ist, der nicht nur total entkoppelt von menschlichen Regungen und Gefühlen und moralbefreit sein muss, sondern geradezu eine diebische Freude dabei empfindet, wenn alle Welt daran verzweifelt, sich einen Reim auf das Geschehen zu machen. Und der vielleicht noch zusätzlich Nebelkerzen ins Dunkel wirft, um die digitale Schnipseljagd der hier kommentierenden Personen auf eine völlig falsche Fährte zu leiten.
Das kann man durchaus glauben, besonders dann, wenn man davon ausgehen will, wir hätten es hier mit einem immer drei Schritte vorausdenkenden quasi genialischen Schachspieler zu tun. Der noch dazu eitel genug ist, sich brennend dafür zu interessieren, was andere über ihn zu denken und zu wissen glauben.
Da fällt einem in dem Zusammenhang dann vielleicht auch noch Kurt Werner Wiechmann ein, der sich im Polizeibericht in der Zeitung über eine brutale Vergewaltigung falsch dargestellt sah und dann zur Polizei latschte, um das richtig zu stellen. Und ansonsten jeden Schnipsel über sich in seinen hinter Geheimtüren verborgenen Archiven zwischen Pornos und Reichskriegsflaggen aufbewahrte. Würde Wiechmann heute noch leben und unentdeckt sein Unwesen treiben, wer weiß, ob er sich im Thread zu den Göhrde-Morden beteiligen würde.
Der gemeine Verbrecher dürfte aber völlig anders aussehen. Und sich vor allem völlig anders verhalten. Was für einen Aussenstehenden absonderlich, nicht nachvollziehbar, lebensfremd erscheint, ist es für jemanden, der Frauke entführt und/oder getötet hat, wahrscheinlich eben nicht. Es ist Teil seines Lebens. Am Tod von jemandem mittel- oder ummittelbar beteiligt zu sein, dürfte "normaler" sein, als wir uns das jemals vorstellen wollen würden.
Man muss nicht wirklich 80 Jahre in deutscher Geschichte zurück gehen, um zu realisieren, dass die meisten Menschen, die "Böses" erleben oder gar "Böses" tun, oder das, was wir dafür halten, damit eben ganz "normal" leben können. Die eben nicht von Neugier oder Gewissensbissen oder beidem zerfressen zuhause sitzen und darauf warten, sich endlich mal mitteilen oder stellen zu können oder eben genau das fürchten. Hannah Arendt nannte das die "Banalität des Bösen".
Traumatherapie z.B. fängt mit der Erkenntnis an, dass man im Alltag die Normalität des Schreckens der Welt, in der jede Sekunde unfassbar schreckliche Dinge passieren und vor allem durch Menschen verübt werden, verdrängt und das noch nicht einmal als bewusster Prozess, sondern völlig natürlich, sonst könnte man gar nicht existieren vor lauter Angst und Sorge und Gedankensalat. Das Hirn ist dabei Filter und Schutzschirm gleichermaßen. Und das gilt gleichermaßen auch für das eigene Handeln.
Lange Rede, kurzer Sinn: Die Vorstellung, dass jemand, der vor 20 Jahren am Tod von Frauke beteiligt war, sei es als Entführer, als Mörder oder was auch immer, bei Allmystery jeden Tag auf F5 drückt und sich dabei wahlweise fürchtet oder totlacht, dürfte eher eine Phantasie bleiben. Eine, die noch dazu darauf basiert, dass Menschen immer reflektiert und rational handeln. Die Wirklichlichkeit sieht anders aus. Auch wenn das eigentlich eine schreckliche Erkenntnis ist.
Die meisten der hier im Krimibereich behandelten Fälle sind nur aus deshalb "mysteriös", weil sie nicht aufgeklärt sind. Und nicht etwa deshalb, weil da unfassbar absonderliche unmenschliche Dinge passiert sind.