Kindererziehung: Ohrfeige noch gerechtfertigt?

Wer nicht hört muss fühlen.

So war es in Russland und so ist es in Deutschland.

@moric

Im Affekt können solch Ausrutscher schon mal passieren.

Meine Mutter erzählte mir, dass sie mir einmal eine Ohrfeige gegeben hatte. Die Situation: ich saß als kleine Knirpsin bei ihr auf dem Schoß und feuerte ihr eine, so dass eine satte Ohrfeige ganz automatisch zurückkam. Im nächsten Moment tat ihr das total leid - sie hatte es nicht steuern können. Ich selbst habe daran keine Erinnerung mehr.

Oder wenn man mit dem Kind unterwegs ist und man zur Gefahrenabwehr (z. B. an der Straße) es ruppisch zu sich zieht. Da hat definitiv die Gefahrenabwehr die höhere Prämisse, als dass man vlt. etwas unsaft das Kind anfasst.

Ich kann mich aber noch daran erinnern, dass mein Onkel öfters mal meine kleinere Cousine und meinen Cousin "verprügelte". Wenn ich diese Situationen mitbekam, dann fühlte ich mich stets hilflos. Ich konnte ja mal nicht eben nem Typen, der gerade nen Cholerischen bekam, sagen, dass er damit aufhören soll. Ganz schlimm dann auch das Geschrei dabei, sowohl von ihm als auch von den Kleinen...

Wäre ich größer gewesen, wäre ich sicherlich mal dazwischengegangen, aber das lag nicht in meiner Macht. Zumal die anderen Erwachsenen (seine anwesende Frau etc.) auch nie einschritten. Ich denke daran nur sehr ungern zurück auch wenn das mein Lieblingsonkel ist. :)

Mein Onkel wurde übrigens als kleiner Knopf selbst öfters mal verprügelt. Mit Kleiderbügeln etc. ...

@Kältezeit

Das mit dem Ausrutscher, ja, das kann einfach passieren. Ich weiß noch, wie Nadine als kleines Kind immer vor Enttäsuchung die Luft anhielt, wenn sie nicht das bekam, was sie wollte.

So geschehen und auf die Spitze getrieben bei einem Einkauf, wo Nadine wohl unbedingt was süßes wollte (oder irgendetwas anderes zum Naschen). Meine damalige Frau (jetzt Ex) gab es ihr nicht und Nadine schrie solange, bis sie vergaß zwischendurch zu Atmen und ohnmächtig zu Boden fiel.

Das nächste Mal, als das wieder im Ansatz passieren konnte, hat meine Ex-Frau Nadine eine gedonnert... Nadine holte wieder Luft und bekam vor Schreck große Augen... meine Ex-Frau wusste sich einfach nicht mehr anders zu helfen, denn Nadine hörte keinem Argument zu, wenn sie etwas durchbringen wollte... jedenfalls hörte das Theater mit Nadine nach diesem Vorfall dann auf... scheint also doch irgendwie gewirkt zu haben. Das sind so die einzigen Fälle, an die ich mich erinnern kann, als wir unsere Kinder gemeinsam aufgezogen haben.

Jetzt, mit 21 Jahren, ist Nadine ein Lamm irgendwie... total vernünftig, ruhig, besonnen... superlieb und nett.

Jessi, mit 17 Jahren, ist irgendwie immer sehr lebendig und agil gewesen, aber ebenso lieb, aber eben eine Dame, die genau weiß, was sie will und eben einfach ein wenig lebendiger ist als Nadine.

Jedenfalls... Schläge als Erziehungsmittel gezielt einzusetzen ist einfach, ich darf es mal so sagen, scheiße und erzeugt nur Gegenwillen und Aufruhr... und dieser fürchterliche Druck muss dann irgendwie raus... und man weiß dann nicht wann oder wo dies passieren wird.

Das mit deinem Onkel tut mir leid... gerade weil du ihn so gerne hast, war es wohl dann umso schwieriger, diese zweifelhaften Erziehungsmaßnahmen mit beobachten zu müssen.

Eine gute Beziehung zu seinen Kindern zu haben, ist ein Goldschatz.

@moric

moric schrieb:So geschehen und auf die Spitze getrieben bei einem Einkauf, wo Nadine wohl unbedingt was süßes wollte (oder irgendetwas anderes zum Naschen). Meine damalige Frau (jetzt Ex) gab es ihr nicht und Nadine schrie solange, bis sie vergaß zwischendurch zu Atmen und ohnmächtig zu Boden fiel.

Die Geschichte erinnert mich an eine Bekannte von mir. Die schrie als kleines Kind beim Auto-Fahren (und nur da) manchmal so sehr, dass sie keine Luft mehr bekam und blau anlief. Die Tante, mit der sie an diesem Tag unterwegs war, schüttelte sie daraufhin (was man bei kleinen Kindern ja eigentlich nicht tun soll), einfach aus Angst heraus, das Kind könnte gleich ersticken.

moric schrieb:Jedenfalls... Schläge als Erziehungsmittel gezielt einzusetzen ist einfach, ich darf es mal so sagen, scheiße und erzeugt nur Gegenwillen und Aufruhr... und dieser fürchterliche Druck muss dann irgendwie raus... und man weiß dann nicht wann oder wo dies passieren wird.

Da bin ich ganz deiner Meinung!

moric schrieb:Das mit deinem Onkel tut mir leid... gerade weil du ihn so gerne hast, war es wohl dann umso schwieriger, diese zweifelhaften Erziehungsmaßnahmen mit beobachten zu müssen.

Seine Kinder sind zwar normal entwickelt und stehen im Leben & pflegen einen normalen Kontakt zu ihren Eltern, aber ich habe mit ihnen auch nie darüber gesprochen und weiss daher nicht, was bei ihnen aus dieser Zeit hängen geblieben ist.

Mich hat das auf jeden Fall geprägt. So reagiere ich ganz allergisch auf Männer, die cholerisches Verhalten an den Tag legen. Ich nehme an, so eine Art Schutzmechanismus, auch wenn ich selbst nie gezielte Gewalt erleben musste.

Bislang bin ich in der Erziehung meiner Kinder ohne Schläge ausgekommen. Da sie inzwischen 37, 17 und 15 sind, gehe ich mal davon aus, dass da auch keine mehr erforderlich sind.

Kältezeit schrieb:Mich hat das auf jeden Fall geprägt. So reagiere ich ganz allergisch auf Männer, die cholerisches Verhalten an den Tag legen. Ich nehme an, so eine Art Schutzmechanismus, auch wenn ich selbst nie gezielte Gewalt erleben musste.

Ich denke auch, dass einen solche Ereignisse, die man beobachten oder gar miterleben muss, prägen... bis ins hohe Alter hinein.

Auf Gewalt, egal gegen wen, reagiere ich ebenfalls sehr empfindlich... ich schau mir auch keine Horror-Filme oder besonders brutale Filme an, auch wenn die dann etwas von "künstlerischer Freiheit" faseln wie bsp. bei Tarantino... na ja... "Kill Bill" gefiel mir in dieser Hinsicht einfach nicht (ich habe den ersten Teil auch nicht zu Ende gesehen, oder einfach oft weg gesehen, irgendwie hat der mich auch, trotz der ganzen Action, gelangweilt), während dann Filme wie "Inglourious Bastards" und "Django Unchained" wieder okay waren und mir gefielen.

Mal so mal so... dennoch... Gewaltdarstellungen, übertrieben gezeigt, meide ich eben... ich brauche das nicht sehen, um zu wissen, dass es das gibt... so manche Tagesschau kann man da auch getrost abschalten, wenn sie unzensiert Gewaltdarstellungen zeigen.

Ohrfeigen haben auf jeden Fall negative Auswirkungen auf die Psyche des Kindes.

Venom schrieb:Ohrfeigen haben auf jeden Fall negative Auswirkungen auf die Psyche des Kindes.

Wenn es häufiger vorkommt stimmt das auf jeden Fall, die Demütigung lässt es irgendwann einfach abstumpfen da ein Kind ja gewöhnlich nicht zurückschlägt sondern einsteckt.

@Häresie
So ist es. Ein Freund von mir hat mir mal erzählt, dass sein Cousin mit Gürtel geschlagen wurde und zwar von Vater und Mutter. Die machten das so lange bis er mit 18 nicht nur beide zurückschlug sondern denen auch mit Mord drohte.

@Venom
Tja.
Wie kann man als Eltern auch so dumm sein und annehmen, dass dieses Verhalten keine Konsequenzen hat?
Ich seh manchmal kleine Kinder, die schon so tote Augen haben als hätten sie sich selber bereits aufgegeben, das tut irgendwie weh.
Ich kenn das etwas aus eigener Erfahrung. Anfangs bei der ersten körperlichen Erziehungsmaßnahme ist man noch geschockt und gelähmt und denkt den ganzen Tag darüber nach, warum der Vater/ Mutter das getan hat.
Irgendwann überlegt man nicht mehr sondern mauert nur, um die Demütigung zu ertragen. Dann kommt der Hass.

Ich glaube, wenn so einige automatisierte Eltern wüßten bzw sich erinnern könnten, was allein eine Ohrfeige in einem Kind bewirkt und an Vertrauen zu den Eltern zerstört, würden sie es sich lieber vorher überlegen.

Ich bin sehr streng erzogen worden, und ich habe das Vertrauen zu meinem Vater nie wiedergewonnen. Ich glaube, das hat er nicht wirklich gewollt, aber da er sich auch nie entschuldigen konnte blieb es dabei.

@Häresie
:/ es tut mir Leid für dich.

Ja es stimmt vollkommen was du da sagst. Ich war mal in der Phase wo ich sogar Gewalt und Mord gegen solche Eltern glorifiziert habe.

@Venom

Venom schrieb:wo ich sogar Gewalt und Mord gegen solche Eltern glorifiziert habe.

Whahatt?? :D

Zurückschlagen reicht eigentlich, das hab ich mit 14 auch getan. Dann war Ruhe.
Gut gefühlt hab ich mich dabei nicht. Es war mir bewusst, dass hier endgültig eine Grenze übertreten wurde und es kein Zurück mehr gibt. Cést la vie.

@Häresie
Das war meine Vergeltungsphase für all mein Leid das icu damals erleben musste.
Oh. Naja selber schuld die Eltern.

@Venom
Hast du deine Eltern ermordet oder wie hast du es vergolten?

@Häresie
Lol nein :D mit Vater habe ich sowieso nur 1 Jahr im Leben zusammengelebt und das als Baby. Ist ne komplizierte Geschichte deshalb hast dus missverstanden :D

@Venom
Ich hab mich manchmal gefragt was denn wohl besser wäre für ein Kind, beschissene Eltern oder gar keine?

Ich war jedenfalls froh, als ich von zuhause herauskomplimentiert wurde. Das was die mir mitgegeben haben, hat für ein ganzes Leben ausgereicht um Autoritäten zu hassen. :D

@Häresie
Gar keine. Denn immerhin können sie dann evtl in einer neuen Familie aufwachsen und nicht traumatisiert durch die Eltern.

@Venom
Was ich so mitbekommen habe von Gleichaltrigen, die in Pflege aufwuchsen bzw Kinderheimen hat es das nicht unbedingt verbessert, was sie dann erfahren haben als sie nicht mehr bei den Eltern gelebt haben.
Das ist manchmal gar nicht so leicht zu sagen, sollte es nicht gerade um Leben und Tod gehen.

@Häresie
Stimmt auch wiederum.

@Venom
Um dem Ganzen was Positives abzugewinnen sollte man es als Erwachsener einfach nie vergessen, wie es sich angefühlt hat, sich von sich überlegen fühlenden hilflosen dummen Leuten demütigen zu lassen, die auch noch im Unrecht waren.
Ich habe es auch schon aus der anderen Perspektive erlebt, als ich dabei war mich exakt auch so zu verhalten.
Da hab ich mich vor mir selber geschämt.

Ganz allgemein würde ich aber Gewalt als Mittel zur Konfliktlösung nicht ablehnen, leider. Da hätte ich auch kein schlechtes Gewissen.
Keine Ahnung, ob es was damit zu tun hat, dass ich als Kind Gewalt erlebt habe. Vermutlich schon.